AG Brühl, Beschluss vom 23.07.2014 - 32 F 465/07 VA
Fundstelle
openJur 2015, 15966
  • Rkr:
Tenor

Es wird festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für die 1. Instanz wird abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Verfahrenswert wird auf 5.400,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 Gründe

I.

Antragstellerin und (ehemaliger) Antragsgegner heirateten am 17.02.1983. Aus der Ehe sind 3 Kinder hervorgegangen, namentlich die Töchter N2 (geb. 20.07.1985), N (geb. 27.04.1989) und N3 (geb. 18.06.1993).

Nachdem sich die Eheleute N am 17.01.2007 getrennt haben und der Scheidungsantrag unter dem 16.05.2008 zugestellt worden ist, wurde die Ehe mit Urteil vom 17.12.2008 geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde mit Beschluss vom 17.12.2008 abgetrennt und im Hinblick auf § 2 VAÜG ausgesetzt.

Nach Inkrafttreten des VersAusglG wurde das Verfahren fortgesetzt, jedoch verstarb der Antragsgegner am 25.11.2009, bevor über den Versorgungsausgleich entschieden werden konnte. Im März 2010 erhielt die Antragstellerin aufgrund einer Lebensversicherung des Antragsgegners bei der Alten Leipziger eine Todesfallleistung i.H.v. 21.859,06 EUR.

Mit Beschluss vom 13.01.2010 entschied der Vorgänger im Amt des aktuellen Abteilungsrichters den Versorgungsausgleich dahingehend, dass ein solcher nicht stattfinde, ohne allerdings zuvor die Erben des Antragsgegners (die o.g. Töchter) an dem Verfahren zu beteiligen und ohne die Entscheidung zu begründen.

Auf Beschwerde vom 19.02.2010 der Antragstellerin hob das OLG Köln mit Beschluss vom 30.09.2010 den Beschluss vom 13.01.2010 auf und verwies die Sache an das AG Brühl zurück, wobei die Erbinnen an der Entscheidung beteiligt wurden.

Nach Rückkehr der Akte wurden folgende Rentenanwartschaften der Antragstellerin und des verstorbenen Antragsgegners aufgeklärt:

Anrechte der Antragstellerin:

Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. Bl. 187 ff. VA-Akte):

Ehezeitanteil:                            27,3951 Entgeltpunkte

Ausgleichswert:                         13,6976 Entgeltpunkte

Kapitalwert:                              82.003,64 EUR

Teilungsform:                            interne Teilung

Kirchliche Zusatzversorgungskasse (vgl. Bl. 181 ff. VA-Akte):

Ehezeitanteil:                            39,77 Versorgungspunkte

Ausgleichswert:                         17,10 Versorgungspunkte

Kapitalwert:                              7.440,38 EUR

Teilungsform:                            interne Teilung

Anrechte des Antragsgegners:

Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. Bl. 171 ff. VA-Akte):

Ehezeitanteil:                            24,6901 Entgeltpunkte (West)

Ausgleichswert:                         12,3451 Entgeltpunkte (West)

Kapitalwert:                               73.906,61 EUR

Teilungsform:                             interne Teilung

              und

Ehezeitanteil:                            8,4243 Entgeltpunkte (Ost)

Ausgleichswert:                         4,2122 Entgeltpunkte (Ost)

Kapitalwert:                              21.321,76 EUR

Teilungsform:                            interne Teilung

Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG (vgl. Bl. 163 ff. VA-Akte):

(Versorgungszusage der betrieblichen Altersversorgung)

Ehezeitanteil:                            430,00 EUR Kapitalwert

Ausgleichswert:                         215,00 EUR Kapitalwert

Teilungskosten:                           8,00 EUR (von jedem zu 50% zu tragen)

Teilungsform:                             interne Teilung

Kaufhofunterstützungsverein e.V. (vgl. Bl. 200 ff. VA-Akte):

(Leistungsplan B des Kaufhof Unterstützungsverein e.V.; Rente)

Ehezeitanteil:                            6.601,00 EUR Kapitalwert

Ausgleichswert:                         3.300,50 EUR Kapitalwert

Teilungsform:                            externe Teilung

Alte Leipziger Leben (vgl. Bl. 166 ff. VA-Akte):

(Kapitalbildende Lebensversicherung; ehemalige Direktversicherung)

Ehezeitanteil:                            13.360,23 EUR Kapitalwert

Ausgleichswert:                          6.580,12 EUR Kapitalwert

Teilungskosten:                          keine Angabe

Teilungsform:                             keine Angabe

Unter Ziff. 6 der Auskunft teilt der Versorgungsträger mit (Bl. 167 VA-Akte):

„Die Versicherung besteht nicht mehr. Die Todesfallleistung in Höhe von 21.859,06 EUR wurde im März 2010 an Frau N4 als Todesfallbezugsberechtigte ausgezahlt.“

Mit Schreiben vom 28.11.2013 (Bl. 221 VA-Akte) wurde der Antragstellerin und den beteiligten Erben ein Hinweis zur Entscheidung des Versorgungsausgleichs erteilt.

Die Antragstellerin begehrt nun weiterhin Regelung des Versorgungsausgleichs.

II.

Nach der rechtskräftigen Scheidung und dem Versterben des Antragsgegners vor Regelung des Versorgungsausgleichs war nun gem. § 31 Abs. 1 und 2 VersAusglG über den Versorgungsausgleich (Wertausgleich nach §§ 9-19 VersAusglG) zu entscheiden.

Hieraus ergab sich, dass kein Versorgungsausgleich stattzufinden hatte, weil die Antragstellerin nicht besser gestellt werden darf, als wenn der Versorgungsausgleich ohne Berücksichtigung des Todes des Antragsgegners durchgeführt worden wäre.

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und nur Rechtsfragen zu stellen waren. Auf hiesigen Hinweis vom 28.11.2013 wurde weder von der Antragstellerin noch von den beteiligten Erben mündliche Erörterung in der Sache beantragt.

Wegen des Besserstellungsverbots des überlebenden Ehegatten (§ 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG) war zunächst hinsichtlich der Kapitalwerte der einzelnen Anrechte, die dem Versorgungausgleich unterliegen (würden) eine Gesamtausgleichsbilanz zu erstellen (bei welcher auch gem. § 18 Abs. 1 VersAusglG geringfügige Anrechte zu berücksichtigen sind – vgl. Palandt-Brudermüller, VersAusglG § 31 Rn. 2 m.w.N.).

Diese Bilanz würde sich wie folgt darstellen:

Ausgleichspflicht der Antragstellerin:

DRV Bund:                            Ausgleichswert:              82.003,64 EUR

KZVK:                                  Ausgleichswert:               7.440,38 EUR

Gesamtausgleichswert:                                              89.444,02 EUR

Ausgleichspflicht des Antragsgegners:

DRV Bund:                            Ausgleichswert:              73.906,61 EUR

(für Entgeltpunkte West)

                                          Ausgleichswert:              21.321,76 EUR

(für Entgeltpunkte Ost)

Hamburger Pensionskasse:       Ausgleichswert:              211,00 EUR

                                        (ohne Teilungskosten)

Kaufhofunterstützungsverein    Ausgleichswert:              3.300,50 EUR

Alte Leipziger:                       Ausgleichswert:              6.580,12 EUR

Gesamtausgleichswert:                                          105.319,99 EUR

Zu den Anwartschaften gilt folgendes:

Für die Entgeltpunkte West und Ost bei der Deutschen Rentenversicherung war der korrespondierende Kapitalwert heranzuziehen, ohne dass es auf eine Umrechnung wegen der unterschiedlichen Dynamiken der Anrechte ankam (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 26.02.2014 – 20 UF ../..)

Das Anrecht des Antragstellers bei der Alten Leipziger war in die Bilanz einzustellen, weil es dem Versorgungsausgleich unterfallen wäre, obwohl es sich um eine Lebensversicherung mit Kapitalleistung handelt(e). Denn wie sich aus der Auskunft ergibt, handelt(e) es sich um eine sog. Direktversicherung, welche dem Versorgungsausgleich unterfällt (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 HS. 2 VersAusglG).

Eine Direktversicherung ist ein Lebensversicherungsvertrag, den der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer auf das Leben eines Arbeitnehmers (versicherte Person) bei einem in Deutschland zugelassenen Versicherer abschließt. Bezugsberechtigt sind der Arbeitnehmer oder dessen Hinterbliebene. Die Direktversicherung ist einer der fünf in Deutschland bekannten Durchführungswege in der betrieblichen Altersversorgung. Also unterfällt diese Lebensversicherung dem BetriebsrentenG und damit auch dem Versorgungsausgleich.

Aus den jeweiligen Gesamtausgleichswerten ergibt sich eine Differenz von 15.875,97 EUR (noch unter Berücksichtigung des geringfügigen Anrechts bei der Hamburger Pensionskasse), wovon der Antragsgegnerin grundsätzlich über § 31 Abs. 2 VersAusglG die Hälfte (Halbteilungsgrundsatz – vgl. MüKo/BGB-Gräper, VersAusglG § 31 Rn. 5, Palandt-Brudermüller, VersAusglG § 31 Rn. 2), mithin 7.937,99 EUR im Versorgungsausgleich verlangen könnte. Dieser Ausgleich hätte dann über § 31 Abs. 2 S. 2 VersAusglG nach billigem Ermessen durch Ausgleich eines Anrechts erfolgen können.

Jedoch war weiter zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin auf dem Anrecht bei der Alten Leipziger (Direktversicherung) bereits eine Leistung auf den Todesfall i.H.v. 21.859,06 EUR erhalten hat, mithin 13.921,07 EUR mehr, als ihr eigentlich bei Durchführung des Versorgungsausgleichs bei der Scheidung zugestanden hätten.

Diese Todesfallleistung ist beachtlich und muss den Ausgleich gem. § 31 Abs. 2 VersAusglG schmählern, denn es war gerade ein Anrecht, welches dem Versorgungsausgleich unterfiel, aus welchem sie die Leistung aufgrund des Todes des Antragsgegners erhalten hat. Ohne Berücksichtigung der Todesfallleistung würde sie entgegen § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG besser gestellt, als wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Entgegen der Argumentation der Antragstellerin im Schriftsatz vom 03.01.2014 hat es ihr – zumindest finanziell – zum Vorteil gereicht, dass der Antragsgegner sie noch als Bezugsberechtigte bei der Lebensversicherung geführt hatte.

Aber selbst wenn man die Lebensversicherung nicht berücksichtigen würde, wäre ein Ausgleich nicht über § 31 Abs. 2 VersAusglG zu erreichen. Denn berücksichtigt man den Wert von 6.580,12 EUR noch als Abzugsposten der oben errechneten 7.937,99 EUR als bereits erhaltene Summe, dann blieben restliche 1.257,87 EUR. Dies wäre aber i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG ein geringfügiger Ausgleichswert, der auch über § 31 Abs. 1 und 2 VersAusglG nicht auszugleichen ist (vgl. MüKo/BGB-Gräper, VersAusglG § 31 Rn. 10).

Da mithin die Antragstellerin keinen Wertausgleich über § 31 Abs. 1, 2 VersAusglG wegen des Besserstellungsverbots verlangen kann, war dies im Tenor so auszusprechen bzw. festzustellen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet (§ 224 Abs. 3 FamFG entsprechend – vgl. OLG München, FamRZ 2012, 1387).

Aufgrund der Beschwerdeentscheidung war neben den Kosten für die erste Instanz auch noch über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 81 Abs. 1 FamFG. Es ist nicht billig, die Beteiligten Erben mit Kosten, insbesondere außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu belasten. Auch würde eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin nicht der Billigkeit entsprechen. Zwar hat sie im Beschwerdeverfahren obsiegt, allerdings nur aufgrund eines Verfahrensfehlers in der Ausgangsentscheidung. Im Ergebnis hat sie jedoch mit dem von ihr begehrten Versorgungsausgleich keinen Erfolg gehabt.

Der Verfahrenswert beruht auf § 50 Abs. 1 FamGKG (60% des Wertes der Scheidung, der seinerzeit mit 9.000,00 EUR festgesetzt wurde, da 6 Anrechte zur Verteilung standen; dabei galten die Versorgungspunkte West und Ost des Antragsgegners als ein Anrecht).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Die Beschwerde kann sowohl gegen den Beschluss insgesamt, als auch gegen den Scheidungsausspruch oder jede Entscheidung in einzelnen Folgesachen eingelegt werden. Wird jedoch eine Folgesache vermögensrechtlicher Art isoliert angefochten, ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt; dieser Wert gilt nicht für die Entscheidung zum Versorgungsausgleich.

Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Brühl, C-Platz, 50321 Brühl schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.

Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Brühl eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.

Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Köln, S-Platz, 50670 Köln - eingegangen sein.

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