VG Düsseldorf, Urteil vom 31.03.2015 - 2 K 289/14
Fundstelle
openJur 2015, 15856
  • Rkr:
Tenor

Soweit der Kläger im Hinblick auf seinen ursprünglichen Hauptantrag seine Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren auf seine Kosten eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der weiteren Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger war Studierender des Einstellungsjahrgangs 2011 an der FHöV NRW H. , Abteilung E. , im Studiengang Polizeivollzugsdienst für den Laufbahnabschnitt II (Bachelor). Ausbildungsbehörde war das Polizeipräsidium E1. .

Im Studienabschnitt "Fachmodul 3" legte der Kläger im Juli 2013 eine Seminararbeit zum Thema "Migranten bei der Polizei, Schwerpunkt Einstellungs- und Auswahlverfahren" vor. Die Arbeit weist im Fließtext verschiedene Quellenangaben auf, die der Kläger in Klammern setzte. Fußnoten existieren nicht. Im abschließenden Literaturverzeichnis nahm er u.a. das Werk "Migranten in der Polizei, Zwischen politischer Programmatik und Organisationswirklichkeit, Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft" auf. Als Verfasserin erscheint "Hunold, Daniela (2008)". Dieses Werk wird an keiner Stelle der Arbeit als konkrete Quellenangabe im Sinne eines Zitats genannt.

Unter dem 4. Juli 2013 gab der Kläger eine eigenständige Erklärung folgenden Inhalts ab: "Alle Stellen, die sinngemäß oder wörtlich aus Veröffentlichungen übernommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht."

Die Bewertung der Arbeit am 29. Juli 2013 fiel mit "5.0 mangelhaft" aus. In einem undatierten ergänzenden Vermerk hielt die prüfende Seminarleiterin und Dozentin an der FHöV NRW fest, dass sich nach Durchsicht der Literatur herausgestellt habe, dass der Text der vorgelegten Arbeit überwiegend aus dem oben genannten Werk übernommen worden sei und es sich um ein Plagiat handele. In einer weiteren Aufschlüsselung stellte die Prüferin fest, dass von insgesamt 21 Seiten der vorgelegten Seminararbeit 14 Seiten aus dem Werk D. Hunold stammten.

Mit diesem Befund wurde der Kläger in einem am 6. September anberaumten Personalgespräch konfrontiert. Es diente zugleich der Anhörung im Verfahren wegen ordnungswidrigen Verhaltens. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass der Kläger eingeräumt habe, nahezu die gesamte Arbeit ohne Kennzeichnung aus fremden Quellen, überwiegend aus dem Buch von D. Hunold, übernommen zu haben. Als Gründe für diese Vorgehensweise seien vom Kläger Zeitdruck, Belastung durch weitere Prüfungen sowie familiäre Belastungen angeführt worden. Den Vermerk über den Inhalt des Personalgesprächs unterzeichnete der Kläger eigenhändig.

In seiner Sitzung am 10. September 2013 erörterte der Prüfungsausschuss bei der FHöV NRW den Fall des Klägers. Er kam zu folgenden Ergebnissen/Feststellungen:

- erhebliche methodische Mängel ließen auf einen bewussten Täuschungsversuch schließen

- ein Vollplagiat in einer Seminararbeit sei bisher noch nicht aufgetreten

- es läge ein Diebstahl geistigen Eigentums vor

- die Regelbewertung mit "5,0 - nicht ausreichend -" genüge als Sanktion nicht

- der Ausschluss einer Wiederholungsmöglichkeit werde aus generalpräventiven Gründen befürwortet.

Sodann wurde der Beschluss gefasst, die Seminararbeit stelle ein Plagiat dar und werde gemäß Teil A § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StudO BA mit 5,0 "nicht ausreichend" bewertet. Darüber hinaus werde die Wiederholungsmöglichkeit nach Teil A § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StudO BA ausgeschlossen. Damit sei die gesamte Bachelorarbeit nicht bestanden.

Den Beschluss des Prüfungsausschusses setzte die FHöV NRW durch Bescheid vom 4. Oktober 2013 um. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Entscheidung lägen sowohl eine konkret individuelle Betrachtung des Einzelfalles als auch die Beachtung generalpräventiver Zwecke zugrunde. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung seien die Intensität der Täuschungshandlung, der Grad der Verletzung der Spielregeln sowie das Maß der Beeinträchtigung der Chancen der übrigen Prüfungsteilnehmer zu berücksichtigen. Daran gemessen und unter sorgfältiger individueller Abwägung der Grundrechte Berufsfreiheit und Chancengleichheit rechtfertige die sehr hohe Intensität der Täuschungshandlung sowie das hohe Maß an Täuschungsenergie die Verwehrung einer Wiederholungsmöglichkeit, was zugleich zum endgültigen Nichtbestehen der Bachelorprüfung führe. Unter generalpräventiven Aspekten beinhalte nur die Versagung der weiteren Wiederholungsmöglichkeit den notwendigen Abschreckungseffekt. Andernfalls etabliere sich die Gefahr eines "Freiversuchs".

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 16. Oktober 2013, mit dem er folgendes vortrug:

Die umfangreiche Adaption eines fremden Buchwerkes sowie dessen Aufnahme in das Literaturverzeichnis stelle offensichtlich eine pure Dummheit, aber keinen groben Täuschungsversuch dar. Ein Plagiat sei nur dann sinnvoll, wenn es nicht in das Inhaltsverzeichnis aufgenommen werde. Das Fehlen grundlegender Fertigkeiten sowie die unwissenschaftliche Arbeitsweise, manifestiert durch fehlende Fußnoten und keinerlei Kennzeichnung von Zitaten, sprächen gegen eine Verschleierungshandlung bzw. einen groben Täuschungsversuch. Beides setze die Ablieferung einer Arbeit auf wissenschaftlichem Niveau voraus. Die im vorliegenden Fall eingereichte Seminararbeit sei dermaßen schlecht, dass sie möglicherweise zu Recht als nicht bestanden gewertet worden sei. Sie sei aber kein Plagiat, welches einen Irrtum habe erregen können, der wiederum in der Lage gewesen wäre, eine Täuschung herbeizuführen. Wissenschaftliche Standards seien zwar in ganz erheblicher Weise verletzt worden, aber nicht im Sinne eines besonders schweren Falles eines Täuschungsversuchs, sondern eines begrenzten Vermögens zum wissenschaftlichen Arbeiten. Dessen Ausmaß hätte jeden mit der Korrektur betrauten Prüfer stutzig werden lassen müssen. Deshalb scheide auch eine Wettbewerbsverzerrung aus.

Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2013 - zugestellt am 17. Dezember 2013 - wies die FHöV NRW den Widerspruch gegen die Bewertung der Seminararbeit vom 4. Oktober 2013 zurück. Darin wird unter Bezugnahme auf die Eigenständigkeitserklärung des Klägers vom 4. Juli 2013 die Täuschungshandlung und der Täuschungswille des Klägers betont, wonach dieser durch Weglassung der Kennzeichnung die Absicht verfolgt habe, den Prüfer über die Eigenständigkeit der Arbeit zu täuschen. Im Übrigen sei die richtige Zitierweise im Fach "Wissenschaftliches Lernen und Arbeiten" behandelt worden.

Am 16. Januar 2014 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung macht er zunächst geltend, die Regelung in Teil A § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StudO BA sei verfassungswidrig, weil sie

- im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG eine unbillige Härte verkörpere, wenn wegen eines ordnungswidrigen Verhaltens die Wiederholungsmöglichkeit ausgeschlossen werde

- Umstände des Einzelfalles, z. B. der Fortschritt des Studiums, außer Betracht lasse

- keine Grundlage im FHGöD NRW finde, welches seinerseits keine eigenständige Regelung für den Fall eines groben Täuschungsversuchs enthalte. § 27a FHöD NRW in Verbindung mit § 94 HG, die rechtliche Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften regelten, beziehe sich nur auf Prüfungsordnungen, nicht aber auf Studienordnungen.

- außer acht lasse, dass der Gesetzgeber wesentliche Entscheidungen selbst treffen müsse, gerade für drastische Sanktionen wie dem endgültigen Ausscheiden aus dem Studium.

Zwar räume er ein, wissenschaftlichen Standards, welche an der FHöV NRW vermittelt worden seien, wegen Unvermögens, einer persönlich emotional belastenden Situation sowie einer seinerzeit noch nicht völlig auskurierten Erkrankung nicht entsprochen zu haben. Es fehle aber an einer objektiven Täuschungshandlung. Eine Täuschungsabsicht sei ihm ebenfalls nicht nachgewiesen worden.

Wegen einiger Fehlzitate sei es allenfalls gefertigt gewesen, auf eine gewöhnliche Täuschungshandlung zu schließen. Eine Abgrenzung zu einem besonders schweren Fall sei nicht erfolgt. Nehme man die Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit sowie die fehlende Berücksichtigung seiner Notlage hinzu, seine eine Ermessensausübung nicht erkennbar, bei der es darüber hinaus dem Beklagten verwehrt gewesen sei, generalpräventive Erwägungen zur Begründung eines individuellen Täuschungsversuchs heranzuziehen.

Wegen seiner Notlage habe er sich auch über die Tragweite seiner am 4. Juli 2013 abgegebenen Erklärung geirrt.

Ursprünglich hat der Kläger vorrangig die Neubewertung seiner Seminararbeit und hilfsweise die Einräumung einer Wiederholungsmöglichkeit im Teilmodul "Seminar" beantragt. Nach teilweiser Klagerücknahme beantragt er nunmehr,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der FHöV NRW vom 4. Oktober 2013 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2013 zu verpflichten, ihm im Teilmodul "Seminar" eine Wiederholungsmöglichkeit einzuräumen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt folgendes vor:Die streitentscheidende Rechtsgrundlage Teil A § 20 StudO BA basiere auf ausreichenden Ermächtigungen im FHGöD, nämlich § 26 und § 27a. Die zuletzt genannte Vorschrift verweise u.a. auf § 94 Abs. 2 Satz 1 Nr. 14 HG. Danach müssten Prüfungsordnungen insbesondere die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften regeln. Dies sei in der StuO BA erfolgt.

Sowohl individuelle als auch generalpräventive Erwägungen rechtfertigten die getroffenen Rechtsfolgen. Dabei sei es unerheblich gewesen, dass die vom Kläger vorgenommene Täuschungshandlung objektiv leicht erkennbar gewesen sei. Der weitreichende Täuschungsversuch folge aus der weitreichenden textlichen Übernahme eines fremden Werkes. Die vom Kläger unter dem 4. Juli 2013 abgebebene Eigenständigkeitserklärung belege seinen Täuschungswillen. Subjektive Faktoren wie die nicht auskurierte Erkrankung habe der Kläger erstmals im Klageverfahren vorgetragen, verbunden mit der Absicht, nachträglich eine andere Bewertung der Rechtslage herbeizuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten und der Streitakte Bezug genommen.

Gründe

Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die noch anhängige Klage hat keinen Erfolg.

Selbst wenn man den Ansatz verfolgt, dass die FHöV NRW in ihrem Widerspruchsbescheid nicht vollständig über den Widerspruch des Klägers entschieden hat, weil im Sachtenor nur über die Bewertung der Seminararbeit, nicht aber über den Ausschluss einer Wiederholungsmöglichkeit der Arbeit entschieden worden ist, wäre die Klage insoweit gemäß § 75 VwGO zulässig.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederholung der Studienleistung im Teilmodul "Seminar". Die vom Beklagten mit Bescheid vom 4. Oktober 2013 getroffene Entscheidung, den Kläger von einer Wiederholung dieser Studienleistung auszuschließen, ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

Rechtsgrundlage für diese getroffene Verwaltungsentscheidung ist Teil A § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StudO BA (Allgemeine Regelungen), der sich mit den Folgen eines ordnungswidrigen Verhaltens im Rahmen der Bachelorprüfung beschäftigt.

Zu diesem Komplex ist der Kläger angehört worden, und zwar in Gestalt des am 6. September 2013 durchgeführten Personalgesprächs. Darin ist der Kläger auf die möglichen Folgen eines ordnungswidrigen Verhaltens hingewiesen worden.

Nach der genannten Rechtsgrundlage kann als Folge eines ordnungswidrigen Verhaltens, namentlich eines Täuschungsversuchs, der Kandidat nach den Umständen des Einzelfalles in besonders schweren Fällen von einer Wiederholung der Studienleistung ausgeschlossen werden.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers bestehen an der Wirksamkeit der Rechtsgrundlage keine Bedenken. Insbesondere lässt sich ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht feststellen.

Die von den einschlägigen Fachbereichsräten unter Zustimmung des Senats der FHöV NRW beschlossene StudO BA findet ihrerseits ihre Rechtsgrundlage in § 26 FHGöD NRW. Gemäß Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift regelt die Studienordnung Inhalt und Aufbau des Studiums unter Beachtung der Ausgestaltung der fachpraktischen Studienzeiten und der Prüfungsanforderungen durch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung. Einschlägige Ausbildungs- und Prüfungsordnung ist hier die ministerielle VAPPol II Bachelor vom 21. August 2008 auf der Grundlage von § 111 Abs. 2 LBG NRW (= § 187 Abs. 2 LBG NRW a.F.). Nach § 111 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 LBG NRW regelt die VAPPol II Bachelor insbesondere das Verfahren der Prüfung. Bei der Wiederholung von Studienleistungen überlässt § 12 Abs. 1 Satz 4 VAPPol II Bachelor Konkretisierungen der Studienordnung. Das ist mit der genannten Rechtsgrundlage geschehen.

Bei wertender Betrachtung kann sich die im vorliegenden Fall einschlägige Rechtsgrundlage auch auf § 27a Satz 1 FHGöD NRW stützen. Danach gilt u.a. § 94 HG an der FHöV NRW entsprechend für die nach § 3 Abs. 4 Nr. 3 Satz 3 eingerichteten Studiengänge. § 3 Abs. 4 Nr. 3 Satz 3 FHGöD sieht die Möglichkeit vor, neben den aufgrund des § 6 und § 111 Abs. 1 LBG NRW eingerichteten Studiengängen der nichttechnischen Laufbahnen neue Studiengänge anzubieten. Auch wenn die Einheitslaufbahn des Polizeivollzugsdienst davon nicht unmittelbar erfasst wird, entspricht es Sinn und Zweck von § 27a Satz 1 FHGöD NRW, die dort genannten Normen des HG auch auf den Studiengang für die Laufbahn für den gehobenen Polizeivollzugsdienst entsprechend anzuwenden. Die gesetzliche Formulierung ist insoweit ungenau. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, ausgerechnet nur bei Studienordnungen für neu einzurichtende Studiengänge Vorschriften des HG entsprechend für anwendbar zu erklären.

§ 94 Abs. 2 Satz 1 Nr. 14 HG, der im Anwendungsbereich des FhöGD gemäß § 82 Abs. 4 HG in der Fassung des Gesetzes vom 30. November 2004 zur Anwendung kommt, verlangt die Regelung der Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften, die bei entsprechender Anwendung der Vorschrift im Bereich der Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst naturgemäß auf die zu erlassenden Studienordnungen abzielt.

In dem Bewusstsein, dass Verstöße gegen Prüfungsvorschriften im Sinne eines ordnungswidrigen Verhaltens im Prüfungsverfahren regelmäßig Konsequenzen nach sich ziehen müssen, die je nach Schwere des konkreten Verstoßes einen differenzierten Katalog von Sanktionen erfordern, hat der Gesetzgeber im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG die wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen. Ihm war es nicht verwehrt, die Regelungen im Detail den angesprochenen Verwaltungen zu überlassen. Mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze, insbesondere aus dem Zweck und dem Sinnzusammenhang des ermächtigenden formellen Gesetzes lassen sich die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung der Studienordnung erschließen. Die Befugnis, Regelungen zum Prüfungsverfahren zu treffen, die geeignet sind, dem Grundsatz der Chancengleichheit dahingehend Rechnung zu tragen, dass ggf. diejenigen Prüflinge, die sich zu ihrem eigenen Vorteil nicht an Regelungen zur Abnahme der Prüfung halten, vom Wettbewerb - also von weiteren Prüfungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden können, folgt unmittelbar aus Art 3 Abs. 1 GG. Die Umschreibung "in besonders schweren Fällen" ist inhaltlich hinreichend bestimmt, wobei sich das Gewicht einer Täuschungshandlung im Wesentlichen nach dem Grad der Verletzung der Chancengleichheit unter den Prüflingen bemisst. Schließlich ist die Abstufung der bei Täuschungsversuchen zu ergreifenden Sanktionen Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips, wobei der Ausschluss von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen erkennbar als "ultima ratio" auf die Täuschungsversuche in besonders schweren Fällen beschränkt ist. Zulässigerweise darf der Normgeber neben dem Ziel der Wiederherstellung der gestörten Ordnung zugleich die Absicht verfolgen, durch den zulässigen Abschreckungseffekt derartiger Sanktionen andere Prüflinge von Täuschungshandlungen abzuhalten. Die Beachtung dieser generalpräventiven Erwägungen ist deshalb gerechtfertigt, weil dem Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsrecht überragende Bedeutung zukommt.

Vgl. zum Vorstehenden: VG E1. , Urteil vom 17. Juni 2009 - 15 K 5332/07 -, juris, m.w.N. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden.

Der Tatbestand von Teil A § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StudO BA (Allgemeine Regelungen) ist erfüllt. Der für den Ausschluss von einer Wiederholung der Studienleistung erforderliche besonders schwere Fall eines ordnungswidrigen Verhaltens ist gegeben.

Nach den Feststellungen der FhöV NRW, denen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist bzw. die er seinerseits als Grundlage seiner Argumentation heranzieht, besteht die als eigene Prüfungsleistung ausgegebene Seminararbeit zum größten Teil, der etwa auf 80 v.H. beziffert wird, aus der Übernahme des Werkes "Migranten in der Polizei, Zwischen politischer Programmatik und Organisationswirklichkeit, Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft" der Autorin "Hunold, Daniela". Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt die von ihm vorgenommene Täuschungshandlung nicht deshalb, weil er das Werk in das Literaturverzeichnis der vorgelegten Seminararbeit aufgenommen hat. Denn eine Verknüpfung dieser Quelle mit den textlichen Ausführungen der Arbeit (Fließtext) ist an keiner Stelle erfolgt. Dadurch sollte der Eindruck vermittelt werden, dass der wesentliche Gedankengang vom Kläger selbst stammt. Ohne Relevanz bleibt seine Einlassung, seine Arbeit sei so unwissenschaftlich, dass sie quasi als Verschleierungshandlung untauglich gewesen sei. Sie verfängt schon deshalb nicht, weil die rasche Enttarnung der Arbeit als Plagiat nicht tatbestandsausschließend wirkt. Nach dem anhand des beigezogenen Aktenmaterials rekonstruierbaren Prüfungsablauf, hat die Prüferin den vom Kläger unternommenen Täuschungsversuch auch nicht sofort erkannt. Das ergibt sich aus ihren Bemerkungen, die in zwei Abschnitte gegliedert sind. Zunächst hat die Prüferin die Arbeit mit "5.0 mangelhaft" bewertet, diese Entscheidung paraphiert und mit dem Datum "29.7.2013" versehen. Davon abgesetzt vermerkt sie als besonderen Punkt nach Durchsicht der Literatur, die Arbeit sei ein Plagiat. Zudem hat der Kläger an einigen Stellen seiner Arbeit, worauf er zutreffend hingewiesen hat, Angaben zu Zitaten gemacht, wenn auch nicht in der gebotenen Form von Fußnoten, sondern mittels Klammerzusätzen im laufenden Text. Dies verstärkt den Eindruck, dass der Kläger sehr wohl um seine wissenschaftlichen Pflichten wusste, sie aber an entscheidender Stelle, nämlich der Erstellung eines Gerüsts für seine Seminararbeit, bewusst außer acht ließ. Aus diesen Umständen hat der Beklagte auch zu Recht auf einen vom Kläger betätigten Täuschungswillen geschlossen, der durch seine Erklärung unter dem 4. Juli 2013 zur eigenständigen Anfertigung der vorgelegten Arbeit erheblich verstärkt worden ist. Sein Vortrag in der Klagebegründung, er habe sich über den Inhalt dieser Erklärung geirrt bzw. deren Tragweite verkannt, weil er sich in einer schweren emotionalen und psychischen Stresssituation befunden habe, geht schon deshalb ins Leere, weil er bis heute die näheren Umstände dieser Stresssituation nicht konkret benannt, geschweige denn glaubhaft oder gar nachgewiesen hat. Sie waren im Übrigen auch nicht Gegenstand des Personalgesprächs am 6. September 2013. Die dort genannten Umstände geben für die Behauptung des Klägers nichts her, weil sie aufgrund ihrer allgemein und pauschal gehaltenen Formulierung auf nahezu jeden Prüfling zutreffen. Der erst mit der Klagebegründung erfolgte Vortrag einer im Prüfungszeitraum noch nicht auskurierten Erkrankung bleibt ebenfalls zu unbestimmt, um daraus Entlastungsmomente zugunsten des Klägers ableiten zu können. Im Übrigen muss sich der Kläger fragen lassen, warum er in einer solchen Situation nicht eine Verlängerung der Bearbeitungsfrist beantragt hat (vgl. Teil A § 15 Abs. 4 StudO BA) oder aber von der Prüfung zurückgetreten ist (vgl. Teil A § 19 StudO BA).

Dass der Beklagte den Täuschungsversuch des Klägers als schwerwiegend eingestuft, hat begegnet keinen Bedenken. Aus dem Sitzungsprotokoll des Prüfungsausschusses vom 10. September 2013 ergibt sich unter TOP 7 lit. B., dass es kaum vergleichbare Fälle in der Praxis gebe und ein Vollplagiat in einer Seminararbeit bislang noch nicht aufgetreten sei. Denn die tragenden Wertungen " erhebliche methodische Mängel ließen auf einen bewussten Täuschungsversuch schließen" und "in der umfangreichen wörtlichen Übernahme sei ein Diebstahl von geistigem Eigentum zu sehen" sind seitens des Einzelrichters nicht zu beanstanden. Sie plausibilisieren die besondere Schwere des vorliegenden Falles ohne Weiteres. Als Grundlage des nachfolgenden Beschlusses, der wiederum Grundlage für den angefochtenen Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides gewesen ist, hat sich der Beklagte die Erwägungen des Prüfungsausschusses zu eigen gemacht. Wenn der Kläger an dieser Stelle eigene Beispiele für einen besonders schweren Fall einer Täuschungshandlung anführt, so vermögen diese die individuelle Bewertung des Beklagten per se nicht zu erschüttern. Die Rechtsgrundlage bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorgehensweise des Klägers nicht unter die Tatbestandsvoraussetzungen subsumiert werden kann.

Vgl. auch VG Minden, Urteil vom 16. Mai 2013 - 4 K 3124/12 -, n.v. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden. In diesem Verfahren hatte der Kläger eine im Internet erhältliche Studienarbeit vollständig übernommen und als eigene Leistung ausgegeben. Das dortige Gericht hat ebenfalls einen "besonders schweren Fall" angenommen.

Ermessensfehler auf der Rechtsfolgenseite sind ebenfalls nicht ersichtlich, § 114 VwGO. Die streitbefangenen Verwaltungsentscheidungen zeigen, dass der Beklagte sein Ermessen erkannt und fehlerfrei ausgeübt hat. Den gesetzlichen Anforderungen in § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW entsprechend hat er die tragenden Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen er bei der Ausübung seines Ermessens ausgegangen ist. Namentlich benannt hat er die Intensität der Täuschungshandlung, den Grad der Verletzung der Spielregeln sowie das Maß der Beeinträchtigung der Chancen der übrigen Prüfungsteilnehmer. Ferner hat er - insoweit der Rechtsgrundlage folgend - die Umstände des Einzelfalles in den Blick genommen und eine individuelle Abwägung der betroffenen Grundrechte, namentlich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) vorgenommen. Wenn der Beklagten bei dieser Ausgangslage den weitreichenden Täuschungsversuch und das hohe Maß an Täuschungsenergie betont, führt dies nicht zu einer Beanstandung durch den Einzelrichter. Zugunsten des Klägers lassen sich keine Umstände anführen, die diese Wertungen auch nur ansatzweise erschüttern könnten. Wenn der Beklagte über die individuellen Bewertungen hinaus auch generalpräventive Erwägungen zur Begründung des Ausschlusses einer Wiederholungsprüfung anführt, so macht das seine Ermessensentscheidung nicht rechtswidrig. Schon die Berücksichtigung der erwähnten Chancengleichheit für alle Prüfungsteilnehmer erfordert einen gewissen Abschreckungseffekt, weil sie sich ansonsten kaum verwirklichen lässt. Der vorliegende Fall bietet auch hinreichend Anlass dafür, allen zukünftigen Prüfungsteilnehmern vor Augen zu führen, dass ordnungswidriges Verhalten in besonders schweren Fällen zu drastischen Rechtsfolgen führen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird bis zur Klagerücknahme am 31. März 2015 auf die Wertstufe bis 10.000,-- Euro festgesetzt. Für die Zeit danach reduziert sich der Streitwert auf die Wertstufe bis 5.000,-- Euro.