VG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2015 - 22 K 6078/14
Fundstelle
openJur 2015, 15660
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erwähnung des Klägers im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2013.

Der 1991 gegründete Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in X. . Er ist bundesweit tätig und nach eigenen Angaben in mehr als 50 Städten durch Repräsentantinnen und Ortsgruppen vertreten. In § 2 seiner Satzung nennt er als "Zweck und Ziel":

"Der Verband verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Interessen. Er fördert den Zusammenschluss der Frauen in der BRD zur Wahrung ihrer Interessen, insbesondere für die gesellschaftliche Anerkennung und Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau. Ein weiteres Ziel ist die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens. Zur Verwirklichung seiner Ziele führt der Verband u.a. Veranstaltungen, Bildungsseminare und Kongresse durch. Er ist selbstständig - parteipolitisch, konfessionell und finanziell unabhängig. (...)"

Zur Mitgliedschaft legt die Satzung in § 3 fest:

"Mitglied kann jede Frau sein, die das Programm und die Satzung des Verbandes anerkennt und unterstützt, ihren Beitritt schriftlich erklärt und regelmäßig Beitrag zahlt. (...)"

Der Kläger wird seit mehreren Jahren im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW unter der Rubrik "Linksextremismus" als Vorfeldorganisation der N. -M. Partei Deutschlands (N1. ) genannt und im Verfassungsschutzbericht jeweils dahingehend gekennzeichnet, dass gewichtige Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (VSG NRW) vorlägen.

Im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2013 (Stand: 16. Mai 2014),

abrufbar im Internet unter http://www.mik.nrw.de...html,

wird der Kläger ebenfalls genannt. Zunächst wird er im Kapitel "Entwicklungstendenzen" unter dem Punkt "1.3 Linksextremismus" erwähnt. Unter dieser Überschrift wird in einer Fußnote auf Folgendes hingewiesen:

"Zur Erfüllung seiner Funktion als Frühwarnsystem in der wehrhaften Demokratie ist der Verfassungsschutz durch das Verfassungsschutzgesetz NRW berechtigt, über eine Organisation zu berichten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung vorliegen. Für eine Berichterstattung ist es nicht Voraussetzung, dass sich Verdachtsmomente bis zur Einschätzung als "verfassungsfeindlich" verdichtet haben. Soweit nur Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, wird dies mit der Kennzeichnung (*) ausdrücklich hervorgehoben."

Im selben Kapitel heißt es unter der Zwischenüberschrift "‘N. -M1. Partei Deutschlands‘ (N1. )" (Hervorhebung durch das Gericht):

"'N. -M1. Partei Deutschlands' (N1. )

Die N1. ist zur Bundestagwahl 2013 angetreten. Ihre kommunistische Ausrichtung, die sich offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes wendet, hat sie im Wahlkampf keineswegs verhehlt. Das Ergebnis zeigt allerdings, dass sie zwar Potenziale über ihrer Mitgliederzahl mobilisieren kann, jedoch bleibt sie weiterhin wahlpolitisch bedeutungslos. Durch eine angebliche "Antikommunismus"-Kampagne wähnt sie sich verfolgt und fühlt sich im politischen Spektrum benachteiligt. Zur Europawahl am 25. Mai 2014 will die N1. als Mitglied des ihr nahestehenden 'J' (J. ) antreten. Wichtiger dürften allerdings die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sein; hier beabsichtigt sie, Ratsmandate des von ihr maßgeblich beeinflussten Wahlbündnisses 'B*' zu verteidigen. Ihre Aktionsschwerpunkte sieht die N1. außerhalb des Parlamentarismus. Die Partei vermittelt weiterhin den Eindruck, sich auf einer Reihe von Themenfeldern zu engagieren. Traditionell arbeiten N1. -Mitglieder in Betriebsräten bzw. Gewerkschaften mit; in arbeitspolitischen oder -rechtlichen Einzelfällen engagiert sich die Partei zudem in "Solidaritätskreisen". Das Spektrum der Themenfelder reicht ferner über Umwelt- und Frauenfragen bis hin zum internationalen Engagement im Rahmen der J. . Die Partei unterstützt z.B. den Aufbau einer "überparteilichen und kämpferischen Umweltgewerkschaft" in Deutschland, deren Gründung bis Herbst 2014 geplant ist. Das Engagement im Umweltschutz dürfte vor allem auch der Gewinnung neuer Mitglieder dienen. Offenkundig ist die maßgebliche Beeinflussung und Unterstützung des G. D. e.V.*' durch die N1. , dem Ende 2012 die Gemeinnützigkeit entzogen wurde."

Ferner wird der Kläger in dem mit "Linksextremismus" überschriebenen Kapitel genannt. Auch diese Überschrift ist mit einer Fußnote versehen, deren Text identisch mit dem oben dargestellten Text zur Bedeutung der Kennzeichnung (*) ist. Im Folgenden heißt es unter der Zwischenüberschrift "N. -M1. Partei Deutschlands (N1. )":

"4.1.3 N. -M1. Partei Deutschlands (N1. )

[...]

Vorfeldorganisationen

Zahlreiche Gruppierungen mit nomineller Eigenständigkeit dienen der Partei als struktureller Unterbau, darunter der 'G D. e.V.*' oder kommunale Wahlbündnisse wie 'B*' u.a.

[...]

Entzug der Gemeinnützigkeit für den 'G D. e.V.*'

Dem 'G D. e.V.*' wurde im Dezember 2012 durch das Finanzamt X. -F. wegen der Erwähnung des Vereins im Verfassungsschutzbericht 2010 des Landes NRW der steuerrechtliche Status der Gemeinnützigkeit aberkannt. Der wesentliche Rechtsgrund dafür war, dass es bei dem Verband Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung gibt. Gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit wurden Rechtsmittel eingelegt.

Dagegen initiierte 'D. e.V.*' im Berichtsjahr eine massive Protestkampagne durch Solidaritätsaufrufe122, Unterschriftensammlungen123, einen Offenen Brief an die Landesregierung124 sowie Protestaktionen vor dem Finanzamt X. -F1. . Die Kampagne wurde durch die N1. und ihr nahestehende Organisationen massiv unterstützt und begleitet.126

Der 'G D. e.V.*' ist seit jeher eine Vorfeldorganisation der N1. . Bereits die Gründung des Verbandes im Jahr 1991 wurde von der N1. wesentlich initiiert. Seitdem nimmt die Partei gezielt ideologisch, personell und organisatorisch Einfluss auf 'D. e.V.*', um Frauen für ihre politischen Ziele und ihre Ideologie im Sinne eines Sozialismus/Kommunismus nach den Vorstellungen der Partei zu gewinnen. 'D. e.V.*'-Ortsgruppen in Deutschland arbeiten seit Jahren eng mit der N1. und ihr nahestehenden Organisationen sowie mit dem durch die N1. beeinflussten Wahlbündnis 'B*' zusammen127 (gemeinsame Veranstaltungen, Demonstrationen, Kundgebungen, Pfingstjugendtreffen etc.). Bekräftigt wurde die historische Verbindung zwischen der N1. und 'D. e.V.*' zuletzt im Rahmen des offiziellen Festakts zum 30jährigen Bestehen der N1. am 3. November 2012 in E. . Dort führte die stellvertretende Parteivorsitzende N. H. -F2. zur Frauenarbeit der N1. und zum geschichtlichen Ursprung des 'G. D. e.V.*' aus:

"[...] Dem trägt die N1. mit einer nunmehr über 20-jährigen systematischen marxistischleninistischen Frauenarbeit Rechnung. [...] Ende der 1980er Jahre hatten wir vor, eine marxistischleninistische Frauenorganisation aufzubauen. [...] Die revolutionären Frauen gehören in die Partei. [...] Die grundsätzlichen Diskussionen, die er (Anm.: gemeint ist X1. E1. , Mitbegründer der N1. ) dadurch in der N1. auslöste, wurden zum Fundament der Frauenarbeit der N1. . Die N1. förderte seitdem den Aufbau des überparteilichen G1. D. ." 128

Auch der 'G D. e.V.*' stellte sich - gemeinsam mit kommunistischen bzw. derart beeinflussten Organisationen - im Rahmen des Festaktes vor.129

In den Parteiorganen der N1. (Homepage www.N1...') wird seit Jahren sowohl über grundsätzliche frauenpolitische Positionen der Partei als auch über gemeinsame Veranstaltungen mit 'D. e.V.*' und anderes mehr berichtet.

Die enge Verbindung zwischen der N1. und 'D. e.V.*' zeigt sich z. B. auch daran, dass die Partei auf ihrer Homepage aus Schriftverkehr zwischen dem Frauenverband und dem Finanzamt zitiert: "Am 14. November 2013 verschärfte das Finanzamt die Auseinandersetzung. Es lehnte den Einspruch von D. vom 3. Januar 2013 gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit ab. Die Begründung: '"[...] das Bestehen einer personellen und ideologischen Verflechtung (mit der N1. ) wird nicht widerlegt'. Nicht genug, dass damit die Beweislast umgekehrt und der Frauenverband gezwungen werden soll, die manipulierten Unterstellungen des NRW-Geheimdienstes zu widerlegen, D. sei eine 'Vorfeldorganisation der N1. ' [...]."130

Rechtsvertreter des G1. ist Q. X2. ; Mitglied des Zentralkomitees der N1. , des zentralen Führungsgremiums der Partei. 131

122Beispiele: http://www... http://...

123http://www...

124http://...

125 http://...

126Beispiele: http://www...

127Beispiel: http://www...

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129http://www...

130http://www...

131http://... http://..."

Der Kläger beantragte am 23. Juli 2014 den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, den die Kammer mit Beschluss vom 1. September 2014 - 22 L 1649/14 - ablehnte. Die hiergegen eingelegte Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies der Senat mit Beschluss vom 12. November 2014 ? 5 B 1104/14 - zurück. Eine gegen die genannten Entscheidungen eingelegte Verfassungsbeschwerde nebst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 1 BvR 3340/14 - nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Kläger hat am 16. September 2014 Klage erhoben.

Er ist der Auffassung, seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2013 sei rechtswidrig und verstoße gegen die Vorschriften des VSG NRW, so dass er einen Anspruch darauf habe, dass dieser Verfassungsschutzbericht nicht ohne vorherige Streichung der Erwähnung weiterverbreitet werde. Ferner habe er einen Anspruch auf Richtigstellung in dem als nächstem erscheinenden Verfassungsschutzbericht NRW. Die Rechtswidrigkeit seiner Erwähnung im Verfassungsschutzbericht ergebe sich daraus, dass es an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten dafür fehle, dass sich Zielsetzung oder praktische Tätigkeit des Klägers gegen Verfassungsgrundsätze oder gar den Gedanken der Völkerverständigung richteten. Die im Verfassungsschutzbericht genannten Fundstellen verwiesen ausschließlich auf Quellen aus der Öffentlichkeitsarbeit der N1. . Der dem Kläger gemachte Vorwurf bestehe offensichtlich einzig und allein darin, dass er nicht bereit sei, sich ausschließlich antikommunistisch begründeten, staatlichen verordneten Denk- und Berührungsverboten zu unterwerfen und stattdessen eine wirkliche, echte Überparteilichkeit praktiziere. Diese echte Überparteilichkeit sei ein konstitutives Merkmal und für das Selbstverständnis des Klägers von entscheidender Bedeutung. Der Kläger sei seit seiner Gründung ausdrücklich für Frauen aller Klassen und Schichten, Weltanschauungen, parteipolitischen Bindungen und Religionszugehörigkeiten auf antifaschistischer Grundlage offen. Von der Mitgliedschaft ausgeschlossen seien lediglich faschistische, rassistische oder religiösfundamentalistische Frauen. Integraler Bestandteil der echten Überparteilichkeit sei selbstverständlich auch, dass in der N1. organisierte Frauen bei dem Kläger Mitglied werden könnten und auch tatsächlich Mitglied seien; genauso wie in anderen Parteien organisierte Frauen. Der Kläger lasse sich nicht staatlicherseits vorschreiben, mit welchen Parteien er zusammenarbeiten oder auf wessen Veranstaltungen er einen Informationsstand betreiben dürfe. Er, der Kläger, setze sich kritisch mit den vorhandenen gesellschaftlichen Verhältnissen bezüglich der Situation der Frauen in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen auseinander. Im Rahmen der Förderung und Verwirklichung seiner satzungsgemäßen Ziele und seiner Programmatik arbeite er gleichberechtigt und auf Grundlage seiner weltanschaulichen Offenheit mit allen Personen, Personenbündnissen, Organisationen, Religionsgemeinschaften, Parteien etc. zusammen, die diese in ihrer Gesamtheit oder bezüglich einzelner frauenpolitischer Ziele und Forderungen unterstützten. Der Kläger nehme sich die Freiheit, selbst zu entscheiden, mit wem er zusammenarbeite und mit wem nicht. Er habe zu keinem Zeitpunkt seiner 23jährigen Geschichte einen Hehl daraus gemacht, dass er auch mit Organisationen oder Parteien zusammenarbeite, die sozialistische oder kommunistische Vorstellungen von der Zukunft der Gesellschaft hätten, wie dies bei der N1. der Fall sei. Dies könne jederzeit den öffentlich zugänglichen Erklärungen des Klägers entnommen werden. Hierzu brauche es die Berichte des Beklagten bzw. seiner Inlands-Geheimdienstabteilung, deren katastrophale Fehleinschätzungen beispielsweise im Bereich des faschistisch motivierten Terrors des NSU inzwischen hinlänglich bekannt seien, nicht. Es spreche für die Methode des Beklagten, im angegriffenen Verfassungsschutzbericht nur Beispiele für die Zusammenarbeit des Klägers mit der N1. herauszugreifen und die zahllosen Beispiele einer Zusammenarbeit mit anderen Personen, Organisationen und Parteien schlicht zu unterschlagen. Überparteiliche Organisationen wie der Kläger seien unverzichtbare Elemente eines breiten gesellschaftlichen Engagements. Der Kläger werde allein deshalb vom Beklagten in der Öffentlichkeit diskreditiert, weil er sich nicht der Staatsdoktrin einer strikten antikommunistischen Ausgrenzung solcher Parteien, Organisationen oder Frauen unterwerfe, die eine sozialistische Vorstellung von der Zukunft der Gesellschaft hätten. Die Darstellung des Klägers durch den Beklagten als Vorfeldorganisation der N1. sei durch keinerlei Tatsachen aus Programmatik, Zielsetzung oder praktischer Tätigkeit des Klägers belegt. Auf den vorgelegten 700 Seiten Material und Dokumenten gelinge es dem Beklagten lediglich einmal auf 3 Seiten, eine Handvoll Zitate vorzulegen, die sich kritisch mit der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auseinandersetzten. Darüber hinaus werde die These des Beklagten von einer angeblichen verschleierten oder verdeckten Steuerung des Klägers durch die N1. schon dadurch wiederlegt, dass nahezu alle vom Beklagten vorgelegten Dokumente mit einem Klick im Internet aufrufbar seien. Es gehe dem Beklagten einzig und allein darum, den Kläger öffentlich zu diffamieren und zu diskreditieren. Es werde insoweit auf eine Äußerung einer der drei gleichberechtigten Vorstandssprecherinnen des Klägers im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit verwiesen, in der diese ausgeführt habe:

"(...) Die echte Überparteilichkeit von D. duldet nicht nur eine weltanschaulich offene Auseinandersetzung, sondern wünscht sie ausdrücklich als Basis für vielfältige kämpferische, solidarische und erfolgreiche Aktivitäten. (...)"

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen,

1. die weitere Verbreitung des Verfassungsschutzberichts Nordrhein-Westfalen 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über den Kläger entfernt oder unleserlich gemacht worden sind,

2. im nächsten Verfassungsschutzjahresbericht richtigzustellen, dass die Berichterstattung über den Kläger im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2013 rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist unter Vorlage der Verwaltungsvorgänge, in denen Dokumente aus veröffentlichten und frei zugänglichen Quellen zusammengefasst sind, auf die Darstellungen im Verfassungsschutzbericht 2013 und vertieft seine Auffassung, dass er gemäß §§ 3 Abs. 3, 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 1 VSG NRW berechtigt sei, über den Kläger im Verfassungsschutzbericht 2013 zu berichten.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen weder der von ihm geltend gemachte allgemeine öffentlichrechtliche Unterlassungsanspruch noch der Anspruch auf Richtigstellung zu. Die Berichterstattung über den Kläger ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Berichterstattung des Beklagten in Rechte des Klägers eingreift, ist dieser Eingriff von § 5 Abs. 7 i. V. m. § 3 VSG NRW gedeckt und damit nicht rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichterstattung liegen vor (1). Ferner hat der Beklagte weder die Grenzen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung eröffneten Ermessens (§ 40 VwVfG NRW) überschritten noch gereift die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise nicht unverhältnismäßig in Rechte des Klägers ein (2).

1 .

Rechtsgrundlage für die Berichterstattung des Beklagten über den Kläger in dem Verfassungsschutzbericht für den streitgegenständlichen Berichtszeitraum 2013 ist § 5 Abs. 7 i. V. m. § 3 VSG NRW. Gemäß § 5 Abs. 7 VSG NRW darf die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere Verfassungsschutzberichte, zum Zweck der Aufklärung der Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 VSG NRW veröffentlichen. Diese Befugnis besteht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW unter anderem für Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes (1.1), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen vorliegen (1.2). Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 3, 5 VSG NRW unterliegt dabei in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle; insoweit steht dem Beklagten auch keine Einschätzungsprärogative zu.

1.1

Das gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) VSG NRW den Begriff einer "Bestrebung" kennzeichnende Tatbestandsmerkmal einer politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise erfordert ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferischaggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ? 16 A 845/08 ?, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 94 sowie ? in Bezug auf den insoweit wortgleichen § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) BVerfSchG ?; BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 ? 6 C 22/09 ?, DVBl 2010, 1370 ff. = www.bverwg.de = Juris Rn. 59; VG Düsseldorf, Urteile vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10 -und vom 15. Februar 2011 ? 22 K 404/09 -.

Erfasst sind damit Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf die Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer Organisation reicht, ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer gesellschaftspolitischen Theorie, nicht aus. Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die in der Theorie gewonnenen Erkenntnisse von einer Vereinigung, die ihrer Satzung nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossen ist, in ihren Willen aufgenommen und zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden.

vgl. VG Düsseldorf, Urteile vom 12. April 2013 - 22 K 9174/10 - und vom 15. Februar 2011 ? 22 K 404/09 -.

Da auch der Kläger eine auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisation ist, ist davon auszugehen, dass Meinungsäußerungen, die von dem Kläger oder innerhalb seiner Organisation abgegeben werden, auch mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden.

1.2

Es liegen Tatsachen vor, die hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben, dass der Kläger eine Bestrebung im Sinne des § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) und Satz 2 VSG NRW darstellt, indem er für einen seinerseits unmittelbar verfassungsfeindlichen Personenzusammenschluss handelt.

Eine Bestrebung in dem vorgenannten Sinne ist gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) VSG NRW dann gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet, wenn ihr Handeln darauf angelegt ist, einen der in § 3 Abs. 6 VSG NRW genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung in diesem Sinne zählen gemäß § 3 Abs. 6 Buchst. a) VSG NRW u. a. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen. Gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) VSG NRW können Verhaltensweisen sowohl in einem als auch für einen Personenzusammenschluss geeignet sein, die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht zu rechtfertigen. Dabei handelt gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 VSG NRW für einen Personenzusammenschluss, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.

Dazu, wann tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung in dem vorstehend dargelegten Sinne vorliegen, hat das erkennende Gericht bereits in seinem Urteil vom 15. Februar 2011 ? 22 K 404/09 ? (veröffentlicht in Juris), bestätigt durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 23. Mai 2012 ? 5 A 837/11 ? (veröffentlicht in Juris), folgende Maßstäbe aufgestellt:

"Für die positive Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW genügen einerseits bloße Mutmaßungen oder Hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen können, nicht. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Geltung gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung im Sinne eines Verdachts auf Bestrebungen nach § 3 VSG NRW hindeuten und die Aufklärung der Öffentlichkeit erforderlich erscheinen lassen. Ausreichend ist dabei, dass die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte auf entsprechende Bestrebungen hindeutet, mag auch jeder für sich genommen nicht genügen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ? 1 BvR 1072/01 ?, BVerfGE 113, 63 ff. = Juris Rn. 68; OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 1994 ? 5 B 1236/93 ?, NVwZ 1994, 588 ff. = Juris Rn. 44.

Tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer derartigen Bestrebung können bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegelt; deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Derartige Anhaltspunkte können sich aus dem Programm bzw. der Satzung des in den Blick genommenen Personenzusammenschlusses ergeben, aus den Äußerungen und Taten von führenden Persönlichkeiten und sonstigen Vertretern, Mitarbeitern und Mitgliedern der Gruppierung sowie aus deren Schulungs- und Werbematerial. Bei Äußerungen kommt es nicht auf ihre abstrakte Interpretierbarkeit und Bewertung an, sondern auf ihre konkrete Verwendung und ihren Stellenwert in der Gesamtausrichtung der Gruppierung,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ? 16 A 845/08 ?, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 46 ff., m.w.N. zur obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Dabei müssen tatsächliche Anhaltspunkte i.S.d. § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz VSG NRW allerdings hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigen sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet ist, reichen sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stehen die Bestrebungen noch nicht fest, begründen tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, muss dessen Intensität hinreichend sein, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, ist zudem zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Dementsprechend reicht die bloße Kritik an Verfassungswerten nicht als Anlass aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung im Sinne des § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VSG NRW zu bejahen oder allein deshalb die negative Sanktion einer Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten zu ergreifen. Allerdings ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte i.S.d. § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz VSG NRW insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, wobei Anknüpfungspunkt ausschließlich die (tatsächlichen) Ziele der hinter der Meinungsäußerung stehenden Gruppe, nicht hingegen deren Wirkung auf Dritte ist,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ? 1 BvR 1072/01 -, a.a.O., Juris Rn. 68 ff.; OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2009 ? 16 A 845/08 ?, DVBl 2009, 922 ff. = www.nrwe.de = Juris Rn. 46 ff.; OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2008 ? 5 A 130/05 ?, www.nrwe.de Rn. 297 = Juris Rn. 281.

Bei der vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung sind der Kontext, die Begleitumstände und die Zielrichtung der Äußerungen angemessen zu berücksichtigen und es dürfen andere, mäßigende Äußerungen nicht außer Acht gelassen werden,

vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 2 WD 42/00, 2 WD 43/00 ?, BVerwGE 114, 258 ff. = Juris Rn. 42; OVG Berlin?Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ? 3 B 3.99 ?, NVwZ 2006, 838 ff. = Juris Rn. 145, m.w.N..

(...) Dabei müssen sich Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht notwendig nur aus Ereignissen im zu überprüfenden Berichtszeitraum ableiten lassen. Dies folgt aus der Aufgabe des Verfassungsschutzberichts, (umfassend) über Bestrebungen einer Gruppierung zu informieren,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ? 1 BvR 1072/01 ?, a.a.O., Juris Rn. 84; OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 ? 5 A 203/08 ?, www.nrwe.de = Juris Rn. 3 ? 5.

Vor dem Berichtszeitraum liegende Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung können bereits allein eine Berichterstattung rechtfertigen, wenn jedenfalls bei der Bestrebung eine hinreichende personelle Kontinuität besteht, eine inhaltliche Distanzierung von den Verlautbarungen und Aktivitäten, die die Verdachtsanhaltspunkte bildeten, nicht festgestellt werden kann und zwischen Anknüpfungstatsachen und Berichtszeitraum eine nur kurze Zeitspanne liegt, wobei von einer nur kurzen Zeitspanne jedenfalls auszugehen ist, wenn die letzten Anknüpfungstatsachen noch nicht mehr als zwei Kalenderjahre zurückliegen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2009 ? 5 A 203/08 ?, www.nrwe.de = Juris Rn. 3 ? 5.”

Nach diesen Maßstäben liegen Tatsachen vor, die hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben, dass der Kläger eine Bestrebung im Sinne des § 3 Abs. 5 Satz 1 Buchst. c) und Satz 2 VSG NRW darstellt. Dabei geht die Kammer zugunsten des Klägers davon aus, dass er zwar für sich genommen nicht unmittelbar verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und auch nicht Teil einer verfassungsfeindlichen Organisation ist. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in den gerichtlichen Verfahren, die seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2013 betreffen, besteht indes der hinreichende Verdacht, dass er für einen seinerseits unmittelbar verfassungsfeindlichen Personenzusammenschluss handelt.

Ein Handeln für einen Personenzusammenschluss in diesem Sinne kann allerdings nicht schon dann angenommen werden, wenn lediglich keine Distanzierung von verfassungsfeindlichen Organisationen erfolgt, mit denen lediglich Berührungspunkte bestehen. Das nachdrückliche Unterstützen eines solchen Personenzusammenschlusses setzt vielmehr ein aktives Handeln, das über eine bloße Missbilligung oder Kritik an einem Verfassungsgrundsatz hinausgeht, voraus. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels muss die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten.

Zur Überzeugung des Gerichts liegen hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht vor, dass der Kläger nach diesen Maßstäben für einen verfassungsfeindlichen Personenzusammenschluss in Gestalt der N1. handelt. Hier ist unter anderem zu berücksichtigen, dass sich auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls Teile seiner Mitgliedschaft und einige seiner Führungspersonen seit Gründung des Vereins und auch noch im Berichtszeitraum bei Veranstaltungen der N1. engagieren. Beispielhaft sei darauf verwiesen, dass Vertreterinnen des Klägers in dessen Namen öffentlich Grußworte bei einer Wahlkampfauftaktveranstaltung der N1. im Jahr 2009 in I. sprachen und damit die N1. aktiv unterstützten. Auch in der vom Kläger herausgegebenen und von seinem Vorstand im Sinne des Presserechts verantworteten Vereinszeitschrift "D. " finden sich zahlreiche Belege dafür, dass der Kläger die N1. im vorgenannten Sinne nachdrücklich unterstützt. Lediglich beispielhaft sei insoweit auf den in der Ausgabe Nr. 1/2013 und damit im Berichtszeitraum auf Seite 4 unter der Rubrik "Leserinnenforum" veröffentlichten Aufruf von "L. T. , I1. " verwiesen, "am besten die N1. (zu) wählen". Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich hierbei um einen als Leserbrief gekennzeichneten Beitrag handelt, bestehen - insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Verfasserin dieses Leserbriefs in derselben Ausgabe auf Seite 20 einen redaktionellen Beitrag verfasst hat - keine Zweifel daran, dass der Kläger als Herausgeber mit der Veröffentlichung eines solchen Beitrages, zu der er nicht verpflichtet gewesen wäre, seine Mitglieder zu einer Unterstützung der N1. aufrufen möchte.

Der Kläger selbst hat sowohl im Rahmen des Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als auch in dem Hauptsacheverfahren, zuletzt ausdrücklich und mehrfach im Rahmen der mündlichen Verhandlung, ausgeführt, es sei seiner Auffassung nach sein zu schützendes Recht, mit der N1. als Organisation insgesamt sowie mit einzelnen Vertreterinnen und Vertretern der N1. zu kooperieren und gemeinsam für die Durchsetzung der eigenen satzungsmäßigen Ziele einzutreten. Die an zahlreichen Stellen betonte sog. "echte Überparteilichkeit" des Klägers umfasst seiner Ansicht nach gerade auch die enge Zusammenarbeit mit Parteien und Organisationen, die - wie die N1. - eindeutig und unwidersprochen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Eine Distanzierung von diesen Organisationen und ihren Zielen lehnt er ausdrücklich ab. Im Gegenteil stellt es für das Selbstverständnis des Klägers ein konstitutives Alleinstellungsmerkmal seiner Arbeit als "echter überparteilicher" Zusammenschluss von Frauen dar, gerade auch mit Organisationen wie der N1. sachlich und personell zusammenzuarbeiten, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen und daher ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Der Eindruck, den die erkennende Kammer in der mündlichen Verhandlung aufgrund der dort gemachten Ausführungen der Vertreterinnen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten gewonnenen hat, bestätigt diesen Befund nachdrücklich.

Die N1. sieht den Kläger ihrerseits als ein Mittel, die eigenen verfassungsfeindlichen Gedanken und Ideologien weiteren Kreisen der Gesellschaft zugänglich zu machen und sie dort zu verbreiten. Dass der Kläger auch in Kenntnis dieser Auffassung an seiner Zusammenarbeit mit der N1. festhält und auch in Zukunft festhalten will, bekräftigt den Verdacht, der Kläger verfolge durch sein nachdrückliches Unterstützen der N1. selbst verfassungsfeindliche Ziele.

Dabei geht die Kammer nicht davon aus, der Kläger arbeite ausschließlich mit verfassungsfeindlichen Organisationen zusammen, wie der Kläger offenbar meint. Dies ist aber nach den Vorschriften des VSG NRW auch nicht erforderlich, um die dort genannten Tatbestandsmerkmale zu erfüllen.

2.

Der Beklagte hat die Grenzen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung eröffneten Ermessens (§ 40 VwVfG NRW) nicht überschritten. Insbesondere greift die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise nicht unverhältnismäßig in Rechte des Klägers ein.

Soweit die Berichterstattung mittelbar in Grundrechte des Klägers, namentlich in die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) sowie in die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) eingreift,

vgl. zum Eingriffscharakter eines Verfassungsschutzberichtes insoweit in Bezug auf Art. 5 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ? 1 BvR 1072/01 ?, Juris Rn. 50 ff.,

sind diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Die grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen des Klägers finden ihre Schranke in der Entscheidung des Gesetzgebers für eine "streitbare Demokratie". Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 lit. b GG und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut auf Grund geschichtlicher Erfahrung nicht alleine darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat daher dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten,

vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2010 ? 6 C 22/09 ?, Juris Rn. 24.

Eine belastende Maßnahme in Form der Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten ist daher am Rang des im Rahmen der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie" zu schützenden Rechtsguts, der Intensität seiner Gefährdung, aber auch an der Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen zu messen. Ein hiermit verbundener Eingriff ist nur dann zulässig und von dem Betroffenen hinzunehmen, wenn sich die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht als verhältnismäßig darstellt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ? 1 BvR 1072/01 ?, Juris Rn. 66; OVG Berlin?Brandenburg, Urteil vom 6. April 2006 ? 3 B 3.99 ?, Juris Rn. 44.

Die durch den Beklagten vorgenommene Art und Weise der Berichterstattung über den Kläger genügt den sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie ist zur Aufklärung der Öffentlichkeit geeignet, zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich und steht auch nicht außer Verhältnis zum Stellenwert der Grundrechte des Klägers, in die eingegriffen wird.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Veröffentlichungen in Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich zulässige und geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen darstellen,

vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 ? 1 BvR 1072/01 ?, Juris Rn. 65.

Auch die Art und Weise der Darstellung im Verfassungsschutzbericht 2013 im Kapitel "Entwicklungstendenzen", Unterkapitel "Linksextremismus" und im Kapitel "Linksextremismus" ist zur Aufklärung der Öffentlichkeit und zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen geeignet. Inhaltlicher Kern der Berichterstattung über den Kläger ist die Darlegung, dass in Bezug auf ihn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Bestrebung vorliegen, die das Recht des Volkes beseitigen will, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen. Dabei werden die Aktivitäten des Klägers im Einzelnen beschrieben und bewertet. Die so vorgenommenen Erläuterungen und Bewertungen des Klägers sind vom Gesetzeszweck gedeckt.

Die Berichterstattung über den Kläger im Verfassungsschutzbericht 2013 ist in ihrer Art und Weise zur Erreichung des verfolgten Zwecks (Aufklärung der Öffentlichkeit und Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen) auch erforderlich; ein milderes, ebenso wirksames Mittel ist nicht ersichtlich.

Wie der Wortlaut des § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 1 a. E. VSG NRW (" ... soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht ... vorliegen") zeigt, ist die Verfassungsschutzbehörde grundsätzlich berechtigt, schon im Falle eines bloßen Verdachts für verfassungsfeindliche Bestrebungen über diese in Verfassungsschutzberichten zu berichten. Die Berechtigung der Verfassungsschutzbehörde zur Berichterstattung aus Anlass eines bloßen Verdachts erfordert dabei eine Differenzierung in der Berichterstattung nach Art und Ausmaß der Gefahr und nach dem Gewicht und der Belastbarkeit der eigenen Erkenntnisse. In einem solchen Falle ist es geboten, nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe bereits fest, dass die betroffene Gruppierung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt. Daher muss - etwa in den gewählten Überschriften und der Gliederung des Berichts - deutlich zwischen solchen Organisationen, für die nur ein Verdacht besteht, und solchen, für die solche Bestrebungen erwiesen sind, unterschieden werden,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005, 1 BvR 1072/01 ?, Juris Rn. 78.

Entscheidend ist damit grundsätzlich, dass in den Berichten Organisationen, bei welchen lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen festgestellt werden, nicht ohne jede Differenzierung in der Gestaltung des Berichts auf die gleiche Stufe mit solchen Organisationen gestellt werden, für die Anhaltspunkte für feststehende verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt werden. Abzustellen ist dabei auf den flüchtigen Leser, d. h. es genügt nicht, wenn eine solche Differenzierung allein aus im Textteil des Berichts enthaltenen Nuancierungen hervorgeht, sondern diese Differenzierung muss sich aus der Gestaltung des Berichts ergeben,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005, 1 BvR 1072/01 ?, Juris Rn. 89.

Die Berichterstattung des Beklagten über den Kläger im Verfassungsschutzbericht 2013 überschreitet das erforderliche Maß nicht. Auch für den flüchtigen Leser ist erkennbar, dass der Beklagte in Bezug auf den Kläger lediglich von einem Verdachtsfall einer verfassungsfeindlichen Bestrebung ausgegangen ist.

Dass sich der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bei dem Kläger nach der Auffassung des Beklagten nicht bis zur absoluten Gewissheit verdichtet hat, kommt zugleich in den Textpassagen, die den Kläger betreffen, deutlich zum Ausdruck. So ist die namentliche Bezeichnung des Klägers sowohl in den Textüberschriften als auch im Fließtext jeweils mit einem (*) gekennzeichnet, das deutlich als Fall der bloßen Verdachtsberichterstattung erläutert wird,

vgl. zur Kennzeichnung von Verdachtsfällen durch eine solche Fußnote: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. November 2009 ? 22 K 3117/08 ?, www.nrwe.de = Juris.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711. ZPO.