LAG Hamm, Beschluss vom 23.03.2015 - 14 Ta 121/15
Fundstelle
openJur 2015, 15098
  • Rkr:

Die Zustellung einer Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren ist nicht ordnungsgemäß, wenn sie lediglich in einem von mehreren Prozesskostenhilfeverfahren einer Partei erfolgt und aus dem Inhalt der Aufforderung und weiteren zugestellten Schreiben des Gerichts nicht deutlich wird, dass die Nachprüfung in allen Verfahren erfolgen soll.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 30. Januar 2015 (1 Ca 435/14) aufgehoben.

Es verbleibt bei der durch Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 23. Juli 2014 bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde richtet sich gegen im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) erfolgte Abänderung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung gemäß § 124 Nr. 2 ZPO a. F., indem wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse des Klägers die Zahlung eines Einmalbetrages von 5.376,00 Euro in diesem sowie drei weiteren Verfahren (Arbeitsgericht Arnsberg - 1 Ca 1221/12, 1 Ca 831/13 und 1 Ca 1119/13) durch den angefochtenen Beschluss angeordnet wurde.

Dem Kläger wurde in allen vier Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt, in zwei Verfahren auch für die Berufungsinstanz. Nachdem durch den gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO ergangenen Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Juli 2014 (6 Sa 718/14) festgestellten Vergleich erhielt der Kläger eine Abfindung von 15.000,00 Euro brutto, die ihm mit weiteren Restvergütungsansprüchen am 8. September 2014 ausgezahlt wurde. Mit Schreiben vom 16. September 2014 bat das Arbeitsgericht ausschließlich im Verfahren 1 Ca 1119/13 den Kläger um die Mitteilung des ausgezahlten Nettoabfindungsbetrages. Das Schreiben wurde seinem Prozessbevollmächtigten am selben Tag zugestellt. Auch die Erinnerung vom 8. Oktober 2014, die Fristverlängerung vom 24. Oktober 2014 und die Mitteilung der Berechnung des das Schonvermögen übersteigenden Betrages der Abfindung erfolgte ausschließlich im Verfahren 1 Ca 1119/13 durch Zustellung der entsprechenden Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Durch den hier angefochtenen Beschluss, der unter den Aktenzeichen aller vier Verfahren erging, änderte das Arbeitsgericht "die PKH-Bewilligungsbeschlüsse des Arbeitsgerichts Arnsberg bzw. des LAG Hamm" ab und ordnete an, dass der Kläger "nunmehr auf die Kosten der Verfahren einen Betrag von 5376 zu zahlen" habe.

Gegen diese am 12. Februar 2015 seinem Prozessbevollmächtigten zugestellte Entscheidung richtet sich die vom Kläger persönlich eingelegte und am 26. Februar 2015 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde, mit der er im Wesentlichen den Verbrauch der Abfindung für die Rückzahlung privater Schulden und anderer Verpflichtungen geltend macht, und der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 a. F., §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 ZPO) nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO), ob eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht zugestellt, obwohl dies erforderlich ist (vgl. LAG Hamm, 5. Juli 2013, 5 Ta 254/13, juris; 20. September 2013, 14 Ta 160/13, juris). Sie ist im Beschwerdeverfahren nicht nachzuholen, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist (vgl. LAG Hamm, 20. September 2013, a. a. O.; 23. Juni 2014, 14 Ta 330/14, juris). Dem Zweck des Zustellerfordernisses des § 172 Abs. 1 ZPO wird im Nachprüfungsverfahren nicht dadurch Rechnung getragen, dass der Prozessbevollmächtigte - wie im vorliegenden Fall - keine Information über eine beabsichtigte Änderung der bisherigen Bewilligung ohne Zahlungsanordnung erhält. Das Arbeitsgericht hat ausschließlich im Parallelverfahren 1 Ca 1119/13 Anfragen zur Nettoabfindungszahlung übersandt Daraus war nicht zu ersehen, dass eine Abänderung auch in den weiteren drei Verfahren beabsichtigt war.

2. Der Beschluss, mit dem die Einmalzahlung angeordnet wurde, ist zudem in allen vier Verfahren, in denen Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, gemeinsam ergangen. Dies ist unzulässig. Eine Verbindung der Prozesskostenhilfeverfahren gemäß § 147 ZPO ist zum einen nicht ausdrücklich erfolgt. Soweit das Arbeitsgericht inzidenter die Prozesskostenhilfeverfahren durch die hier angefochtene Entscheidung miteinander verbunden wollte, ist diese Verbindung unzulässig, weil die Hauptsacheverfahren, für die jeweils in den gesonderten Bewilligungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt wurde, nicht miteinander verbunden wurden und nach Abschluss der Instanz auch nicht mehr miteinander verbunden werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidung des Beschwerdegerichts in dem Parallelverfahren (LAG Hamm, 23. März 2015, 14 Ta 120/15) Bezug genommen. Das Verfahren, das zu dem angefochtenen Beschluss führte, leidet mithin unter einem erheblichen Fehler und kann nicht als ordnungsgemäße Entscheidungsgrundlage angesehen werden. Dies rechtfertigt die Aufhebung und Aufrechterhaltung der bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.

3. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.