FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12
Fundstelle
openJur 2015, 14174
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Strittig ist die Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes im Land Berlin ab dem 01. Januar 2011 von 11 % auf 20 %.

Die Klägerin wurde im Jahr 2007 gegründet. Satzungsmäßiger Gegenstand der Klägerin ist der Betrieb von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne von § 33i Gewerbeordnung -GewO- und das Aufstellen von Spielautomaten im Sinne von § 33c GewO.

Die Klägerin betrieb im Streitzeitraum (Januar 2011) in Berlin zehn Spielhallen, in denen sie vergnügungsteuerpflichtige Spielautomaten betrieb.

Im Objekt M…-Straße betrieb die Klägerin keine Spielhalle, da sie für den Betrieb keine Genehmigung erhalten hatte.

Die Spielautomaten bezog die Klägerin ausschließlich von der Q… Gruppe sowie von der R… Gruppe.

Die Klägerin erzielte in den Jahren 2010 bis 2012 folgende Umsätze in Berlin:AufstellortJahr 2010Jahr 2011Jahr 2012…                               Summe 5.5xx.xxx,xx €4.8xx.xxx,xx €4.5xx.xxx,xx €.Die Klägerin erzielte – ausweislich ihrer veröffentlichten handelsrechtlichen Jahresabschlüsse – folgende Ergebnisse:

2010  3xx.xxx,xx €2011   ./. 49x.xx,xx €2012   ./. 1xx.xxx,xx €2013   5xx.xxx,xx €2014   4xx.xxx,xx €.Die Klägerin senkte ihre Lohnkosten von 1.xxx.xxx € (2011) auf 8xx.xxx € (2012), 8xx.xxx € (2013) und 8xx.xxx € (2014).

Die Vergnügungsteuer erfasste sie ab 2011 in der gesetzlichen Höhe (20 %) als Aufwand. Die Klägerin meldete die Vergnügungsteuer im Streitzeitraum nur nach dem bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Steuersatz in Höhe von 11 % an und ermittelte eine Vergnügungsteuer in Höhe von xx.xxx € (Bemessungsgrundlage xxx.xxx € für Spielautomaten des Tarifs G1). Durch geänderte Anmeldung erklärte die Klägerin eine Bemessungsgrundlage in Höhe von xxx.xxx €. Das vormals zuständige Finanzamt S… in Berlin setzte abweichend zur Anmeldung die Vergnügungsteuer für den Monat Januar 2011 mit Bescheid vom 22. Februar 2011 in Höhe von xx.xxx € fest (xxx.xxx € x 20 %). Durch geänderte Anmeldung erklärte die Klägerin eine Bemessungsgrundlage in Höhe von xxx.xxx €. Das Finanzamt S… setzte abweichend zur Anmeldung die Vergnügungsteuer für Januar 2011 mit Bescheid vom 08. April 2011 auf xx.xxx € fest (xxx.xxx € x 20 %).

Die Klägerin legte gegen den ursprünglichen Bescheid fristgerecht Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Vergnügungsteuer, soweit die Festsetzung den Betrag von xx.xxx € überstieg. Die Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer in Berlin -VgStG- in der Fassung von Art. 1 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des VgStG vom 15. Dezember 2010 (Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin -GVBl- 2010, S. 559) sei verfassungswidrig. Die Steuer sei deshalb nach dem ursprünglichen Steuersatz zu erheben. Das Finanzamt S… lehnte die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab. Das Gericht hat den gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Az. 6 V 6191/11) mit Beschluss vom 05. Dezember 2011 als unbegründet zurückgewiesen, da keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes bestünden.

Das Finanzamt S… wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012 als unbegründet zurück, da die Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes verfassungsgemäß sei, insbesondere keine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG-) und der allgemeinen Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vorliege.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 17. Februar 2012.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Erhöhung des Steuersatzes von 11 % auf 20 % verfassungswidrig sei. Dem Berliner Gesetzgeber gehe es vorrangig um eine Reduzierung der Spielhallen; diese Lenkungsfunktion verdränge in unzulässiger Weise die Finanzierungsfunktion der Steuer. Die Erhöhung des Steuersatzes sei zudem nicht geeignet, die ordnungspolitisch gewünschte Lenkungsfunktion zu erfüllen.

Es liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor. Die Steuer solle als Aufwandsteuer die Leistungsfähigkeit des Spielers erfassen, der sich an dem Spielautomaten vergnügt. Dies sei jedoch nicht mehr möglich, weshalb die Steuer in unzulässiger Weise die Klägerin treffe. Die Steuer lasse sich auch nicht mehr kalkulatorisch überwälzen; denn hierbei handele es sich lediglich um eine rein theoretische Überwälzbarkeit. Es sei auch unzutreffend, von einer Überwälzbarkeit auszugehen, solange der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen Kosten für den Betrieb des Spielautomaten decke; denn bei einer Belastung des Spielhallenbetreibers bis zu einem Ergebnis in Höhe von 0,00 € liege eine Steuer auf die Leistungsfähigkeit des Spielhallenbetreibers vor und keine Aufwandsteuer. Der Landesgesetzgeber habe jedoch nur eine Gesetzgebungskompetenz für Aufwandsteuern.

Das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- sei zwar von einer theoretischen Überwälzbarkeit ausgegangen, solange die Möglichkeit der Auswahl geeigneter Standorte bestehe und der Spielhallenbetreiber durch entsprechende Gestaltung und Ausgestaltung der Spielhallen auf eine Umsatzsteigerung hinwirken könne (BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2009, 1 BvL 8/05, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht -NVwZ- 2009, 968). Dies sei aber in Berlin nicht mehr möglich, denn eine Umsatzerhöhung sei weder der Klägerin noch anderen Spielhallenbetreibern in Berlin möglich. Es bestehe keine Möglichkeit, die Gewinnquoten der aufgestellten Spielautomaten zu verändern, denn die Klägerin stelle lediglich gemietete Geräte auf. Hier würden jedoch die Hersteller bzw. Vermieter die Gewinnquoten fest vorgeben. Jegliche Manipulationen an den Geräten würden zum Verlust der Betriebserlaubnis führen.

Soweit der Beklagte und das Gericht im Beschluss vom 01. Dezember 2011 davon ausgehen würden, dass die Hersteller bei entsprechender Nachfrage Geräte mit geringeren Auszahlungsquoten anbieten würden, sei dies eine reine Unterstellung. Die Vermieter der Spielautomaten hätten eine Änderung oder Anpassung ausgeschlossen. So hätten die R… Gruppe mit Schreiben vom 30. April 2012 sowie die Q… Gruppe mit Schreiben vom 07. Mai 2012 bestätigt, dass eine Anpassung nicht in Betracht komme. Die R… Gruppe bestätigte: „… müssen wir Ihnen jedoch leider mitteilen, dass wir Ihnen auch nach Rücksprache mit sämtlichen relevanten Verantwortungsbereichen in unserem Hause, keine Anpassung oder Änderung unserer Geldspielgeräte in Aussicht stellen können. Eine derartige Änderung der Geldspielgeräte ist im Rahmen der gewerberechtlichen Vorgaben der Spielverordnung nicht praktikabel. …“. Die Q… Gruppe bestätigt: „… Es gibt aus unserem Unternehmen keine Bauarten, die die von Ihnen beschriebenen Varianten zum Thema Gewinnausschüttung anbieten können. Selbstverständlich aber entsprechen alle unsere Geräte den geltenden technischen Richtlinien und sind als Bauart von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt zugelassen.“ Der Senat nimmt auf die Schreiben Bezug (Blatt 123 bis 125 der Gerichtsakte).

Es bestehe für die Klägerin auch keine Möglichkeit der Umsatzsteigerung oder Kostensenkung, da der Berliner Gesetzgeber mit dem Spielhallengesetz die Berufsausübung der Spielhallenbetreiber in hohem Maße eingeschränkt habe. Eine Umsatzsteigerung durch Verlängerung der Öffnungszeiten scheide aus, da nach § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz von Berlin -SpielhG- die Sperrzeit seit dem 02. Juni 2011 gesetzlich neu geregelt sei und die Sperrzeit nunmehr sieben Stunden je Kalendertag betrage. Auch eine Mehraufstellung von Spielautomaten sei ausgeschlossen, da die Höchstzahl von vormals zwölf Spielautomaten auf nunmehr acht herabgesetzt worden sei (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SpielhG). Für bestehende Spielhallen wie die der Klägerin gebe es jedoch nur eine Übergangsfrist von zwei Jahren zur Anpassung der Spielhallen. Zudem habe der Berliner Gesetzgeber die Anzahl der Spielhallen reglementiert, wonach nur eine Konzession im Abstand von jeweils 500 Metern erlaubt sei. Da eine solche Spielhallendichte bereits stadtweit erreicht sei, bestehe für die Spielhallenbetreiber auch keine Möglichkeit, ihre Umsätze durch Eröffnung neuer Spielhallen zu steigern. Letztlich sei auch die Möglichkeit der Werbung eingeschränkt worden.

Aus der Beantwortung einer kleinen Anfrage des Abgeordnetenhauses (Drucks. 17/10286 vom 06. März 2012, Blatt 120 f. der Gerichtsakte) ergebe sich, dass bis zum Beantwortungszeitpunkt neun Spielhallen geschlossen hätten. 12 weitere Spielhallen seien zwar eröffnet worden; diesen hätten jedoch Genehmigungsanträge aus früheren Jahren zugrunde gelegen. Von 114 Anträgen seien 41 zurückgenommen und 60 Anträge abgelehnt worden.

Zudem habe der Berliner Gesetzgeber Regelungen getroffen, die zugleich höhere Kosten verursachen würden. Nach § 6 Abs. 2 SpielhG sei nunmehr die Beaufsichtigung der Spielhalle durch eine Person erforderlich. Zuvor habe ein solches Erfordernis nur dann bestanden, wenn eine Überwachung des Jugendschutzes aufgrund der Unübersichtlichkeit einer Spielhalle nicht möglich gewesen sei. Somit sei bei sinkender Spielautomatenanzahl ein höherer Personalaufwand erforderlich. Zudem sei ein Sachkundenachweis für das Personal in Bezug auf Suchtprävention eingeführt worden, der ebenfalls höhere Personalkosten (Aus- und Weiterbildungskosten) bedinge.

Eine Verringerung des Aufwands für Raum- und Spielautomatenmiete sei ebenfalls nur rein theoretisch möglich. Bei den laufenden Mietverhältnissen bestehe kein Entgegenkommen der Vermieter zur Anpassung des Mietzinses. Die Mietverträge zu den Räumen hätten zudem unterschiedliche Laufzeiten und seien nicht sogleich kündbar. Auch sei es gerade nicht so, dass die zunächst kündbaren Mietverträge zugleich die unrentabelsten Spielhallen betreffen würden. Solange ein Mietvertrag über eine Spielhalle fortbestehe, sei auch die Kündigung bzw. Beendigung von Mietverträgen über Spielautomaten nicht opportun, da dadurch die Rentabilität der jeweiligen Spielhalle noch weiter absinken würde. Eine Überwälzung der höheren Steuer sei somit nicht möglich.

Die Klägerin habe nicht sämtliche Vermieter angefragt, ob diese einer Mietzinsreduzierung zustimmen würden. Dies beruhe darauf, dass einige Vermieter das Recht hätten, den Mietzins zu erhöhen (G…-Straße, J…-Straße, N…-Straße und O…-Straße), dies jedoch noch nicht durchgesetzt hätten. Aus diesem Grund sei davon Abstand genommen worden, über eine Verringerung des Mietzinses zu verhandeln. Die Mietverhältnisse G…-Straße und O…-Straße würden sich jeweils um ein Jahr zu bestehenden Konditionen verlängern. Andere Vermieter hätten Mietzinsreduzierungen nur gegen Verlängerung der Mietverhältnisse zustimmen wollen.

Zudem liege ein Verstoß gegen die allgemeine Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vor, weil die Steuerbelastung – wenn auch nicht allein, so doch im Zusammenwirken mit den Beschränkungen des SpielhG – eine wirtschaftliche Ausübung des Spielhallenbetriebs als Grundlage der Lebensführung unmöglich mache. Ein Eingriff in den Schutzbereich der allgemeinen Berufsfreiheit liege vor, da die Vergnügungsteuer dem Ziel diene, die Zahl der Spielautomaten einzudämmen. Der Eingriff sei jedoch nicht sachlich gerechtfertigt. Der Eingriff stelle sich als objektive Zulassungsbeschränkung des Berufs dar. Denn der Berliner Gesetzgeber habe nicht nur die Vergnügungsteuer drastisch angehoben; er habe zugleich mit dem Spielhallengesetz die weiteren Rahmenbedingungen für die Ausübung des Berufs maßgeblich verändert (u.a. Verlängerung der Sperrzeit, Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Getränken, Anwesenheitspflichten von Personal, Sachkundenachweis für Personal, Reduzierung der Spielmöglichkeiten im Sinne des § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO, Verbot auffälliger Werbung, Beschränkung der Gerätezahl, Einzelaufstellungsgebot für Spielautomaten, Entfernungsvorgaben für Spielhallen, Verbot der Errichtung in räumlicher Nähe von Einrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern und Jugendlichen aufgesucht werden). Insoweit liege ein additiver bzw. kumulativer Grundrechtseingriff vor. Zwar würden die Einzeleingriffe isoliert nur Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit darstellen; allerdings führe die Kumulation aller Eingriffe zu einer Existenzgefährdung. Insoweit seien die Eingriffe nur zum Schutz nachweisbarer, höchstwahrscheinlicher und schwerer Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter zulässig, wenn sie im Übrigen verhältnismäßig, also zur Gefahrenabwehr geeignet, erforderlich und angemessen seien.

Hier fehle es bereits an nachweisbaren und belastbaren Erhebungen zum Suchtpotenzial des Spiels am Geldspielautomaten. Das Bundesverfassungsgericht habe sich in der Begründung des Urteils vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2006, 1261) lediglich auf den Bericht von Hayer/Meyer gestützt. Der Umstand, dass immer mehr Personen Rat in Suchtberatungsstellen suchen würden, sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass auf den Frontscheiben der Spielautomaten die Adresse und Telefonnummer der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung angebracht sei. Die erhöhten Kontaktzahlen seien somit zunächst ein Erfolg der Spielerschutzmaßnahmen und kein Ausdruck der Verteilung von Spielsüchtigen. Sämtliche Untersuchungen über das pathologische Spiel kämen zu dem Ergebnis, dass lediglich zwischen 0,19 % und 0,56 % der erwachsenen Bevölkerung krankhafte Spieler seien.

Der übliche Spieleinsatz betrage zwischen 5 € und 15 € je Stunde; dies entspreche den üblichen Freizeitausgaben anderer „Normalbürger“. Zudem sei die Anzahl der Einwohner je Spielautomat nicht erheblich. Unter Annahme der vom Beklagten ermittelten Anzahl von Spielautomaten (5.250 Spielautomaten im 1. Halbjahr 2011) und der Einwohnerzahl Berlins (ca. 3,46 Mio.) ergebe sich eine Zahl von 660 Einwohnern je Spielautomat. Der Bundesdurchschnitt liege jedoch bei 498 Einwohnern je Spielautomat (so Verwaltungsgerichtshof -VGH- Kassel, Urteil vom 20. März 2012, 8 B 2473/11). Der Berliner Gesetzgeber habe vollständig auf die Erstellung von Gutachten zur Belegung der Annahme des pathologischen Spiels verzichtet. Es sei somit keine Feststellung möglich, ob tatsächlich ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (Volksgesundheit) geschützt werden könne. Entsprechende Gefahren dürften ohnehin eher im unbeobachteten Raum (Online-Glücksspiel) existieren.

Jedenfalls stehe der Eingriff zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels in keinem sachgerechten Verhältnis und verstoße gegen das Übermaßverbot. Die Erhöhung des Steuersatzes sei bereits nicht geeignet, das vorgebliche Ziel der Bekämpfung von Spielsucht zu erreichen; denn die Steuer lasse sich gerade nicht auf den Spieler abwälzen. Ferner führe die Erhöhung des Steuersatzes nach der Erwartung des Berliner Gesetzgebers zu einer Marktbereinigung, wonach kleinere Spielhallen ihre Betriebe einstellen müssten und Gaststätten auf die Aufstellung von Spielautomaten verzichten würden. Vielspieler würden – nach der Erwartung des Gesetzgebers – jedoch auf andere Spielhallen ausweichen. Allein geeignet wäre somit eine Erhöhung der Steuer auf Spielautomaten außerhalb von Spielhallen gewesen. Der Eingriff sei auch nicht erforderlich gewesen; denn der Berliner Gesetzgeber habe in zeitlichem Zusammenhang erkannt, dass mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen das Ziel erreicht werden könne. Wenn jedoch eine direkte Möglichkeit der Zielerreichung bestehe, sei eine Lenkung durch das Steuerrecht nicht erforderlich. Es sei aber davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem geänderten Spielhallengesetz seine Ziele erreichen könne, weshalb der kumulative Eingriff durch Steuererhöhung nicht erforderlich sei. Letztlich sei der Eingriff unangemessen, da bereits die Einschränkungen durch das Spielhallengesetz im Kalenderjahr 2011 zu einer Kostensteigerung und gleichzeitigem Umsatzrückgang geführt hätten.

Die Klägerin beantragt,den Bescheid über die Vergnügungsteuer für den Monat Januar 2011 vom 22. Februar 2011, geändert durch Bescheid vom 08. April 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012, dahingehend zu ändern, dass die Vergnügungsteuer mit dem Steuersatz von 11 % auf xx.xxx,xx € festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Es bestünden keine Anhaltspunkte für eine erdrosselnde Wirkung der Steuererhöhung. Dagegen spreche bereits die Entwicklung der Anzahl der Spielautomaten, denn die Anzahl der Spielautomaten sei im 1. Halbjahr 2011 noch um 6,7 % gestiegen.

Auch die dargestellte wirtschaftliche Lage der Klägerin könne eine solche erdrosselnde Wirkung nicht belegen. Auch der Rückgang des Umsatzes lasse sich nicht zweifelsfrei auf die Auflagen des Spielhallengesetzes zurückführen. Gegen eine kostensparende Betriebsführung spreche zudem, dass die Klägerin weiterhin an dem Standort M...-Straße festhalte und seit 2008 entsprechende Mietzinsen zahle, obgleich eine bauordnungsrechtliche Genehmigung nicht zu erhalten sei. Die Musterschreiben an die Vermieter hätten eher Alibicharakter, als dass hier ernstliche Verhandlungen geführt worden seien. Letztlich erlaube dies keinen Schluss auf die durchschnittliche wirtschaftliche Lage aller Automatenaufsteller in Berlin. Auch der Mutmaßung, dass die Automatenhersteller keine anderen Automaten anbieten würden, sei nicht zu folgen, da auch andere Bundesländer die Steuersätze entsprechend erhöht hätten oder dies beabsichtigen würden.

Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagte Auskunft über die bei ihm für das gesamte Land Berlin gemeldeten Bemessungsgrundlagen zur Vergnügungsteuer nach den Tarifen G1 (Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit in Spielhallen) und G2 (Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit an sonstigen Aufstellorten; insbesondere in Gaststätten etc.) erteilt:

Monat Meldung G1 Meldung G2 SummeDezember 2010 10.250.548,70 € 4.490.343,01 € 14.740.891,71 €Januar 2011 9.579.021,00 € 4.796.789,00 € 14.375.810,00 €Februar 2011 9.692.678,00 € 4.818.321,00 € 14.510.999,00 €März 2011 9.830.423,00 € 4.204.110,00 € 14.034.533,00 €April 2011 9.873.534,00 € 4.514.714,00 € 14.388.248,00 €Mai 2011 10.168.933,00 € 4.379.260,00 € 14.548.193,00 €Juni 2011 7.935.519,00 € 3.553.854,00 € 11.489.373,00 €Juli 2011 8.661.065,00 € 3.923.311,00 € 12.584.376,00 €August 2011 8.158.251,00 € 3.676.857,00 € 11.835.108,00 €September 2011 7.660.663,00 € 3.395.718,00 € 11.056.381,00 €Oktober 2011 9.421.859,00 € 4.702.003,00 € 14.123.862,00 €November 2011 8.569.335,00 € 4.341.749,00 € 12.911.084,00 €Dezember 2011 7.657.566,00 € 3.561.386,00 € 11.218.952,00 €Summe 2011107.208.847,00 € 49.868.072,00 € 157.076.919,00 €                                Januar 2012 8.846.353,00 € 4.438.719,00 € 13.285.072,00 €Februar 2012 8.599.618,00 € 4.057.352,00 € 12.656.970,00 €März 2012 8.798.020,00 € 4.096.961,00 € 12.894.981,00 €April 2012 9.465.352,00 € 4.903.917,00 € 14.369.269,00 €Mai 2012 8.821.263,00 € 4.279.817,00 € 13.101.080,00 €Juni 2012 7.735.738,00 € 3.972.417,00 € 11.708.155,00 €Juli 2012 8.771.415,00 € 4.836.254,00 € 13.607.669,00 €August 2012 9.496.213,00 € 4.663.287,00 € 14.159.500,00 €September 2012 9.709.731,00 € 4.539.359,00 € 14.249.090,00 €Oktober 2012 9.871.356,00 € 5.377.564,00 € 15.248.920,00 €November 2012 9.317.205,00 € 5.366.691,00 € 14.683.896,00 €Dezember 2012 9.214.952,00 € 4.699.322,00 € 13.914.274,00 €Summe 108.647.216,00 € 55.231.660,00 € 163.878.876,00 €                                Januar 2013 9.087.867,00 € 5.022.258,00 € 14.110.125,00 €Februar 2013 8.071.722,00 € 4.640.169,00 € 12.711.891,00 €März 2013 8.911.164,00 € 4.181.394,00 € 13.092.558,00 €April 2013 10.247.177,00 € 5.872.062,00 € 16.119.239,00 €Mai 2013 9.950.717,00 € 5.863.427,00 € 15.814.144,00 €Juni 2013 9.121.952,00 € 5.157.520,00 € 14.279.472,00 €Juli 2013 9.309.074,00 € 4.394.408,00 € 13.703.482,00 €August 2013 7.676.175,00 € 5.302.929,00 € 12.979.104,00 €September 2013 8.691.237,00 € 4.459.127,00 € 13.150.364,00 €Oktober 2013 9.632.192,00 € 5.137.164,00 € 14.769.356,00 €November 2013 9.548.353,00 € 4.745.073,00 € 14.293.426,00 €Dezember 2013 9.810.679,00 € 4.644.251,00 € 14.454.930,00 €Summe 110.058.309,00 € 59.419.782,00 € 169.478.091,00 €                                Januar 2014 9.775.453,00 € 5.559.217,00 € 15.334.670,00 €Februar 2014 8.774.696,00 € 4.826.916,00 € 13.601.612,00 €März 2014 9.290.216,00 € 4.160.498,00 € 13.450.714,00 €April 2014 9.994.900,00 € 5.613.577,00 € 15.608.477,00 €Mai 2014 9.408.282,00 € 5.244.223,00 € 14.652.505,00 €Juni 2014 9.150.112,00 € 4.385.573,00 € 13.535.685,00 €Juli 2014 9.533.582,00 € 5.439.930,00 € 14.973.512,00 €August 2014 10.105.196,00 € 5.201.275,00 € 15.306.471,00 €September 2014 9.534.480,00 € 4.353.410,00 € 13.887.890,00 €.Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung überreichten Liste entwickelte sich das Steueraufkommen wie folgt:

Jahr  Steueraufkommen G1 und G22008     9.133.068,00 €2009   12.352.923,00 €2010   17.213.041,00 €2011   28.700.430,00 €2012   36.816.021,00 €2013   39.311.015,00 €2014   39.927.659,00 €.Die Anzahl der Spielhallenstandorte und Geldspielautomaten entwickelte sich in den Jahren 2002 bis 2013 wie folgt:

Spielhallenstandorte in Berlin:

Bezirk/Jahr 2002  2008  2009  2010  2011  2012  2013 Mitte 453556831039997Friedrichshain60394253565655Pankow15151521222222Charlottenb. Wilmersd.33313647494949Spandau22161929373533Steglitz Zehlendorf6699889Tempelhof Schöneberg32272928273028Neukölln56304041404040Treptow Köpenick1310116161212Marzahn Hellersdorf10121228262727Lichtenberg6889999Reinickendorf11101114161615Berlin309239288368409403396.Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung überreichten Liste bestanden im Jahr 2014 noch 386 Spielhallenstandorte.

Anzahl der Spielautomaten in Spielhallen:

Bezirk 2002  2008  2009  2010  2011  2012  2013 Mitte 3963596371.0811.3551.3181.308Friedrichshain340400400582628628622Pankow120186199243291289289Charlottenb. Wilmersd.358480532688705698698Spandau147145191348519545453Steglitz Zehlendorf46182939397105104Tempelhof Schöneberg320389495500490510432Neukölln310310375376364364364Treptow Köpenick131104111120169154154Marzahn Hellersdorf80134148334344319316Lichtenberg708794112112108108Reinickendorf84118286306324324324Berlin2.4022.8943.5614.7835.3985.3625.172.Der Senat nimmt Bezug auf die Auswertungen der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Anlagen zum Schriftsatz vom 11. Dezember 2014, Blatt 160 bis 188 der Gerichtsakte) sowie auf die am 07. Juli 2014 überreichte Aufstellung (Blatt 316 der Gerichtsakte).

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes von 11 % auf 20 % verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Verfassung von Berlin.

Bei der Vergnügungsteuer handelt es sich um eine Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Das Abgeordnetenhaus von Berlin hatte deshalb die Gesetzgebungskompetenz für das Gesetz zur Änderung des VgStG vom 15. Dezember 2010 (dazu unter I.). Die Erhöhung des Steuersatzes verletzt die Klägerin nicht in ihren Grundrechten (dazu unter II.). Auch eine Vorlage an den Verfassungsgerichtshof Berlin oder an das Bundesverfassungsgericht kam nicht in Betracht (dazu unter III.).

I. Durch die Verordnung über besondere Zuständigkeitsregelungen im Bereich der Finanzverwaltung des Landes Berlin (FÄZustVO) vom 04. Juni 2015 (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin vom 30. Juni 2015, S. 267 ff.) ist seit dem 01. Juli 2015 statt des Finanzamts S… nunmehr der Beklagte für die Verwaltung der Vergnügungsteuer in Berlin zentral zuständig (Nr. 8.1.1 der Anlage zur FÄZustVO). Hierdurch kam es zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. 2010, § 63 Rn. 6).

II. Das Abgeordnetenhaus von Berlin durfte den Steuersatz des § 5 VgStG von 11 % auf 20 % anheben. Die Vergnügungsteuer blieb auch nach der Steuererhöhung eine Aufwandsteuer, weshalb das Gesetz formell verfassungsgemäß ist.

Die Gesetzgebungskompetenz des Abgeordnetenhauses ergibt sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Hiernach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die Berliner Vergnügungsteuer ist eine Aufwandsteuer (dazu unter 1.). Ein Verstoß gegen das Gleichartigkeitsverbot liegt nicht vor (dazu unter 2.).

1. Entscheidend für die Begründung der Gesetzgebungskompetenz ist, dass es sich bei der auf die Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit erhobenen Vergnügungsteuer dem Typus nach um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne dieser Vorschrift handelt. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang hingegen, ob die Steuer in ihrer konkreten Ausgestaltung, insbesondere hinsichtlich des Besteuerungsmaßstabs und der Frage ihrer Abwälzbarkeit, auf die Spieler den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2009, 1 BvL 8/05, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2009, 1035; Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 07. Dezember 2011, II R 51/10, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2012, 790, und BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009, 9 C 12/08, NVwZ 2010, 784).

Es kommt für die Begründung der Gesetzgebungskompetenz nicht darauf an, ob der Gesetzgeber mit der Änderung des VgStG - zulässigerweise - auch einen Lenkungszweck verfolgt; denn dem Typus nach handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer. Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregelung nahekommt, die Finanzfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage (vgl. BVerfG, Urteil vom 07. Mai 1998, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts -BVerfGE- 98, 106).

Dies ist nach der Überzeugung des Gerichts bei der Berliner Vergnügungsteuer nicht der Fall; denn der Lenkungszweck trat nur neben den Zweck der Steuervereinnahmung und hat diesen nicht verdrängt. Der Gesetzgeber (vgl. Vorlage zur Beschlussfassung über das Gesetz zur Änderung des VgStG vom 09. November 2010, Drucks. des Abgeordnetenhauses 16/3616) ging davon aus, dass durch die Erhöhung des Steuersatzes „einerseits […] das Aufkommen der Vergnügungsteuer erhöht [wird], andererseits […] ein spürbarer Rückgang der gewerblichen Geldgewinnspielgeräte zu erwarten [ist]“. Zwar wird als Kernproblem die steigende Gesamtanzahl der Geldgewinnspielgeräte in Spielhallen und an sonstigen Aufstellorten genannt (unter A.) und als Lösung (unter B.) die Erhöhung des Steuersatzes gewählt; allerdings wird dort zugleich und offenkundig nebeneinander die Aufkommenserhöhung der Steuer thematisiert: „Durch eine Änderung des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer wird der bisherige einheitliche Steuersatz von 11 v.H. auf die Bruttoeinspielergebnisse für den Spielaufwand bei Geldgewinnspielgeräten auf 20 v.H. angehoben. Einerseits wird hierdurch das Aufkommen der Vergnügungsteuer erhöht, andererseits ist ein spürbarer Rückgang der gewerblichen Geldgewinnspielgeräte zu erwarten.“ Letztlich wird die Finanzierungsfunktion der Steuer nicht verdrängt; denn der Gesetzgeber geht ersichtlich von einem steigenden Steueraufkommen aus. Eine Verdrängung wäre nur gegeben, wenn die Steuersatzerhöhung bereits nach dem Zweck des Gesetzes zugleich eine Aufkommensminderung zur Folge gehabt hätte.

Dies wird zudem aus der Entwicklung des Steueraufkommens seit dem Jahr 2011 ersichtlich. Betrug das gesamte Steueraufkommen aus Geldspielautomaten in Spielhallen und aus sonstigen Aufstellorten (insb. Gaststätten) zuvor noch ca. 12,3 Mio. € (2009) bzw. 17,2 Mio. € (2010), erhöhte sich das Aufkommen auf 28,7 Mio. € (2011), 36,8 Mio. € (2012), 39,3 Mio. € (2013) und 39,9 Mio. € (2014). Verglichen zum Jahr 2010 kam es nur im Jahr 2011 zu einer kalkulatorischen Minderung der Einnahmen (17,2 Mio. € : 11 % x 20 % = 31,3 Mio. €). Bereits ab dem Jahr 2012 traten zu den rechnerischen Aufkommenserhöhungen zugleich Erhöhungen aus abermals erhöhten Einspielergebnissen an den aufgestellten Automaten (z. B. 2012: 36,8 Mio. € : 20 % x 11 % = 20,2 Mio. €).

2. Die Vergnügungsteuer auf Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit verstößt auch nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG.

Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle. Eine kommunale Aufwand- oder Verbrauchsteuer ist jedenfalls dann einer Bundessteuer nicht gleichartig, wenn sie die Merkmale einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht erfüllt. Danach sind der Steuergegenstand, der Steuermaßstab, die Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Die tatsächliche Gleichartigkeit – insbesondere zur einzig hier in Betracht kommenden Umsatzsteuer – kann jedoch dahinstehen, da die Vergnügungsteuer eine der herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ist. Entsprechend der systematischen Auslegung des Art. 105 Abs. 2a GG dient diese Vorschrift vorrangig der Regelung des Finanzausgleichs zwischen dem Bund und den Ländern. Die Kompetenznorm des Art. 105 Abs. 2a GG würde ohne Anwendungsbereich bleiben, wenn auch die herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern vom Gleichartigkeitsverbot umfasst wären. Die Länder wären an der Regelung solcher Steuern gehindert, die dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen wie Bundessteuern. Dieses Ergebnis – das Verbot der herkömmlichen Landessteuern – hat der Verfassungsgeber ersichtlich nicht gewollt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. Juni 1975, 2 BvR 824/74, BVerfGE 40, 56; Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 CN 1/11, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwGE-, 143, 301, jeweils mit weiteren Nachweisen).

III. Die Klägerin ist durch die Erhöhung des Steuersatzes nicht in ihren Grundrechten verletzt. Insbesondere liegt kein ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 GG vor (dazu unter 1.). Die Steuererhöhung verletzt auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 GG (dazu unter 2.). Letztlich ist keine kumulative Grundrechtsbelastung durch steuer- und ordnungsrechtliche Maßnahmen gegeben (dazu unter 3.).

1. Die Klägerin ist nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

a) Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet allen Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet die Freiheit der Berufsausübung und unterstellt sie der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers. Da sich Regelungen hinsichtlich Berufswahl und Berufsausübung nicht hinreichend scharf trennen lassen, wird Art. 12 Abs. 1 GG als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit verstanden. Art. 12 Abs. 1 GG schützt vor unmittelbaren Eingriffen, aber auch vor mittelbaren Beeinträchtigungen, die die berufliche Tätigkeit ohne unmittelbar berufsregelnden Charakter durch ihre tatsächliche Auswirkung berühren.

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Eingriffen in das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nach der sog. Drei-Stufen-Theorie (BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958, 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377). Je nach Eingriffsintensität steigern sich die Voraussetzungen, unter denen der jeweilige Eingriff verfassungsrechtlich zulässig ist. Bloße Regelungen der Art und Weise der Berufsausübung (1. Stufe) können durch jede vernünftige Erwägung des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Einschränkungen der freien Berufswahl durch subjektive Zulassungsvoraussetzungen (2. Stufe) können dann gerechtfertigt sein, wenn sie zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes erforderlich sind. Letztlich stellen Einschränkungen der freien Berufswahl durch objektive Zulassungsvoraussetzungen (3. Stufe) – bspw. Zulassungsquoten für bestimmte Betriebe – deren Erfüllung dem Einfluss des Grundrechtsträgers entzogen sind, den stärksten Eingriff dar. Diese Eingriffe sind daher nur zur Abwendung schwerer und nachweisbarer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (z. B. Volksgesundheit, Recht auf Leben) zulässig.

b) Bei der Klägerin, einer GmbH, handelt es sich um eine juristische Person. Juristische Personen können sich auf die Berufsfreiheit berufen; denn dieses Grundrecht ist im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG seinem Wesen nach auch auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar. Das Gericht kann dahingestellt lassen, ob die Klägerin – eine durch ausländische Kapitalgesellschaften beherrschte Gesellschaft – möglicher Grundrechtsträger („Deutsche“) des Art. 12 Abs. 1 GG ist. Für die Anwendung sog. Deutschengrundrechte ist umstritten, ob neben der formellen Inlandsbezogenheit (Sitz und Geschäftsleitung im Inland) – was im Streitfall gegeben wäre – auch auf die Anteilseigner abzustellen ist. Dies kann im Streitfall jedoch dahinstehen, denn das im Wesentlichen inhaltsgleiche Grundrecht der Verfassung von Berlin (Art. 17) schützt nicht nur Deutsche (vgl. Pfennig/Neumann, Verfassung von Berlin, 3. Aufl. 2000, Art. 17 VvB, Rn. 4).

Die Erhöhung des Steuersatzes stellt zwar eine Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin dar (dazu unter aa); diese war aber gerechtfertigt (dazu unter bb).

aa) Die Steuersatzerhöhung beeinträchtigt grundsätzlich die Berufsfreiheit der Klägerin. Betroffen ist nur die Berufsausübungsfreiheit, nicht jedoch die Berufswahlfreiheit (dazu unter [1]). Eine Beeinträchtigung der Berufswahlfreiheit liegt auch nicht deshalb vor, weil die Steuererhöhung neben ordnungsrechtliche Maßnahmen traf und sämtliche Maßnahmen (additiv) eine Berufsausübung unmöglich gemacht haben könnten (dazu unter [2]).

[1] Das Gericht ist davon überzeugt, dass im Streitfall nur die Art und Weise der Ausübung des Berufs der Klägerin berührt ist. Soweit durch die Steuersatzerhöhung ein spürbarer Rückgang der gewerblichen Geldgewinnspielgeräte erwartet wurde, lag in der Steuersatzerhöhung kein Eingriff bzw. keine Einschränkung der Berufsauswahlfreiheit vor. Die in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit kann hier nur in Form der Berufsausübungsfreiheit betroffen sein. Das Gericht folgt nicht der Auffassung von Birk/Haversath (Verfassungsmäßigkeit der kommunalen Vergnügungsteuern auf Geldspielgeräte am Beispiel Berlins, Gutachten im Auftrag der AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH, 2013, 33 f.), wonach die Berufswahlfreiheit eingeschränkt sei; denn die Klägerin konnte den Beruf des Spielhallenbetreibers weiterhin ausüben.

[2] Auch durch das Zusammenwirken von ordnungsrechtlichen Vorgaben und der Steuererhöhung verblieb es nur bei einer Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit. Nicht zu folgen ist der Klägerin darin, dass die Steuererhöhung neben den weiteren Beschränkungen des SpielhG Berlin eine wirtschaftliche Ausübung des Spielhallenbetriebs als Grundlage der Lebensführung unmöglich gemacht bzw. erdrosselnde Wirkung habe.

Es ist zwar möglich, dass verschiedene einzelne, für sich betrachtet geringfügige Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führen, die das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreitet (sog. additiver Grundrechtseingriff; vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009, 1 BvR 706/08 u.a., BVerfGE 123, 186 m.w.N.) Für den Streitfall gilt dies aber nicht, denn trotz der Änderungen des SpielhG zum 01. Juni 2011 konnte die Klägerin in den Jahren 2013 und 2014 positive Betriebsergebnisse erzielen (5xx.xxx € [2013] und 4xx.xxx € [2014] gegenüber ./. 1xx.xxx € [2012]). Auch wenn die Klägerin die Anzahl der Spielautomaten bisher nicht reduziert hat, obgleich zum 31. Mai 2013 die zweijährige Übergangsfrist für die Anpassung des Bestands an Spielautomaten an § 4 Abs. 2 SpielhG abgelaufen war, zeigt sich eine erhebliche Steigerung des Ergebnisses aus dem operativen Geschäft.

Aber auch grundsätzlich – und ungeachtet dessen, dass im Streitzeitraum die Änderungen des SpielhG noch nicht in Kraft getreten waren – ist in den Beeinträchtigungen durch das SpielhG (u.a. Verlängerung der Sperrzeit, Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Getränken, Anwesenheitspflichten von sachkundigem Personal, Verbot auffälliger Werbung) und der Steuererhöhung kein solcher (additiver) Eingriff zu erkennen, der zu einer Einschränkung der Berufswahlfreiheit führt. Die Einzelmaßnahmen des SpielhG stellen zwar Eingriffe in die Berufsfreiheit dar; sie sind jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Verfassungsgerichtshof von Berlin hat entschieden, dass die Regelungen des SpielhG nicht gegen die Berufsfreiheit des Art. 17 Verfassung von Berlin verstoßen (Verfassungsgerichtshof -VFGH-, Beschluss vom 20. Juni 2014, VerfGH 96/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport -NVwZ-RR- 2014, 825). An diese Feststellungen ist das Gericht nach § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtshofgesetz Berlin -VGHG- gebunden; denn die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes binden die Verfassungsorgane sowie alle Gerichte und Behörden des Landes Berlin, zu denen auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zählt. Das Gericht ist zudem davon überzeugt, dass die Erwägungen des Verfassungsgerichtshof von Berlin auch auf die – im wesentlich deckungsgleiche – Berufsfreiheit des Art. 12 GG zutreffen.

Das Gericht ist hingegen nicht davon überzeugt, dass die Gesamtheit aller Maßnahmen (Steuererhöhung und ordnungsrechtliche Maßnahmen) zu einer entsprechend schwerwiegenden Beeinträchtigung bei durchschnittlichen Spielhallenbetreibern führte. Ein durchschnittlicher Betreiber ist zum Maßstab zu nehmen, da Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009, 9 C 12/08, BVerwGE 135, 367, m.w.N.). Zu beachten ist hierbei, dass die bereits umgesetzten Maßnahmen des SpielhG nicht dazu geführt haben, dass die Bemessungsgrundlagen der Vergnügungsteuer und mithin die Spieleinsätze eingebrochen sind. Das Spiel war für die Spieler und Spielhallenbetreiber weiterhin attraktiv. Die Spieleinsätze in Spielhallen blieben konstant, und die Einsätze an Spielautomaten auf sonstigen Aufstellflächen stiegen um 10 % bzw. 19 % (2012 zu 2011 bzw. 2013 zu 2011). Im gleichen Zeitraum sank zudem die Anzahl der Spielhallen lediglich von 409 auf 396 (./. 3,18 %) und die Zahl der Spielautomaten von 5.398 auf 5.172 (./. 4,19 %). Eine grundrechtlich erhebliche Beeinträchtigung der Spielhallenbetreiber ist hieraus nicht ersichtlich.

bb) Die Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Grundrechtsschutz beschränkt sich auf die Abwehr in sich verfassungswidriger, z. B. übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen (BVerfG, Urteil vom11. Juni 1958, 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377). Die Belastung nach der 1. Stufe der verfassungsrechtlichen Drei-Stufen-Theorie ist durch vernünftige Erwägung des Allgemeinwohls gerechtfertigt.

Als mittelbare Regelungen der Berufsausübung sind die Erhebung und Erhöhung der Vergnügungsteuer durch gewichtige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es erscheint angemessen, wenn die Allgemeinheit durch eine (höhere) Steuer an dem Aufwand für das Vergnügen des Spielens beteiligt wird. Dieser vorrangige Zweck des Änderungsgesetzes wird auch erreicht, da das Steueraufkommen tatsächlich anstieg. Eine erdrosselnde Wirkung ist nicht festzustellen.

Das weitere Ziel des Landesgesetzgebers, durch die Steuererhöhung auch einen Rückgang der gewerblichen Geldgewinnspielgeräte zu erreichen, ist ebenso ein legitimer Zweck. Denn die Bekämpfung und Eindämmung der Spielsucht ist ein legitimer und erforderlicher Zweck, da sich die Gesamtzahl der Geldgewinnspielgeräte von 2.402 (im Jahr 2002) auf bis zu 4.783 (im Jahr 2010) erhöht hatte. Bereits das BVerfG hat ausgeführt, dass die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die – wie im Fall der Klägerin – nach den Vorschriften der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276 unter C. I. 3. c aa). Der Vortrag der Klägerin, wonach der Großteil der Suchtgefährdeten an Online-Spielen teilnehme, ändert nichts an dieser Sichtweise. Denn wie sich bereits aus dem Zuwachs an Spielhallen in Berlin folgern lässt, stieg die Zahl der Spieler bzw. der Spieleinsätze in Spielhallen bis zum Eingriff des Gesetzgebers deutlich an. Die Steuererhöhung stellt auch ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks dar und war erforderlich, denn es besteht kein gleich geeignetes, milderes Mittel. Die Steuererhöhung macht perspektivisch das Spiel für den Spieler unattraktiv, wenn die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, sinkt, und ist offenkundig das mildere Mittel im Vergleich zu den Änderungen des SpielhG und den Beschränkungen der Automatenanzahl je Spielhalle.

2. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht gegeben. Die Klägerin wird durch die Steuererhöhung nicht gleichheitswidrig belastet.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten; der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabes. Steuergesetze müssen, um praktikabel zu sein, typisieren und können dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2009, 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 mwN).

Bei der Aufwandsteuer ist es die in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit, an deren Erfassung sich die tatbestandliche Ausgestaltung der Steuer orientieren muss. Deren gleichheitsgerechte Erhebung ist bei indirekter Besteuerung auf der vorgelagerten Ebene beim Steuerschuldner sicherzustellen. Die Vergnügungsteuer in Form der Spielautomatensteuer knüpft an die gewerbliche Veranstaltung von Automatenspielen an. Steuerschuldner ist der Veranstalter des Vergnügens. Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers, weil die Vergnügung-steuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2009, 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 mwN).

Letztendlich muss die Vergnügungsteuer den Spieler treffen. Da sie nicht von ihm erhoben wird, sondern – aus Vereinfachungsgründen – vom Betreiber der Spielautomaten, muss die Vergnügungsteuer vom Betreiber des Spiels auf den Spieler abgewälzt werden können. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung: Dem Steuerpflichtigen, das heißt, dem Betreiber des Spiels, muss es möglich sein, den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einzusetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen – Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten – zu treffen. Es ist nicht erforderlich, dass die Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner (Betreiber) auf den Steuerträger (Spieler) in jedem Einzelfall gelingt. Diese Voraussetzung ist zumindest dann gegeben, soweit der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen Unkosten des Betriebs deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.

b) Das Gericht ist davon überzeugt, dass auch die erhöhte Vergnügungsteuer vom steuerpflichtigen Spielhallenbetreiber auf die jeweiligen Spieler überwälzt werden kann, mithin die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Spieler und nicht der Spielhallenbetreiber belastet wird. Nicht zu folgen ist der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Klägerin, dass auch bereits eine Vergnügungsteuer in Höhe von 11 % nicht tatsächlich abgewälzt werden könne.

aa) Die Klägerin konnte trotz des erhöhten Steuersatzes bereits in den Jahren 2013 und 2014 handelsrechtliche Jahresüberschüsse erzielen. Sie konnte zudem seit der Steuersatzerhöhung ihre Lohnkosten von 1.xxx.xxx € (2011) auf 8xx.xxx € (2012), 8xx.xxx € (2013) und 8xx.xxx € (2014) und somit im Schnitt um über 15 % senken, obwohl das SpielhG erhöhte Personalanforderung an die Klägerin stellte. Letztlich hat die Klägerin die Mietverhältnisse für insgesamt sechs von zehn Spielhallen in der Zeit zwischen der Steuererhöhung und der mündlichen Verhandlung verlängert bzw. zumindest nicht beendet, obgleich die Laufzeit der ursprünglichen Mietverhältnisse in diesem Zeitraum endete (G…-Straße, J…-Straße, K…-Straße, L…-Straße, N…-Straße und O…-Straße). Ob die Klägerin bei der Verlängerung der Mietverhältnisse Mietzinssenkungen erreichen konnte, kann deshalb dahinstehen; denn die einzelnen Spielhallen müssen von der Klägerin perspektivisch betriebswirtschaftlich positiv gesehen worden sein, wenn sie die Mietverhältnisse trotz der Steuererhöhungen und der weiteren Maßnahmen nach dem SpielhG nicht auslaufen ließ bzw. zur vereinbarten Frist kündigte.

bb) Das Gericht ist zudem davon überzeugt, dass die Überwälzung der Steuer auch im Regelfall möglich ist.

Es ist davon auszugehen, dass durch weitere Kostensenkungen eine kalkulatorische Überwälzbarkeit erreicht werden kann. Vergleicht man die Aufstellorte der Spielautomaten in den einzelnen Bezirken mit der jeweiligen Einwohnerzahl der Bezirke (http://www.berlin.de/berlin-im-ueberblick/politik/bezirke.de.html) ergibt sich, dass die Verteilung der Spielautomaten im Land Berlin sehr unterschiedlich ist. Im Durchschnitt entfiel im Jahr 2013 auf 679 Einwohner ein Spielautomat (3.513.026 Einwohner zu 5.172 Spielautomaten). Nach Bezirken reicht die Zahl von 262 Einwohnern (Mitte: 342.117 Einwohner zu 1.308 Spielautomaten) bis zu 2.869 Einwohnern (Steglitz-Zehlendorf: 298.341 Einwohner zu 104 Spielautomaten). Insoweit ist davon auszugehen, dass es in den Vorjahren zu einer Ballung von Spielhallen in begehrten Innenstadtlagen kam, andere mögliche Standorte jedoch noch nicht entsprechend abgedeckt sind. Berliner Spielhallenbetreiber können zudem die räumliche Ausdehnung in den sog. brandenburgischen „Speckgürtel“ (Berliner Umland) prüfen. Nach den Erhebungen von Trümper/Heimann, Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V., Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland, 12. Aufl. 2014, S. 640 bestanden bspw. in Brandenburg in 11 Gemeinden – sämtliche innerhalb des Berliner Autobahnrings bzw. in unmittelbarer Nähe dazu – mit mehr als 10.000 Einwohnern keine Spielhallen.

Ferner ist das Gericht davon überzeugt, dass potentielle Vermieter zudem auch Mietzinssenkungen akzeptieren werden bzw. dass beim Abschluss neuer Mietverträge günstigere Gewerbemieten – wenn auch in weniger attraktiven Lagen – erzielt werden können. Ein Umzug von Spielhallen aus begehrten Innenstadtlagen in weniger attraktive Lagen wird zwar auch zum Rückgang von Spielkunden führen; jedoch besteht keine grundrechtlich geschützte Position, dass ein Spielhallenbetreiber mit jedem Spielautomaten einen entsprechend hohen Nettoumsatz erzielen kann und muss. Vielmehr kommt es auf den Deckungsbeitrag eines jeden Spielautomaten bzw. jeder Spielhalle an, der auch bei geringeren Umsätzen aber zugleich geringeren Kosten dennoch höher ausfallen kann. Bei der Wahl der Ladenlokale wird in Zukunft auch zu berücksichtigen sein, dass die insgesamt angemieteten Flächen je Spielhalle geringer ausfallen können, wenn das Angebot an Nebenleistungen, die darauf zielen, den Spieler länger in der Spielhalle zu halten (Verbot der kostenfreie Abgabe von Speisen und Getränken gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Berlin), eingeschränkt wird.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass bei entsprechender betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit die Hersteller von Spielautomaten auf die Bedürfnisse der Spielhallenbetreiber eingehen werden und die Spiele so programmieren, dass bei Neugeräten geringere Auszahlungen an die Spieler ermöglicht werden. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass die Vermieter der bei ihr aufgestellten Spielautomaten diese nicht ändern würden. Dies ist für das Gericht auch nachvollziehbar, da eine Änderung aktiver Spielautomaten (sog. Nachbaugeräte mit Zulassungsbeleg und Zulassungszeichen gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 SpielV) nicht ohne erneute Zulassung durch die Physikalisch Technische Bundesanstalt möglich ist. Bis zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nicht erklärt, dass sie bei beabsichtigter Neuanmietung von Spielautomaten bei den Herstellern angefragt hat, ob neuere Spielautomaten für sie günstigere Auszahlungsquoten ermöglichen würden. Es liegt aber nahe, dass bereits entsprechende Spielautomaten hergestellt worden sind. Dies ergibt sich daraus, dass zum 01. Januar 2014 bundesweit insgesamt 118 Gemeinden (mit mehr als jeweils 10.000 Einwohnern) einen Steuersatz von 20 % und mehr auf den Kasseninhalten vorgesehen haben (vgl. die Aufstellungen in Trümper/Heimann, Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V., Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland, 12. Aufl. 2014, S. 648 ff.). Von diesen 118 Gemeinden verlangten 15 Gemeinden Steuersätze über 20 %. Allein in diesen 15 genannten Gemeinden waren zum 01. Januar 2014 über 7.000 Spielautomaten in Spielhallen und Gaststätten gemeldet, weshalb davon auszugehen ist, dass die Ausschüttungsquoten entsprechend programmiert sind, um dem Betreiber die Überwälzung der Steuer zu ermöglichen.

Ferner hat bereits der BFH in seinem Beschluss vom 19. Februar 2010 (II B 122/09, BFH/NV 2010, 1144) zutreffend ausgeführt, dass die Spielverordnung vom 27. Januar 2006 -SpielV- keine Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns mehr vorsieht. § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielV bestimmt lediglich, dass Gewinne in solcher Höhe ausgezahlt werden müssen, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer Betrag als € 33 je Stunde als Kasseninhalt verbleibt. Darüber hinaus sieht § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und 6 SpielV Regelungen über den von der Mindestspieldauer abhängigen Höchsteinsatz, maximale Verluste und Gewinne sowie eine Begrenzung der Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern vor. In diesem Rahmen verbleiben Spielräume für eine betriebswirtschaftliche Planung und Kalkulation. So können neben Maßnahmen zur Senkung der allgemeinen Kosten Spielautomaten eingesetzt werden, bei denen die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SpielV bestimmte Mindestspieldauer überschritten und die in diesen Vorschriften vorgesehenen maximalen Einsätze und Gewinne unterschritten werden und ferner die Gewinnquoten niedriger sind. Die Hersteller könnten die Geräte auch so programmieren, dass lediglich die um die Steuer verminderten Einsätze zum Spielen verwendet werden können.

c) Das Gericht ist letztlich nicht davon überzeugt, dass die Vergnügungsteuer gleichheitswidrig ist, soweit diese nur das Automatenspiel in Spielhallen, nicht jedoch das Automatenspiel in den Spielbanken betrifft (so aber Birk/Haversath, a.a.O., 68 ff.). Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber nur, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Die Betreiber von Spielhallen – wie die Klägerin – und die Betreiber der Spielbanken sind in diesem Sinne nicht wesentlich gleich. Die Sachverhalte sind nicht vergleichbar (dazu unter aa). Selbst wenn von vergleichbaren Sachverhalten ausgegangen würde, bestünden entsprechende Rechtfertigungsgründe für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung (dazu unter bb).

aa) Spielhallen und staatlich zugelassene Spielbanken sind bereits ordnungsrechtlich nicht vergleichbar. Für die Aufstellung der der Vergnügungsteuer unterworfenen Spielautomaten gelten die Vorschriften der GewO (§§ 33c f. GewO). Die technische Zulassung dieser Geräte unterliegt bestimmten Einschränkungen, die die Gefahr zu hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33e GewO). Dies wird durch Vorschriften über Höchst-einsätze und -gewinne sowie über das Verhältnis von Spieldauer bzw. Anzahl der Spiele zur Summe der Gewinne erreicht. Dadurch soll der Unterhaltungscharakter der Geräte gewahrt bleiben. Das gewerbsmäßige Aufstellen dieser Geräte ist zwar erlaubnispflichtig; bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht jedoch auf die Erteilung der Erlaubnis ein Rechtsanspruch. Das gewerbliche Betreiben dieser Geräte unterliegt der normalen Besteuerung.

Die in einer Spielbank aufgestellten Geräte unterliegen dagegen nicht den genannten Beschränkungen. Sie sind uneingeschränkt zum Glücksspiel geeignet. Für sie gelten auch nicht die Vorschriften der GewO (§ 33h GewO). Das Glücksspiel ist nur aufgrund eigens erteilter staatlicher Konzessionen erlaubt. Der staatlich konzessionierte Spielbetrieb in Spielbanken ist dabei herkömmlich auch von der allgemeinen Besteuerung (weitgehend) ausgenommen und unterliegt stattdessen einer Spielbankenabgabe (BFH, Beschluss vom 21. Februar 1990, II B 98/89, BStBl II 1990, 510; ebenso BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009, 9 C 12/08, NVwZ 2010, 784).

Das Gericht ist ferner davon überzeugt, dass Spielhallen und Spielbanken auch im Übrigen nicht vergleichbar sind. In der Spielbank Berlin wird neben dem Automatenspiel das klassische Spiel mit American Roulette, Baccara, Black Jack, European Seven Eleven, Glücksrad, Poker, Red Dog, Roulette, Sic Bo und Trente et Quarante, jeweils in allen Varianten, angeboten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008). Die Spielbank richtet sich nach Überzeugung des Gerichts auch deshalb an ein anderes Publikum als eine übliche Spielhalle mit reinem Automatenspiel.

bb) Selbst unter der Annahme, dass allein die unterschiedlichen ordnungsrechtlichen Vorgaben bzw. die unterschiedlich angebotenen Spiele nicht für eine Nichtvergleichbarkeit der Sachverhalte genügen würde, sondern zur Ermittlung dessen auf den Aufwand des Spielers (Einsatz) abzustellen sei (so Birk/Haversath, a.a.O., 70), wäre die unterschiedliche Besteuerung durch Typisierungsgründe gerechtfertigt. Die Spielbankenabgabe greift in vereinfachender Weise auf den saldierten Spielaufwand der Spieler zu.

Gemäß § 3 und 4 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin -SpielbankG- vom 08. Februar 1999 wird bei Spielbanken eine Spielbankenabgabe erhoben. Diese setzt sich zusammen aus der allgemeinen Abgabe in Höhe von 30 bis 35 % des Bruttospielertrags (§ 3 SpielbankG), weiteren Leistungen in Höhe von 10 bis 15 % des Bruttospielertrags bis zu 10 Mio. € (§ 4 Abs. 1 SpielbankG) und einer Gewinnabgabe von bis zu 91 % des Jahresüberschusses (§ 4 Abs. 3 bis 5 SpielbankG). Die Spielbankenabgabe typisiert somit den Aufwand der Spieler durch Anknüpfung an den Bruttospielertrag, korrigiert um Abschöpfungen des Gewinns. Sie wird dementsprechend unabhängig davon erhoben, bei welchem Spiel der Spieler seine Einsätze „verspielt“. Durch die einheitliche Abgabe wird den unterschiedlichen Gewinn- und Verlustmöglichkeiten der Spiele Rechnung getragen. Insoweit wird typisiert davon ausgegangen, dass ein Spieler nicht nur an einer Spielart teilnimmt, sondern bspw. Gewinne aus klassischem Spiel wieder im Automatenspiel einsetzt bzw. auch zwischen den klassischen Spielen in seinen Varianten wechselt. Eine getrennte Steuererhebung je nach Spiel würde erhebliche Erhebungsschwierigkeiten bedingen (unterschiedliche Steuersätze, unterschiedliche Aufzeichnungen und Prüfungen), weshalb die pauschale Erhebung der Spielbankenabgabe durch Vereinfachungserfordernisse gerechtfertigt ist.

3. Eine kumulative Grundrechtsbelastung durch steuer- und ordnungsrechtliche Maßnahmen ist nicht gegeben.

Die tatsächlichen Belastungen sind für sich genommen bereits verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zu den Auswirkungen der Steuererhöhung vgl. oben unter 1. und 2.). Der Verfassungsgerichtshof von Berlin hat entschieden, dass auch die ordnungsrechtlichen Vorgaben selbst nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden sind. Nach der Einlassung des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung soll auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine Klage gegen das SpielhG abgewiesen und eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen haben. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ist noch nicht veröffentlicht.

Der Gesetzgeber hat im Zeitpunkt der Erhöhung der Vergnügungsteuer keine Gesetzesänderungen des Ordnungsrechts erlassen. Denn weder im Zeitpunkt der Beschlussvorlage des Senats an das Abgeordnetenhaus zur Steuererhöhung (Beschlussvorlage des Senats zur Änderung des VgStG vom 09. November 2010, Drucks. des Abgeordnetenhauses 16/3616) noch im Zeitpunkt des Gesetzbeschlusses am 09. Dezember 2010 (Plenarprotokoll des Abgeordnetenhauses vom 09. Dezember 2010 Nr. 16/74, 7073) lag eine Beschlussvorlage in Bezug auf Änderungen des SpielhG vor (Beschlussvorlage des Senats zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin vom 04. April 2011, Drucks. des Abgeordnetenhauses 16/4027).

Im Streitzeitraum waren die Änderungen durch das SpielhG auch noch nicht in Kraft getreten und konnten somit die Klägerin nicht beeinträchtigen. Selbst wenn es nach dem 01. Juni 2011 bzw. später nach Wirksamwerden weiterer Maßnahmen des geänderten SpielhG (vgl. die Übergangsvorschriften des § 8 Abs. 1 und 3 SpielhG) zu kumulativ wirkenden Beeinträchtigungen gekommen sein sollte, könnte sich eine kumulative Beeinträchtigung nur durch die später hinzutretende (ordnungsrechtliche) Maßnahme in Gestalt des SpielhG ergeben. Eine gerichtliche Überprüfung könnte deshalb allein durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgen.

IV. Eine Vorlage an Bundesverfassungsgericht bzw. an den Verfassungsgerichtshof Berlin kam gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 11 Bundesverfassungsgerichtsgesetz bzw. § 14 Nr. 5 VGHG nicht in Betracht. Das Gericht ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 5 VgStG in der Fassung vom 15. Dezember 2010 – weder in Bezug auf das Grundgesetz noch in Bezug auf die gleich auszulegenden Grundrechte der Verfassung von Berlin – überzeugt (oben unter II. und III.).

V. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Zwar handelt es sich bei dem VergnStG um Landesrecht, welches nur nach Maßgabe des § 118 Abs. 1 FGO revisibel ist. Der Senat hat jedoch Grundrechte des GG ausgelegt, weshalb auch Bundesrecht betroffen ist.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.