KG, Beschluss vom 29.06.2015 - 2 Ws 132/15 Vollz
Fundstelle
openJur 2015, 14094
  • Rkr:

Das Arbeitsverhältnis zwischen Gefangenen und der Anstalt ist öffentlich-rechtlicher Natur.

Das Recht der Vollzugsbehörde, die Arbeit von Gefangenen auszugestalten (Direktionsrecht), folgt aus §§ 37, 41 Abs. 2 Satz 2 StVollzG.

Gefangene im geschlossenen Vollzug sind keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 ArbGG; ihnen steht insoweit das Recht auf Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) nicht zu.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin – Strafvollstreckungskammer – vom 28. April 2015 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrte die Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (im Folgenden: GGBO) die Aufhebung der mündlichen Entscheidung der Justizvollzugsanstalt Tegel, durch die dem Gefangenen Z. untersagt wurde, an seinem Arbeitsplatz Mitgliedsanträge für die GGBO während der Arbeitszeit und den Pausen zu verteilen und ausgefüllte Anträge entgegen zu nehmen sowie Werbung für die Organisation zu betreiben. Der Gefangene Z. ist Mitglied der Organisation und als Busfahrer auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt tätig. Er befördert Strafgefangene zwischen ihren jeweiligen Teilanstalten und dem Sprechzentrum.

Die Justizvollzugsanstalt begründete ihre Entscheidung damit, dass aus Sicherheitsgründen auf dem Weg zur und von der Arbeit sowie am Arbeitsplatz lediglich eine Verpflegungsbox, aber keine sonstigen Behältnisse, Schriftstücke, Zeitschriften, Bücher oder ähnliche Dinge mitgeführt beziehungsweise aufbewahrt werden dürfen; deshalb sei weder die Verteilung noch die Entgegennahme von Mitgliedsanträgen bei der Arbeit möglich. Mündliche Mitgliedswerbung sei dagegen zulässig. Gleichzeitig bot sie an, dass Mitgliedsanträge an allgemein zugänglichen Stellen ausgelegt werden können. Die Antragstellerin sieht in dieser Vorgehensweise eine Verhinderung der Tätigkeit ihrer „gewerkschaftlichen Organisation“. Sie meint, eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt bestehe schon deshalb nicht, weil Mitgliedbeiträge nicht eingefordert werden würden und der Gefangene Z. während der gesamten Zeit unter der Aufsicht der Antragsgegnerin stehe.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag der Organisation zurückgewiesen. Rechtsgrundlage für das Verbot sei § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, da das Verhalten des Gefangenen Z. die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährden würde. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Anträge übergeben und sogleich ausgefüllt zurück gefordert werden. Dadurch könnten Drucksituationen entstehen. Es handele sich um ein primäres Verbot, auch wenn die Anstalt die Werbung für die Organisation erst nach ungefähr einem Monat verboten habe.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Sie ist zwar zulässig, da sie insbesondere die Fortbildung des Rechts im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG ermöglicht. Klarstellend weist der Senat in diesem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den allein der Gefangene A. gestellt hat, zu Unrecht als zulässig erachtet hat. Denn dieser war allein nicht vertretungsbefugt (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2015 – 2 Ws 97/15 Vollz-). Nachdem aber das Landgericht darauf seine Entscheidung nicht gestützt und der ehemalige Gefangene R. dem prozessualen Vorgehen des A. in der Rechtsmittelinstanz noch zugestimmt hat, war entsprechend § 89 ZPO eine Sachentscheidung durch den Senat veranlasst (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO 30.Aufl., § 89 Rdn. 11 f. m.w.N.).

2. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet.

Allerdings hat die Strafvollstreckungskammer das von der Justizvollzugsanstalt (ohne ausdrückliche Nennung einer Ermächtigungsgrundlage) ausgesprochene Verbot, Mitgliedsanträge der Organisation mit zur Arbeitsstelle zu nehmen und für diese zu werben, zu Unrecht auf § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG gestützt. Denn diese Norm kann als Rechtsgrundlage nur dann herangezogen werden, wenn für die Maßnahme keine andere Bestimmung vorhanden ist (vgl. Schwindt/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG 6. Aufl., § 4 Rdn. 20, 23); § 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ist als Generalklausel subsidiär (vgl. Arloth, StVollzG 3. Aufl., § 4 Rdn. 5). Hinzu kommt, dass weitergehende Feststellungen für das Vorliegen der engen Voraussetzungen dieser Vorschrift, insbesondere eine schon gegenwärtige Gefahr für die Sicherheit oder eine schwerwiegende Störung der Ordnung, nicht getroffen worden sind.

Dieser Fehler nötigt indes nicht zur Aufhebung der Entscheidung. Denn aus den Feststellungen zur Untersagung durch die Justizvollzugsanstalt wird hinreichend deutlich, dass diese insoweit von dem ihr im Zusammenhang mit der Beschäftigung des Z. zustehenden „Direktionsrecht“ Gebrauch gemacht hat.

a) Das Direktionsrecht, also das Recht der Vollzugsbehörde, die Arbeit von Gefangenen auszugestalten und hierzu die einzelnen Modalitäten festzulegen, folgt aus den §§ 37, 41 Abs. 1 Satz 2 StVollzG. Die Arbeitsorganisation obliegt – ebenso wie bei Tätigkeiten in den Eigenbetrieben (§ 149 StVollzG) – der Vollzugsbehörde.

aa) Das Arbeitsverhältnis zwischen den Gefangenen und der Anstalt ist nicht privatrechtlicher Natur, sondern ein öffentlich-rechtliches (vgl. Senat NStZ 1990, 607, 608 und Beschlüsse vom 7. April 2006 – 5 Ws 92/06 Vollz –; vom 15. Mai 1991 – 5 Ws 122/91 Vollz –; Nestler in LNNV, StVollzG 12. Aufl., Abschn. F Rdn. 16), so dass auch keine Arbeitsverträge zwischen der Justizvollzugsanstalt und den Gefangenen geschlossen werden (vgl. Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl., § 37 Rdn. 1). Bei der Regelung des Arbeitseinsatzes des Gefangenen steht der Anstalt daher ein weitgehendes Ermessen zu (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 1990, 306, 307; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal aaO § 37 Rdn. 15). Zu den Beschäftigungen im öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen dem Inhaftierten einerseits und der Vollzugsbehörde andererseits gehören auch Hilfstätigkeiten in der Anstalt (vgl. Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal aaO vor § 37 Rdn. 3).

bb) Nach § 3 Abs. 1 und 3, § 149 Abs. 1 StVollzG sollen die Betriebe in den Anstalten sowie die Hilfstätigkeiten den allgemeinen Betriebs- und Produktionsverhältnissen in vergleichbaren Wirtschaftsbetrieben außerhalb des Vollzuges entsprechen, damit die Gefangenen eine realistische Arbeitswelt erleben, die es ihnen nach der Entlassung ermöglicht, sich in das Erwerbsleben einzugliedern (vgl. Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal a.a.O. § 149 StVollzG Rdn. 5).

Ausfluss dieses Angleichungsgrundsatzes ist auch, dass die Justizvollzugsanstalt aufgrund der ihr obliegenden Arbeitsorganisation Regelungen treffen darf, die auch außerhalb des Strafvollzuges im Arbeitsleben gelten, ohne dass es auf eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung ankommt.

Dies ergibt sich aus dem – aus § 611 Abs. 1 BGB und § 106 GewO folgenden – Direktionsrecht des Arbeitgebers, welches für die Vollzugsbehörde in gleicher Weise gilt. Der Arbeitgeber hat das Recht, einseitig nach billigem Ermessen die Arbeitsbedingungen, insbesondere die Art, Zeit und Ort der Arbeitsleistung und das Verhalten im Betrieb zu bestimmen (vgl. BAG NJW 1996, 1770, 1771).

Es gibt keinen gesetzlichen Hinweis, dass das Direktionsrecht der Vollzugsbehörde gegenüber demjenigen des Arbeitgebers eines zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses zurückbleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 7.April 2006 – 5 Ws 92/06 Vollz –). Daraus folgt, dass die Justizvollzugsanstalt berechtigt ist, die Mitnahme von Gegenständen und bestimmte Verhaltensweisen in den Pausen zu regeln. Die Weisung eines Arbeitgebers unterliegt lediglich einer Ausübungskontrolle nach § 106 GewO in Verbindung mit § 313 Abs. 3 BGB (vgl. BAG NZA-RR 2014, 181). Erforderlich ist eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit (vgl. BAG NZA 2015, 483; BAG NJW 1996,1770). Daran hat sich die Anstalt vorliegend gehalten. Denn sie hat die Interessen der anderen Gefangenen sowie diejenigen der Organisation gegeneinander abgewogen. Dabei hat sie auch zu Recht berücksichtigt, dass andere Gefangene sich durch die Verteilung und Entgegennahme ausgefüllter Mitgliedsanträge gestört fühlen können. Ebenfalls zulässig ist es, wenn die Anstalt anordnet, dass zur Arbeit nur eine Verpflegungsbox mitgenommen werden darf. Den Interessen der Organisation hat sie dadurch Rechnung getragen, dass sie angeboten hat, die Anträge an allgemein zugänglichen Stellen auslegen zu lassen, wie es der Handhabung bei Vereinen, Parteien und ähnlichen Organisationen entspricht.

cc) Die Tatsache, dass die Vollzugsbehörde dem Gefangenen Z. die Aushändigung und Entgegennahme von Mitgliedsanträgen sowie die Werbung für die Organisation nicht sofort, sondern erst nach vier Wochen untersagt hat, führt nicht zu einer konkludenten Beschränkung des Direktionsrechts. Alleine die Nichtausübung (selbst über einen längeren Zeitraum) führt nicht zu einer Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts. Dazu bedarf es besonderer Umstände, die geeignet sind, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen (vgl. BAG NZA 2015, 483). Solche Umstände liegen hier nicht vor.

b) Das Vorgehen der Anstaltsleitung steht mit verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang. Eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 GG kommt schon deshalb nicht in Betracht, da die Beschwerdeführerin keine Vereinigung im Sinne dieses Grundrechts ist (vgl. nachfolgend aa). Ebenso wenig liegt eine unzulässige Beschränkung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG vor (vgl. bb), noch sonstiger verfassungsrechtlicher Grundsätze vor (vgl. cc).

aa) Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur das positive Koalitionsrecht des Einzelnen, sondern auch die Koalition selbst in ihrem Bestand und ihrer Betätigung, und zwar in einem Kernbereich, wenn und soweit sie sich im Rahmen der ihr gestellten Aufgaben bewegt. Die Betätigung muss sich auf die Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beschränken. Bei Gewerkschaften umfasst dieser Schutz auch ihre Informations- und Werbetätigkeit (vgl. BAGE 19, 217), so dass die Werbung für sie während der Pausen vom Arbeitgeber nicht untersagt werden kann. Dies gilt indes nicht für sonstige Vereinigungen, wie die GGBO. Dieser Personenzusammenschluss bezeichnet sich zwar als Gewerkschaft, tatsächlich handelt es sich jedoch um keine solche, da ihr dafür schon grundlegende Eigenschaften fehlen. Im Einzelnen:

Eine Gewerkschaft setzt zunächst eine Vereinigung von Arbeitnehmern voraus, die zudem tariffähig sein muss (vgl. BVerfGE 58, 237; BAGE 117, 308; 29, 72 und Beschluss vom 15. März 1977 – 1 ABR 16/75 –). Die Mitglieder der Organisation sind bereits keine Arbeitnehmer.

Arbeitnehmer im Sinne von § 5 ArbGG ist nur, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnis im Dienste eines anderen zur Arbeit verpflichtet ist. Strafgefangene erfüllen diese Voraussetzung im Verhältnis zum Träger der Vollzugseinrichtung von vornherein nicht (vgl. BAGE 53, 336; LArbG Berlin, Beschluss vom 3. Juni 1999 – 13 Ta 1102/09 –). Zwischen den Gefangenen und der Anstalt werden schon keine Arbeitsverträge geschlossen (vgl. Arloth a.a.O. § 37 Rdn. 6). Ihr Arbeitseinsatz beruht auch nicht auf einer eigenen Willensentscheidung (vgl. OVG NRW PersV 2012, 460). Es ist vielmehr öffentlich-rechtlich ausgestaltet (vgl. BAGE 53, 336; Senat, Beschluss vom 7. April 2006 – 5 Ws 92/06 Vollz –) und ist Folge der sich aus § 41 Abs. 1 StVollzG ergebenden Arbeitspflicht. Die Arbeitstätigkeit in einer Justizvollzugsanstalt beruht mithin auf einem gesetzlichen Zwang (vgl. Hessisches LSG, Urt. vom 26. August 2011 – L 7 AL 44/11 –). Die Gefangenenarbeit ist zudem nicht nur eine resozialisierungsorientierte Behandlungsmaßnahme, sondern kann auch als Zwangsmittel zu dem durch die Freiheitsstrafe auferlegten Strafübel gehören. Die zwangsweise Durchsetzung der Arbeitspflicht durch Disziplinarmaßnahmen ist möglich (vgl. OLG Hamburg NStZ 1992, 53). Auch darin unterscheidet sich die Rechtslage grundlegend von Arbeits- oder Dienstverhältnissen in Freiheit.

Anders als in einem freien Beschäftigungsverhältnis kann das Arbeitsentgelt auch nicht frei ausgehandelt werden. So ist die Vollzugsbehörde aufgrund der gesetzlichen Regelung der §§ 43, 200 StVollzG weder verpflichtet noch berechtigt, ein höheres Entgelt zu bezahlen (vgl. Senat NStZ 1990, 608). Das Arbeitsentgelt festzulegen, obliegt vielmehr dem Gesetzgeber, der bei der Regelung, was angemessen ist, die typischen Bedingungen des Strafvollzuges, insbesondere dessen Marktferne, in Rechnung stellen darf (vgl. BVerfG NJW 1998, 3337). All dies ist mit Art. 12 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. Senat NStZ 1990, 608).

Vorstehendes gilt spiegelbildlich für die Justizvollzugsanstalt. Sie hat die ihr aus dem StVollzG übertragenen gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen; sie ist daher ebenso wenig Arbeitgeberin wie die Gefangenen Arbeitnehmer. Angesichts der gänzlich abweichenden Zielrichtung des Strafvollzugs stehen schließlich weder der Anstaltsleitung noch den Gefangenen – anders als Arbeitgebern und Arbeitnehmern – Mittel des Arbeitskampfes zu.

bb) In der Ausübung des Direktionsrechts ist auch keine unzulässige Beschränkung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG zu sehen.

Zwar wird hierdurch der Schutzbereich des Grundrechts berührt. Denn Art. 9 Abs. 1 GG schützt das Recht, Vereine und Gesellschaften zu gründen, als auch das Tätigwerden dieser Vereinigungen. Der persönliche Schutzbereich erfasst dabei nicht nur natürliche Personen, welche sich zu einem Verein zusammenschließen, sondern auch den Verband selbst (BVerfGE 124, 25). Jedoch gilt das Grundrecht nicht schrankenlos. Auch jenseits des Art. 9 Abs. 2 GG kann die Vereinigungsfreiheit beschränkt werden, sofern andere Grundrechte oder Rechtsgüter mit Verfassungsrang einen solchen Eingriff hinreichend rechtfertigen. Dies ist hier der Fall.

Denn die Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege hat ebenfalls Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 33, 367, 383; BGH Beschluss vom 25.3.2015 – 5 StR 70/15 –). Das Rechtsstaatsprinzip, das die Idee der Gerechtigkeit als wesentlichen Bestandteil enthält (vgl. BVerfGE 7, 89; 74, 129), fordert nicht nur eine faire Ausgestaltung und Anwendung des Strafverfahrensrechts. Es gestattet und verlangt auch die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 267, 383; 122). Zur Strafrechtspflege zählt nicht nur das Erkenntnis-, sondern auch das nachfolgende Vollstreckungsverfahren (vgl. BVerfGE 46, 214) inklusive der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafvollzuges (vgl. Jarass/Pieroth, GG 13. Aufl., Art. 9 Rdn. 22; Scholz in Maunz/Dürig, GG Stand Dezember 2014, Art. 9 Rdn. 147). Die verfassungsrechtliche Anerkennung des Strafvollzuges lässt sich zudem ohne weiteres aus Art. 103 Abs. 2 und 3 sowie aus Art. 104 GG ableiten (vgl. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte 30. Aufl., Rdn. 815).

Die große Bedeutung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege führt zwar nicht dazu, dass im Strafvollzug das Recht der Gefangenen aus Art. 9 Abs. 1 GG gänzlich suspendiert wird. Jedoch kann es in dem für den Bestand und die Funktionsfähigkeit des Strafvollzuges erforderlichen Umfang beschränkt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1981 – 2 BvR 1117/81 –, NStZ 1983, 331 Ls.; vgl. ferner Bauer in Dreier, GG 3. Aufl., Art. 9 Rdn. 63 und Neubacher in LNNV, StVollzG 12. Aufl., Abschn. B Rdn. 98; sowie am jeweils a.a.O. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher und Scholz in Maunz/Dürig).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt die angegriffene Entscheidung des Anstaltsleiters die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht aus Art. 9 Abs. 1 GG. Für die Weisung gab es einen sachlichen Grund. Die Anstalt hat das dem Z. gegenüber ausgesprochene Verbot, bei seiner Arbeit Mitgliedsanträge mit sich zu führen, auf Gründe der Sicherheit gestützt. Es liegt auf der Hand, dass der Gefangene Z., wenn er denn bei seiner Arbeit ohne weiteres Sachen mit sich führen dürfte, die Möglichkeit hätte, diese – darunter gegebenenfalls auch verbotene – an andere Gefangene weiterzugeben oder von diesen solche Gegenstände entgegen zu nehmen. Dies gilt umso mehr, als er sich bei seiner Tätigkeit als Busfahrer auf dem gesamten Gelände der Justizvollzugsanstalt bewegen kann und dabei Kontakte zu einer Vielzahl von Gefangenen hat. Die denkbare Weisung, nur Formulare der GGBO (nicht aber andere Gegenstände) bei sich führen, wäre faktisch kaum kontrollierbar und leistbar. Zudem kann einem allzu offenen Werben und Drängen, noch „an Ort und Stelle“ der Vereinigung beizutreten und damit möglicherweise einhergehenden Konflikten zwischen Gefangenen vorgebeugt und ein Riegel vorgeschoben werden.

Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen dem Recht aus Art. 9 Abs. 1 GG und den Sicherheitsbelangen der Justizvollzugsanstalt war zudem zu berücksichtigen, dass der mit der Ausübung des Direktionsrechts verbundene Eingriff eher geringfügig ist. Er ist darauf begrenzt, den Z. lediglich anzuweisen, während seiner Arbeit Mitgliedsanträge nicht mit sich zu führen, auszuteilen und anzunehmen. Eine mündliche Werbung für den Verein war dem Z. aber – selbst an seinem Arbeitsplatz (während der Pausenzeiten) – weiterhin gestattet. Zudem war es der Vereinigung erlaubt, in der Justizvollzugsanstalt an allgemein zugänglichen Stellen Mitgliedsanträge auszulegen. Hiernach war es ihr nach wie vor möglich, auch in der Justizvollzugsanstalt Tegel in unterschiedlicher Art und Weise aktiv für ihre Zwecke zu werben.

5. Schließlich hat die Strafvollstreckungskammer – entgegen dem Vorbringen in der Rechtsbeschwerde – das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht dadurch verletzt, dass sie keine Ausführungen zur „Arbeitgebereigenschaft“ der Vollzugsbehörde gemacht hat. Denn darauf kommt es nicht an. Es handelt sich um ein besonderes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, das von keiner Seite freiwillig eingegangen wurde und die Gefangenen mangels Arbeitsverhältnis daher schon keine Arbeitnehmer sind (s.o.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.