FG München, Urteil vom 14.04.2015 - 2 K 3118/14
Fundstelle
openJur 2015, 13918
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Am 17. November 2014 erhob der „Recht()beistand“ P für den Kläger Klage.

Die Bundesrepublik Deutschland besitze keine staatliche Legitimation, da das Deutsche Reich fortbestehe. Zudem seien die Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere die Abgabenordnung (AO) und das Einkommensteuergesetz (EStG), ungültig, da sie gegen das zwingende sog. Zitiergebot gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) unheilbar verstießen und somit nichtig seien. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) habe daher ohne Rechtsgrundlagen Steuern gegenüber dem Kläger festgesetzt und Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen.

P erklärte, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch im Falle der Übertragung des Rechtsstreits durch den Senat auf eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu verzichten.

Der Kläger beantragt wörtlich,„das entsprechende Finanzamt zu verurteilen, die fälschlich als Steuerbescheide / Schätzungen bezeichneten, jedoch nur nichtigen Verwaltungsakte sind, ersatzlos aufzuheben und die bereits getätigten Pfändungen allesamt aufzuheben“.

Das FA beantragt,die Klage abzuweisen.

Es erklärte, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch im Fall der Übertragung auf den Einzelrichter zu verzichten.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2014 hat der Senat P als Bevollmächtigten zurück-gewiesen. Die Berichterstatterin hat dem Kläger dazu einen Hinweis erteilt.

Am 10. Januar 2015 erwiderte der Kläger, dass der Beschluss vom 29. Dezember 2014 rechtsunwirksam sei.

Mit Anordnung vom 20. Januar 2015 hat die Berichterstatterin Ausschlussfristen bis zum 27. Februar 2015 gesetzt, gemäß § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen und gemäß § 79b Abs. 1 FGO alle Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren eine Beschwer empfunden werde. Die Anordnung ließ der Kläger unerwidert.

Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 übertrug der Senat den Rechtsstreit auf die (Berichterstatterin als) Einzelrichterin.

Gründe

11II. 1. Die als Anfechtungsklage erhobene Klage ist mangels hinreichend konkreter Bezeichnung der ausweislich des Klageantrags im Einzelnen angefochtenen Verwaltungsakte nach § 65 Abs. 1 FGO unzulässig (vgl. Urteile des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Februar 2013 5 K 1027/11, EFG 2013, 1158, des Finanzgerichts Hamburgs vom 20. Mai 2014 3 K 94/14, EFG 2014, 1805, Zwischenurteil des Finanzgerichts Hamburg vom 19. April 2011 3 K 6/11, EFG 2011, 2189).

12Darüber hinaus ist die Klage auch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da kein nachvollziehbarer Grund erkennbar ist, zu welchem Zweck der Kläger Rechtsschutz von einem Gericht erlangen will, das nach seiner eigenen Überzeugung rechtlich nicht existiert bzw. zur Entscheidung über seinen Antrag gesetzlich nicht legitimiert ist (vgl. Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 9. Oktober 2013 4 K 1406/13, juris).

2. Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet.

14Das deutsche Besteuerungsverfahren gilt -und damit auch für den hier steuerpflichtigen Kläger-, insbesondere die AO und das EStG. Die Bundesrepublik Deutschland ist als Staat existent, das GG gilt und die von der Legislative in der Bundesrepublik Deutschland erlassenen Steuergesetze gelten in vollem Umfang. Der Kläger verkennt die faktisch-bestehende Verfassungswirklichkeit. Denn sowohl völkerrechtlich als auch staatsrechtlich gibt es kein geregeltes Verfahren, durch welches die Betätigung der verfassungsgebenden Gewalt gebunden wäre. Hieraus ergibt sich zwanglos, dass die verfassungsgebende Gewalt in Deutschland eine Verfassung -das GG- beschließen und damit die Bundesrepublik Deutschland gründen konnte. Entsprechendes gilt für den Beitritt der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland. Die Legitimität dieser Verfassung -des GG- ergibt sich daraus, dass sie mit den überwiegend im Volke bestehenden Wert-, Gerechtigkeits- und Sicherheitsvorstellungen übereinstimmt und dieser Konsens seit Jahrzehnten „gelebt“ wird. Mehrfach hat die finanzgerichtliche Rechtsprechung unter Bezugnahme auf Entscheidungen  des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ausführlich dargelegt, dass das Recht der Bundesrepublik Deutschland auf der verfassungsrechtlichen Grundlage des GG anzuwenden ist und dass neben dem Staat Bundesrepublik Deutschland das Deutsche Reich nicht besteht. Die Bundesrepublik Deutschland ist der gegenwärtige deutsche Staat und so mit dem im Jahre 1871 als Deutsches Reich begründeten Staat Deutschland identisch bzw. im Hinblick auf die räumliche Ausdehnung teilidentisch (vgl. Urteile des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Februar 2013 5 K 1027/11, EFG 2013, 1158, und vom 21. Juli 2008  4 K 1741/06, juris, des Finanzgerichts Hamburg vom 20. Mai 2014 3 K 94/14, EFG 2014, 1805, Zwischenurteil des Finanzgerichts Hamburg vom 19. April 2011 3 K 6/11, EFG 2011, 2189, jeweils m.w.N.).

15Die Steuergesetze verstoßen nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Insbesondere bedarf es -auch im Abgabenrecht- keiner Zitierung des Eigentumsgrundrechts Art. 14 GG. Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG bezieht sich nicht auf grundrechtsrelevante Bestimmungen, die der Gesetzgeber in Ausführung der ihm obliegenden, im Grundgesetz vorgesehenen Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenziehungen erlässt, und damit auch nicht auf den bereits in Art. 14 GG enthaltenen Regelungsvorbehalt. Inhaltlich richtet sich die Besteuerung der Steuerpflichtigen -einschließlich des Klägers- in der Bundesrepublik Deutschland nach den materiellen Regelungen der deutschen Steuergesetze (vgl. dazu die ausführliche Begründung im Zwischenurteil des Finanzgerichts Hamburg in EFG 2011, 2189; mit weiteren Nachweisen).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auf § 90 Abs. 2 FGO.