VG Bayreuth, Urteil vom 27.05.2015 - B 2 K 14.795
Fundstelle
openJur 2015, 13110
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die teilweise Aufhebung einer der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung von neun Windenergieanlagen.

Mit Datum 11.09.2013 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung von neun Windenergieanlagen auf verschiedenen (im Einzelnen genannten) Grundstücken der Gemarkungen ..., ... und ... Im Vermerk des Landratsamtes Bamberg vom 17.09.2014 (Bl. 536 der Verfahrensakte) ist festgehalten, dass eine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG – i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 hierzu ergeben hat, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Grundlage dieser Feststellung ist unter anderem ein sogenanntes „Screening“ vom November 2013 (Bl. 558 der Verfahrensakte). Das Landratsamt verfügte eine Veröffentlichung zu dieser Feststellung im Amtsblatt mit Datum 10.09.2014. Dem Antrag lagen die unter Ziffer III Kapitel 1 bis 9 des streitgegenständlichen Bescheides im Einzelnen genannten Antragsunterlagen zugrunde. Unter anderem wurden zu den Immissionen Gutachten der ... GmbH vom 02.10.2013, vom 14.01.2014 und ein Messbericht vom 07.11.2013 vorgelegt. Zu den naturschutzfachlichen Fragen wurden die unter Kapitel 8 des Bescheides genannte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, ein landschaftspflegerischer Begleitplan und eine Darstellung der optischen Wirkungen vorgelegt. Die Klägerin wurde mit Schreiben des Landratsamtes vom 08.10.2013, geändert mit Schreiben vom 08.11.2013 gebeten, bis zum 14.01.2014 mitzuteilen, ob das gemeindliche Einvernehmen erteilt wird. Unter Vorlage entsprechender Beschlussauszüge teilte die Klägerin dem Landratsamt mit Schreiben vom 19.12.2013, am gleichen Tag beim Landratsamt eingegangen, mit, dass das gemeindliche Einvernehmen versagt wird. Die Fachkraft für Naturschutz beim Landratsamt hält das Bauvorhaben in ihrer Stellungnahme vom 01.10.2014 für genehmigungsfähig, wenn verschiedene, im Einzelnen vorgeschlagene Nebenbestimmungen in den Bescheid aufgenommen werden. Der Umweltschutzingenieur des Landratsamtes Bamberg hält in seiner Stellungnahme vom 22.05.2014 (Bl. 360) das Vorhaben ebenfalls für genehmigungsfähig, wenn die unter Nr. 7 des Gutachtens der ... GmbH vom 14.01.2014 genannten Vorschläge in den Genehmigungsbescheid aufgenommen werden. Die Regierung von Oberfranken weist in ihrer Stellungnahme vom 12.11.2013 darauf hin, dass sich die Windkraftanlagen innerhalb des geplanten Vorranggebietes Nr. ..., welches Gegenstand der derzeit laufenden Fortschreibung des Regionalplans Oberfranken West sei, befänden.

Mit Bescheid vom 21.10.2014 erteilte das Landratsamt Bamberg der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windenergieanlagen im vereinfachten Verfahren nach § 19 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – BImSchG –. Das Vorhaben erfülle die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG, da vom Vorhaben weder schädliche Umwelteinwirkungen noch sonstige Gefahren ausgingen und auch entsprechende Vorsorge gegen derartige Gefahren getroffen sei. Die Prognosen der Firma ... vom 02.10.2013 und 14.01.2014 seien zum Ergebnis gekommen, dass an den nächstgelegenen Immissionsorten (Anlage 1.1 des Untersuchungsberichtes) die maßgeblichen Grenzwerte nicht überschritten seien. Was den Schattenwurf anbelangt, so werde zwar die jährlich astronomische Beschattungsdauer von maximal 30 Stunden überschritten, insofern sei eine Abschaltautomatik zu installieren. Es seien ferner ausreichend Maßnahmen zum Schutz vor Eiswurf und Eisabfall getroffen. Belange des Naturschutzes seien im Hinblick auf den Vogelschutz nicht rechtserheblich tangiert, da unter Beachtung der unter Ziffer VI. 6 aufgeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen Verbotstatbestände des § 44 des Bundesnaturschutzgesetztes – BNatSchG – nicht erfüllt seien. Wegen der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens werde das gemeindliche Einvernehmen gemäß Art. 67 der Bayerischen Bauordnung – BayBO – ersetzt.

Gegen den Genehmigungsbescheid ließ die Klägerin durch ihren anwaltschaftlichen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 19.11.2014, am gleichen Tag per Telefax bei Gericht eingegangen, Klage erheben mit dem Antrag,

den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes Bamberg vom 21.10.2014, mit dem der Beigeladenen die Errichtung und der Betrieb von vier Windenergieanlagen auf den Grundstücken Fl.-Nrn. ..., ..., ...und ... der Gemarkung ... erteilt wurde, aufzuheben.

Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 29.01.2015 darauf hingewiesen, dass sich die im Antrag genannten Windkraftanlagen im Gebiet der Klägerin befänden. Die Klägerin habe ihr gemeindliches Einvernehmen verweigert, deshalb sei im Rahmen der Klage der Gemeinde eine umfassende Prüfung des § 35 des Baugesetzbuches – BauGB – vorzunehmen. Die Genehmigung sei bereits deshalb rechtwidrig, weil dem Bauvorhaben Belange des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB i.V.m. § 44 Abs. 1 BNatSchG entgegenstünden. Unter Bezugnahme auf eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) vom 13.04.2013 und eine Erklärung eines Büros für ökologische Studien vom 05.08.2014, sei das Landratsamt zum Ergebnis gekommen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko betroffener Arten geschützter Vögel und Fledermäuse nicht gegeben sei. Dies decke sich nicht mit Sichtungen ernstzunehmender Gewährsleute. Dem eingeholten Gutachten lägen auch methodische Fehler zugrunde. Beide Gutachten berücksichtigten nicht hinreichend den sogenannten Windkrafterlass. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil vom 18.06.2012 (richtigerweise: 2014) die Auffassung vertreten, dass eine naturschutzrechtliche Prüfung entweder den Windkrafterlass oder eine vergleichbare Methodik zwingend berücksichtigen müsse. Im vorliegenden Fall sei aus dem Gutachten schon nicht ersichtlich, welche und wie viele Beobachtungspunkte gewählt wurden. Es sei auch nicht dargelegt, inwieweit diese einzelnen Beobachtungspunkte Einsicht auf die Gesamtfläche böten. Ferner sei nicht dargelegt, ob an die Windkraftanlagen angrenzende Habitatflächen beobachtet wurden. Nicht Stellung genommen sei zu der Frage, ob bestimmte Greifvögel oder der Schwarzstorch das Gebiet als Überfluggebiet nutzten. Es seien ferner lediglich Vermutungen angestellt worden, wo die Horste einzelner Greifvögel (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke) liegen könnten. Dies wäre deshalb erforderlich gewesen, weil einzelne dieser Vogelarten einen sehr großen Aktionsradius hätten. Sämtliche Beobachtungen stammten auch aus dem Jahr 2012. Konkrete Erfassungen in den Jahren 2013/2014 seien nicht durchgeführt worden. Unklar bleibe auch, ob die für das zweifellos vorhandene Uhuvorkommen erforderliche Nachtzeitbeobachtung durchgeführt worden sei. Was den Uhu anbelangt, so sei bereits aus der Verwaltungsakte ersichtlich, dass der Beklagte begründete Zweifel hinsichtlich des Uhuvorkommens hatte. Dies ergebe sich aus einer E-Mail des Beklagten an die Beigeladene vom 20.02.2014 (Bl. 646 der Akten). Zu beanstanden sei auch, dass die Beobachtungen von Mai bis August 2012 stattgefunden hätten, die absolut maßgeblichen und wichtigen Monate März und April (Balz- und Brutzeit) wie auch die Monate September und Oktober seien ungeprüft geblieben. Insbesondere aufgrund der Beobachtungen zuverlässiger und sachkundiger Gewährsleute sei der Nachweis artengeschützter Vogel- und Fledermausarten erbracht. Es handle sich insbesondere um die Arten Rotmilan, Schwarzstorch, Uhu, Wanderfalke, Sperber, Kolkrabe, Wespenbussard, Schleiereule, Waldkauz, Habicht, Turmfalke und Wiesenweihe. Rechtswidrig sei die Genehmigung auch aus Gründen des Landschaftsschutzes. Die überdimensional hohen Anlagen beeinträchtigten in unangemessener Weise die natürliche Eigenart der Landschaft um ..., ..., ... und ... Die Gemeinde ... werde in einem Blickwinkel von ca. 120 Grad von der mit Windkraftanlagen bebauten Fläche betroffen sein. Die Auffassung des Beklagten, aufgrund der raumplanerischen Entscheidung im Regionalplan, sei dieser öffentliche Belang nicht mehr zu berücksichtigen, sei fehlerhaft. Die Klägerin habe im Übrigen bereits im Regionalplanaufstellungsverfahren entsprechende Einwände erhoben. Allein die Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich begründe kein gegenüber dem Landschaftsschutz überwiegendes Gemeinwohlinteresse. Die Windkraftanlagen würden auch zu unzumutbarem Lärm in den Ortsteilen ..., ..., ...und ... führen. Wie Messungen im Rahmen einer anderen Rechtssache zwischenzeitlich ergeben hätten, könne es zu erheblichen Überschreitungen der im Innenbereich von Wohngebäuden höchstzulässigen Werte von 25 dB(A) kommen, auch wenn die Werte außerhalb der Häuser nach Ziffer 6.1 der TA-Lärm eingehalten seien. Dies liege in erster Linie daran, dass vor allem tieffrequente Geräusche problemlos durch Mauern und Fenster dringen könnten. Obwohl die TA-Lärm diese Prüfung vorsehe, sei eine solche Prognose nicht erstellt worden. Unzumutbar sei auch die optisch bedrängende Wirkung der Windkraftanlagen, die in einem Winkel von bis zu 120 Grad den Horizont in die Hauptblickrichtung versperrten. Rechtswidrig sei die Genehmigung auch wegen der fehlenden Erschließung. Die teilweise Auffassung von Verwaltungsgerichten, die städtebauliche Erschließung betreffe nicht die für den Bau der Anlagen erforderlichen Zufahrtswege, sondern nur spätere Zufahrtsmöglichkeiten für Wartungsarbeiten, sei unzutreffend. Auch während der Nutzungszeit sei damit zu rechnen, dass umfangreiche Arbeiten durchzuführen seien, die Anfahrtstonnagen von mindestens 80 Tonnen erforderlich machten.

Für den Beklagten beantragt das Landratsamt Bamberg mit Schriftsatz vom 31.03.2015,

die Klage abzuweisen.

Der Landschaftsschutz stehe der Genehmigung nicht entgegen, da eine rechtserhebliche Verunstaltung des Landschaftsbildes nur dann gegeben sei, wenn es sich um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild oder um einen Eingriff in eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schützenswerte Umgebung handle. Dies treffe hier nicht zu. Die Landschaft sei geprägt von land- und forstwirtschaftlicher Nutzung. Im Umfeld des Vorhabens seien bereits technische Bauwerke (83-kV-Freileitung - richtigerweise: 380-kV-Freileitung -, Staatsstraße St ..., Autobahn A ..., Steinbruch nördlich von ...) vorhanden, die das Landschaftsbild negativ beeinflussten. Zwar liege die Landschaft im Naturpark Fränkische Schweiz – Veldensteiner Forst. Der Fernwanderweg „Frankenweg“ verlaufe allerdings in einem Abstand von ca. 5 km. Im Übrigen sei die Fläche als Vorranggebiet ausgewiesen. Sie sei im Rahmen der Regionalplanung als weniger schützenswerte Fläche eingestuft worden. Was die naturschutzfachlichen Fragen und evtl. ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko von geschützten Arten anbelangt, so seien die eingeholten Gutachten hinreichend aussagekräftig. Aus Sichtungen könne kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko abgeleitet werden. Ein derartiges Risiko sei bei einer großräumigen Verteilung der Nahrungshabitate nicht anzunehmen. Eine regelmäßige Raumnutzung sei demgegenüber nicht festgestellt worden. Der Kartierungsauftrag und die Abstimmung des Kartierungsumfangs seien vor Veröffentlichung und Inkrafttreten des Bayerischen Windkrafterlasses erfolgt. Deshalb weiche der Untersuchungsumfang von den Vorgaben dieses Erlasses ab. Die Methodik sei jedoch nach anerkannten gängigen Vorgaben erfolgt. Alle in der Klagebegründung aufgeführten Arten seien untersucht und bewertet worden. Die Kartierung sei ausgehend von drei sogenannten Fixpunkten erfolgt, der Windenergieerlass gehe von mindestens zwei Fixpunkten aus. Fixpunkte, Prüfradien und die beobachteten Arten mit ihren Flugstrecken seien in Karten dargestellt. Beobachtungszeiten, festgestellte Arten sowie Wetterbedingungen seien protokolliert und als Anlage der saP beigefügt. Der Kartierungszeitraum von Anfang Mai bis Ende August entspreche genau den Vorgaben des Windkrafterlasses. Auch der zeitliche Umfang der Beobachtung mit insgesamt 108,5 Stunden sei ausreichend. Zusätzlich seien an 6 Terminen Brutvogelkartierungen durchgeführt worden, dabei eine Nachtkartierung im März für den Uhu. Mit Ausnahme der beiden Arten Uhu und Wanderfalke könnten daher die relevanten Aktivitätsphasen hinreichend genau beurteilt werden. Die Art der Raumnutzung durch Greifvögel sowie durch den Schwarzstorch sei in der saP beschrieben und bewertet worden. Wegen der geringen Raumnutzung sowie fehlender Anzeichen für Balz oder Brut innerhalb der Prüfradien sei eine gezielte Horstsuche nicht notwendig gewesen. Untersuchungen ins Blaue hinein seien auch laut Windenergieerlass nicht veranlasst. Eine derartige Untersuchung ins Blaue hinein wäre eine Horstsuche ohne entsprechende Anzeichen. Aufgrund vermehrter Sichtmeldungen kollisionsgefährdeter Vogelarten habe der Beklagte eine zusätzliche Begutachtung bzw. Nachkartierung gefordert. Das eingeschaltete Büro für ökologische Studien sei nicht beauftragt worden, eine erneute vollständige saP zu erstellen, sondern vielmehr, Meldungen aus der Bevölkerung zu überprüfen und auszuwerten, sowie die fehlenden Kartierungszeiträume für speziell kollisionsgefährdete Arten nachzuholen. Dies sei vollständig geschehen. Das Fazit des Gutachtens beziehe sich auf alle kollisionsgefährdeten Vogelarten und umfasse auch den Uhu. Das Vorgehen bei der Kartierung sei im Protokoll vom 24.04.2014 dokumentiert worden. Die Gründe für die Abweichungen vom Bayerischen Windkrafterlass seien dargelegt worden. Für den Uhu seien die Kartierungszeiträume des Windenergieerlasses nicht optimal, es sei deshalb auf Kartierungen von Dezember und Januar zurückgegriffen worden.

Ausreichend sei die Erschließung. Diese sei über die Autobahn A ..., die Staatsstraße St ... und über öffentlich gewidmete weitere Wege gegeben. Eine Beschränkung auf land- und forstwirtschaftliche Nutzung stehe einer gesicherten Erschließung nicht entgegen.

Die Schallprognose sei vollständig. Nach Nr. 6.2 der TA-Lärm seien tieffrequente Geräusche in den Innenräumen von Wohngebäuden für Anlagen zu überprüfen, die sich zusammen mit dem maßgeblichen Immissionsort in einem bzw. mehreren zusammengebauten Gebäuden befänden. Tieffrequente Geräusche, d.h. Geräusche mit einem Frequenzbereich unter 90 Hz, würden nach Nr. 7.3 der TA-Lärm innerhalb von Gebäuden gemessen. Hier betrage die Entfernung zwischen Windenergieanlagen und dem Immissionsort mehr als 1000 m. Damit seien die im Windenergieerlass als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität geforderten Werte bei Weitem eingehalten. Nach 8.2.4.1 des Windenergieerlasses sei bei einem Mindestabstand von 1000 m zwischen Windkraftanlage und Wohnbebauung in allgemeinen Wohngebieten die Einholung eines Lärmgutachtens nicht erforderlich. Auch wenn erfahrungsgemäß für Windenergieanlagen bei einem Abstand von über 1000 m nicht mit einem relevanten tieffrequenten Geräuschanteil zu rechnen sei, sei in Ziffer 2.1.6 des Genehmigungsbescheides vorsorglich ein Grenzwert für tieffrequente Geräusche aufgenommen. Aufgrund des Abstandes zur nächstgelegenen Wohnbebauung sei eine optisch bedrängende Wirkung ausgeschlossen.

Die mit Beschluss vom 20.11.2014 beigeladene Betreiberin der streitgegenständlichen Windkraftanlagen lässt durch ihre Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 05.05.2015 beantragen,

die Klage abzuweisen.

Aufgrund Beschlusses vom 12.03.2015 wurden die örtlichen Verhältnisse im Bereich der streitgegenständlichen Windkraftanlagen am 13.05.2015 in Augenschein genommen.

Ergänzend wird auf die Niederschriften über die durchgeführte mündliche Verhandlung und den gerichtlichen Augenschein, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da die Klägerin nicht in ihrem Recht aus § 36 BauGB als Ausfluss der kommunalen Planungshoheit verletzt wird.

Die Klägerin hat das nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB erforderliche gemeindliche Einvernehmen verweigert. Unter Ziffer VII (Seite 27) des streitgegenständlichen Bescheides wurde das fehlende Einvernehmen ersetzt. Dies erfolgte formal und inhaltlich rechtmäßig, da die vier streitgegenständlichen, auf dem Gebiet der Klägerin befindlichen Windkraftanlagen nach § 35 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig sind.

Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 20.05.2010, Az. 4 C 7.09 und vom 01.07.2010, Az. 4 C 4.08) an, wonach auf ein Rechtsmittel der Gemeinde hin im Fall des § 35 BauGB die tatbestandlichen Voraussetzungen in vollem Umfang nachzuprüfen sind, wenngleich einzelne Belange des § 35 Abs. 3 BauGB (z.B. Nr. 8, wonach die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen nicht gestört werden darf) mit der Planungshoheit der jeweiligen Gemeinde kaum Berührungspunkte haben.

Die Antragsunterlagen sind vor dem 04.02.2014 vollständig vorgelegt worden, so dass es sich bei den Windkraftanlagen nach Art. 83 Abs. 1 BayBO um privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB handelt.

Die Vorhaben befinden sich nach Nr. B. V. 2.5.2 des am 26.09.2014 in Kraft getretenen Regionalplans Oberfranken-West im Vorranggebiet Nr. ..., so dass ein Widerspruch zu Zielen der Raumordnung im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 2 bzw. ein Entgegenstehen öffentlicher Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB insoweit nicht gegeben ist.

Den Windkraftanlagen stehen auch keine öffentlichen Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegen.

Wie sich aus dem Wort „insbesondere“ in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergibt, ist die Aufzählung des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht abschließend, als ungeschriebener Belang gilt insbesondere das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot. Ein Verstoß gegen dieses Gebot ist nicht gegeben, da die Windkraftanlagen im Minimum ca. 900 m vom nächstgelegenen Ortsteil ... der Klägerin in etwa auf gleicher Meereshöhe geplant sind. Von einem über diesem Ortsteil „thronenden Windkraftzaun“ kann daher nicht die Rede sein, zumal die Windkraftanlagen unterschiedlich weit von diesem Ortsteil entfernt sind.

Was die in § 35 Abs. 3 Nrn. 1 bis 8 BauGB genannten Belange betrifft, so wird von der Klägerin vorgetragen, dass die Windkraftanlagen schädliche Umwelteinwirkungen, vor allem in Gestalt von Lärm, hervorrufen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) und die natürliche Eigenart der Landschaft bzw. Belange des Naturschutzes beeinträchtigen würden (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Ein Verstoß gegen weitere Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist weder vorgetragen noch erkennbar.

Die Windkraftanlagen verursachen keine schädlichen Umwelteinwirkungen.

Aufgrund der Entfernung von mindestens 900 m zum nächstgelegenen Wohnhaus und der Situierung von Nord-Nord-West bis Nord-Nord-Ost in einem maximalen Winkel von 90 Grad ist eine unzumutbare Beschattung bzw. Licht-/Schattenwirkung nicht gegeben. Dies wird auch durch die von der Betreiberin vorgelegten ...-Gutachten vom 02.10.2013 und vom 14.01.2014 bestätigt.

Von den Windkraftanlagen gehen auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von unzumutbarem Lärm aus. Die auf dem Gebiet der Klägerin befindlichen maßgeblichen Einwirkungsorte sind die sogenannten Immissionsorte – IO – 4.1 und 4.2. Diese befinden sich im Nordwesten bzw. Westen des Ortsteils ... Der gerichtliche Augenschein hat gezeigt, dass die städtebauliche Einordnung des IO 4.1 als Dorfgebiet der tatsächlichen Situation entspricht. Dass sich der IO 4.2 in einem allgemeinen Wohngebiet befindet, wurde durch Vorlage des entsprechenden Bebauungsplanes in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Entfernung der nächstgelegenen Windkraftanlage (Nr. 8) zum IO 4.1 beträgt etwas mehr als 900 m, zum IO 4.2 sind es ca. 1.000 m. Das von der Klägerin eingeholte Schallschutzgutachten vom 14.01.2014 kommt zum Ergebnis, dass bei einer Leistungsbegrenzung der Windkraftanlagen sechs bis zehn auf 100 dB(A) während der Nachtzeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr an diesen Immissionsorten der allein relevante nächtliche Beurteilungspegel der TA-Lärm von 45 dB(A) (Dorfgebiet) bzw. 40 dB(A) (allgemeines Wohngebiet) eingehalten werden kann, wobei die nördlich des Ortsteils ... situierte Holzvergaseranlage, die auch während der Nachtzeit bei entsprechendem Bedarf betrieben wird, als Vorbelastung berücksichtigt wurde. Die entsprechenden Vorschläge des Gutachters wurden in vollstreckbarer Weise unter Ziffer IV. 2.1.1 bis 2.1.12 als Nebenbestimmungen in den Bescheid aufgenommen.

Der beigezogene Umweltschutzingenieur des Landratsamtes Bamberg hat auf entsprechende Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass am Immissionsort 4.2 ein sogenannter „Immissionsrichtwertanteil“ – IRWA – von 36 dB(A) – vgl. Seite 7 des streitgegenständlichen Bescheides – und damit ein vorbelastungsbedingter Abzug von „nur“ 4 dB(A) anstelle von 6 dB(A) (vgl. Nr. 3.2.1 der TA-Lärm) ausreichend ist. Er hat dies überzeugend damit begründet, dass die Holzvergaseranlage vom Immissionsort 4.2 weiter entfernt ist als vom Immissionsort 4.1 und insoweit auf die Tabelle 8 (Seite 23) des Gutachtens vom 14.01.2014 verwiesen. Dies ist für das Gericht ohne Weiteres schlüssig und wurde auch von der Klägerseite nicht in Zweifel gezogen. Dafür, dass bei diesen Entfernungen trotz anzurechnender Vorbelastungen die maßgeblichen Lärmgrenzwerte eingehalten werden, spricht auch die Bewertung des Windenergieerlasses vom 20.12.2011. Dieser sieht unter Nr. 8.2.4 ff. Mindestabstände von 500 m zu Dorfgebieten bzw. 800 m zu allgemeinen Wohngebieten vor, die hier bei Weitem eingehalten werden.

Was die von der Klägerseite angeführten sogenannten „tieffrequenten Geräusche“ anbelangt, so hat der Umweltschutzingenieur in der mündlichen Verhandlung auf die Ziffer 8.2.8 des Windenergieerlasses hingewiesen; danach erzeugt Infraschall als tieffrequenter Schall, der nur bei hohem Schalldruckpegel wahrnehmbar ist, bei einem Abstand von 250 m keine erheblichen Belästigungen mehr. Unter dieser Ziffer wird im Windenergieerlass auch auf die Anhaltswerte der DIN 45680 (Entwurf August 2011) verwiesen. In dieser DIN-Norm wird ein Abstand von 500 m zur Wohnbebauung vorgeschlagen (vgl. dazu BayVGH vom 27.03.2015, Az. 22 CS 15.481). Der tatsächliche Abstand beträgt – wie oben ausgeführt – zum nächstgelegenen Wohngebäude im Dorfgebiet mindestens 900 m, so dass nach diesen Regelwerken von keiner Erheblichkeit im Sinn des § 3 Abs. 1 BImSchG auszugehen ist. Der Umweltschutzingenieur hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass die in Ziffer 2.1.6 des Bescheides (Seite 7 unten) enthaltene Vorsorgeregelung im Sinn des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG die Verpflichtung enthält, die Anhaltswerte der DIN 45680 in der jeweils aktuellen Fassung einzuhalten. Damit wird auch eventuellen künftigen Verschärfungen der Grenzwerte hinreichend Rechnung getragen.

Den streitgegenständlichen Windkraftanlagen stehen auch keine Belange des Artenschutzes als Teilaspekt des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegen.

Der Schutz einer einzelnen Art kann einer Windkraftanlage als privilegiertem Vorhaben zwingend entgegenstehen, wenn dies zum Lebensraumschutz notwendig ist und die geplante Anlage eine erhebliche negative Auswirkung hierauf hat. Die Schutzwürdigkeit der betroffenen Art und des jeweiligen Lebensraumes sowie die Intensität und die Auswirkungen des Eingriffs sind dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens abwägend gegenüberzustellen. Um die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nrn. 1 BNatSchG auszuschließen, wonach es verboten ist, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen, zu töten oder erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung vorliegt, wenn sich dadurch der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, ist eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) durchzuführen (Nr. 9.4 der Hinweise zur Planung und zur Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20.12.2011). Diese hat sich grundsätzlich auf europarechtlich geschützte Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie sowie auf alle wildlebenden Vogelarten nach Art. 1 der Vogelschutz-Richtlinie zu erstrecken. Das Verletzungs- bzw. Tötungsrisiko durch Kollision mit den Rotoren darf im Vergleich zum allgemeinen Risiko nicht signifikant erhöht sein, wobei der Behörde eine Einschätzungsprärogative zusteht, die gerichtlich nur beschränkt überprüft werden kann. Die Prüfung dieser artenschutzrechtlichen Verbote setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Einwirkungsbereich der Anlage vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt dabei maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Jedenfalls benötigt die entscheidende Behörde Daten, denen sich in Bezug auf das Untersuchungsgebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Dabei ist ein in der Genehmigung angeordnetes Monitoring geeignet, die dauerhafte Tragfähigkeit einer entsprechenden Prognose zu überprüfen. Hierzu müssen hinreichend konkrete fall- bzw. ortsspezifische Anhaltspunkte vorliegen. Ein gelegentlicher Aufenthalt im Gefahrenbereich reicht nicht aus. Vielmehr sind regelmäßige Aufenthalte nachzuweisen, die die Tötungswahrscheinlichkeit signifikant erhöhen. Ob dies gegeben ist, ist jeweils im Einzelfall in Bezug auf die Lage der WEA, die jeweiligen Artvorkommen und die Biologie der Arten (Schlagrisiko) zu klären. Das Störungsverbot kann grundsätzlich durch Scheuchwirkung einer WEA ausgelöst werden. Rechtlich relevant ist allerdings nur eine erhebliche Störung, durch die sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert.

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren oder besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu den besonders geschützten Arten gehören gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 a BNatSchG insbesondere die Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder in Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97, aufgeführt sind. Das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist individuenbezogen zu verstehen. Es ist schon dann erfüllt, wenn die Tötung eines Exemplars der besonders geschützten Arten nicht im engeren Sinne absichtlich erfolgt, sondern sich als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist. Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windenergieanlagen zu Schaden kommen können, dürfte indes bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen sein. Solche kollisionsbedingten Einzelverluste sind zwar nicht „gewollt“ im Sinne eines zielgerichteten „dolus directus“, müssten aber – wenn sie trotz aller Vermeidungsmaßnahmen doch vorkommen – als unvermeidlich ebenso hingenommen werden wie Verluste im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer einschränkenden Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur erfüllt ist, wenn sich das Tötungsrisiko für die betroffenen Tierarten durch das Vorhaben in signifikanter Weise erhöht. Ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für eine bestimmte Art vorliegt, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: Es muss sich erstens um eine Tierart handeln, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen gerade im Bereich des Vorhabens ungewöhnlich stark von dessen Risiken betroffen ist. Zweitens muss sich die Tierart häufig – sei es zur Nahrungssuche oder beim Zug – im Gefährdungsbereich des Vorhabens aufhalten (vgl. BVerwG vom 14.07.2011 Az. 9 A 12.10).

Der zuständigen Behörde steht hierbei eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Diese Einschätzungsprärogative kommt auf zwei Ebenen zum Tragen: Sie bezieht sich erstens auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten und zweitens auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Ihre rechtliche Grundlage findet die vorgenannte Einschätzungsprärogative darin, dass es im Bereich des Artenschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die nähere normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen. Deren Erkenntnisstand ist aber in weiten Bereichen noch nicht so weit entwickelt, dass sie dem Rechtsanwender verlässliche Antworten liefern kann. Deshalb steht bei zahlreichen Fragestellungen – jeweils vertretbar – naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Wenn und solange sich die ökologische Wissenschaft aber nicht als eindeutige Erkenntnisgeber erweist, fehlt es dem Gericht an der auf bessere Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenden Behörde als „falsch“ und „nicht rechtens“ zu beanstanden. Deren Annahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG vom 09.07.2008 Az. 9 A 14.07).

Die grundsätzlich möglichen Kollisionsgefahren für bestimmte Fledermäuse werden in den Anlagen 4 und 5 des Windenergieerlasses vom 20.12.2011 behandelt. Standortbezogene Aussagen hierzu enthält die im Genehmigungsverfahren vom Betreiber vorgelegte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) vom April 2013 unter Nr. 4.1.1.1. Es ist weder erkennbar noch vorgetragen, dass die hier gefundene Abschätzung eines eventuell signifikant erhöhten Tötungsrisikos fehlerhaft sein könnte. Der streitgegenständliche Bescheid enthält hierzu unter IV. 6.3 zahlreiche Nebenbestimmungen („Gondelmonitoring und Abschaltalgorithmus“). Durch diese Nebenbestimmungen kann ein eventuell vorhandenes Tötungsrisiko beim laufenden Betrieb hinreichend abgeschätzt und gegebenenfalls minimiert werden.

Bezüglich der Kollisionsgefahren für bestimmte Vogelarten (vgl. Anlage 2 zum Windenergieerlass) kommt die saP zum Ergebnis, dass weder Schädigungs-, Störungs- noch Tötungsverbote im Sinn des § 44 BNatSchG erfüllt sind. Bereits im Verwaltungsverfahren wurden demgegenüber vor allem von der Klägerin in tabellarischer Form Vogelbeobachtungen (vgl. vor allem Anlagen K 2 bis K 4 zum Schriftsatz vom 29.01.2015) mitgeteilt, die nach Auffassung der Klägerseite dem Ergebnis der saP widersprechen. Wie sich aus der beigezogenen Verfahrensakte ergibt, wurden diese mitgeteilten Beobachtungen zum Anlass genommen, in eine weitere artenschutzrechtliche Prüfung einzutreten (vgl. dazu Blätter 649 ff. bzw. Blätter 109 ff. der gerichtlichen Beiakte I). Hierbei wurden standortbezogene Details zwischen dem Naturschutzbeauftragten des Landratsamtes Bamberg und dem beauftragten Geoökologen ... über die weitere Vorgehensweise besprochen, wobei man sich einig war, von den Vorgaben des Windenergieerlasses ortsbezogen zum Teil abzuweichen (vgl. Vermerk vom 24.04.2014, Blatt 109 der Beiakte I). Das Ergebnis der Datenauswertung teilte der beauftragte Geoökologe dem Landratsamt mit Schreiben vom 05.08.2014 mit. Danach konnten für den Windpark ..., in dem sich die streitgegenständlichen Anlagen befinden, keine relevanten Beobachtungen gemacht werden.

Nach entsprechender Anhörung des Geoökologen ... in der mündlichen Verhandlung teilt das Gericht die Auffassung der Klägerseite, dass die gefundenen Ergebnisse weder von der Vorgehensweise noch dem Ergebnis naturschutzfachlich tragfähig seien, nicht, wobei insbesondere die Prüfung des Uhu bzw. der Weihen (Milan) beanstandet wurde.

Was die Methodik und das Ergebnis bezüglich einer relevanten Gefährdung des Uhus anbelangt, so wurde von der Beigeladenenbevollmächtigten zunächst zu Recht auf die Seiten 37 bis 38 der saP hingewiesen. Der Geoökologe ... hat hierzu überzeugend erläutert, dass bei dieser Vogelart eine Abweichung von der in Anlage 6 zum Windenergieerlass genannten Methodik hinsichtlich der Jahreszeit und der Beobachtungen gerechtfertigt ist. Er hat darauf hingewiesen, dass Beobachtungen bei dieser Tierart sehr schwierig und nicht repräsentativ sind, da der Uhu bekanntermaßen nachtaktiv ist und nicht nur – wie im Windenergieerlass vorgesehen – von Mitte März bis Ende August, sondern ganzjährig, vor allem aufgrund von Rufen erfasst werden kann. Herr ... hat in der mündlichen Verhandlung ferner erläutert, dass er ehrenamtlicher Uhu-Betreuer für die Region zwischen Bamberg und Bayreuth ist, in der sich die streitgegenständlichen Windkraftanlagen befinden. Die mehr oder weniger unter Verschluss gehaltenen Horste der Uhus seien ihm deshalb bekannt. Er erhalte auch stets neue Informationen von ehrenamtlichen Beobachtern, die aufgrund von Beobachtungen und Rufen die Daten zu den Uhu-Revieren lieferten. Anhand einer Karte „LBV Uhu-Meldungen im Landkreis Bamberg und Umgebung“ hat Herr ... darauf hingewiesen, dass sich im weiten Umfeld der Windenergieanlagen Uhu-Standorte vor allem im ... Tal befinden. Er hat überzeugend darauf hingewiesen, dass diese Horste fachlich deshalb nachvollziehbar sind, weil sich vor allem im ...Tal zahlreiche Felswände befinden, in denen die Brut sicher vor natürlichen Feinden, wie dem Fuchs bzw. dem Marder, ist. Dass sich im näheren Umfeld der Windkraftanlagen derartige Felswände befinden, wurde weder vorgetragen noch während des gerichtlichen Augenscheines festgestellt. Das ... Tal ist mindestens 3 km von den streitgegenständlichen Windkraftstandorten entfernt. Der im Windenergieerlass (Seite 59) genannte Abstand zu Brutvorkommen von 1.000 m wird daher bei Weitem eingehalten. Herr ... hat ferner darauf hingewiesen, dass die Windkraftanlagenstandorte kein bevorzugtes Nahrungshabitat darstellen. Dies wurde überzeugend damit begründet, dass die Uhus in den Tälern mehr Beutetiere wie Bisam, Ratten, Enten und dergleichen auffinden würden. In den Höhenlagen finde der Uhu u.a. auch Igel. Igel kämen jedoch in Tälern und Höhenlagen gleich vor. Damit steht für das Gericht fest, dass methodisch fehlerfrei festgestellt wurde, dass die im Windenergieerlass genannten Abstände zu Brutvorkommen eingehalten sind, es wurde ferner festgestellt, dass die Abstände für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (vgl. Anlage 2 zum Windenergieerlass) ohne Weiteres eingehalten sind.

Gleiches gilt für die Gefährdungseinschätzung des in der Anlage 2 zum Windenergieerlass genannten Milans (Weihe). Das Gericht teilt auch insoweit die Auffassung der Klägerseite, dass die Methodik der Sachverhaltsermittlung insoweit fehlerhaft sei, nicht. Vorschläge zur Methodik enthält die Anlage 6 des Windenergieerlasses. Die vorgeschlagene Methodik wurde zunächst entgegen der Auffassung der Klägerseite insoweit eingehalten, als hier drei Geländefixpunkte gewählt wurden. Nach den protokollierten Ausführungen der übrigen Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ist das Gericht auch der Auffassung, dass es sich hierbei um fachlich geeignete Geländefixpunkte gehandelt hat. Die Klägerseite ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass die Beobachter mit Fahrrädern ausgerüstet gewesen sind und, so wie im Windenergieerlass vorgeschlagen, mittels Spektiv bzw. Fernglas ihre Beobachtungen vorgenommen haben. In der saP wurde zwar nicht in dem vom Windenergieerlass vorgeschlagenen Zeitraum Mitte März bis Ende August, sondern nur von Anfang Mai bis Ende August beobachtet. Hierzu wurde jedoch von Herrn ... u.a. auch in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass ein Hinweis auf Brutvorkommen sich auch aus Flugbewegungen ab Mai ergeben kann, da die Jungen bis in den Juni hinein und zum Teil auch noch länger gefüttert werden und hierbei ein Horst nahezu stündlich angeflogen werden muss. Die gewählte Methodik war daher ohne Weiteres zur Feststellung eines eventuellen Brutvorkommens geeignet. Die im Windenergieerlass vorgeschlagenen 54 Stunden Beobachtungszeit pro Beobachtungspunkt sind hier ebenfalls eingehalten. Selbst wenn in der saP an etwas weniger Stunden beobachtet wurde, so wird durch die weitere Untersuchung durch den Geoökologen ... diese Stundenzahl ohne Weiteres überschritten.

Die ergänzenden Untersuchungen des Geoökologen ... haben die Feststellungen der saP bestätigt. Wenn die Protokolle über Flugbewegungen (vgl. Anhang 2 zur saP) im Zeitraum vom 03.05. bis 26.08. nahezu ausschließlich das Vorkommen des Mäusebussards belegen, so zeigt sich eindeutig, dass im maßgeblichen Abstand (Anlage 2 zum Windenergieerlass) ein Brutvorkommen des Milan/der Weihe auszuschließen ist. Eine Raumnutzungsanalyse/Horstsuche „ins Blaue hinein“ (vgl. Windenergieerlass Seite 41) war daher nicht veranlasst.

Zur Frage regelmäßig aufgesuchter Nahrungshabitate von Milan/Weihe (vgl. Anlage 2 zum Windenergieerlass) wurde darauf hingewiesen, dass derartige bevorzugte Gebiete im Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen nicht gegeben sind. Zwar sei davon auszugehen, dass der Schwarzmilan gelegentlich die Jura-Hochfläche aufsuche, wie überfahrene Exemplare entlang der Autobahn A ... belegten. Dies geschehe jedoch überwiegend dann, wenn eine Wiese frisch gemäht worden sei, da dann die Beutetiere leicht erkennbar seien. Nahrungssituationen wie frisch gemähte Wiesen sind jedoch, wie allgemein bekannt, überall anzutreffen. Das Gericht geht daher auch insoweit davon aus, dass im Rahmen einer anzuerkennenden Variationsbreite die Methodik des Windenergieerlasses hinreichend beachtet wurde und die Schlussfolgerung auf ein fehlendes signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf diese Vogelarten wie auch die sonstigen, im Windenergieerlass genannten Vogelarten ohne Weiteres nachvollziehbar ist.

Der gerichtliche Augenschein hat schließlich belegt, dass von einer rechtserheblichen Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihrem Erholungswert bzw. von einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes nicht ausgegangen werden kann.

Dass Windenergieanlagen eine gewisse Beeinträchtigung des Landschaftsbildes immanent ist, liegt auf der Hand, ist aber aufgrund der in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB getroffenen planungsrechtlichen Entscheidung des Bundesgesetzgebers regelmäßig hinzunehmen. Eine Ausnahme kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Landschaft wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdig ist oder es sich um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt. Der gerichtliche Augenschein hat gezeigt, dass dies hier nicht der Fall ist. Die Windkraftanlagen sind im Bereich der Jura-Hochfläche geplant. Markante Erhebungen, reizvolle Täler und Ähnliches befinden sich im näheren Umfeld nicht. Es handelt sich vielmehr um das zwar landschaftlich reizvolle, aber doch überall anzutreffende Landschaftsbild auf dem Jura-Höhenzug, der sich im Wesentlichen im Raum zwischen Bamberg und Bayreuth erstreckt.

Schließlich ist die straßenmäßige Erschließung der Vorhaben hinreichend gesichert. Nicht zu prüfen ist insoweit, ob die Zuwegungen für die Errichtung der Windenergieanlagen selbst hinreichend tragfähig sind. Dies betrifft lediglich die Frage der Realisierbarkeit der Vorhaben, die städtebaulich nicht von Bedeutung ist. Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass Windkraftbetreiber regelmäßig im eigenen Interesse für entsprechend stabile Zuwegungen sorgen. Der Begriff der „Erschließung“ in § 35 Abs. 1 BauGB stellt erst auf das durch die Nutzung des fertiggestellten Vorhabens verursachte Verkehrsaufkommen ab. Es ist ausreichend, wenn die Erschließungsanlage im Zeitpunkt der Ingebrauchnahme des Bauwerks funktionsfähig angelegt ist. Für Windkraftanlagen genügt daher die Erreichbarkeit mit Fahrzeugen, die Kontroll- und Wartungsarbeiten durchführen und eventuell auch für Rettungsfahrzeuge, die z.B. im Brandfall ausrücken müssen. Dieses geringe Brandrisiko ist jedoch keinesfalls höher als das allgemeine Risiko von Waldbränden. Die Erfahrung zeigt, dass derartige Brände notfalls mittels Schlauchleitungen auch im Außenbereich bekämpft werden können.

Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt, da diese sich durch die Antragstellung selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung – ZPO –.