ArbG Detmold, Urteil vom 03.05.2007 - 3 Ca 252/07
Fundstelle
openJur 2015, 22044
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Streitwert: 2.300,00 €.

Tatbestand

Der 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.01.1988 als Elektriker gegen ein monatliches Bruttoeinkommen i.H.v. 2.300,00 € beschäftigt. Er ist Vorsitzender des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates.

Mit Schreiben vom 15.12.2006 teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

"Abmahnung

Sehr geehrter Herr P,

am Donnerstag, den 07.12.06, betrat Herr T bei seinem morgendlichen Rundgang die Werkstatt und begrüßte alle Anwesenden mit dem "Guten Morgen"-Gruß. Sie erwiderten den Gruß nicht, dies zum wiederholten Mal.

Als Herr T die Werkstatt wieder verlassen wollte, sprachen Sie ihn an:

"Das ihr Sohn in diesem Jahr gestorben ist, ist sehr traurig. Aber sie wollen doch wohl nicht, dass auch mein Sohn seinen Vater verliert".

Dieser von Ihnen vorgenommene Vergleich ist nicht nur unsensibel und unsachgemäß, sondern er ist ein unentschuldbarer Akt seelischer Grausamkeit gegenüber ihrem Vorgesetzten!

Ihr Verhalten ist völlig unakzeptabel und stellt einen groben Verstoß Ihrer arbeitsvertraglichen Nebenpflichten dar. Durch Ihr Verhalten stören Sie wieder einmal die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Hierfür sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus.

Für den Wiederholungsfall weisen wir auf arbeitsrechtliche Konsequenzen hin, welche die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, auch fristlos, zur Folge haben kann.

Zudem weisen wir auf Ihre Vorbildfunktion als Betriebsrat hin, die Sie mit diesem Auftritt erheblich in Frage gestellt haben.

Mit freundlichem Gruß

..."

Mit seiner am 30.01.2007 bei Gericht eingegangenen Klage wehrt sich der Kläger gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Abmahnung.

Der Kläger behauptet, er habe den Guten-Morgen-Gruß des Vorgesetzten wenn auch knapp erwidert. Es sei nicht zutreffend, dass er den Gruß des Vorgesetzten zum wiederholten Male nicht erwidert habe. Im übrigen habe er den Vorgesetzten auf dessen Verhalten und das Verhalten anderer leitender Mitarbeiter ihm - dem Kläger - gegenüber angesprochen. Es sei um die verschiedenen unberechtigten Abmahnungen und die Zuweisung von Arbeiten, die er - der Kläger - aus gesundheitlichen Gründen unter Schwierigkeiten verrichten könne, gegangen. Er habe sich durch dieses Vorgehen gemobbt geführt und habe eine Klärung mit dem Vorgesetzten herbeiführen wollen. Er habe bei diesem Gespräch darauf hingewiesen, dass er aufgrund der Belastungen exakt vor einem Jahr mit einer Herzerkrankung auf der Intensivstation habe behandelt werden müssen. In diesem Zusammenhang habe er den Vorgesetzten gefragt, ob er wolle, dass auf diese Art sein - der klägerische Sohn - seinen Vater verliere. Er hätte selbst doch gerade die traurige Erfahrung gemacht, seinen Sohn zu verlieren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Abmahnschreiben der Beklagten vom 15.12.2006 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, es sei nicht zutreffend, dass der Kläger bei dem Gespräch darauf hingewiesen habe, dass er aufgrund von Belastungen exakt vor einem Jahr mit einer Herzerkrankung auf der Intensivstation habe behandelt werden müssen. Ihr - der Beklagten - sei zumindest nicht bekannt, auf welche Belastungen die damalige Erkrankung des Klägers zurückzuführen sei. Betrieblich lägen keine zunehmenden Belastungen vor.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Abmahnung sei gerechtfertigt, weil der Kläger mit seiner Äußerung psychischen Druck auf den Betriebsleiter habe ausüben wollen, mit dem Ziel, ihn wohlwollender zu behandeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird im übrigen auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Es ist allgemein anerkannt, dass eine üble Nachrede oder Verleumdung zum Nachteil des Arbeitgebers, seines Repräsentaten oder Arbeitskollegen grundsätzlich geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen. Entscheidend ist dabei weniger die strafrechtliche Wertung als die Störung des Vertragsverhältnisses (vgl. Erf-Kom-Müller-Glöge 7. Auflage 2007 § 626 BGB Randnummer 152 m.w.Nachweisen). Dies gilt auch bei Tätlichkeiten gegen Arbeitskollegen oder den Arbeitgeber (vgl. Erf-Kom-Müller-Glöge aaO. Randnummer 159 m.w.Nachweisen). Zwar hat der Kläger den Vorgesetzten nicht physisch angegriffen. Ob der Kläger seinen Vorgesetzten mit seiner Äußerung beleidigen wollte bzw. beleidigt hat, kann dahin stehen. Auf jeden Fall wollte der Kläger gezielt den Vorgesetzten psychisch verletzen. Die Äußerung des Klägers mag strafrechtlich nicht relevant sein, zeigt aber nicht nur Unsensibilität, Takt und Rücksichtslosigkeit, sondern insbesondere den Willen, den Vorgesetzten - vulgär formuliert - "eins tüchtig mitzugeben". Dieses Verhalten musste die Beklagte nicht hinnehmen, sondern konnte dieses Verhalten mit einer Abmahnung sanktionieren. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger zu dieser Äußerung nicht von dem Vorgesetzten provoziert worden war, insbesondere ging keine Auseinandersetzung unmittelbar voraus, so dass dem Kläger aufgrund eines Erregungszustandes Unüberlegtheit zugute gehalten werden könnte. Vielmehr bestand zu der Äußerung akut keine Veranlassung. Die Behauptung des Klägers, er habe in diesem Gespräch darauf hingewiesen, dass er aufgrund der Belastungen exakt vor einem Jahr mit einer Herzerkrankung auf der Intensivstation habe behandelt werden müssen, rechtfertigt das Verhalten des Klägers in keiner Weise. Wenn der Kläger sich von seinem Vorgesetzten ungerecht behandelt fühlte, so bestand dennoch kein Grund für ihn "verbal zuzutreten". Als Betriebsratsvorsitzendem hätte dem Kläger dies ohne weitere gewärtig sein müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

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