ArbG Köln, Urteil vom 19.03.2014 - 9 Ca 502/13
Fundstelle
openJur 2015, 21826
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 7 Sa 607/14

Kein Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.818,08 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 5.280,00 seit dem 08.02.2013 und aus € 538,08 seit dem 12.02.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über die gemäß Ziffer 1. erfolgenden Zahlungen jeweils Abrechnungen zu erteilen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 80% und der Kläger zu 20%.

4. Der Streitwert beträgt € 7.936,40.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Mehrflugstundenvergütung für vom Kläger in den Monaten Mai 2011, November 2011, Mai 2012 und November 2012 absolvierte Flugsimulatorstunden.

Der Kläger ist bei der Beklagten als ... beschäftigt. Neben seiner Flugtätigkeit wird er im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften im Flugsimulator geschult und überprüft.

Auf das Arbeitsverhältnis findet seit dem 01.07.2011 unter anderem der Manteltarifvertrag Nr. 3a für das ... in der Fassung vom 29.06.2011, gültig ab dem 01.07.2011 (im Folgenden: MTV 3a) Anwendung. Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:

"III. Ansprüche des Mitarbeiters

§ 19 Vergütung

1. Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das ... festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:

a) Grundgehalt (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

b) Flugzulage (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

c) Mehrflugstundenvergütung (gemäß des jeweils gültigen GWI MTV)

[...]

5. Die in jedem Monat erfolgten ... werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden ... Stunden werden mit dem ... 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet. Bruchteile werden nach Minuten oder in dezimaler Form anteilig vergütet.

6. Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten ...--Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.

§ 20 Mehrflugstundenvergütung

1. Berechnung der Mehrflugstundenvergütung

a) Die Mitarbeiter erhalten pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde eine Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:

Individuelle Grundvergütung + Flugzulage

79

Die Mehrflugstundenvergütung beträgt ab dem 01.07.2007 pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde:

für die 80. bis zur 85. Flugstunde 125 %

ab der 86. Flugstunde 140 %

dieses Mehrflugstundensatzes.

b) Berechnung Flugstunden

Bei der Berechnung der Flugstunden im Sinne der Ziffer III. werden die anfallenden Blockzeiten gemäß Protokollnotiz V zugrunde gelegt.

2. Entstehen des Anspruchs

Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.

3. Anrechnung von Flugzeiten

Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Dabei wird ein Arbeitstag mit 7,5 Stunden veranschlagt. Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,00 Stunden angerechnet.

Des Weiteren enthält der MTV 3a einen Abschnitt II. "Einsatz und Freizeit". Dieser regelt unter § 10 MTV 3a die Arbeitszeit, zu der die Flugdienstzeit gemäß § 11 des MTV 3a gehört. Zur Flugdienstzeit zählt gemäß § 11 Abs. 1 a MTV 3a die Flugzeit nach § 12 MTV 3a. § 12 MTV 3a enthält unter Ziffer 2 folgende Regelung:

2. Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit.

Sodann regelt § 35 MTV 3a eine zweistufige Ausschlussfrist, nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis binnen drei Monaten (für jede Stufe) geltend zu machen sind.

Zuvor hatte auf das Arbeitsverhältnis bis zum 30.06.2011 der Manteltarifvertrag Nr. 3 für das ... vom 08.02.2006, in Kraft getreten zum 01.01.2005 (im Folgenden: MTV 3), Anwendung gefunden. Dieser enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

"III. Ansprüche des Mitarbeiters

§ 19 Vergütung

1. Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das ... festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:

a) Grundgehalt (gemäß § 3 VTV GWI Nr. 3)

b) Flugzulage (gemäß § 4 VTV GWI Nr. 3)

c) Mehrflugstundenvergütung (gemäß § 20 MTV)

[...]

5. Die in jedem Monat erfolgten ...-Einsätze werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden ...-Stunden werden mit dem ...-Stundensatz 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet. Bruchteile werden nach Minuten oder in dezimaler Form anteilig vergütet.

6. Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten ...--Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.

§ 20 Mehrflugstundenvergütung

1. Berechnung der Mehrflugstundenvergütung

Die Mitarbeiter erhalten pro geflogener Mehrflugstunde eine Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:

Individuelle Grundvergütung + Flugzulage

80

2. Entstehen des Anspruchs

Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.

3. Anrechnung von Flugzeiten

Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Dabei wird ein Arbeitstag mit 7,5 Stunden veranschlagt. Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,00 Stunden angerechnet.

Des Weiteren enthielt der MTV 3 einen Abschnitt II. "Einsatz und Freizeit". Dieser regelte unter § 10 MTV die Arbeitszeit, zu der die Flugdienstzeit gemäß § 11 des MTV 3 gehört. Zur Flugdienstzeit zählt gemäß § 11 Abs. 1 a MTV 3 die Flugzeit. § 12 MTV 3 enthielt unter Ziffer 2 folgende Regelung:

2. Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit.

In § 35 des MTV 3 waren Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis geregelt.

Der Kläger absolvierte im ... Anordnung der Beklagten jeweils acht Stunden als Trainee im Flugsimulator. Diese Stunden vergütete die Beklagte mit dem doppelten ...Stundensatz.

Im ... und ...sowie im ... und ... hatte der Kläger ohne Berücksichtigung der Simulatorenstunden bereits jeweils mehr als 86 Mehrflugstunden abgeleistet, so dass im zeitlichen Geltungsbereich des MTV 3a auf weitere Mehrflugstunden gemäß § 20 Abs. 1 a) MTV 3a eine Mehrflugstundenvergütung in Höhe von 140% des Mehrflugstundensatzes angefallen wäre.

Mehrflugstunden des Klägers im Sinne der §§ 20 MTV 3 und MTV 3a wären jeweils unter Berücksichtigung des individuellen Gehalts des Klägers und der Gesamtzahl der geleisteten Mehrflugstunden im ... € 217,55 zu vergüten gewesen, im ... mit € 233,79, im ... mit € 242,42 und im ... € 251,05. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die vom Kläger vorgelegten Entgeltabrechnungen (Bl. 89 ff. d. A.) verwiesen.

Mit seiner am ... beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am ... (Blatt 17 d. A.) zugestellten Klage begehrte der Kläger zunächst die Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für Flugsimulatorstunden im ... in Höhe von € 5.280 brutto. Mit Klageerweiterung vom 07.02.2013, der Beklagten zugestellt am 12.02.2013 (Bl. 26 d. A.) nahm der Kläger die Beklagte auf Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für insgesamt 32 Flugsimulatorstunden im... Höhe von insgesamt € 7.558,48 brutto in Anspruch.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die im Simulator verbrachten Flugstunden als Mehrflugstunden im Sinne der Regelungen zu Mehrflugstundenvergütung in § 20 MTV 3a und § 20 MTV 3 zu berücksichtigten seien. Entsprechend habe er einen Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung für insgesamt 32 in den Jahren 2011 und 2012 absolvierte Simulatorstunden in Höhe der Klageforderung.

Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass eine rechtzeitige außergerichtliche Geltendmachung der Forderungen erfolgt ist.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.558,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen,

2. Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf basierend auf den Antrag zu 1. erfolgende Zahlungen eine Abrechnung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Simulatorstunden keine Flugstunden im Sinne der Regelung der Mehrflugstundenvergütung seien. Sie stellten weder geflogene noch bezahlungswirksame Mehrflugstunden dar. Ihre Vergütung sei mit der Grundvergütung abgegolten und die im Simulator verbrachte Zeit sei durch die in § 19 Abs. 6 MTV geregelte zusätzliche Vergütung kompensiert. Andernfalls würden Simulatorstunden höher vergütet als reguläre Flugstunden, da neben der Entschädigungskomponente des doppelten ...Stundensatzes noch eine Anrechnung der Mehrflugstunden erfolgend würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet, soweit der Kläger Mehrflugstundenvergütung für die Monate... die Erteilung entsprechender Abrechnungen nach Zahlung begehrt hat. Im Übrigen ist die Klage unbegründet und war daher abzuweisen.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für jeweils weitere acht Stunden für die Monate November 2011, Mai 2012 und November 2012 aus § 19 Abs. 1 c MTV 3a in Verbindung mit § 20 MTV 3a.

Die auf Anweisung des Arbeitgebers als Trainee im Flugsimulator absolvierten Stunden sind (bezahlungswirksame) Flugstunden im Sinne der §§ 19, 20 MTV 3a und damit beim Entstehen des Anspruches gemäß § 20 Abs. 2 MTV 3a zu berücksichtigen. Dem Kläger steht damit Mehrflugstundenvergütung für weitere 24 Stunden in Höhe von insgesamt € 5.818,08 zu. Die vorbenannte Summe setzt sich zusammen aus insgesamt € 1.870,32 für acht absolvierte und mit € 233,79 pro Stunde zu vergütende - der jeweils anwendbare Mehrflugstundenvergütungssatz war zwischen den Parteien zuletzt nicht mehr streitig -Simulatorstunden im November 2011 , insgesamt € 1.939,36 für acht absolvierte und mit € 242,42 pro Stunde zu vergütende Simulatorstunden im Mai 2012 und insgesamt € 2.008,40 für acht absolvierte und mit € 251,05 pro Stunde zu vergütende Simulatorstunden im November 2012.

Dass die vom Kläger im November 2011, Mai 2012 und November 2012 absolvierten Simulatorflugstunden in der vorbeschriebenen Weise zu vergüten waren, ergibt die Auslegung des mit dem 01.07.2011 in Kraft getretenen Manteltarifvertrags 3a. Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden und überzeugenden Ausführungen der 16. (ArbG Köln, Urteil vom 11.06.2013 11.06.2013 - 16 Ca 350/13), 3. (ArbG Köln, Urteil vom 04.09.2013 - 3 Ca 9023/12) sowie 19. Kammer des Arbeitsgerichts Köln (ArbG Köln, Urteil vom 18.10.2013 - 19 Ca 9241/12) zu gleichgelagerten Parallelfällen an. Die 16. Kammer (ArbG Köln, Urteil vom 11.06.2013 11.06.2013 - 16 Ca 350/13) hat im Einzelnen wie folgt ausgeführt:

"Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst von dem Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB) Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien die Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG vom 21.03.2001 - 10 AZR 41/00 - Rn. 56, juris).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt im vorliegenden Fall [...] Folgendes: Dem Kläger steht nach § 19 MTV eine monatliche Vergütung zu, die sich neben dem Grundgehalt aus der Mehrflugstundenvergütung ergibt. Für die Mehrflugstundenvergütung nach § 20 MTV ist dabei maßgeblich, dass der Kläger mehr als 79 Flugstunden pro Monat geleistet hat. Eine Definition für den Begriff der Flugstunden enthält § 20 MTV nicht. Insoweit ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, dass auf die Definition in § 12 MTV zurückzugreifen ist. Dieser regelt die Flugzeit. Hierunter fallen nach § 12 Abs. 2 MTV ausdrücklich auch die Zeiten, die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbracht werden. Da die tarifliche Regelung in § 20 MTV keinerlei konkrete Regelungen zu dem Umfang der Flugstunden enthält, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien, die eine ausführliche Differenzierung der Zeiten (Arbeitszeit, Flugdienstzeit, Flugzeit, Blockzeit etc.) getroffen haben, auch eine entsprechende Regelung für die Mehrflugstunden getroffen hätten. Soweit eine ausdrückliche Regelung hier nicht enthalten ist, ist davon auszugehen, dass die vorherige Definition der Flugzeit auch für Flugstunden im Sinne der Mehrflugstundenvergütung heranzuziehen ist. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass für die Dead-Head-Stunden, die gemäß § 19 Abs. 5 MTV zusätzlich vergütet werden, die Definition in § 14 MTV heranzuziehen ist, die die Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit) definiert und damit in dem gleichen Zusammenhang wie die Flugzeit in § 12 MTV unter dem Abschnitt "Einsatz und Freizeit" definiert wird. Es ist nicht ersichtlich, dass die unter III "Ansprüche des Mitarbeiters" enthaltenen Regelungen des MTV hinsichtlich der Begrifflichkeiten losgelöst sind von den in II. "Einsatz und Freizeit" geregelten Definitionen.

Dieser Annahme steht nicht die Tatsache entgegen, dass eine Regelung von Simulatorstundenzeiten in § 19 Abs. 6 MTV enthalten ist. Zwar ist dort ausgeführt, dass Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5 MTV zusätzlich vergütet werden. Aus der Wortwahl, dass diese Vergütung zusätzlich erfolgt, ergibt sich aber zugleich, dass dies keine abschließende Regelung über die Vergütung der Simulatorstunden sein kann. Insbesondere ergibt sich nicht daraus, dass lediglich zusätzlich zum Grundgehalt der doppelte Dead-Head-Stundensatz gezahlt wird. Insoweit regelt § 19 Abs. 1 MTV, dass sich die monatliche Vergütung aus dem Grundgehalt der Flugzulage und der Mehrflugstundenvergütung zusammensetzt. Die Regelung in Abs. 6 kann insoweit nur so verstanden werden, dass sie zusätzlich zu den in § 19 Abs. 1 MTV enthaltenen drei Vergütungsbestandteilen gezahlt wird und nicht lediglich zusätzlich zur in § 19 a MTV geregelten Grundvergütung.

Soweit das LAG Köln im Urteil vom 01.03.2013 im Berufungsverfahren 10 Sa 848/12 zur genannten Entscheidung der 11. Kammer die Ansicht vertreten hat, die Mehrflugstundenvergütung sei nicht für als Trainee im Flugsimulator geleistete Stunden zu zahlen, ändert dies nichts an der Auslegung der tariflichen Neuregelung. Das LAG Köln hat in seiner Entscheidung (unter III. der Gründe) ausdrücklich betont, dass sie nur die Auslegung der früheren Fassung des Tarifvertrags betreffe. Es hat (unter II 2 a) der Gründe) maßgeblich auf den Wortlaut der damaligen Fassung des § 20 Abs. 1 MTV abgestellt, wonach Mehrflugstundenvergütung "pro geflogener Mehrflugstunden" gezahlt werden sollte. Das Wort "geflogener" haben die Tarifvertragsparteien aber in der neuen Fassung durch das Wort "bezahlungswirksamer" ersetzt. Dass auch die Schulungsstunden im Simulator zu bezahlen sind, bestreitet auch die Beklagte nicht. Deshalb spricht der Wortlaut der Neufassung der Tarifnorm gerade für und nicht gegen die vertretene Auslegung.

Auch das zweite Argument des LAG Köln (unter II 2 b) der Gründe) gegen den Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung für als Trainee geleistete Simulatorstunden führt in Anbetracht des geänderten Wortlauts nicht zu einem anderen Ergebnis. Unabhängig davon, ob Simulatorstunden überhaupt höher vergütet werden als im Flugzeug geflogene Flugstunden, obwohl sie gemäß § 20 Abs. 3 MTV zeitlich nicht in vollem Umfang sondern nur ungefähr im halben Umfang bei der Mehrflugstundenvergütung berücksichtigt werden, kann für eine höhere Vergütung der Simulatorstunden durchaus ein legitimer Regelungszweck gesehen werden. Es hält sich im Rahmen des den Tarifvertragsparteien in Vergütungsfragen zustehenden weiten Ermessensspielraums, dem besonderen Prüfungsstress des Trainees bei den Schulungsstunden im Simulator, die über die Erlaubnis zur weiteren Ausübung des Berufs entscheiden können, durch einen höheren Stundensatz als den für normale Flugstunden vorgesehenen Rechnung zu tragen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Verantwortung eines Piloten für die von ihm geflogenen Passagiere höher einzuschätzen ist als die Verantwortung im Rahmen einer Simulatorstunde. Die höhere Verantwortung ist aber zu unterscheiden von der höheren psychischen Belastung, die mit einer für die weitere Berufsausübungsmöglichkeit mitentscheidenden Prüfung im Rahmen einer Schulungsstunde im Simulator verbunden ist. Es ist nicht zweckwidrig, wenn die Tarifvertragsparteien der höheren psychischen Belastung bei der Vergütung den Vorrang vor der höheren Verantwortung einer Tätigkeit geben."

Eine abweichende Beurteilung des Sachverhaltes ergibt sich vorliegend nicht aus der von der Beklagten vorgebrachten begrifflichen Unterscheidung zwischen "leistungswirksamen" und "vergütungswirksamen" Flugstunden. Aus dem Vorbringen der Beklagten wird nicht ersichtlich, inwieweit sich aus dem MTV 3a ergeben sollte, dass Simulatorstunden zwar "Leistungsrelevanz" nicht aber "Vergütungsrelevanz" entfalten sollten. Angesichts der Tatsache, dass Simulatorstunden unstreitig grundsätzlich zu vergüten sind, sind sie nach dem allgemeinen Sprachgebrauch denklogisch auch vergütungs- bzw. bezahlungsrelevant.

2.

Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

3.

Der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung nach erfolgter Zahlung folgt aus § 108 GewO.

4.

Soweit der Kläger darüber hinaus die Zahlung von weiteren € 1.740,40 als Mehrflugstundenvergütung für den Monat Mai 2011 nebst Prozesszinsen sowie die Erteilung einer entsprechenden Abrechnung begehrt hat, war die Klage abzuweisen.

Bis einschließlich zum 30.06.2011 - und somit auch im streitgegenständlichen Zeitraum Mai 2011 - fand auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag 3 für das Cockpitpersonal bei der Germanwings Anwendung, welcher sich im Wortlaut von dem ab dem 01.07.2011 geltenden Manteltarifvertrag 3a insbesondere im Hinblick darauf unterscheidet, dass in § 20 Abs. 1 von "geflogenen Mehrflugstunden" anstelle von "bezahlungswirksamen Mehrflugstunden" die Rede ist. Nur für geflogene Mehrflugstunden war in § 20 Abs. 1 des MTV 3 die Leistung von Mehrflugstundenvergütung vorgesehen.

Im Hinblick auf die Auslegung des § 20 Abs. 1 MTV 3 schließt die Kammer sich der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (Urteil vom 01.03.2013 - 11 Ca 7490/13) an, nach welcher die verwendete Begrifflichkeit der "geflogenen Mehrflugstunde" unter anderem der Differenzierung zwischen tatsächlich im "fliegenden" Flugzeug geleisteten Flugstunden und im Simulator absolvierten Flugstunden dient.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebende Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 28.10.2008 - 3 AZR 189/07 -, juris).

Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Auslegungsgrundsätze ergibt sich, dass das dem Begriff der Mehrflugstunde vorangestellte adjektivierte Verb "geflogen" den Anwendungsbereich der Tarifnorm dahingehend einschränkt, dass nicht jede Mehrflugstunde - insbesondere nicht sämtliche Flugzeit im Sinne des § 12 MTV 3 - der Mehrflugstundenvergütung unterliegt, sondern lediglich die Flugzeiten, die im tatsächlichen Wortsinne "fliegend" verbracht wurde. Darunter fallen Flugzeiten im Flugzeug, nicht aber solche, die im Flugsimulator verbracht wurden, auch wenn letztere gemäß § 12 Abs. 2 MTV 3 grundsätzlich Flugzeit darstellen.

Die acht Stunden, die der Kläger im Mai 2011 auf Anordnung der Beklagten im Flugsimulator verbracht hat, waren somit nicht gemäß § 20 MTV 3 als Mehrflugstunden zusätzlich zu vergüten.

Da der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht bestand, ist auch kein entsprechender Zinsanspruch sowie kein Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Abrechnung gegeben.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO.

III.

Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und bemisst sich nach der Höhe der bezifferten Klageforderung.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

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50670 Köln

Fax: 0221-7740 356

eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1. Rechtsanwälte,

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.