Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16.07.2015 - 5 U 98/12
Fundstelle
openJur 2015, 13979
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. September 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 10 O 292/11, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.954,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.142,09 € seit dem 15. Juni 2011, aus weiteren 228,83 € seit dem 23. Juli 2011 und aus weiteren 6.584 € seit dem 12. April 2012 zu zahlen.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, 347,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. August 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin zu ¼, der Beklagte zu ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Soweit die Berufung zurückgewiesen wird, ist das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 39.982 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Mai 2006 an den Kläger und seine Schwester, Frau D… B…, ein mit einem Mehrfamilienhaus und Nebengebäuden bebautes Grundstück, eingetragen im Grundbuch der Gemarkung P…, Blatt …, Flur …, Flurstück …. Sie nimmt den Beklagten auf Ersatz von ihr verauslagter Lasten in Anspruch, die ihrer Auffassung nach aufgrund der Regelungen im Kaufvertrag vom 10. Mai 2006 von den Erwerbern zu tragen sind, ferner begehrt sie Erstattung ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte bestreitet die Ersatzpflicht und verteidigt sich mit Hilfsaufrechnungen. Im Einzelnen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Erstattungsansprüche für die nachgewiesenen Zahlungen seien aus § 7 Ziff. 6 des notariellen Kaufvertrages unabhängig von der Frage der Bestandskraft der ergangenen Bescheide begründet. Der Beklagte hafte als Gesamtschuldner. Die mit der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Rückforderungsansprüche bestünden nicht. Die Veräußerung eines Grundstücksteils an die Stadt P…, die ein Vorkaufsrecht ausgeübt habe, sei im Kaufvertrag bereits berücksichtigt worden und begründe keinen Anspruch auf Herabsetzung des Kaufpreises. Dass das verkaufte Grundstück kleiner sei, als angenommen, sei ein Mangel, der wegen des vereinbarten Haftungsausschlusses nicht zur Minderung berechtige. Das Vorhandensein einer unterirdischen Fernwärmeverteileranlage habe die Klägerin nicht arglistig verschwiegen, so dass sich auch daraus keine Ansprüche des Beklagten ergäben. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen die ihm am 24. September 2012 zugestellte Entscheidung hat der Beklagte am 24. Oktober 2012 Berufung eingelegt. Er hat das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. Dezember 2012 mit einem am 21. Dezember 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte macht geltend, das Landgericht habe ihn zu Unrecht in voller Höhe verurteilt, obwohl er nur zu 1/5 Bruchteilseigentümer ist. § 13.1 des Kaufvertrages sei falsch interpretiert worden; nach § 7.1 des Vertrages sei Adressat der die Erschließungskosten betreffenden Regelung „der Käufer“, also er gemeinsam mit Frau D… B…. § 427 BGB sei nicht einschlägig, da eine konkrete Zuordnung von Anteilen im Innenverhältnis existiere.

Ein Erstattungsanspruch aus § 7.6 des Vertrages bestehe hinsichtlich der Kosten für den Um- und Ausbau der Freiwilligen Feuerwehr nicht, da die damit verbundenen Eingriffe in den Straßenkörper keine „Erschließungsanlage“ darstelle, es handele sich auch nicht um eine „den Kaufgegenstand betreffende öffentliche Last“ oder „Anschlussgebühr und Herstellungsbeitrag“ oder Kommunalabgabe. Zudem seien die Bescheide zeitlich nicht von der vertraglichen Regelung erfasst, da sie auf den 18. Juli 2011 datiert seien. Maßgeblich für die Entstehung der Ansprüche der Klägerin sei der Zeitpunkt der Durchführung der umlagefähigen Maßnahmen, nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Bescheide. Eine Zahlungsverpflichtung könne auch nur bestehen, wenn der Bestand der Forderung – wie hier nicht – verwaltungsrechtlich bestandskräftig feststehe. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht auch den Nachweis der Zahlung angenommen. Bezüglich der Verurteilung zur Zahlung von 6.584,00 € nebst Zinsen hätte nicht durch streitiges Urteil entschieden werden dürfen, da der Beklagte sich auf die Klageerweiterung im Termin am 19. Juni 2012 nicht eingelassen habe.

Die mit der Hilfsaufrechnung eingewandten Ansprüche seien zu Unrecht abgelehnt worden. Mit Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt sei die Geschäftsgrundlage für den Kauf teilweise entfallen. Die Klägerin hätte sich gegen den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts wenden müssen, der ihm nicht bekannt gegeben worden sei. Lediglich eine Anhörung sei vor Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt. Auch liege ein die Haftung begründender Mangel vor, weil die Vertragsparteien die Beschaffenheit des Grundstücks mit einer Fläche von 1.091 qm vereinbart hätten und die Klägerin bei Kaufvertragsabschluss nicht auf die naheliegende Möglichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts hingewiesen habe.

Die Haftung wegen der auf dem Grundstück vorhandenen Fernwärmeverteileranlagen sei nicht ausgeschlossen, weil die Klägerin in § 10.2 des Vertrages erklärt habe, ihr seien auf dem Grundstück vorhandene Leitungen nicht bekannt. Der Mitarbeiter der Klägerin A… habe indes positive Kenntnis von den Bauwerken gehabt. Die Klägerin müsse sich auch das Wissen ihrer Rechtsvorgängerin und deren Tochterunternehmen sowie der Stadt P… zurechnen lassen. Die Fernwärmeleitungen einschließlich der Verteilerbauwerke seien zwischen 1978 und 1980 errichtet worden und hätten sich im Eigentum der Stadt P… befunden. Sie seien allein zur Versorgung von Neubauten errichtet worden, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin gebaut habe. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe der Baufirma auf dem Grundstück befindliche Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und sei daher über das Bauvorhaben „Fernwärmeleitung“ informiert gewesen. Bis 1993 hätten die Leitungen und Bauten im Eigentum der W… GmbH gestanden, einem Tochterunternehmen der Rechtsvorgängerin der Klägerin. Jedenfalls begründe das Vorhandensein der Anlage einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Er habe einen Anspruch gegen die Klägerin, der auf Umsetzung der Fernwärmeverteilerbauwerke durch die Klägerin gerichtet sei. Dies sei technisch möglich, werde aber Kosten von ca. 600.000,00 € verursachen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die vollständige Bebaubarkeit des Grundstücks zwischen den Parteien bei Kaufvertragsabschluss vereinbart worden sei. Nach der Übersendung des Exposés habe er ein Gespräch mit Herrn A… geführt und in den Räumen der Klägerin das Sachverständigengutachten erhalten. Eine Reduzierung des Kaufpreises sei unter Hinweis auf die Begründung des Preises im Gutachten abgelehnt worden. Die Bebaubarkeit des Grundstücks sei von der Stadt P… nie in Zweifel gezogen worden. Von ihm vorgelegte Planungen über die Bebauung mit einer Einrichtung für „Betreutes Wohnen“ seien vom neu gegründeten Gestaltungsrat der Stadt begrüßt worden.

Die Fernwärmeverteilerbauwerke hätten nicht in einer Böschung, sondern unter einem „Hügel“ gelegen, um den er bei einer Ortsbesichtigung mit einem Architekten vor Abschluss des Kaufvertrages habe herumgehen können. Dieser Bereich habe auch nicht an den Gleisanlagen gelegen, weil die Gleise erst später an den Rand der N…straße verlegt worden seien. Die Klägerin habe sich jedenfalls deshalb arglistig verhalten, weil sie keine Nachforschungen zum Vorhandensein von Leitungen angestellt habe.

Die im Kaufvertrag angegebene Grundstücksgröße stelle eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Wegen der um 31 qm geringeren Grundstücksgröße sei daher einen Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises begründet.

Der Beklagte beantragt,

die Entscheidung des Landgerichts Potsdam vom 19. September 2012, Az.: 10 O 292/11, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Das Vorkaufsrechts hinsichtlich einer Teilfläche von 110 qm sei von der Landeshauptstadt Potsdam mit Bescheid vom 29. Juni 2006 ausgeübt worden. Der Bescheid über die Ausübung des Rechts sei dem Beklagten per Zustellungsurkunde zugestellt worden, er habe deshalb die Möglichkeit gehabt, Rechtsmittel einzulegen. In § 11.3 des Kaufvertrages sei geregelt, dass dem Käufer bei Ausübung des Vorkaufsrechts keine Ersatzansprüche zustehen. Bezüglich eines anteiligen Anspruchs auf Kaufpreisrückzahlung ist sie der Auffassung, dass die §§ 11.2, 11.3 des Vertrages eine Risikozuweisung an den Käufer enthielten, wonach er den mit der Ausübung verbundenen wirtschaftlichen Nachteil, der sich aus dem Ankauf zu einem reduzierten Kaufpreis ergebe, tragen müsse. Wenn die Inanspruchnahme des Grundstücks durch Enteignung später erfolgt wäre, stünde dem Beklagten lediglich der von der Stadt entrichtete limitierte Kaufpreis als Entschädigung zu, nicht aber der vom Beklagten im Verhältnis zur Klägerin vereinbarte Preis. Die Höhe des Anspruchs müsste im Übrigen konkret nach der Lage der vom Vorkaufsrecht betroffenen Teilfläche bemessen werden, die hier wegen der Randlage als gering einzuschätzen sei. Eine Bewertung nach dem durchschnittlichen Kaufpreis pro Quadratmeter des Gesamtkaufpreises sei nicht zulässig. Der angemessene Kaufpreis sei der von der Stadt ermittelte Preis von 15 €/qm. Der Betrag von 1.650 € ist – insoweit unstreitig – an den Beklagten gezahlt worden. Hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung des anteiligen Kaufpreises wegen der Ausübung des Vorkaufsrechts erhebt sie die Einrede der Verjährung.

Es werde bestritten, dass die Fernwärmeverteilerbauwerke im Jahr 1980 errichtet worden seien. Unzutreffend sei auch, dass „den Rechtsvorgängern“ der Klägerin die Existenz dieser Bauwerke bekannt gewesen seien. Das Grundstück habe vormals im Eigentum der Stadt P… gestanden und sei auf deren Antrag durch die OFD Cottbus am 20. April 1999 auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 4 EV i.V.m. § 7 Abs. 5 VZOG auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die G… mbH übertragen worden.

Das Verkehrswertgutachten sei dem Beklagten nicht als „Verkaufsprospekt“ übergeben worden, vielmehr sei das Grundstück nur mit einem unstreitig übergebenen Kaufexposé beschrieben worden. Das Gutachten sei dem Beklagten auf dessen Wunsch hin zur Vorlage bei einer Bank und zur eigenen Einschätzung des Verkaufspreises ausgehändigt worden. Sie ist der Ansicht, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung auch in den notariell beurkundeten Vertrag hätte aufgenommen werden müssen. Das Gutachten enthalte inhaltlich auch keine Vereinbarung der Beschaffenheit als Bauland. Lediglich die bauplanungsrechtlich zulässige Bebaubarkeit sei darin festgestellt, nicht aber erklärt, ob es Altlasten gebe oder tatsächliche Einschränkungen, die einer Bebaubarkeit entgegenstehen könnten. Schließlich lägen die Fernwärmeanlagen so nah an den Gleisanlagen zur N…straße, dass eine Bebauung dieses Bereichs ohnehin nicht in Betracht käme.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

1.

Die Klage ist nicht wegen einer unzulässigen alternativen Klagehäufung unzulässig. Es handelt sich um einen einheitlichen Streitgegenstand, der mit mehreren rechtlichen Erwägungen begründet wird.

2. a.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 7.6 des Kaufvertrages auf Erstattung des Straßenausbaubeitrages in Höhe von 13.178,23 €. Ausweislich § 13.1 des Vertrages haften die Käufer für alle (vertraglichen) Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner. Zu den Verbindlichkeiten zählen sämtliche aus dem Kaufvertrag folgenden Zahlungsverpflichtungen.

§ 7.6 des Vertrages erfasst nicht nur die Kosten für die Erstellung von Erschließungsanlagen, sondern auch alle „sonstigen (…) den Kaufgegenstand betreffenden öffentlichen Lasten (…) sowie Kommunalabgaben im Sinne des Landeskommunalabgabengesetzes.“ Der Bescheid über den Straßenausbaubeitrag vom 23. November 2011 ist ein solcher, nach § 8 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg erteilter Bescheid. Die Kostentragungspflicht des Beklagten ist begründet, weil der Bescheid nach dem maßgeblichen Tag des Kaufvertragsabschlusses der Klägerin zugegangen ist. Für diesen Fall sieht § 7.6 Satz 3 vor, dass der Käufer die Lasten trägt, unabhängig davon, an wen der entsprechende Bescheid gerichtet ist und ob der Eigentumsübergang schon stattgefunden hat.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Bestandskraft des Bescheides nicht Voraussetzung der Zahlungspflicht. Dass die Klägerin es in vorwerfbarer Weise unterlassen hätte, gegen den Bescheid vorzugehen, hat der Beklagte nicht konkret dargelegt. Zudem ist dem Beklagten am 5. Januar 2010 eine Vollmacht für das Verwaltungsverfahren von der Klägerin erteilt worden, so dass er in die Lage versetzt war, Einwendungen gegen den Bescheid zu erheben.

Die Entrichtung des Straßenausbaubetrages hat die Klägerin mit der vorgelegten „Zahlungsbegleitliste“ vom 20. Januar 2011 (Bl. 550 d.A.), dem Kontoauszug der Klägerin, der die Sollstellung am selben Tag ausweist und der Bestätigung der Landeshauptstadt Potsdam vom 21. Juni 2012 (Bl. 553 d.A.) belegt. Die detaillierte Darlegung der Klägerin wird durch das pauschale Vorbringen des Beklagten und seine nicht näher begründete Vermutung, die von der Klägerin an die Stadt P… entrichteten Beträge seien zurückgeflossen, nicht in erheblicher Weise entkräftet.

b.

Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung der mit Bescheid der Landeshauptstadt Potsdam vom 11. Februar 2010 für das Jahr 2010 erhobenen Straßenreinigungsgebühren in Höhe von 228,83 € aus § 6.2 des Vertrags, wonach am Übergabetag Gefahr, Nutzungen, Lasten sowie sämtliche den Kaufgegenstand betreffenden öffentlich-rechtlichen Pflichten einschließlich der Verkehrssicherungspflicht auf den Käufer übergehen. Die Klägerin hat durch Vorlage des Kontoauszuges der Landeshauptstadt Potsdam vom 27. Juni 2012 im Einzelnen vorgetragen, dass der geltend gemachte Betrag am 17. November 2010 bei der Gläubigerin gutgeschrieben worden ist. Diesem Vortrag ist der Beklagte nicht im Einzelnen entgegengetreten.

c.

Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der mit den Bescheiden vom 18. Juli 2011 erhobenen Gebühren für die Erneuerung des Schmutzwassergrundstücksanschlusses von 3.778 € und die Herstellung des Niederschlagswassergrundstücksanschlusses von 2.806 €. Dass der Beklagte sich auf die mit Klageerweiterung vom 2. Mai 2012 im Termin vom 19. Juni 2012 nicht eingelassen hat, ist – wie das Landgericht zu Recht angenommen hat – unschädlich, weil in dem in Anschluss an den Termin durchgeführten schriftlichen Verfahren der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. August 2012 auch Gelegenheit hatte, zu diesem Anspruch Stellung zu nehmen und dem Anspruch entgegengetreten ist.

Den Beklagten trifft insoweit nach § 7.6 Satz 3 die Kostentragungspflicht unabhängig von der Frage, an wen die Bescheide gerichtet waren und ob der Eigentumsübergang schon stattgefunden hat. Wegen dieser Regelung ist es im Verhältnis der Parteien unerheblich, dass die Bescheide zunächst dem Beklagten erteilt und später von der Stadt zurückgenommen worden sind, weil die Abgabepflicht nach § 4 der Abwasserbeseitigungssatzung denjenigen trifft, der zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme Grundstückseigentümer ist.

Auch insoweit hat die Klägerin ihren Vortrag zur Zahlung der Beiträge durch Vorlage ihrer Zahlungsbegleitliste vom 2. März 2012 und einer Bestätigung der Landeshauptstadt Potsdam vom 20. Juni 2012 über den Eingang der Zahlung am 5. März 2012 detailliert dargelegt. Dem ist der Beklagte nicht im konkret entgegengetreten.

Soweit der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die Arbeiten zur Herstellung der Anschlüsse durchgeführt worden sind, ist dies nicht erheblich. Die Parteien haben im Verhältnis zueinander die Erteilung von Gebührenbescheiden für die Kostentragungspflicht ausreichen lassen.

3.

Die Klageforderung ist durch die im Verfahren erklärte Aufrechnung teilweise erloschen.

Dem Beklagten steht eine Gegenforderung in Höhe von 10.036,14 € auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises aus den §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1, Abs. 4 BGB zu, da die Klägerin von ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Übereignung des Grundstücks infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß den §§ 28 Abs. 3, 24, 25 BauGB durch die Landeshauptstadt Potsdam befreit wurde, allerdings auch ihren Anspruch auf die Gegenleistung verloren hat. Die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts aus den §§ 24 ff. BauGB bewirkt, dass der Erfüllungsanspruch des Erstkäufers mit Bestandskraft des Bescheides erlischt (vgl. BGH NJW-RR 2009, 1172, Tz. 15; BGHZ 97, 298 (302); Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2004, § 435 Rn. 12; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 434 Rn. 72; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 28 Rn. 47; Schrödter, Baugesetzbuch, 8. Aufl., § 28 Rn. 35). Damit entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung. Die erbrachten Leistungen sind nach den §§ 346 bis 348 zurückzuerstatten, § 326 Abs. 4 BGB.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus § 11 des Vertrages. Die Regelung enthält lediglich ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht für die Verkäuferin, § 11.3, und schließt Ersatzansprüche gegen die Verkäuferin aus. Eine Verpflichtung des Käufers, ungeachtet des (teilweisen) Wegfalls des Erfüllungsanspruchs die volle Gegenleistung zu erbringen, ist demgegenüber nicht vertraglich vorgesehen. Der sich aus den §§ 326 Abs. 4 BGB, 346 bis 348 BGB ergebende Anspruch auf Rückgewähr der erbrachten Leistung ist auch nicht von der Regelung über den Ausschluss von Ersatzansprüchen erfasst. Er ist kein „Ersatzanspruch“, der zugunsten des Käufers an die Stelle des erloschenen Erfüllungsanspruchs tritt, sondern betrifft seinen Anspruch auf die Gegenleistung.

Die Höhe der zurückzugewährenden Leistung richtet sich nach den erbrachten Leistungen. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet auf den von ihr zurückzuerstattenden Teilkaufpreis nicht § 467 Satz 1 BGB analog Anwendung, weil die Vorschrift die Bestimmung des Preises betrifft, den der Vorkaufsberechtigte des vertraglichen Vorkaufsrechts an den Verkäufer zu entrichten hat. Gleiches gilt für die von ihr angeführte Rechtsprechung zur Ermittlung des anteiligen Kaufpreises nach den konkreten Gegebenheiten des Grundstücks (BGH WM 1970, 91; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1996, 916).

Der vom Beklagten für die vom Vorkaufsrecht betroffene Teilfläche entrichtete Kaufpreis ist ausgehend von dem im Gutachten bestimmten Quadratmeterpreis, hier also dem Betrag von 125.000 € : 1.091 qm = 114,57 € / qm bestimmen. Es ergibt sich für 102 qm ein Betrag von 11.686,14 €, abzüglich der erstatteten 1.650 € verbleibt ein Betrag von 10.036,14 €.

Der Aufrechnung steht schließlich auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen. § 196 BGB, der eine Verjährungsfrist für Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf Gegenleistung von zehn Jahren vorsieht, findet nicht nur auf vertragliche Ansprüche Anwendung. Vom Anwendungsbereich der Vorschrift sind vielmehr auch gesetzliche Ansprüche erfasst, die sich auf die Rückabwicklung des Vertrages richten (BGH NJW-RR 2008, 824; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 196 Rn. 6). Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Anspruchs im Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts (BGHZ 97, 298 (302)) im Jahr 2006 und war jedenfalls zum Zeitpunkt der Erklärung der Aufrechnung im hier geführten Verfahren nicht abgelaufen.

Die Aufrechnung des Beklagten erfolgt gemäß § 396 Abs. 1, 366 Abs. 2 BGB auf die älteste Forderung, hier die Erstattung des Straßenausbaubeitrages. Der Beklagte hat die Aufrechnung aufgrund der ihm von seiner Schwester erteilten Generalvollmacht vom 3. Dezember 2004 wirksam für beide Käufer erklärt.

4.

Weitere Gegenansprüche des Beklagten sind nicht begründet.

a.

Ein Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises aus den §§ 434, 437 Nr. 2, 441 Abs. 4 BGB nach Minderung des Kaufpreises wegen auf dem Grundstück vorhandener Fernwärmeanlagen steht dem Beklagten nicht zu. Die Parteien haben einen Ausschluss der Gewährleistung in § 7.1 des Vertrages vereinbart. Die Voraussetzungen, unter denen sich der Verkäufer nicht auf einen Ausschluss der Gewährleistung berufen kann, liegen nicht vor. Insbesondere hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachweisen können, dass die Klägerin die auf dem Grundstück vorhandenen Anlagen arglistig verschwiegen hat, § 444 BGB.

Bei einem Verkauf eines Gebäudegrundstücks besteht eine Pflicht nur zur Offenbarung verborgener Mängel oder von Umständen, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, wenn es sich um Umstände handelt, die für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind (BGH WM 1978, 1073). Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, dass der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte (BGH NJW 1994, 253; BGHZ 117, 363; NJW 2007, 835).

Diese Voraussetzungen hat der Beklagte im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachweisen können. Die im Grundstück verlaufenden Leitungen und Verteileranlagen stellen einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB dar, da sie die gewöhnliche Nutzung des Grundstücks erheblich einschränken. Die von den Anlagen betroffene Fläche ist nicht bebaubar. Dass die Klägerin dem Beklagten diese Tatsache arglistig verschwiegen hat, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

Der Zeuge A…, der die Kaufvertragsverhandlungen für die Klägerin geführt hat, gab an, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass eine unterirdisch verlaufende Fernwärmeleitung in eine Verteileranlage auf dem Grundstück mündet. Er habe die aufgrund dieser Anlage vorhandene Aufschüttung im Gelände als in Richtung der Straße gelegene Böschung angesehen und sei zudem davon ausgegangen, dass die Böschung in demjenigen Teil des Grundstücks gelegen sei, in Bezug auf den die Ausübung des Vorkaufsrechts seitens der Stadt beabsichtigt gewesen sei. Der Zeuge erklärte weiter, er habe aber weder die Lage der Böschung anhand des Lageplans überprüft, noch könne er bestätigen, dass er Leitungspläne eingesehen habe. Tatsächlich sei die Bedeutung der Böschung zum damaligen Zeitpunkt weder ihm noch dem Sachverständigen, dem Beklagten oder anderen Kaufinteressenten bewusst geworden. Mit einer Verteileranlage auf dem Grundstück habe er zudem deshalb nicht gerechnet, weil sich etwa 150 m vom Grundstück entfernt bereits eine solche Anlage befinde.

Der Zeuge hat es nach seinen Angaben nicht für möglich gehalten, dass die Nutzung des Grundstücks in wesentlichem Umfang durch Leitungen bzw. die damit verbundenen Anlagen beeinträchtigt ist. Anhaltspunkte dafür, dass er nicht wahrheitsgemäß ausgesagt hat, ergaben sich bei seiner Vernehmung nicht. Der Zeuge schilderte sachlich sein Vorgehen zum damaligen Zeitpunkt und räumte eigene Versäumnisse ein. Seine Schilderung zeigte keine Anzeichen dafür, dass er lediglich vorbereitete oder mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgestimmte Angaben gemacht hat. Anlass für die von dem Beklagten im Schriftsatz vom 30. Juni 2015 angeregte erneute Vernehmung des Zeugen ergeben sich mithin nicht, zumal der Beklagte seine Anregung lediglich mit einem von ihm vermuteten Gang des Geschehens begründet, den der Zeuge im Termin am 11. Juni 2015 abweichend schilderte.

Aus der Formulierung in § 7.1. des Vertrages, dass der Verkäuferin versteckte Mängel nicht bekannt sind und aus der Erklärung in § 10.2., dass dem Verkäufer das Vorhandensein von Leitungen auf dem Grundstück nicht bekannt ist, folgt entgegen der Auffassung des Beklagten weder eine Zusicherung der Mängelfreiheit noch die Umkehr der Beweislast (BGH NJW 2003, 2380). Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, klarzustellen, dass sie Leitungspläne nicht eingesehen hat. Denn eine gegenteilige Erklärung geht aus den vertraglichen Vereinbarungen nicht hervor.

Die Klägerin muss sich auch nicht eine bei der Stadt P… oder dem Versorgungsträger vorhandene Kenntnis zurechnen lassen. Eine Zurechnung des Wissens der Mitarbeiter des früheren Rates der Stadt P… nach Übertragung der Grundstücke an die Stadt für in den Jahren 1978 bis 1980 zur Versorgung von Neubauten errichtete Leitungsanlagen kommt nicht in Betracht. Es handelt sich im Verhältnis zur Klägerin um unterschiedliche Rechtspersönlichkeiten, die nicht bei der Vorbereitung des Vertrages mit dem Beklagten eingesetzt worden sind. Die Annahme, dass nach der Übernahme der Grundstücke durch die Stadt P… die Kenntnis über die Lage der Leitungsanlagen auch an die Klägerin weitergegeben wurde, hat der Beklagte nicht näher belegen können. Auch aus seiner auf den Senatshinweis vom 16. Oktober 2014 vorgelegten Dokumentation, aus der sich ergibt, dass nach 1990 zahlreiche Grundstücke von der Stadt P… im Wege der Vermögenszuordnung auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die G… übertragen worden sind, folgt nichts Abweichendes: Selbst wenn die Grundstücke, zu deren Versorgung die Wärmeverteilungsanlagen errichtet worden sind, auf die G… übertragen wurden, ergibt sich daraus nicht, dass die G… und später die Klägerin Kenntnis über die Lage der Versorgungsanlagen hatte. Die Kenntnis hätte sich allenfalls ergeben können, wenn die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Neubauten selbst errichtet und in den Planungsprozess einbezogen gewesen wäre, was der Beklagte nicht dargelegt hat.

Gleiches gilt für die Behauptung, dass die im Jahr 1990 gegründete W… GmbH, ein Tochterunternehmen der G…, positive Kenntnis von der Lage der Anlagen gehabt habe. Eine Zurechnung des damals möglicherweise vorhandenen Wissens gegenüber der Klägerin, das überdies bestritten ist, scheitert schon daran, dass die Anteile an der W… GmbH bereits 1993 auf die Stadt übertragen wurden. Bei Vertragsabschluss mit dem Beklagten handelte es sich also nicht mehr um ein Tochterunternehmen der Klägerin.

Die Voraussetzungen für die Zurechnung des bei der Stadt P… vorhandenen Kenntnisstandes im Verhältnis zur Klägerin liegen ebenfalls nicht vor. Die Wissenszurechnung anderer Mitarbeiter kann bei juristischen Person nur innerhalb der eigenen Organisation erfolgen (BGH NJW 1996, 1339). Die aus Gründen der Gleichstellung des Geschäftsverkehrs mit juristischen Personen gebotene Zurechnung arbeitsteilig verwalteten Wissens innerhalb der juristischen Personen geht nicht so weit, dass auch Wissen anderer juristischer Personen zugerechnet werden könnte. Das gilt auch dann, wenn es sich um ein Tochterunternehmen einer öffentlichen Körperschaft handelt (OLG Düsseldorf, NJW 1996, 1339).

Die Haftung der Beklagten ergibt sich schließlich auch nicht aus einer möglicherweise stillschweigend geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung. Haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung über das Grundstück getroffen, so bezieht sich der Haftungsausschluss darauf nicht (BGH NJW 2007, 1346; NJW 2013, 1733).

Eine Beschaffenheitsvereinbarung liegt vor, wenn Inhalt des Vertrages die Pflicht ist, die Kaufsache mit einer bestimmten Beschaffenheit zu übereignen. Sie kommt nur in Betracht, wenn sie eindeutig ist und nicht zum Ausdruck bringt, dass der Verkäufer etwa nur fremdes Wissen weitergibt, das er selbst nicht überprüft hat (BGH NJW 2008, 1517; NJW 2013, 2107). Die Beschaffenheit muss vom Vertragsinhalt erfasst sein und unterliegt grundsätzlich dem Formerfordernis, nimmt aber auch an der Heilung des Formmangels teil (Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 434 Rn. 18). Sie kann auch stillschweigend geschlossen werden (BGH, Urteil vom 7. November 2008 - V ZR 138/07 - juris), wenn die Parteien einvernehmlich von einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache ausgehen. Eine solche Vereinbarung setzt die Feststellung übereinstimmender Willenserklärungen voraus. Dafür genügt es nicht, dass eine Partei eine bestimmte Vorstellung von der Nutzung hat; vielmehr muss diese Vorstellung für den Vertragspartner nach dem objektiv zu bestimmenden Empfängerhorizont erkennbar sein und er muss sich hierzu zustimmend verhalten haben (vgl. zum Mietvertrag, BGH MDR 2013, 262; NJW 2010, 1133) oder es muss zumindest Einvernehmen über einen von den Parteien gemeinsam gewonnenen Eindruck einer bestimmten Beschaffenheit bestanden haben (BGH, Urteil vom 7. November 2008 - V ZR 138/07 - juris). Die stillschweigende Vereinbarung kann sich auch daraus ergeben, dass die Parteien übereinstimmend eine bestimmte Nutzung durch den Käufer annehmen (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 364).

Die Parteien haben weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Vereinbarung zur – vollständigen – Bebaubarkeit des Grundstücks getroffen. Das zunächst übersandte Exposé enthielt keine Angaben zu einer Neubebauung, sondern verhielt sich über die bisher vorhandene Bebauung und die Erforderlichkeit einer umfassenden Sanierung des Gebäudes.

Die Übergabe des Verkehrswertgutachtens ergänzend zur Erläuterung des Kaufpreises und die Erklärung der Verkäuferin, der Preis stelle die Untergrenze dar, lässt im Ergebnis ebensowenig auf eine Beschaffenheitsvereinbarung schließen. Die Angaben im Gutachten zur Bebaubarkeit sind, wie die Klägerin zu Recht anführt, einschränkend formuliert: Auf S. 6 des Gutachtens wird als mögliche Nutzung der Komplettabriss und Neubau erwähnt. Zugleich wird angegeben: „Voraussetzung ortsüblich normalen Baugrundes und Grundwasserstandes“, woraus sich ergibt, dass der Sachverständige dies nicht geprüft hat. Die Bodenwertermittlung auf S. 9 des Gutachtens erfolgt zwar ausdrücklich als Baulandfläche. Andererseits ist die Gesamtwertermittlung auf 125.000 € auch unter Berücksichtigung des Umstandes tragfähig, dass das vorhandene Gebäude zunächst umfassend saniert wird, wie sich aus der Darstellung auf S. 14 - 16 des Gutachtens ergibt. Daher kann auch die Bezugnahme der Klägerin auf die Wertermittlung als Begründung der Untergrenze für den zu verhandelnden Preis nicht eindeutig so verstanden werden, dass von einer Nutzung der gesamten Fläche als Bauland nach Abriss des Altbestandes ausgegangen wird. Mangels einer entsprechenden eindeutigen Vereinbarung der Parteien kann dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarung, es werde „Bauland“ verkauft, überhaupt eine Vereinbarung über das Nichtvorhandensein von Leitungen und Leitungsanlagen zum Gegenstand hätte (vgl. zur Baugrundbeschaffenheit bei Verkauf eines „Bauplatzes“: BGH NJW-RR 1988, 136; NJW 1988, 1202).

Konkrete Umstände, aus denen sich eine mündliche Vereinbarung der Beschaffenheit als Bauland der gesamten Fläche, auch hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit aus seiner Sicht ergeben hat, hat der Beklagte auf den gerichtlichen Hinweis nicht vorgetragen. Die von ihm vorgelegten Pläne für die vollständige Bebauung des Grundstücks sind erst im Jahr 2011 erstellt worden und waren nicht Grundlage der Vertragsverhandlungen.

b.

Der Beklagte hat keinen Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises aus den §§ 434, 437 Nr. 2, 441 Abs. 4 BGB, da die angegebene Grundstücksfläche von 1091 qm unabhängig von der Ausübung des Vorkaufsrechts um 31 qm unterschritten ist. Dass die Klägerin Kenntnis von der abweichend von den Grundbuchangaben geringeren Grundstücksgröße hatte, hat der Beklagte nicht dargelegt. § 1.1 des Vertrags enthält auch keine Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit des Grundstücks. In der Regelung wird die Grundstücksgröße unter der Bezeichnung „§ 1 Grundbuchangaben, Vorbemerkung“ angegeben. Sie stellt damit lediglich eine Beschreibung des Kaufgegenstandes anhand der Grundbuchangaben dar.

5.

Die Klägerin hat ferner aus den §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 2 BGB Anspruch auf Erstattung der für die außergerichtliche Rechtsverfolgung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren. Die von dem Beklagten gegenüber dem Anspruch auf Erstattung des Straßenausbaubeitrages erklärte Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind, § 389 BGB. Dies bewirkt, dass auch Zinsanspruch und Verzugsfolgen rückwirkend entfallen (BGH NJW 1981, 1729; NJW-RR 1991, 569). Der Anspruch auf Rückzahlung des überzahlten Kaufpreises des Beklagten ist mit der Bestandskraft der Ausübung des Vorkaufsrechts im Jahr 2008, mithin vor der Begleichung des Straßenausbaubeitrages durch die Klägerin am 18. Januar 2011, entstanden. Der Beklagte geriet hinsichtlich der Erstattung der Kosten für den Straßenausbaubeitrag lediglich in Höhe von 3.142,09 € in Verzug (= 13.178,23 € - 10.036,14 €). Ausgehend davon berechnen sich die erstattungsfähigen Kosten für die außergerichtliche anwaltliche Vertretung hinsichtlich des Straßenausbaubeitrages nach dem Wert von 3.142,09 € in Höhe einer Geschäftsgebühr gemäß VV RVG Nr. 2300 unter Anwendung eines Gebührensatzes von 1,3 mit 327,60 € zuzüglich der Auslagenpauschale gemäß VV RVG Nr. 7002 von 20 €, auf insgesamt 347,60 €.

6.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte geriet durch die Mahnung der Klägerin vom 30. Mai 2011 unter Berücksichtigung der Aufrechnung, § 389 BGB, hinsichtlich des Betrages von 3.142,09 €, durch die Mahnung vom 15. Juli 2011 hinsichtlich des Betrages von 228,83 € und durch die Mahnung vom 16. März 2012 hinsichtlich der Beträge von 2.806 € und 3.778 € in Verzug.

Der Zinsanspruch auf die Gebührenforderung ist wie beantragt ab dem 9. August 2011 begründet, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Verzug ist insoweit nach § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls mit der Zustellung des Mahnbescheides am 7. Juli 2011 eingetreten.

Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 39.982 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 3 GKG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).