LG Kleve, vom 03.11.2006 - 7 O 88/04
Fundstelle
openJur 2015, 21436
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 83.660,91 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 12.03.2003 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 962,86 € nebst 5 % Zinsen seit dem 15.02.2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 40 % und hat die Beklagte 60 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.

Die Beklagte haftet auf Rückzahlung des gekündigten Darlehens nach § 488 Abs. 1 BGB.

Eine Darlehensvereinbarung ergibt sich allerdings nicht aus der Hingabe der Schecks. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Schecks an einem Blatt mit dem Verwendungszweck "Darlehensauszahlung lt. Gesellschafterbeschluß" gehangen haben. Sollte dies der Fall gewesen sein, hierfür spricht die Bekundung des Zeugen U2, der etwa den Scheck für Ingo T2 ausgestellt hat, während die Scheckempfänger T3 und D, an ein solches Verwendungszweckblatt keine Erinnerung hatten, der Gesellschafter W2 aber wusste, dass er bezüglich der von den Liquidatoren ausgestellten Schecks das Vorhandenseins des Darlehensvermerks kontrolliert hatte.

Ein solcher Vermerk bezeichnet nur den Zuwendungszweck. Einen Gesellschafterbeschluss über eine Darlehensauszahlung hat es aber 1992 nicht gegeben. An eine solche Gewinnverwendung aus dem Verkauf hatte der Zeuge T3 keine Erinngerung. Es ist aber über die Geldzahlung der GVG gesprochen worden. Nach der Einnerung des Zeugen T3 soll vor der Zahlung von Gewinnauszahlung und später von Darlehen gesprochen worden sein. Auch der Zeuge D erinnerte Gespräche nach denen es sich um eine Gewinnauszahlung wegen des Verkaufs des Betriebes der GVG handeln sollte. Nach der Erinnerung des Zeugen W2 soll es wohl nach dem Verkauf des Betriebes der GVG zu einem Beschluss der Gesellschafter gekommen sein, vorab Geld auszuzahlen. Ob wirklich ein Beschluss oder nur eine Absichtserklärung vorlag, ist aber zweifelhaft. Der Zeuge W konnte die Beschlussfassung zeitlich nicht eingrenzen, er verwies auf Gedächtnisprobleme nach Schlaganfall und Herzproblemen. Der Zeuge U2 kannte einen solchen Gesellschafterbeschluss nicht. Er wusste von dem später verstorbenen Liquidator L nur, dass der Kaufpreis für den Betriebsverkauf ausgezahlt werden sollte. Auf seine Intention hin ist dann als Verwendungszweck auf Darlehen hingewiesen worden. Selbst wenn er den Gesellschaftern dann sagte, die Auszahlung sei nur darlehensweise erfolgt, wird aus der Zuwendung kein Darlehen. Damit war dieser Zuwendungszweck aber weder durch einen Gesellschafterbeschluss gedeckt, noch lässt sich feststellen, dass alle Gesellschafter eine solche Auszahlung als Vorabausschüttung - und sei es konkludent - beschlossen haben. Die Gesellschafter vertrauten vielmehr Herrn L und später den Liquidatoren, dass diese alles richtig machten.

Ein Darlehen lässt sich auch nicht auf den Gesellschafterbeschluss vom 26.10.1995 gründen. Dieser Beschluss ist nichtig, weil zu der Gesellschafterversammlung nicht alle Gesellschafter eingeladen haben, wie der Zeuge U2 erklärt hat. Der Gesellschafter F war nicht eingeladen worden, weil zweifelhaft gewesen war, ob er noch Gesellschafter gewesen ist. Wie die Gesellschafterlisten der Gesellschafterversammlungen vom 14.05.2001 (GA 125) und vom 27.06.2002 zeigen, war Herr F aber weiterhin Gesellschafter. Dann aber war in Anlehnung an aktienrechtliche Vorschriften über die Ladung zur Hauptverhandlung (§§ 241 Abs. 1 Nr. 1, 121 AktG) der Beschluss nichtig, weil Herr F bei der Versammlung auch sonst nicht anwesend gewesen ist (vgl. zur Rechtslage bereits BGH Z 36, 207, 211).

Zur Umwandlung der rechtsgrundlosen Geldhingabe zu einem Darlehen ist es aber auch durch Feststellung der Bilanzen 1992-1995 und weiter bis 2000 in der Fassung vom 20.05.2002 durch die Gesellschafterversammlung 27.06.2002 nur gegenüber einigen Gesellschaftern gekommen. Wie bereits bei der Gesellschafterversammlung vom 14.05.2001 war wesentliches Gesprächsthema die Behandlung der "Darlehen". Die Gesellschafter wussten daher, dass sie die Zuwendung rechtlich als Darlehen qualifizieren sollten. Die Feststellung der Bilanzen und damit ihres richtigen Inhaltes ist durch den Versammlungsleiter erfolgt. Der Streit der Parteien über die Frage, ob diese Feststellung mit den Bestimmungen der Satzung übereinstimmt, muss nicht vertieft werden. Wendet man für die Frage der Bestandskraft dieses Beschlusses wiederum aktienrechtliche Grundsätze entsprechend unter Berücksichtigung der Besonderheiten der GmbH an, weil das GmbHG hierfür keine Vorschriften enthält, so liegen Nichtigkeitsgründe in Sinne § 241 AktG nicht vor. Die Anfechtung der Bilanzen hätte daher nur nach § 243 AktG in der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erfolgen können. Eine Anfechtungsklage ist aber nicht erhoben worden.

Damit steht aber nur fest, dass die GVG von einem Darlehen bilanzmäßig auszugehen hat. Ein Darlehen ist ein zweiseitiges Geschäft. Jeder Darlehensnehmer müsste daher das Darlehensangebot einzeln annehmen. Dies wäre unproblematisch, wenn alle Gesellschafter der internen "Novation" zugestimmt hätten. Dies ist aber nicht der Fall. Da aber sowohl Helmut U als auch Ingo T2 der Feststellung der Jahresabschlüsse zugestimmt haben, haben sie konkludent im Rechtsverhältnis zu ihnen die Umwandlung der Zuwendung in ein Darlehen genehmigt.

Die Kammer merkt an: Das Ergebnis wäre grundsätzlich etwas anders, wenn man von einer Annahme des Darlehensangebots durch die der Bilanzfeststellung zustimmenden Gesellschafter nicht ausgeht. Dann haften sie nach § 820 Abs. 1, 819, 812 BGB.

Denn es kann sich dann bei der Zuwendung nur um eine Vorabausschüttung auf den erwarteten Jahresgewinn gehandelt haben. Ein diesbezüglicher - auch konkludenter - Gewinnverwendungsbeschluss lässt sich zeitnah zu den Zuwendungen nicht feststellen. Die Gesellschafter wollten Geld; über die rechtliche Ausgestaltung haben sie sich keine Gedanken gemacht. Eine Zwischenbilanz auf den 28.02.1992 liegt in den beiden bei der Kammer rechtshängigen Verfahren nicht vor. Bei Empfang der Schecks wussten die Gesellschafter aber, dass eine "Gewinnauszahlung" vor Abwicklung der Gesellschaft gefährlich war, wie insbesondere der Zeuge D deutlich gemacht hat. Sie wussten mithin, dass es sich nur um eine vorläufige Zuwendung handelte, mochten sie auf weitere Zuwendungen hoffen. Dann aber war der Leistungszweck ungewiß mit der Folge der Haftung aus § 820 BGB, nachdem dieser letztlich nicht eingetreten ist.

Nach der Gesellschafterversammlung vom 27.06.2002 und der Bekundung des Zeugen W2 ist den Gesellschaftern damals die Bilanz für 1992 bekannt gewesen, die kein buchmäßiges Eigenkapital aufgewiesen hat. Dann aber kann eine Ausschüttung von 1,84 Mio DM, die in der Bilanz als Darlehen stehet, nur zu einer entsprechenden Unterbilanz führen, die die Gesellschafter nach § 812 BGB zurückzuzahlen haben.

Angesichts der Ungewissheit der Feststellung eines entsprechenden Gewinns können sich die Gesellschafter nach § 820 Abs. 1, 819 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil sie vom Empfang der Zuwendung so haften, als ob der Rückforderungsanspruch damals rechtshängig geworden wäre.

Dann allerdings wäre ein Ausgleich nach § 818 Abs. 3 BGB insoweit vorzunehmen, als unmittelbar mit dem Bereicherungsvorgang zusammenhängende Aufwendungen gemacht worden wären (vgl. Palandt, BGB 65. Auflage, § 820 R 7), etwa dem Stammkapitalanteil von 59.000 DM.

Ein solcher Anspruch wäre auch nicht durch eine Verjährung nach § 31 Abs. 5 GmbHG ausgeschlossen, weil die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung eigene tatbestandliche Voraussetzungen und Folgen haben und daher neben Ansprüchen aus § 31 Abs. 1 GmbHG stehen (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Auflage, § 31 R 19).

Darlehenszinsen sind nicht zu zahlen. Ein Rechtsgrund für Zinsen ist nicht ersichtlich.

Aus dem Gesellschafterbeschluss vom 27.06.2002 ergibt sich keine Zinsverpflichtung. Ob ein Zinsanspruch gegen die Gesellschafter in die Bilanzen eingestellt worden ist, ist unbekannt. Er ergibt sich auch nicht aus dem im Übrigen nicht nachgelassenen und damit unbeachtlichen Schriftsatz des Klägers vom 06.01.2006 soweit er neue Tatsachen enthält. Dort wird zwar eine Bilanz zum 31.12.1992 überreicht, die Darlehensforderungen aber keine Zinsforderungen gegen die Gesellschafter ausweist. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO kommt wegen dieses Schriftsatzes nicht in Betracht; im übrigen haben die Parteien umfangreich über die Zinspflicht gestritten, so dass der Kläger - gäbe es einen sonstigen Zinsgrund - ausreichend Zeit gehabt hat, hierzu vorzutragen.

Eine Zinspflicht kann auch nicht auf § 353 HGB gegründet werden. Es liegt auf keinen Fall ein Handelsgeschäft auf beiden Seiten vor. Für die GVG könnte die Darlehenshingabe ein Handelsgeschäft gewesen sein, nicht aber für ihre Gesellschafter. Die Gesellschafter waren Gärtner/Gartenbauer also Handwerker/Gewerbetreibende. Auch Herr U hielt seinen Anteil persönlich und nicht für die Firma J (AG Kleve HRB 3763), mag in deren neuen Räumen nach der Erinnerung der Zeugen U2 und W2 auch dort eine Gesellschafterversammlung abgehalten worden sein. Es gibt daher keinen Anhalt, dass die Gesellschafter der GVG auch Kaufleute im Sinne von § 1 HGB a. F. gewesen sein könnten.

Dann aber ist das Darlehen folgendermaßen abzurechnen:

Juni 1992 Zuwendung 230.000,00 DM

./. Gutschrift für nicht entnommenen Gewinn 5.250,00 DM

./. am 30.06.95 geleisteter Rückzahlung 25.378,20 DM

./. Anfang 01/96 Leistung an Volksbank, letzlich

je Gesellschafter 16.932,79 DM

./. am 30.06.99 Abtragung Steuerschuld 18.812,50 DM,

insgesamt 163.626,51 DM

oder 83.660,91 €.

Verzugszinsen ab der Kündigung 24.07.01 stehen dem Kläger nicht zu. Damals gab es nur eine unentgeldliche Zuwendung.

In der Mahnung vom 12.12.2002 mit Frist bis 31.12.2002 liegt zugleich eine Kündigung des Darlehens, so dass die Darlehensnehmer mit deren Wirksamkeit am 12.03.2003 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug gekommen sind. Eine Verjährung nach § 31 Abs. 5 GmbHG scheidet aus, weil der Anspruch aus § 31 GmbHG die anderen Ansprüche nicht verdrängt. Eine Verjährung der Zinsen ist durch die Klageeinreichung am 22.12.2004 rechtzeitig gehemmt worden. Dieser Zinsbeginn liegt nur scheinbar vor dem beantragten Zinsbeginn. Vor dem beantragten Zinsbeginn wurden ausgerechnete Altzinsen als Hauptforderung geltend gemacht, die sich mit dem zuzusprechenden Verzugszins überschneiden und nicht bis zum 30.06.04 summenmäßig zur Hauptforderung geschlagen worden sind.

Die Aufwendungen für die außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten erhält der Kläger nach § 281 BGB ersetzt. Dies gilt nicht für das Schreiben vom 12.12.2002, weil hierdurch erst der Verzug ausgelöst wurde. Der Kläger hat aber unstreitig die Beklagte um einen Verjährungsverzicht gebeten, um Prozesskosten zu vermeiden. Eine genaue Berechnung nach § 10 RVG fehlt. Man kann sie auch aus der Begründung im Schriftsatz vom 28.01.2005 nicht erschließen, weil der Geschäftswert nicht angegeben ist.

Nach der Vorbemerkung 4 zu VV 3100 RVG kommt es auf den Geschäftswert an, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist. Dabei bleiben Zinsen und Kosten als Nebenforderungen nach § 4 ZPO außer Ansatz.

Es wäre bei einem Geschäftswert von 110.846 € zu rechnen:

1431 € x 1,3 = 1860,30 € + 297,65 € MwST = 2.157,94 : 2 =

1.078,97 €. Berechtigt war aber nur ein Geschäftswert von 83.660 €, so dass der Kläger 1.277 € x 1,3 = 1.660,01 € + 265,16 € MwSt = 1.925,72 : 2 = 962,86 € erhalten kann. Der Betrag ist mit Prozesszinsen zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 145.566,47 Euro. Die Zinsen und Kosten bleiben als Nebenforderung nach § 43 GKG nur insoweit außer Ansatz als sie Nebenforderung der Hauptforderung sind. Hier werden aber Altzinsen auf höhere Forderungsstände geltend gemacht, die nicht Klageforderung geworden sind.

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