Hessisches LAG, Urteil vom 13.08.2014 - 6 Sa 1272/13
Fundstelle
openJur 2015, 12380
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 27. August 2013 - 6 Ca 154/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Versorgungsbezüge des Klägers.

Der ... 1941 geborene Kläger war Dienstordnungsangestellter der Krankenkasse der A A.

Das Dienstordnungsverhältnis ist ein besonderer Status zwischen Beamten- und Angestelltenverhältnis im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung. Im Gegensatz zu Beamten werden Dienstordnungsangestellte nicht ernannt, sondern durch einen Dienstvertrag angestellt. Dienstordnungsangestellte sind privatrechtlich angestellt. Bestandteil ihres Dienstvertrages ist jedoch eine Dienstordnung, die auf das jeweilige Beamtenrecht verweist.

Der Kläger wurde nach Besoldungsgruppe A13 Stufe 12 - Endstufe - vergütet. Seit dem 01. Januar 1997 ist er Versorgungsempfänger nach Beamtenrecht.

Die Krankenkasse der A A wie ihre Rechtsnachfolgerin, die Sozialversicherung B-B waren landesunmittelbare Körperschaften. Der Kläger erhielt Versorgungsbezüge nach dem Beamtenversorgungsrecht des Landes B-B und Beihilfe nach der Beihilfenverordnung des Landes B-B.

Aufgrund Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) wurde zum 01. Januar 2013 als Träger für die Landwirtschaftliche Sozialversicherung eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechtes errichtet. Sie trägt den Namen „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ (SVLFG). Es wurden alle landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zum 01. Januar 2013 in die beklagte SVLFG eingegliedert. Im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge gingen die Rechte und Pflichten der bisherigen landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger und des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung auf die Beklagte über. Dies gilt auch für die zum Zeitpunkt der Errichtung der Beklagten bestehenden Versorgungsverhältnisse (Art. 2 Abs. 1 S. 2 LSV-NOG in Verbindung mit § 19 BeamtStG).

Das Versorgungsverhältnis des Klägers wurde daher unstreitig auf die Beklagte übergeleitet. In Art. 2 § 1 Abs. 1 LSV-NOG ist hierzu geregelt:

Die nach § 19 des Beamtenstatusgesetzes übergeleiteten vorhandenen Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger erhalten die Versorgung, die ohne die Überleitung erhalten würde.

In der Begründung zu Art. 2 § 1 Abs. 2 LSV-NOG heißt es:

Mit der Regelung wird für die nach § 19 des Beamtenstatusgesetzes übergeleiteten vorhandenen Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger der Vorgängerorganisationen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sichergestellt, dass sie nach der Umbildung weiterhin die Versorgung erhalten, die sie bei einem Verbleiben im Landesdienst erhalten hätten. Versorgungsrechtliche Friktionen sollen dadurch vermieden werden. Die Regelung betrifft nicht die Gewährung von Beihilfe, die sich ausschließlich nach Bundesrecht richtet.

Die Beklagte gewährt dem Kläger daher weiterhin Versorgung nach dem Beamtenversorgungsrecht des Landes B-B.

Der Kläger hat gemeint, er sei in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Es gehöre zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, dass er als Versorgungsempfänger einer bundesunmittelbaren Körperschaft eine Versorgung nach dem Beamtenrecht des Bundes erhalte. Der Kläger hat weiter gemeint, er erhalte keine amtsangemessene Alimentation, wenn er einerseits Versorgung nach dem Beamtenrecht des Landes B-B und andererseits Beihilfe nach Beihilfevorschriften des Bundes erhalte. Diese Aufteilung gewährleiste nicht, dass Beihilfe und Versorgung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Der Kläger hat schließlich gemeint, § 19 iVm § 16 BeamtStG ordne grundsätzlich und ausnahmslos an, dass für die zur Beklagten übergeleiteten Versorgungsempfänger das bei dieser anzuwendende Recht, nämlich Beamtenrecht des Bundes, gelte. Der Gesetzgeber stoße mit der vermeintlichen „Sonderregelung“ des Art. 2 § 1 Abs. 2 LSV-NOG gegen geltendes Recht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, dass Art. 2 § 1 Abs. 2 LSV-NOG anzuwenden sei. Es hat weiter angenommen, dass auch keine Gründe ersichtlich seien, weshalb diese gesetzliche Regelung verfassungswidrig sein sollte. Der durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierte Grundsatz einer amtsangemessenen Besoldung sei schon deshalb nicht tangiert, weil sich die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01. Januar 2013 nicht zu seinem Nachteil verändert hätten. Auch stehe es dem Gesetzgeber im Rahmen seines grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraums frei, die regelungskomplexe Altersversorgung und Versorgung im Krankheitsfall unterschiedlich zu regeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des tatsächlichen Vorbringens der Parteien, der erstinstanzlich gestellten Anträge, sowie der Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zu Protokoll der Berufungsverhandlung vom 13. August 2014 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Der Kläger verfolgt mit der Berufung unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes sein Klageziel fort und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Kassel vom 27. August 2013 - 6 Ca 154/13 - abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab Januar 2013 die ihm zustehende Versorgung auf der Grundlage des Beamtenversorgungsgesetzes des Bundes und des Bundesbesoldungsgesetzes des Bundes zu gewähren.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angegriffenen Urteils,

die Berufung zurückzuweisen.

Gründe

Die Berufung ist unbegründet.

21Art. 2 § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) ordnet abweichend von § 19 in Verbindung mit § 16 BeamtStG an, dass der Kläger seine bisherige Versorgung nach Beamtenrecht des Landes B-B behält. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes verstößt diese Regelung auch nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Es gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, dass der Versorgungsempfänger einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts Versorgung nach dem Beamtenrecht des Bundes erhält. Dass im Übrigen die Versorgung, die der Kläger erhält, amtsangemessen ist, dürfte außer Frage stehen, denn ansonsten wären alle Beamte des Landes B-B nicht amtsangemessen versorgt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Versorgung des Klägers nicht amtsangemessen ist. Es ist nicht ersichtlich, dass ein amtsangemessener Lebensunterhalt des Klägers und seiner Familie auch bei Eintritt besonderer Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gewährleistet ist, wenn sich seine Versorgung weiterhin nach Beamtenrecht des Landes B-B richtet, während er Beihilfe nach den Beihilfevorschriften des Bundes erhält. Es ist nicht vorgetragen, dass die Beihilfeleistung nach Beihilfevorschriften des Bundes im Hinblick auf die höhere Besoldung von Bundesbeamten in irgendeiner erheblichen Weise von den Beihilfeleistungen abweicht, die der Kläger bis zum 31. Dezember 2012 nach Beihilfevorschriften des Landes B-B erhalten hat. Schließlich ist es dem Gesetzgeber auch nicht verwehrt, abweichende Bestimmungen zu bestehenden Gesetzen, hier § 19 in Verbindung mit § 16 BeamtStG zu erlassen. Voraussetzung hierfür ist auch nicht, dass die bestehende Regelung eine Bestimmung dahingehend enthält, dass spätere Änderungen Vorbehalten sind.

Dahingestellt bleiben kann daher auch, ob Art. 2 § 1 Abs. 2 LSV-NOG überhaupt an Art. 33 Abs. 5 GG zu messen ist, soweit die Regelung Rechtsverhältnisse von Nichtbeamten - wie den Kläger - betrifft.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Die Zulassung der Revision erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage.