FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2015 - 15 K 4287/11
Fundstelle
openJur 2015, 11892
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Mit Vertrag vom 18.01.2002 erwarb die B… GmbH & Co. KG sämtliche Kommanditanteile an der Klägerin, zu deren Gesamthandsvermögen vier Grundstücke gehörten. Zwischen den veräußernden Gesellschaftern und der Erwerberin bestand keinerlei Identität.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 02.01.2007 fand bei der Klägerin ab 30.04.2007 eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt C… für die Jahre 2001 bis 2004 statt. In dem Bericht vom 15.03.2008 kam die Betriebsprüfung unter anderem zu dem Ergebnis, der Wechsel des vollständigen Gesellschafterbestandes der Klägerin habe zum Übergang des vorhandenen Grundbesitzes auf den neuen Erwerber geführt und stelle daher einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) dar.

Für diesen Erwerbsvorgang stellte das Finanzamt D… mit Bescheid vom 04.12.2009 gegenüber der Klägerin gemäß § 17 GrEStG gesondert und einheitlich die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer fest. Der Gesellschafterwechsel unterliege gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG der Grunderwerbsteuer und Steuerschuldnerin sei die Klägerin. Es handele sich um einen Fall des § 17 Abs. 3a GrEStG. Die Feststellung betreffe mehrere Grundstücke in den Zuständigkeitsbereichen verschiedener Finanzämter.

Das Finanzamt E… forderte auf Grundlage des Feststellungsbescheides am 07.01.2010 bei der Bewertungsstelle die Feststellung des Bedarfswertes auf den 18.01.2002 für das Grundstück F…, G…-straße, an. Am 07.03.2011 erinnerte der zwischenzeitlich zuständig gewordene Beklagte die Bewertungstelle des Finanzamtes E… an die angeforderte Bedarfsbewertung.

Darauf stellte das Finanzamt E… für das betreffende Grundstück mit Bescheid vom 08.03.2011 den Grundbesitzwert auf den 18.01.2002 für Zwecke der Grunderwerbsteuer in Höhe von 11.034.000,- € fest. Der Bescheid enthielt den Vermerk, dass er nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen und nur für solche Steuerfestsetzungen (Folgebescheid) bedeutsam sei, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 181 Abs. 5 AO). Der Bescheid wurde nach § 165 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) für vorläufig erklärt, und zwar hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß sei.

Mit Bescheid vom 21.03.2011 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang auf Grundlage des Feststellungsbescheides gemäß § 17 GrEStG sowie der Bedarfswertfeststellung auf 386.190,- € fest. Der Bescheid wurde nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO für teilweise vorläufig erklärt, und zwar hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß sei.

Den hiergegen am 24.03.2011 erhobenen Einspruch begründete die Klägerin unter Hinweis auf den beim Finanzamt E… ebenfalls mit Schreiben vom 24.03.2011 erhobenen Einspruch gegen die Bedarfsbewertung, mit dem beantragt wurde, den Grundbesitzwert auf 3.675.000,- € festzustellen.

Das Finanzamt E… stellte mit Bescheid vom 19.04.2011 den Grundbesitzwert geändert in Höhe von 3.527.000,- € fest. Der Bescheid enthielt erneut den Vermerk, dass er nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen und nur für solche Steuerfestsetzungen (Folgebescheid) bedeutsam sei, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 181 Abs. 5 AO).

In der Folge änderte der Beklagte mit Bescheid vom 12.05.2011 die Festsetzung der Grunderwerbsteuer auf 123.445,- €. Damit erledige sich der Einspruch. Die teilweise Vorläufigkeit blieb bestehen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 19.05.2011 mit der Begründung Einspruch, der Grundbesitzwert sei zwar antragsgemäß festgestellt worden, gleichwohl aber wegen Eintritts der Feststellungsverjährung rechtswidrig und erneut mit dem Einspruch angefochten worden. In dem beigefügten Einspruchsschreiben gegen die Bedarfswertfeststellung hatte die Klägerin sich auf den Wertfeststellungsbescheid bezogen, der ausweislich seiner Erläuterungen nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen sei. § 181 Abs. 5 AO komme nicht zur Anwendung, da bei Erlass dieses Feststellungsbescheides die Steuerfestsetzung ebenfalls festsetzungsverjährt gewesen sei.

Auf ein Anhörungsschreiben des Beklagten ergänzte die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2011 und 17.10.2011, der Wertfeststellungsbescheid sei nach den Erläuterungen außerhalb der regulären Feststellungsfrist ergangen und nur umsetzbar, wenn der Folgebescheid (der Grunderwerbsteuerbescheid) seinerseits noch innerhalb der regulären Festsetzungsfrist ergehe. Letztere sei jedoch am 31.12.2009 abgelaufen. Wegen § 181 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz AO komme § 171 Abs. 10 AO nicht zur Anwendung.

Durch Einspruchsentscheidung vom 26.10.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer habe sich gemäß § 171 Abs. 10 AO auf Grundlage des Feststellungsbescheides nach § 17 GrEStG hinausgeschoben. Für die Wertfeststellung gelte § 181 Abs. 5 AO, weil die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer nach dem zuvor Gesagten noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Mit der am 25.11.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend führt sie aus, der Grundlagenbescheid nach § 17 GrEStG habe Bindungswirkung lediglich für die Steuerfestsetzung als Folgebescheid, nicht aber für die Wertfestsetzung. Aufgrund von § 171 Abs. 10 AO könne der Beklagte den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer unterwerfen, wegen § 181 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz AO allerdings mangels rechtmäßiger Bedarfswertfeststellung nicht mit einem Wert. Im Übrigen wäre hinsichtlich des grunderwerbsteuerlich relevanten Sachverhaltes eine als Anzeige zu qualifizierende Mitteilung gegenüber dem Finanzamt erfolgt. Denn diesem sei der vom Wirtschaftsprüfer unterzeichnete Prüfbericht gemäß § 60 EStDV mit dem durch die gesetzlichen Vertreter der Klägerin unterzeichneten Anhang und Lagebericht übersandt worden, wodurch auf die Abtretung sämtlicher KG-Geschäftsanteile aufmerksam gemacht worden sei und die Grundstücke bezeichnet worden seien. Dies würde einer Anzeige im Sinne von § 20 GrEStG genügen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diesbezüglich ergänzt, sie habe im Juli 2003 für das Jahr 2002 eine Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Besteuerung der Einkünfte beim Finanzamt H… eingereicht, woraus der Gesellschafterwechsel zu ersehen gewesen sei. Überdies sei in der beigefügten Bilanz ausdrücklich eine Rückstellung für Grunderwerbsteuer gebildet gewesen. Die Betriebsprüfung habe im Übrigen schon 2007 festgestellt, dass ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang vorgelegen habe, ohne dies sofort weiterzuleiten. Hingewiesen hat die Klägerin auf zwei Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (BFH, Beschluss vom 17.08.2009 - II B 172/08 -, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2009, 1970; BFH, Urteil vom 15.10.2014 – II R 14/14 -).

Die Klägerin beantragt,den Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.05.2011 und der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2011 aufzuheben,hilfsweise, die Revision zuzulassen unddie Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt er vor, aufgrund des Grundlagenbescheides des Finanzamtes D… und der nach § 171 Abs. 10 AO offenen Festsetzungsfrist bestehe die Verpflichtung, den Erwerbsvorgang zu besteuern. Damit stelle sich auf Grundlage der Argumentation der Klägerin die Frage, mit welchem Wert die Besteuerung vorgenommen werden solle. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin sich durch den festgestellten Grundbesitzwert beschwert fühle. Maßgeblich sei eine Gesamtbeurteilung des Falles.

Nach telefonischer Auskunft des Finanzamtes E… ruht das Verfahren gegen den Bescheid über den Grundbesitzwert bis zum Abschluss des den Grunderwerbsteuerbescheid betreffenden Verfahrens.

Die Nachfrage des Berichterstatters vom 17.10.2013, ob Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgang zu Tage getreten seien, ist seitens des Finanzamtes C… mit Schriftsatz vom 13.11.2013 und seitens des für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamtes D… mit Schriftsatz vom 13.03.2014 verneint worden.

Der Senat hat die Grunderwerbsteuerakte des Beklagten sowie die Grundbesitzwertakte des Finanzamtes E… beigezogen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angegriffene Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt daher nicht die Rechte der Klägerin.

I) Bei einer nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren unmittelbaren oder mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innerhalb von fünf Jahren dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, werden die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG durch das Geschäftsleitungsfinanzamt gesondert festgestellt, wenn - wie vorliegend - ein außerhalb des Bezirks des Geschäftsleitungsfinanzamtes belegenes Grundstück betroffen ist. Gegenstand der nach § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG zu treffenden gesonderten Feststellung sind die Besteuerungsgrundlagen. Dazu gehört in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG die verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht dem Grunde nach, über die als Steuerschuldner in Betracht kommenden Personen sowie über die Finanzämter, die zur Steuerfestsetzung berufen sind. Der Feststellungsbescheid ist ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO und für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer durch die jeweils zuständigen Finanzämter bindend, § 182 Abs. 1 AO. In die gesonderte Feststellung unter anderem im Fall des § 17 Abs. 3 GrEStG sind gemäß § 17 Abs. 3a GrEStG nicht die Werte im Sinne des § 138 Abs. 2 und 3 des Bewertungsgesetzes (hier in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung – BewG -) aufzunehmen, wenn - wie hier - die Steuer nach § 8 Abs. 2 GrEStG zu bemessen und die Bemessungsgrundlage daher selbst Gegenstand einer gesonderten Feststellung ist. Der hier angegriffene Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.03.2011 ist Folgebescheid des Feststellungsbescheides des Finanzamtes D… vom 04.12.2009 als Grundlagenbescheid.

II) Dem angegriffenen Grunderwerbsteuerbescheid steht Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

1) Die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer beträgt vier Jahre, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist; für Fälle, in denen eine Anzeige zu erstatten ist, beginnt sie jedoch erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten auf die Steuerentstehung folgenden Kalenderjahres, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.Diese Bestimmungen gelten gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, mithin auch für die gesonderte Feststellung gemäß § 17 Abs. 3 GrEStG.

2) Die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides des Finanzamtes D… vom 04.12.2009 einschließlich der Einhaltung der Feststellungsfrist ist allerdings nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern wäre in einem eventuellen Rechtsbehelfsverfahren gegen diesen Bescheid zu prüfen gewesen. Ein nach Ablauf der Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung ergangener Bescheid wäre nur rechtswidrig und aufhebbar, aber nicht nichtig, so dass der Bescheid vom 04.12.2009 rechtswirksam ist. Lediglich zur Erläuterung weist der Senat daher darauf hin, dass bei Erlass des Feststellungsbescheides gemäß § 17 GrEStG Feststellungsverjährung nicht eingetreten gewesen ist.

26a) Die Klägerin hat nach eigenen Angaben für den Erwerbsvorgang vom 18.01.2002 die nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG vorgeschriebene Anzeige nicht erstattet und auch eine Anzeige nach § 18 GrEStG, etwa durch einen Notar, ist nicht erstattet worden. Die Einreichung einer Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte, auf die die Klägerin sich beruft und aus der ein Austausch der Gesellschafter ersichtlich sein soll, stellt keine grunderwerbsteuerrechtliche Anzeige im Sinne von §§ 19, 20 GrEStG dar. Hinzu kommt, dass eine Letztere bei der Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamtes einzureichen oder als eine solche nach dem Grunderwerbsteuergesetz zu kennzeichnen ist, während die betreffende Feststellungserklärung zuständigkeitshalber an ein anderes Finanzamt, das Veranlagungsfinanzamt für die Ertragsteuern, gerichtet worden ist.

b) Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, aus der im Zusammenhang mit der Feststellungserklärung eingereichten Bilanz ginge in Bezug auf den streitigen Erwerbsvorgang ausdrücklich eine Rückstellung für Grunderwerbsteuer hervor, kann sie daraus mit Erfolg aus den vorgenannten Gründen weder eine Anzeige gemäß § 19 GrEStG ableiten noch die Kenntnis der Grunderwerbsteuerstelle von dem Erwerbsvorgang. Die Nichtanzeige des Erwerbsvorgangs bei der Grunderwerbsteuerstelle trotz Bildung einer Rückstellung für die Grunderwerbsteuer in der Bilanz könnte bestenfalls die Frage der Steuerhinterziehung, hinsichtlich der das Betriebsprüfungs- und das Grunderwerbsteuer-Finanzamt D… Anhaltspunkte verneint haben, neu aufwerfen.

c) Da die Anzeige gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung ist, führt deren Fehlen zur Anwendung der §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 170 Abs. 2 Satz Nr. 1 AO, mit der Folge, dass die Feststellungsfrist erst mit Ablauf des dritten auf die Steuerentstehung folgenden Jahres, also mit Ablauf des 31.12.2005 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 31.12.2009 geendet hat.

d) Unbeachtlich ist schließlich der auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH, Beschluss vom 17. August 2009 – II B 172/08 –, a.a.O.) gegründete Einwand der Klägerin, die Betriebsprüfung habe das Vorliegen eines grunderwerbsteuerbaren Vorganges schon 2007 festgestellt und damit prüfen (lassen) können. Denn (selbst) eine – nach den Maßstäben dieser Entscheidung hinreichende – Kenntnis der Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamtes hätte allenfalls zur Rechtsfolge, dass die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO enden und die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist von vier Jahren beginnen würde. Mangels Erstattung der Anzeige hat die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist aber schon mit Ablauf des 31.12.2005 (s.o.) zu laufen begonnen, so dass eine Kenntniserlangung im Jahr 2007 folglich für den Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2009 ohne Bedeutung wäre.

e) Der Feststellungsbescheid ist somit in offener Feststellungsfrist ergangen.

3) Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.03.2011 hat ebenfalls noch ergehen können. Nach 171 Abs. 10 Satz 1 AO endet die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids. Da Letzterer am 07.12.2009 bekannt gegeben worden ist, hat die Festsetzungsfrist für den Grunderwerbsteuerbescheid wegen der Ablaufhemmung erst mit Ablauf des 07.12.2011 geendet, so dass der Bescheid vom 21.03.2011 in offener Festsetzungsfrist ergangen ist.

III) In dem Fall des § 1 Abs. 2a GrEStG wird die Steuer nach den - gesondert festzustellenden - Werten im Sinne des § 138 Abs. 2 bis 4 BewG, hier in Bezug auf das Grundstück F…, G…-straße, bemessen, hier nach dem festgestellten Wert im Bescheid des Finanzamtes E… vom 19.04.2011.

1) Bedenken bestehen allerdings, ob der Ansatz der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist. Der Bundesfinanzhof ist von der Verfassungswidrigkeit dieses Ansatzes überzeugt, weil er zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führe, und hat das Bundesverfassungsgericht angerufen (BFH, Vorlagebeschluss vom 02.03.2011 – II R 23/10 –, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 2011, 932; BFH, Vorlagebeschluss vom 02.03.2011 – II R 64/08 –, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2011, 1009). Das Gericht sieht gleichwohl von einer Aussetzung der Verhandlung gemäß § 74 FGO ab. Denn dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass der Beklagte den angefochtenen Bescheid diesbezüglich gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 AO für vorläufig erklärt hat. Die Beteiligten haben sich mit dem Erlass eines Endurteils einverstanden erklärt.

2) Der nach § 8 Abs. 2 GrEStG für die Grunderwerbsteuer maßgebliche Bedarfswert ergibt sich hier aus dem Bescheid vom 08.03.2011 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 19.04.2011.

a) Inwieweit die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18.01.2002 für Zwecke der Grunderwerbsteuer durch Bescheid vom 08.03.2011 innerhalb offener Feststellungsfrist erfolgt ist, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Denn bei dem Bescheid, mit dem ein Grundbesitzwert gesondert festgestellt wird, handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, der für den Grunderwerbsteuerbescheid bindend ist, § 182 Abs. 1 AO. Einwendungen gegen die Wertfeststellung können deshalb erfolgreich nur im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden, das den Feststellungsbescheid zum Gegenstand hat. In dem Verfahren gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung bleibt die Klägerin damit ausgeschlossen.

b) Die folgenden Ausführungen sind damit nur als Hinweis des Senates zu verstehen: Der Bundesfinanzhof hat in einer früheren Entscheidung ausgeführt, dass die Frist für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unabhängig von der Festsetzungsfrist für die Folgesteuern zu ermitteln ist, als Folge des Verstoßes gegen die Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG aber eine Verkürzung der Bearbeitungszeit nicht nur beim Veranlagungsfinanzamt hinsichtlich der Grunderwerbsteuer eintrete, sondern auch beim Lagefinanzamt hinsichtlich der Bedarfsbewertung. Daher ergebe sich unabhängig von den Sondervorschriften für den Fall der Anforderung einer (Wert-) Feststellungserklärung nach § 138 Abs. 5 Satz 3 BewG in Verbindung mit § 181 Abs. 3 Satz 2 AO eine Anlaufhemmung der Feststellungsfrist für den Bedarfswert gemäß §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO (auch) aus der Verletzung der Anzeigepflicht des § 19 GrEStG (BFH, Beschluss vom 05.08.2004 - II B 26/04 -, BFH/NV 2005, 7). Inwieweit der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung noch aufrechterhält, ist jedenfalls zweifelhaft, weil er in einer neueren Entscheidung entschieden hat, dass für die Feststellungsfrist eine vom Zeitpunkt der Erstattung der Anzeige nach §§ 18 und 19 GrEStG unabhängige Anlaufhemmung gilt. Denn sofern das Lagefinanzamt von einem Steuerpflichtigen nach § 138 Abs. 6 BewG eine Feststellungserklärung anfordere, führe dies nach Maßgabe des § 138 Abs. 5 Satz 3 BewG in Verbindung mit § 181 Abs. 3 Satz 2 AO dem Steuerpflichtigen gegenüber zu einer Anlaufhemmung der Feststellungsfrist. Die durch dieses Verlangen begründete Handlungspflicht des Steuerpflichtigen beruhe darauf, dass die Anzeige nach §§ 18 und 19 GrEStG gemäß § 20 GrEStG nicht alle Angaben zu enthalten brauche, die für die Feststellung von Grundbesitzwerten regelmäßig erforderlich seien (zu dem Ganzen vgl. BFH, Urteil vom 17.04.2013 – II R 59/11 –, BStBl II 2014, 663, m.w.N). Soweit dies abweichend von dem zuvor genannten Beschluss des Bundesfinanzhofes dahingehend zu verstehen ist, dass eine Nichterfüllung der Anzeigepflicht gemäß § 19 GrEStG (und der gemäß § 18 GrEStG) hinsichtlich der Feststellung des Grundbesitzwertes keine Anlaufhemmung gemäß §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zur Folge hätte, wäre die Feststellungsfrist für die Bedarfsbewertung im Streitfall regulär nach vier Jahren mit Ablauf des 31.12.2006 und damit noch vor Kenntnis der Finanzbehörden von dem Erwerbsvorgang abgelaufen gewesen. Hiervon ist offenkundig das (Lage-) Finanzamt E… ausgegangen, das dem Bescheid einen diesbezüglichen Vermerk beigefügt hat, der Bescheid sei nur für solche Steuerfestsetzungen (Folgebescheid) bedeutsam, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 181 Abs. 5 AO).

c) Der Ablauf der Feststellungsfrist ist im Streitfall aber unschädlich. Der Beklagte hat den Feststellungsbescheid vom 08.03.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 19.04.2011 zu Recht seiner Grunderwerbsteuerfestsetzung zugrunde gelegt. Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht. Hierauf ist im Feststellungsbescheid hinzuweisen, Satz 2. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Der Feststellungsbescheid des Finanzamtes E… vom 08.03.2011 und der Änderungsbescheid vom 19.04.2011 enthalten einen solchen Hinweis. Durch den Vermerk gemäß § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hat das Lagefinanzamt in dem Feststellungsbescheid ausdrücklich auf die eingeschränkte Wirkung des auf § 181 Abs. 5 Satz 1 AO gestützten Wertfeststellungsbescheides, der nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen ist, besonders hingewiesen. Der Hinweis soll den für den Erlass von Folgebescheiden zuständigen Finanzämtern und den Steuerpflichtigen verdeutlichen, dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen und deshalb nur für solche Steuerfestsetzungen von Bedeutung ist, bei denen die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Der Hinweis, der ausdrücklich auf § 181 Abs. 5 AO Bezug nimmt, genügt im Streitfall den inhaltlich zu stellenden Anforderungen, insbesondere ist er bestimmt genug. Nach der neueren Rechtsprechung ist die genaue Angabe, für welche Steuerarten und welche Besteuerungszeiträume den getroffenen Feststellungen Rechtswirkung zukommen soll, ebenso nicht mehr erforderlich, wie eine konkrete Erkennbarkeit für den Steuerpflichtigen, für welche Folgesteuern die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Unabhängig davon betrifft der Feststellungsbescheid hier die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes des Grundstücks F…, G…-straße, auf den 18.01.2002 für Zwecke der Grunderwerbsteuer, so dass er damit nur für einen bestimmten Lebenssachverhalt bei einer einzigen Steuerart maßgeblich ist. Die Bestimmtheit ist damit eindeutig gegeben.

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Regelung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO im Streitfall nicht durch dessen 2. Halbsatz ausgeschlossen, wonach § 171 Abs. 10 AO bei der Anwendung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO außer Betracht bleibt.

(I.) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes bedeutet diese Formulierung, dass das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO ohne Berücksichtigung der Ablaufhemmung für Grundlagenbescheide nach § 171 Abs. 10 AO zu entscheiden ist; auf der Rechtsfolgenseite, also bei der Umsetzung des Grundlagenbescheides, darf § 171 Abs. 10 AO dagegen dann wieder angewendet werden (BFH, Urteil vom 12.12.2013 – IV R 33/10 -, BFH/NV 2014, 665; BFH, Beschluss vom 19.05.2006 - II B 79/05 -, BFH/NV 2006, 1622; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 181 AO Rn. 19; Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 181 Rn. 36; Ratschow, in Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 181 Rn. 26). Danach sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO nur gegeben, wenn die Festsetzungsfrist des Folgebescheides noch nicht abgelaufen ist, dieser also noch in offener Festsetzungsfrist ergehen kann; für die Frage, ob die Festsetzungsfrist des Folgebescheides noch nicht abgelaufen ist, hat § 171 Abs. 10 AO außer Betracht zu bleiben. Der Wortlaut des § 181 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz AO enthält hinsichtlich der (Nicht-) Anwendung des § 171 Abs. 10 AO keine Einschränkungen. Im Streitfall müsste folglich bei einer streng wortlautorientierten Auslegung dieser Regelung – der Auffassung der Klägerin entsprechend – für die Prüfung der Voraussetzungen des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO die durch den Feststellungsbescheid nach § 17 GrEStG bewirkte Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Grunderwerbsteuerbescheid (Folgebescheid) nach § 171 Abs. 10 AO unberücksichtigt bleiben, mit der Folge, dass hinsichtlich des Grunderwerbsteuerbescheides Festsetzungsverjährung eingetreten wäre und § 181 Abs. 5 Satz 1 AO nicht greift (in diesem Sinne wohl: Kunz, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 181 AO Rn. 29 "ein (anderer) Grundlagenbescheid"; Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 181 AO, Rn. 139; wohl auch BFH, Urteil vom 16.10.2007 – VIII R 8/05 –, zitiert nach Juris). Eine Bedarfswertfeststellung wäre danach nicht mehr möglich. Im Ergebnis könnte der Steuerpflichtige damit bei einer Konstellation im Zusammenhang mit einem Feststellungsbescheid gemäß § 17 GrEStG durch Verletzung der Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG nicht nur eine Verkürzung der Bearbeitungszeit beim Veranlagungsfinanzamt für die Grunderwerbsteuer erreichen, sondern auch, dass hinsichtlich der Bedarfsbewertung Feststellungsverjährung eintritt, ohne dass über § 181 Abs. 5 Satz 1 AO eine Feststellung noch möglich wäre.

41 (II.) Zur Überzeugung des Senats entspricht diese streng am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung nicht dem Sinn und Zweck der Regelung, die daher einer einschränkenden Auslegung bedarf. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nur eine Vorstufe der Steuerfestsetzung ist, das heißt nur eine dienende Funktion hat. Aus der Technik der getrennten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sollen dem Steuerpflichtigen keine Nachteile, aber auch keine Vorteile entstehen (BFH, Urteil vom 11.11.2009 – II R 14/08 –, BStBl II 2010, 723). § 181 Abs. 5 Satz 1 AO lässt eine gesonderte Feststellung (Grundlagenbescheid) auch nach Ablauf von deren Feststellungsfrist zu, soweit die Festsetzungsfrist des Folgebescheides nicht entgegensteht. Nach § 171 Abs. 10 endet dagegen, soweit für die Festsetzung der Steuer ein Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) bindend ist, die Festsetzungsfrist (des Folgebescheides) nicht vor Ablauf von 2 Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides; der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuer ist mithin im Ausmaß der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides gehemmt, soweit und solange in offener Feststellungsfrist ein Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid), der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist, noch zulässig ergehen kann. Bei einem Zusammentreffen beider Vorschriften dürfte der Folgebescheid noch ergehen, weil ein Grundlagenbescheid für die Festsetzung steuerbindend ist; zugleich dürfte die gesonderte Feststellung (Grundlagenbescheid) auch nach Ablauf der Feststellungsfrist noch erfolgen, weil sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Damit bestünde die Gefahr eines "Zirkels", bei dem eine Verjährung nie eintreten würde. Diesen Zirkel verhindert die Formulierung, dass § 171 Abs. 10 AO nicht anzuwenden sei (Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 181 Rn. 24). Diese Gefahr besteht gerade nicht bei einer Konstellation wie der vorliegenden, bei der dem Grunderwerbsteuerbescheid (Folgebescheid) zwei Grundlagenbescheide, nämlich der Feststellungsbescheid nach § 17 GrEStG sowie der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts zugrunde liegen, von denen der eine die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO bewirkt und der andere wegen Ablaufs der ihn betreffenden Feststellungsverjährung der Regelung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO bedarf, um seiner Bedeutung für den Folgebescheid gerecht werden zu können. Vielmehr tritt hier endgültig Verjährung ein, wenn entweder die Feststellungsfrist für den Grundlagenbescheid nach § 17 GrEStG abläuft oder wenn die nach § 171 Abs. 10 AO durch Erlass dieses Grundlagenbescheides gehemmte Festsetzungsfrist der Grunderwerbsteuer endet. Dementsprechend ist § 181 Abs. 5 Satz 1 AO nach Auffassung des Senats teleologisch einschränkend dahingehend auszulegen, dass der 2. Halbsatz – betreffend das Außerachtlassen des § 171 Abs. 10 AO – in dem Fall, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist der Grunderwerbsteuer nach § 171 Abs. 10 AO wegen eines Grundlagenbescheides nach § 17 GrEStG gehemmt ist, in Bezug auf die Bedarfswertfeststellung als weiterem Grundlagenbescheid nicht eingreift.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO.