OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.01.2006 - 13 A 712/02
Fundstelle
openJur 2015, 22078
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 22 K 9736/00
Tenor

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Dezember 2001 wirkungslos.

Soweit die Klägerin die Berufung zurückgenommen hat, wird das Berufungsverfahren eingestellt.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Dezember 2001 geändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 255.645,94 € (= früher 500.000,- DM) festgesetzt.

Gründe

I.

Für die Klägerin besteht im Postbereich die zunächst bis zum 31. Dezember 2002 befristete und inzwischen bis zum 31. Dezember 2007 verlängerte gesetzliche Exklusivlizenz für die gewerbsmäßige Beförderung von Briefsendungen und adressierten Katalogen bis zu einer bestimmten Gewichts- und Preisgrenze. Bis zum 31. Dezember 2005 galt insoweit ein Einzelgewicht bis 100 Gramm und ein Einzelpreis von weniger als dem Dreifachen des Preises für entsprechende Postsendungen der untersten Gewichtsklasse; ab 1. Januar 2006 gilt die Gewichtsgrenze von 50 Gramm und als Einzelpreis das Zweieinhalbfache des maßgebenden Preises. Seit Februar 2002 ist die Klägerin für den Zeitraum der gesetzlichen Exklusivlizenz verpflichtet, Universaldienstleistungen im Sinne der Post-Universaldienstleistungsverordnung zu erbringen.

Auf entsprechenden Antrag erteilte die (frühere) Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post - RegTP - (jetzt: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen) der Beigeladenen am 24. Februar 2000 die "Lizenz zur gewerbsmäßigen Beförderung von Briefsendungen" u. a. nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG für den räumlichen Geltungsbereich des Gebietes des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Die Lizenzurkunde (Nr. P 00/1060) beschreibt mit einer entsprechenden Unterteilung den Gegenstand der Lizenz (sachlicher und räumlicher Geltungsbereich), enthält u.a. "Nebenbestimmungen (Auflagen)" und "Hinweise" zum sachlichen und räumlichen Geltungsbereich sowie Ausführungen zu Auflagen, nachträglichen Nebenbestimmungen, zum Widerruf und zur Übertragung der Lizenz und zu den Lizenzierungskosten sowie eine Rechtsmittelbelehrung. Unter "3 Hinweise" enthält sie u.a. folgende Formulierung:

"3.1 Sachlicher und räumlicher Geltungsbereich unter Textziffern 1.1 und 1.2

Die im Antragsverfahren spezifizierte Dienstleistung nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG umfasst folgende Merkmale:

(1) Werktägliche Abholung von Briefsendungen bei den Auftraggebern bis 13.00 Uhr,

(2) garantierte Zustellung dieser Sendungen am Tag der Abholung,

(3) werktägliche Abholung von Briefsendungen bei den Auftraggebern nach 17.00 Uhr,

(4) garantierte Zustellung dieser Sendungen bis spätestens 12.00 Uhr des folgenden Werktags,

(5) garantierte Zustellung von Sendungen zu einem vom Auftraggeber im Einzelfall festgelegten Termin, nicht jedoch an dem auf die Abholung folgenden Werktag,

(6) nachträgliche Abrechnung der tatsächlich erbrachten Dienstleistungen,

(7) Umleitbarkeit bzw. Rückholbarkeit der Sendungen zwischen Abholung und Zustellung,

(8) Nichtberechnung des Sendungsentgelts bei Verfehlen des Zustellzeitziels,

(9) zwei weitere Zustellversuche bei erfolgloser erster Zustellung,

(10) Ermittlung von Nachsendeadressen bei verzogenen Empfängern, Weitergabe der neuen Anschrift an den Auftraggeber und erneuter Zustellversuch im Lizenzgebiet bzw. bei erfolgloser Recherche Rückgabe der Sendung spätestens am folgenden Werktag,

(11) Haftung für den Verlust oder die Beschädigung von Sendungen in einer Höhe von bis zu 30,- DM je Sendung,

Die o.a. Dienstleistung erfüllt - solange und soweit sie zumindest die Merkmale (1) bis (8) umfasst und als Tätigkeit in einem wesentlichen Teil des Bundesgebiets ausgeübt wird - die Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG. Sie berührt damit nicht die befristete gesetzliche Exklusivlizenz der Deutschen Post AG nach § 51 PostG."

Als wesentlicher Teil des Bundesgebietes wird dabei ohne weiteres ein Gebiet angesehen, das der Größe des kleinsten Flächenstaats der Bundesrepublik (rund 2.500 km2) entspricht.

Mit Bescheid vom 2. März 2001 erweiterte die RegTP antragsgemäß die Erlaubnis um weitere in § 51 Abs. 1 Satz 2 PostG vorgesehene Beförderungsmöglichkeiten für Briefsendungen.

Die Klägerin, die am Lizenzerteilungsverfahren nicht beteiligt war, hat am 21. November 2000 Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Lizenz, "soweit sie Tätigkeit nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG gestattet", erhoben und geltend gemacht, die erteilte Lizenz greife in ihre gesetzliche Exklusivlizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG ein. Die Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG seien von der Beklagten/RegTP zu Unrecht bejaht worden

Die Klägerin hat beantragt,

1. die durch die Beklagte der Beigeladenen erteilte Lizenz vom 24. Februar 2000 insoweit aufzuheben, als sie sich auf Dienstleistungen gem. § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG bezieht,

2. hilfsweise,

die Lizenz zur termingenauen Zustellung insoweit aufzuheben, als der Beigeladenen damit gestattet wird,

a) derartige Postdienstleistungen für Geschäftskunden, insbesondere gewerbliche Kunden, freiberuflich tätige Unternehmer, juristische Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts sowie Unternehmen der öffentlichen Hand zu erbringen, ohne dass durch die Beförderung Rechtsvorteile für den Kunden bzw. den Absender der Briefe entstehen;

b) Dienstleistungen für Geschäftskunden, insbesondere den unter a) genannten Personenkreis zu erbringen, ohne dass der Sendungsinhalt oder sonstige in der Person des Absenders liegende Gründe eine Zustellung zu einem bestimmten Kalenderdatum erforderten;

c) die von der Klägerin für vergleichbare Sendungsformate verlangten Entgelte zu unterschreiten;

d) inhaltsgleiche Briefsendungen mit einem Gewicht von weniger als 50 Gramm zu befördern,

3. weiter hilfsweise

festzustellen, dass der Beigeladenen mit der Lizenz zur termingenauen Zustellung nicht gestattet wird, Postdienstleistungen mit den unter 2. a) bis d) genannten Inhalten zu erbringen,

4. weiter hilfsweise

festzustellen, dass die Lizenz zur termingenauen Zustellung eine Zustellung durch den Lizenznehmer, hier die Beigeladene, voraussetzt und die Leistungserbringung durch Einrichtung eines Beförderungsnetzes, in dem Leistungsbestandteile der Beförderungskette durch andere Lizenznehmer im eigenen Namen erbracht werden, durch die Lizenz zur termingenauen Zustellung nicht gestattet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, der Klägerin fehle es bereits an der Klagebefugnis. Die der Beigeladenen erlaubten Leistungen seien nicht von der der Klägerin zustehenden Exklusivlizenz umfasst.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt

Mit Urteil vom 11. Dezember 2001, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die der Beigeladenen erteilte Lizenz vom 24. Februar 2000 2000 aufgehoben, soweit diese die garantierte Zustellung der am Nachmittag und nach Geschäftsschluss abgeholten Sendungen bis spätestens 12.00 Uhr am darauffolgenden Werktag zum Gegenstand hat. Insoweit verletze die Lizenz die Klägerin in ihrem Exklusivrecht, weil diese Postdienstleistung gegenüber dem Universaldienst nicht qualitativ höherwertig sei, vielmehr im Wesentlichen der Universaldienstleistung entspreche. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die der Beigeladenen erlaubte taggleiche und termingenaue Zustellung von Sendungen die Klägerin nicht in ihren materiellen Rechten verletze. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG, der über die genannten Tatbestandsmerkmale hinaus keine weiteren ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale wie etwa die finanzielle Gewährleistung des Universaldienstes enthalte, seien von der RegTP zu Recht bejaht worden.

Auf entsprechenden Antrag hat der Senat die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zugelassen.

Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin ihre Klage hinsichtlich der der Beigeladenen erlaubten "taggleichen"/E+0- Zustellung von Briefsendungen und die Berufung hinsichtlich der der Beigeladenen lizenzierten "termingenauen"/E+x-Zustellung" zurückgenommen.

Die Beklagte macht geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stelle die von der Beigeladenen garantierte Zustellung der am Nachmittag und nach Geschäftsschluss abgeholten Sendungen bis spätestens 12.00 Uhr am darauffolgenden Werktag eine höherwertige Dienstleistung im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG dar. Das Verwaltungsgericht habe auch zu Unrecht die Klagebefugnis der Klägerin bejaht. Das Postgesetz sei kein "Monopolabwicklungs"- oder "Monopolerhaltungsgesetz", sondern ein "Wettbewerbseröffnungsgesetz". Dementsprechend stehe der Klägerin ein subjektiv-öffentliches Recht, das ihre Klagebefugnis begründen könne, nicht zu. Auf einen Vergleich der der Beigeladenen erlaubten Dienstleistung mit der Standarddienstleistung der Klägerin komme es bei methodisch korrekter Betrachtung nicht an, maßgebend sei vielmehr ein objektiver Vergleich mit der Post-Universaldienstleistungsverordnung unter Berücksichtigung der Grundsätze der "Corbeau"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Auch der Preis, den ein Kunde für eine Leistung zu zahlen bereit sei, könne ein Indikator für eine Höherwertigkeit der Leistung sein. Die Klägerin verkenne, dass es sich bei der Lizenzerteilung für Wettbewerber um eine gebundene Entscheidung handele und die Lizenz nur bei Vorliegen im Postgesetz konkret benannter Versagungsgründe versagt werden könne. Zweck der Postgesetze sei die Liberalisierung des Postwesens, hingegen nicht, der Klägerin in den Grenzen der Exklusivlizenz einen bestimmten Marktanteil zu reservieren. Die sog. Overnight-Zustellung sei eine höherwertige Dienstleistung i.S.d. § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG und berühre nicht die Exklusivlizenz der Klägerin. Die Klägerin sei mit ihrem Logistiknetz zwar in der Lage, massenweise Briefe bundesweit innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu befördern, sie sei aber nicht in der Lage, ihr Angebot in der Art zu differenzieren und um Mehrwertelemente anzureichern, wie es die Beigeladene oder andere Anbieter sog. D-Dienstleistungen bewirken könnten. Die als Vergleichsmaßstab heranzuziehende Post-Universaldienstleistungsverordnung beschränke sich auf Merkmale einer einfachen Beförderungsdienstleistung im Sinne eines "unabdingbaren Mindestangebots"; Leistungen, die danach nicht erbracht werden müssten, seien demgegenüber bei gebotener objektiver Betrachtung höherwertig. Auf das sog. Flächenkriterium, wonach die von einem Wettbewerber beabsichtigte Postdienstleistung in einem Gebiet mit einer gewissen Mindestgröße angeboten werden müsse, verzichte sie, die Beklagte, inzwischen und erkläre dieses Kriterium in der angefochtenen Lizenz für die Beigeladene als gegenstandslos. Einen ungeschriebenen Gesetzesvorbehalt, dass die Erteilung von Lizenzen nur solange erfolgen dürfe, wie dies das wirtschaftliche Gleichgewicht der Klägerin nicht gefährde, gebe es nicht. Dies ergebe sich eindeutig aus dem 2. Postgesetzänderungsgesetz, worin der Gesetzgeber die Verpflichtung der Klägerin festgeschrieben habe, den Universaldienst zu erbringen, ohne zugleich einen Ausgleich dafür zu erhalten. Auch im Universaldienst seien die Leistungen der Klägerin profitabel. Bei der Briefdienstleistung hätte die Klägerin mit ca. 98% den deutlich überwiegenden Marktanteil, während der Marktanteil der Lizenznehmer demgegenüber minimal sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Dezember 2001 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie macht geltend, es sei grundsätzlich zu klären, ob Wettbewerbern erteilte Lizenzen nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG (sog. D-Lizenzen) mit der ihr zustehenden Exklusivlizenz vereinbar seien. Die Beklagte habe für die Erteilung dieser Lizenzen sog. Entscheidungskriterien entwickelt, deren Grundlagen und Maßstäbe aber unklar und die nicht an den tatsächlichen Kundenbedürfnissen orientiert seien. Die der Beigeladenen erteilte Lizenz sei nicht hinreichend bestimmt, weil ihr Tenor über die Wiederholung des Gesetzestextes hinaus keine weiteren Regelungen enthalte und der Aufzählung der Leistungsmerkmale in dem Teil "Hinweise" keine verbindliche Wirkung zukomme. Aus der Lizenz seien insbesondere nicht die Grenzen der erlaubten Tätigkeit und damit die Abgrenzung zu der für sie bestehenden Exklusivlizenz eindeutig erkennbar. Die der Beigeladenen erteilte Lizenz zur sog. Overnight (E+1)-Zustellung sei wegen Unvereinbarkeit mit § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden. Die Overnight-Dienstleistung unterscheide sich nicht von der Standard-Dienstleistung im Rahmen des Universaldienstes. Vergleichsmaßstab seien insoweit nicht die Briefdienstleistungen durch sie, die Klägerin, sondern die Vorgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung, die jedoch beispielsweise konkrete Leerungszeiten für Briefkästen gar nicht vorsehe. Der Begriff der Trennbarkeit in § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG müsse nach Marktabgrenzungskriterien und damit in Orientierung an kartellrechtlich relevante Kriterien ausgelegt werden und könne nicht auf eine bloße Unterscheidbarkeit der genehmigten Dienstleistungen von Universaldienstleistungen reduziert werden. Dabei würde sich ergeben, dass die der Beigeladenen und anderen Wettbewerbern lizenzierten Postdienstleistungen nicht als von der Universaldienstleistung trennbar angesehen werden könnten. Nach dem zu Grunde zu legenden Bedarfsmarktkonzept ergebe sich, dass die ihr reservierten Dienstleistungen durch der Beigeladenen genehmigte Leistungen lediglich substituiert würden und sich deshalb auf demselben sachlich maßgebenden Markt bewegten. Aus der Sicht des Kunden, auf den abzustellen sei, sei der Preis das entscheidende Merkmal für die Auswahl unter Anbietern von Postdienstleistungen, während Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Zustellung von Briefsendungen demgegenüber keine Rolle spielten. Die der Beigeladenen genehmigte Overnight-Zustellung sei auch gegenüber dem Universaldienst nicht qualitativ höherwertig. Ob Briefsendungen am Folgetag spätestens mittags oder zu einer nicht näher festgelegten Stunde ausgeliefert würden, mache aus Verbrauchersicht für Empfänger und Absender keinen Unterschied. Auch die weiteren Leistungsmerkmale in der angefochtenen Lizenz wie nachträgliche Abrechnung, Umlenkbarkeit der Sendungen, Nichtberechnung des Entgelts bei Verfehlen des Zustellzeitpunktes, weitere Zustellversuche am nächsten Tag bei fehlgeschlagener Zustellung, Ermittlung von Nachsendeadressen bei verzogenen Empfängern und Haftung für den Verlust oder die Beschädigung von Sendungen begründeten keine gegenüber dem Universaldienst höhere qualitative Wertigkeit, zumal nicht erkennbar sei, ob/dass die in der Lizenz genannten Leistungsmerkmale kumulativ erfüllt sein müssten. Die Lizenzierungspraxis der Beklagten gefährde auch ihr wirtschaftliches Gleichgewicht, das zur Durchführung des Universaldienstes notwendig sei. Dieses Merkmal ergebe sich bei verständiger Auslegung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG und begründe deshalb die Pflicht der Beklagten, das Regulierungsziel der Sicherstellung des Universaldienstes zu beachten (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 PostG) und durch ihre Lizenzierungspraxis eine solche Gefährdung zu verhindern; dies folge auch aus der sog. Corbeau-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, an der sich der Gesetzgeber beim Erlass des Postgesetzes orientiert habe. Es gehe auch nicht an, die Brieflaufzeiten der Beigeladenen, deren Tätigkeit und Lizenz auf ein regionales Zustellgebiet beschränkt sei, mit der nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung im Jahresdurchschnitt zulässigen maximalen Brieflaufzeit für eine bundesweite Zustellung zu vergleichen.

Die Beigeladene, die sich (auch) im Berufungsverfahren nicht geäußert hat, stellt keinen Antrag.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt ihrer Schriftsätze, wegen des Sachverhalts auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er diese einstimmig für begründet sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. November 2004

- 1 B 33/04 -, NVwZ 2005, 336, und vom 7. April 2004 - 3 B 73.03 -, DÖV 2004, 749; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Juli 2005, § 144 Rdnr. 111.

Die Beteiligten sind vorher zu dieser Entscheidungsform gehört worden. Der Senat hat am 07. Dezember 2005 in den ähnlich gelagerten Verfahren 13 A 710/02 und 13 A 711/02, in denen anders als in diesem Verfahren auch die jeweiligen Beigeladenen sachliche Stellungnahmen abgegeben hatten, eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Vertreter der Hauptbeteiligten anwesend waren und in der die auch in diesem Verfahren relevanten Problembereiche angesprochen wurden, und damit der Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 30. Juni 2004 - 6 C 28.03 - (BVerwGE 121, 211, NVwZ 2004, 1377) entsprochen. Eine von jenen Verfahren abweichende besondere Problematik, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch in diesem Verfahren geboten erscheinen lässt, ist nicht gegeben.

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch die Berufung der Beklagten gegen den der Klage stattgebenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2001 bezüglich der mit der angefochtenen Lizenz genehmigten Overnight/E+1-Zustellung und in der Sache die der Beigeladenen erteilte Lizenz vom 24. Februar 2000, soweit sich diese auf § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG bezieht. Die Lizenzerweiterung durch Bescheid der RegTP vom 2. März 2001 ist hingegen nicht relevant. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach der entsprechenden Rücknahme der Klage im Schriftsatz der Klägerin vom 29. Januar 2003, in die die Beklagte eingewilligt hat und zu der es der Einwilligung der Beigeladenen nicht bedurfte, nicht mehr die Frage, ob die angefochtene Lizenz vom 24. Februar 2000 insoweit rechtmäßig ist, als sie der Beigeladenen erlaubt, werktäglich bis 14.00 Uhr bei den Auftraggebern abgeholte Briefsendungen am Tag der Abholung zuzustellen ("taggleiche" Zustellung). Diesbezüglich war/ist deshalb das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO) und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Dezember 2001 - 22 K 9736/00 - gem. §§ 173 VwGO, 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wirkungslos. Die Rücknahme der Berufung durch Schriftsatz der Klägerin vom 9. März 2005 hat die Beendigung des Berufungsverfahrens in Bezug auf die der Beigeladenen lizenzierte "termingenaue" Zustellung bewirkt.

Für die Beurteilung des Begehrens der Beteiligten besteht für den Senat keine Bindungswirkung in irgendeiner Hinsicht. Zwar hat der Senat in dem o. a. ähnlich gelagerten Verfahren 13 A 711/02 durch Beschluss vom 6. Oktober 2003 (nach § 130a VwGO) auf die Berufungen der dortigen Beklagten und Beigeladenen die Klage der Klägerin gegen eine lizenzierte Overnight-Zustellung zurückgewiesen und wurde der Beschluss durch das angegebene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2004 - 6 C 28.03 - aufgehoben, soweit nicht das Verfahren eingestellt worden war, und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entfaltet aber keine Bindungswirkung für dieses Verfahren, weil in jenem Verfahren andere Beteiligte betroffen waren und die Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht wegen eines Verfahrensfehlers erfolgt ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2000 - 8 B 154/00 -, NVwZ 2000, 1299; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 144 Rdnrn. 122, 114; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 144 Rdnr. 12.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin zu Unrecht stattgegeben, soweit die Lizenz vom 24. Februar 2000 für die Beigeladene dieser die sog. Overnight-Zustellung erlaubt.

Der für das Klagebegehren und die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der angefochtenen Lizenz maßgebliche Zeitpunkt richtet sich nach materiellem Recht.

BVerwG, Beschluss vom 23. November 1990 - 1 B 155/90 -, NVwZ 1991, 372.

Ist das materielle Recht zukunftsgerichtet und dienen nach der streitbefangenen Behördenentscheidung ergangene Rechtsänderungen diesem zukunftsgerichteten Zweck, spricht das für die Notwendigkeit ihrer Beachtung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dies gilt wegen der angestrebten Liberalisierung und Intensivierung des Wettbewerbs gerade auch für den Bereich des Postwesens. Auch die zwischenzeitlichen postrechtlichen Normänderungen weisen eine auf weitere Marktliberalisierung und Wettbewerbsintensivierung, also zukunftsgerichtete Zweckbestimmung aus. Ein Abstellen auf den üblicherweise für die Beurteilung von Anfechtungsklagen maßgebenden Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung würde somit bedeuten, dass wesentliche normative Veränderungen unberücksichtigt blieben und die Entscheidung zu einem überholten Sach- und Rechtsstand ergehen würde. Dementsprechend sind die nach der Erteilung der Lizenz vom 24. Februar 2000 bzw. nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2001 eingetretenen relevanten Veränderungen in der Chronologie des Ersten Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes vom 2. September 2001 (BGBl. I S. 2271), des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes vom 30. Januar 2002 (BGBl. I S. 572), des Post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes vom 7. Mai 2002 (BGBl. I S. 1529) und des Dritten Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3218) zu berücksichtigen. Danach steht der Klägerin bis zum 31. Dezember 2007 die gesetzliche Exklusivlizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG für die Beförderung von Briefsendungen und adressierten Katalogen zu, deren Einzelgewicht - bis 31. Dezember 2005 - 100 Gramm und deren Einzelpreis weniger als das Dreifache des Preises für entsprechende Postsendungen der untersten Gewichtsklasse betrug. Ab 1. Januar 2006 gilt die Gewichtsgrenze von 50 Gramm und das Zweieinhalbfache des maßgebenden Preises, wobei dieser Änderung in rechtlicher Hinsicht für die in diesem Verfahren anstehende Frage einer etwaigen Beeinträchtigung der Exklusivlizenz durch die angefochtene Lizenz für die Beigeladene keine entscheidende Auswirkung zukommt. Die Klägerin ist seit Februar 2002 für den Zeitraum der gesetzlichen Exklusivlizenz verpflichtet, Universaldienstleistungen im Sinne der Post-Universaldienstleistungsverordnung zu erbringen.

Die durch das 1. Postgesetz-Änderungsgesetz erfolgte Hinausschiebung der Befristung der Exklusivlizenz bis Ende 2007 begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2003- 1 BvR 1712/01 -, BVerfGE 108, 370.

Die Klage ist zulässig.

Das Verwaltungsgericht hat die Klagebefugnis der Klägerin zu Recht bejaht (§ 42 Abs. 2 VwGO). Unter Berücksichtigung der Legaldefinition einer "Lizenz" in § 5 Abs. 1 PostG handelt es sich bei der der Klägerin zustehenden gesetzlichen Exklusivlizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG um eine öffentlichrechtliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Beförderung von Briefsendungen und adressierten Katalogen mit einem bestimmten Einzelgewicht und einem bestimmten Einzelpreis. Mit der gesetzlichen Exklusivlizenz wird der Klägerin zugleich ein geschützter Tätigkeitsbereich reserviert, der sich von anderen in § 51 Abs. 1 Satz 2 PostG vorgesehenen Beförderungs- und Dienstleistungen abgrenzt und insoweit zugleich einen Schutz für die Klägerin bewirkt. Im Grenzbereich zwischen der gesetzlichen Exklusivlizenz mit einem für die Klägerin reservierten Tätigkeitsbereich und dem Tätigkeitsfeld, das der Beigeladenen durch die Lizenz vom 24. Februar 2000 erlaubt wird, erscheint es nicht von vornherein als offensichtlich, dass eine Rechtsverletzung der Klägerin nicht gegeben sein kann. Eine Verletzung des mit der Einräumung der Exklusivlizenz begründeten subjektiv-öffentlichen Rechts der Klägerin erscheint vielmehr möglich, wenn die Beklagte bei der Erteilung der Lizenz für die Beigeladene den Umfang der Exklusivlizenz verkannt und/oder die Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zu Unrecht bejaht hätte. Ebenso wie andererseits Art. 12 Abs. 1 GG für die Wettbewerber der Klägerin ein subjektives Recht auf Einhaltung der verfassungsrechtlichen Grenzen der Einräumung von Ausschließlichkeitsrechten gewährt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2003

- 1 BvR 1712/01 -, a.a.O.,

begründet deshalb die gesetzliche Exklusivlizenz auch für die Klägerin ein subjektiv-öffentliches Recht auf Achtung und Wahrung des danach erlaubten Betätigungsbereichs. Dessen mögliche Beeinträchtigung reicht zur Annahme der Klagebefugnis für die Klägerin.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 -, NVwZ 2003, 605 = MMR 2003, 241; Badura in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 51 Rdnrn. 143,68.

Die Klage ist aber nicht begründet.

Im Rahmen der Beurteilung der verfahrensmäßigen Rechtmäßigkeit der Lizenz für die Beigeladene schließt sich der Senat hinsichtlich der nicht erfolgten Beteiligung der Klägerin im Lizenzierungsverfahren vor der Regulierungsbehörde und der fehlenden Anhörung der Klägerin vor Erteilung der Lizenz den Ausführungen des Verwaltungsgerichts an, wonach diese Umstände nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Lizenz bewirken.

Die angefochtene Lizenz ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit aufzuheben. Zwar kann sich auch ein Drittbetroffener auf eine fehlende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts berufen und liegt insoweit eine Rechtsverletzung seinerseits vor, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um einen ihm zukommenden Schutzbereich (hier auf Grund der Exklusivlizenz) zu wahren und eine Verletzung desselben zu verhindern,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2002

- 10 B 939/02 -, NWVBl. 2003, 214; Stelkens/Bonk/

Sachs, VwVfG, 6.Aufl., § 37 Rdn. 12.

Die Lizenz für die Beigeladene verstößt aber nicht gegen das in § 37 Abs. 1 VwVfG normierte Gebot hinreichender Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Dem steht nicht entgegen, dass sich die konkreten Regelungen i.S.d. § 35 VwVfG nicht schon aus dem Entscheidungssatz der Lizenz ergeben und sich dieser auf die Wiedergabe des Wortlauts des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG beschränkt. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts im Hinblick auf eine getroffene Regelung ist anzunehmen, wenn sich diese aus dem Entscheidungssatz in Zusammenhang mit den Gründen durch Auslegung vollständig, klar und unzweideutig ermitteln lässt.

Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 37 Rdnr. 5, 8, 12; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 37 Rdnr. 10 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, BVerwGE 114, 160 = NVwZ 2001, 1399.

Auf die äußerliche Gestaltung des Verwaltungsakts kommt es dabei nicht entscheidend an, maßgebend ist vielmehr sein objektiver Erklärungswert, wie er bei verständiger Auslegung von den Betroffenen verstanden werden darf und muss. Danach ist es für die Rechtmäßigkeit der Lizenz ohne Bedeutung, dass die der Beigeladenen nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG erlaubte Dienstleistung konkret in den "Hinweisen" in der Lizenz beschrieben wird. Die angefochtene Lizenz, soweit sie Klagegegenstand ist, ist erkennbar darauf gerichtet, der Beigeladenen die Durchführung bestimmter Dienstleistungen nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zu erlauben und den Umfang dieser Erlaubnis durch Beschreibung konkreter Leistungsmerkmale zu konkretisieren. Die Ziffer 3.1 der Lizenz vom 24. Februar 2000 konkretisiert, unabhängig von der weiteren Unterteilung der Lizenz, den sachlichen Geltungsbereich derselben durch die Beschreibung einzelner Merkmale. Ihr kommt daher bei verständiger Würdigung regelnde Wirkung i. S. d. § 35 VwVfG zu. Sie lediglich als "Aneinanderreihung unverbindlicher Positionen" anzusehen, würde hingegen ihrer Bedeutung nicht gerecht und kann auch vom objektiven Empfängerhorizont her so nicht verstanden werden. Dies erhellt u.a. aus der Erwägung, dass die regelnde Wirkung der dargelegten Leistungsmerkmale in der angefochtenen Lizenz auch dann anzunehmen wäre, wenn die Lizenz keine Unterteilung in Abschnitte aufweisen würde und die Leistungsmerkmale in ihrem Text platziert wären. Eine ausdrückliche weitergehende Abgrenzung der Lizenz von der gesetzlichen Exklusivlizenz für die Klägerin war nicht geboten, weil dies bereits normativ durch § 51 Abs. 1 PostG erfolgt ist und nach der Systematik des § 51 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 PostG bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG die Exklusivlizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG nicht berührt wird.

Das Bestimmtheitsgebot verlangt aus Sicht des Senats die genaue Bezeichnung der lizenzierten Betätigung des Lizenznehmers. Dies gilt schon deshalb, um dem Lizenzinhaber nicht gesetzeswidrig eine Betätigung im durch die Exklusivlizenz geschützten Tätigkeitsbereich der Klägerin zu erlauben und um keine bußgeldbewehrte Tätigkeit in einem nicht lizenzierten Bereich zu provozieren. Dass die Beschreibung der Dienstleistungen in den Nrn. (1) bis (11) der Lizenz-Hinweise vom 24. Februar 2000 nicht kumulativ gemeint sein kann, ergibt sich bei verständiger Auslegung schon daraus, dass sich die Beschreibung zum Teil auf unterschiedliche Dienstleistungen bezieht und im Übrigen den Leistungsmerkmalen, würden sie einzeln für sich gesehen, keine Bedeutung für die Subsumtion im Rahmen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zukäme. So ist beispielsweise das Leistungsmerkmal "(3) werktägliche Abholung von Briefsendungen bei den Auftraggebern nach 17.00 Uhr" für sich gesehen ohne Relevanz und gewinnt seine Bedeutung für die Charakterisierung als Overnight-Zustellung erst in Zusammenhang mit dem Leistungsmerkmal "(4) Garantierte Zustellung dieser Sendungen bis spätestens 12.00 Uhr des folgenden Werktags"; der Typus der Overnight-Zustellung definiert sich somit erst aus einer Zusammenschau dieser beiden insoweit wesentlichen Merkmale. Gleiches galt für die - nach der entsprechenden Klagerücknahme nicht mehr streitgegenständlichen - zusammengehörenden Leistungsmerkmale (1) und (2) in den Hinweisen in der Lizenz vom 24. Februar 2000. Der Senat interpretiert daher den Erklärungsinhalt der der Beigeladenen erteilten Lizenz nicht im Sinne einer schlichten Erlaubnis zur umfassenden Briefbeförderung, die einen Konflikt mit der der Klägerin vorbehaltenen Postbeförderung nicht ausschlösse, sondern als Erlaubnis zur Durchführung einer spezifischen, durch die Merkmale in den Lizenz-Hinweisen besonders gekennzeichneten Briefbeförderung. In diesem Sinne muss auch die Klägerin redlicherweise die Lizenz verstehen, zumal von einer Nichtigkeit der Lizenz wegen vermeintlicher Unbestimmtheit nicht die Rede sein kann und sich bezüglich ihres regelnden Inhalts weitere Klarheit im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ergeben hat.

Die der Beigeladenen erteilte Lizenz ist auch materiell rechtmäßig. Dies gilt auch angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 1712/01 -, u.a. mit der Aussage, dass Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG gegenüber dem Art. 12 Abs. 1 GG vorrangig ist und dass sich Wettbewerber der Klägerin im monopolisierten Bereich nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen können.

Die angefochtene Lizenz hat ihre Rechtsgrundlagen in §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3, 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG.

Gem. § 5 Abs. 1 PostG bedarf der Lizenz, wer Briefsendungen, deren Einzelgewicht nicht mehr als 1000 Gramm beträgt, gewerbsmäßig für andere befördert. Briefsendungen sind dabei nach § 4 Nr. 2 PostG adressierte schriftliche Mitteilungen; Kataloge und wiederkehrend erscheinende Druckschriften wie Zeitungen und Zeitschriften gehören nicht dazu.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 PostG ist die Lizenz zu erteilen, wenn kein Versagungsgrund nach § 6 Abs. 3 PostG besteht.

Ein Grund für die Versagung der Lizenz nach § 6 Abs. 3 PostG, der nach dem Willen des Gesetzgebers insoweit eine abschließende Regelung darstellt,

vgl. BT-Drucks. 13/7774 S. 21 -,

ist nicht gegeben. Von den dort aufgeführten Versagungsgründen kommt nur Nummer 2 in Betracht, zumal die subjektiv bezogenen Versagungsgründe des § 6 Abs. 3 Nrn.1 und 3 PostG wegen fehlenden Drittschutzes hier nicht einschlägig sind.

Nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 PostG ist die Lizenz zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Aufnahme einer lizenzpflichtigen Tätigkeit die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet würde. Dies ist anzunehmen, wenn die Lizenz für die Beigeladene die der Klägerin eingeräumte Exklusivlizenz tangiert und deren reservierten Dienstleistungsbereich beeinträchtigt. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Entscheidung der Beklagten, bei der der Beigeladenen linzenzierten Overnight-Zustellung die Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zu bejahen, ist rechtmäßig und nicht zu beanstanden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll(te) die Exklusivlizenz für die Klägerin "zur Bewältigung des anstehenden Strukturwandels" dienen (BT-Drucks. 13/7774, S. 33). Durch die Postreform II in 1994 wurden die rechtlichen Voraussetzungen für die Privatisierung des Postwesens, das bis dahin durch ein Monopol zu Gunsten des Staates charakterisiert war, und die Liberalisierung des Postmarktes geschaffen. Die bislang in bundeseigener Verwaltung geführte Deutsche Bundespost wurde privatisiert und in Aktiengesellschaften umgewandelt. Damit verbunden war eine Umwandlung von einem hierarchisch strukturierten Behördenapparat zu einem Unternehmen, das den Regeln und Maßstäben des Wettbewerbs unterliegt und sich an betriebswirtschaftlichen Kriterien zu orientieren hat. Die mit der Umwandlung verbundenen Kosten, die sich u.a. aus der Übernahme von Beamten der Deutschen Bundespost (Art. 143 b GG), Pensionszahlungen sowie einer Modernisierung und Optimierung der Unternehmensstruktur ergaben, sollten mit der - etwa 86 % des Briefbeförderungsmarktes (unter Ausschluss des Marktes für Massensendungen) umfassenden - Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG "abgesichert" werden. Die der Klägerin zuerkannte Exklusivlizenz war/ist somit für eine Übergangszeit dafür gedacht, einen abrupten Systemwechsel zu vermeiden und statt dessen einen sich stufenweise vollziehenden Übergang vom Monopol zum Wettbewerb zu ermöglichen. Der Erlass des Postgesetzes war zudem beeinflusst durch europarechtliche Vorgaben zur Liberalisierung des gemeinsamen Marktes auf dem Postsektor, wie sie beispielsweise in der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstqualität - Postdienste-RL- vom 15. Dezember 1997 (Abl. EG. Nr. L 15, S. 14), jetzt geltend in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2002/39/EG vom 10. Juni 2002 (Abl. EG Nr. L 176, S. 21), ihren Niederschlag gefunden haben. In die Gesetzesberatungen einbezogen wurde auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Grenzen von Monopolen auf dem Postsektor und zur Möglichkeit des Marktzutritts für konkurrierende Dienste, insbesondere die sog. "Corbeau"-Entscheidung,

EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C 320/91 -, Slg. 1993, I - 2533; NVwZ 1993, 874; EuZW 1993, 422.

Ein Beurteilungsspielraum mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung steht der Behörde bei der Frage, ob ein Versagungsgrund gegeben oder eine postrechtliche Lizenz zu erteilen ist, nicht zu. Dies gilt auch für Entscheidungen im Rahmen von § 51 Abs. 1 Satz 2 PostG, weil insoweit ebenfalls eine "Lizenz"-Entscheidung nach §§ 5, 6 PostG ansteht. Ein Beurteilungsspielraum wird von der Rechtsprechung üblicherweise anerkannt bei Prüfungs- oder prüfungsähnlichen Entscheidungen, insbesondere im Schulbereich, bei beamtenrechtlichen Beurteilungen, bei Entscheidungen wertender Art insbesondere durch mit mehreren Personen besetzte Gremien und bei Prognoseentscheidungen und Risikobewertungen. Eine derartige, durch eine besondere Situation (z.B. Prüfung) gekennzeichnete oder von der Bewertung Mehrerer abhängige Entscheidungslage steht bei der Entscheidung, ob einem Antrag auf Erteilung einer postrechtlichen Lizenz ein Versagungsgrund entgegensteht, nicht an. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Lizenzierungsvorbehalt des § 5 Abs. 1 PostG um einen Eingriff in die Berufs- und Unternehmensfreiheit handelt, und gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 PostG die Lizenz zu erteilen ist, wenn kein Versagungsgrund nach § 6 Abs. 3 PostG besteht, ist die Lizenzerteilung vielmehr als gebundene Entscheidung zu werten, auf die bei Nichtvorliegen eines Versagungsgrundes ein Anspruch besteht.

Vgl. Badura in Beck'scher PostG-Kommentar,2. Aufl., § 51 Rdn. 142.

Dies gilt auch im Hinblick auf § 6 Abs. 2 Satz 1 PostG, wonach bei der Lizenzerteilung die Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 PostG zu beachten sind und zur Sicherstellung dieser Regulierungsziele der Lizenz Nebenbestimmungen beigefügt werden können. Dabei folgt schon aus dem Umstand des Fehlens der "Beachtung der Regulierungsziele" bei den Lizenzversagungsgründen des § 6 Abs. 3 PostG und aus der vom Gesetzgeber gewollten abschließenden Regelung der Versagung einer Lizenz durch diese Vorschrift, dass die Nichtbeachtung der Regulierungsziele nicht als eigenständiger Versagungsgrund für die Lizenz gelten soll. Die Notwendigkeit der Beachtung der Regulierungsziele beeinflusst vielmehr lediglich den Inhalt möglicher Nebenbestimmungen der Lizenz, eine eigenständige Bedeutung im Sinne eines Versagungsgrundes für eine beantragte Lizenz kommt ihnen darüber hinaus nicht zu.

Im Rahmen des § 51 Abs. 1 PostG, der in Satz 1 die Exklusivlizenz für die Klägerin bestimmt und in Satz 2 den hiervon ausgenommenen liberalisierten Bereich der Briefbeförderung betrifft, steht die Frage der Abgrenzung zwischen dem auf Grund der Exklusivlizenz der Klägerin vorbehaltenen Tätigkeitsbereich und dem Bereich "besonderer höherwertiger Dienstleistungen" i.S.d. § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG , auf den sich die Lizenz für die Beigeladene bezieht, an. Bezüglich der drei in § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG genannten Tatbestandsmerkmale der "von Universaldienstleistungen trennbaren Dienstleistungen", der "besonderen Leistungsmerkmale" und der "qualitativen Höherwertigkeit" gibt das Gesetz nicht vor, welches jeweils der "Vergleichsmaßstab" bzw. die - von der Beklagten so bezeichnete - "Referenzdienstleistung" sein soll, an denen die Merkmale und ihre abgrenzenden, sie von anderen Postdienstleistungen heraushebenden Kriterien zu messen sind. Der Senat hat dazu im Beschluss vom 6. Oktober 2003 im Verfahren 13 A 711/02 die Auffassung vertreten, das Tatbestandsmerkmal der Trennbarkeit von Universaldienstleistungen sei abstrakt, also im Hinblick auf § 11 Abs. 1 PostG und die dazu ergangene Post-Universaldienstleistungsverordnung - PUDLV - mit darin bestimmten Mindestanforderungen zu beurteilen, während bei den beiden übrigen Tatbestandsmerkmalen ("besondere Leistungsmerkmale", "qualitative Höherwertigkeit") jeweils der durch die Klägerin tatsächlich erbrachte Postdienst zu berücksichtigen sei. Der Senat hält diese differenzierende Betrachtungsweise bei den Tatbestandsmerkmalen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG, die die ohnehin schwierige Bestimmung der Normkriterien zusätzlich verkompliziert, nicht (mehr) für angebracht und einen einheitlichen Referenzmaßstab für alle Tatbestandsmerkmale der Norm für geboten. Als Vergleichsmaßstab für § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG sieht er dabei, offenbar in Übereinstimmung mit den Beteiligten, die normativen Vorgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung an, weil dies eine durchgängige und gleich bleibende, von subjektiven Einflüssen unberührt bleibende Vergleichsbetrachtung gewährleistet. Das Abstellen auf den tatsächlich von der Klägerin durchgeführten Postdienst würde nämlich bedeuten, dass davon das Schicksal postrechtlicher Lizenzen von Wettbewerbern nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG abhängen würde und die Klägerin es in der Hand hätte, durch Erhöhung ihres Standards zu beeinflussen, ob Postdienstleistungen von Wettbewerbern dessen Merkmale erfüllen. Dadurch würde jedoch der im Postbereich gewollte verstärkte Wettbewerb verhindert, zumindest aber erschwert.

Die Frage der Höherwertigkeit der Leistungen eines Postdienstes im Verhältnis zu einem anderen Postdienst kann nach Auffassung des Senats nur objektiv aus der Sicht eines Dritten bzw. eines Dienstleistungen nachfragenden Postkunden bestimmt werden,

vgl. Herdegen in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 51 Rdn. 107 ff,

und in einer wertenden Gesamtschau aller für die Dienstleistung relevanten Umstände erfolgen. Jede Art von Postdienst erfolgt, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen des betreffenden Dienstbetreibers, gerade zur Bedienung der Interessen der Nutzer, also derjenigen, die Postdienstleistungen als Absender oder Empfänger in Anspruch nehmen (vgl. Art. 2 Nr. 17 Postdienste-RL 97/67/EG). Dies folgt bereits aus dem in § 1 PostG normierten Zweck des Postgesetzes, flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten, was ebenso wie die Forderung in § 11 Abs. 1 PostG, als Universaldienstleistungen ein Mindestangebot an Postdienstleistungen vorzuhalten, die flächendeckend und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden, nur an den Interessen der Postkunden orientiert sein kann. Auch die europarechtliche Sicht (vgl. die genannte Corbeau-Entscheidung des EuGH und Art. 3 Postdienste-RL 97/67/EG) stellt auf die Nutzer von Postdienstleistungen ab und geht von dessen Nachfrageperspektive aus. Der Wert einer Postdienstleistung, zu der insbesondere auch die Beförderung von Briefsendungen, also das Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern von Postsendungen an den Empfänger zählt (§ 4 Nr. 1 a), Nr. 3 PostG), bestimmt sich aus der Sicht eines Nutzers danach, welche Qualitätsmerkmale insgesamt dem einen oder anderen Postdienst zukommen, und inwieweit ihm, dem Nutzer, ein "Mehrwert" zufließt. Maßgebend für die Sicht des Briefbeförderung Nachfragenden auf Grund objektiver Betrachtung kann dabei nur eine Gesamtschau aller Leistungsmerkmale einer lizenzierten Briefbeförderung im Vergleich zu den Leistungsmerkmalen, die die Post-Universaldienstleistungsverordnung vorsieht, sein. Eine nur auf einzelne Merkmale abstellende Betrachtungsweise ohne Berücksichtigung anderer Leistungsmerkmale würde zu einer in der Sache ungemessenen formalen Atomisierung einer Postlizenz in mehrere Einzelaspekte führen. Der Wert einer Postdienstleistung gewinnt seine Bedeutung aber nicht aus einzelnen isoliert betrachteten Anordnungen bzw. Berechtigungen, sondern aus einer Gesamtwertung der insgesamt erlaubten Dienstleistungen mit ihren wechselseitigen und sich ergänzenden Merkmalen. Nicht anders als in einer Gesamtschau gestaltet sich im Übrigen auch die Betrachtung des Universaldienstes und seiner Qualitätsmerkmale der Briefbeförderung, beispielsweise in § 2 PUDLV. Wertbildende Faktoren sind dabei in Bezug auf die Briefbeförderung alle die Dienstleistung für den Nutzer eines Postdienstes - vom Einsammeln bis zur Auslieferung der Postsendung - definierenden Umstände, wozu u.a. neben dem Aufgabe- und Zustellzeitpunkt der Sendung deren Laufzeit rechnet, aber auch der für die Dienstleistung zu entrichtende Preis,

vgl. auch Herdegen in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 51 Rdn. 109 f.

Der Senat sieht - anders als im Beschluss vom 6. Oktober 2003 im Verfahren 13 A 711/02 - in dem Preis für eine Postdienstleistung und den damit in Zusammenhang stehenden Zahlungsmodalitäten nicht (mehr) nur eine für die Bewertung der Leistung nicht zu berücksichtigende Gegenleistung. Die Außerachtlassung des für eine Leistung zu entrichtenden Entgelts wird der Bedeutung dieses Umstandes aus Kundensicht nicht gerecht. Der vom Postkunden für eine konkrete Postdienstleistung bzw. Briefbeförderung zu entrichtende Preis und etwaige Zahlungsmodalitäten sind nämlich ebenfalls von erheblicher, wenn nicht entscheidender Bedeutung für die Wahl eines bestimmten Postdienstes durch den Nutzer, was jedenfalls dann gilt, wenn der Preis bei ansonsten gleichem Standard bei einem alternativen Postdienst günstiger sein sollte als im Universalpostdienst. Das hat auch dann seine Berechtigung, wenn die weiteren eine Postdienstleistung qualifizierenden Merkmale so viel besser sind als bei einer Leistung im Universaldienst, dass um deren Vorteile willen ein ggf. höheres Entgelt vom Nutzer in Kauf genommen wird. Den Zusammenhang zwischen dem ("Mehr"-)Wert einer Postdienstleistung und dem Preis lassen zudem beispielsweise auch die Nummern 11 und 18 der Begründungserwägungen der Postdienste-RL 97/67/EG erkennen.

Nach diesen Wertungsvorgaben handelt es sich bei der lizenzierten sog. Overnight-Zustellung, die nur noch Gegenstand des Verfahrens ist, um Dienstleistungen, die von Universaldienstleistungen trennbar sind, besondere Leistungsmerkmale aufweisen und qualitativ höherwertig sind.

Da die Overnight-Zustellung gem § 4 Nr. 1 Buchst. a) PostG als Beförderung von Briefsendungen anzusehen und damit Postdienstleistung i. S. d. Postgesetzes ist, bedarf es nicht einer abschließenden Klärung, wie der Begriff "Dienstleistungen" im Rahmen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zu definieren ist, und kann dahinstehen, ob der Senat mit der Gleichsetzung von "Dienstleistungen" mit "Postdienstleistungen" im Beschluss vom 6. Oktober 2003 im Verfahren 13 A 711/02 u.U. eine zu enge Sichtweise zu Grunde gelegt hat.

Die lizenzierte Overnight-Zustellung ist trennbar von Universaldienstleistungen. Zu diesem Tatbestandsmerkmal des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG sieht der Senat nach wie vor keine Veranlassung, die im Rahmen des § 51 Abs. 1 PostG anstehende Trennlinie zwischen der nach Satz 1 bestehenden Exklusivlizenz für die Klägerin und dem in Satz 2 hiervon ausgenommenen liberalisierten Bereich der Briefbeförderung nach Kriterien einer betriebswirtschaftlichen Marktabgrenzung zu bestimmen. Das Postgesetz und speziell die Vorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Gesetzes erfordern keinen Rückgriff auf Marktabgrenzungstheorien ("Bedarfsmarktkonzept"), auch wenn es sein mag, dass mit Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zugleich feststeht, dass eine diese Voraussetzungen erfüllende Briefbeförderung einem anderen Markt als dem der Klägerin vorbehaltenen zuzuordnen ist und damit die Märkte abgegrenzt sind. Die Abgrenzung ist mit § 51 Abs. 1 Satz 2 PostG, wonach der die Exklusivlizenz der Klägerin betreffende Satz 1 für die Tatbestände des Satzes 2 nicht gilt, normativ vorgezeichnet. Marktabgrenzungskonzepte erfordern zudem das Bestehen von Märkten, was aber im durch ein ausschließliches Recht reservierten Bereich, in dem ein Tätigwerden anderer nicht zulässig ist, gerade nicht der Fall ist. § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG verdeutlicht durch den der Klägerin reservierten Tätigkeitsbereich auf Grund der Exklusivlizenz, durch die praktisch ein eigener "Markt" für ein ausschließliches Tätigwerden in diesem Bereich geschaffen wurde, dass es im Rahmen des § 51 Abs. 1 PostG gerade nicht auf eine Marktabgrenzung ankommt. Zu einer anderen Sichtweise zwingt nach Auffassung des Senats auch nicht die "Corbeau"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. In jener Entscheidung wurden die Grenzen der Gewährung von Ausschließlichkeitsrechten an Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, und die Möglichkeiten der Liberalisierung des Wettbewerbs angesprochen. Abgesehen davon, dass der in der Entscheidung angeführte Begriff der "Trennbarkeit" dort nicht näher definiert und konkretisiert wurde und der Entscheidung keine konkretisierenden Auslegungskriterien für diesen Begriff entnommen werden können, beinhaltet diese Entscheidung auch keine Bindung des nationalen Gesetzgebers für die Ausgestaltung des Universaldienstes. Eine differenzierte Betrachtung der Märkte würde auch nicht weiterführen, weil die Klage unabhängig von irgendwelchen Marktabgrenzungs- oder Marktbeherrschungsfragen danach zu beurteilen ist, ob die Beklagte die Merkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu Recht oder zu Unrecht angenommen hat und diese Entscheidung im Wege der üblichen Subsumtion erfolgen kann.

Die Trennbarkeit der Overnight-Zustellung von Universaldienstleistungen dokumentiert sich bereits durch ihren äußeren Ablauf und die sie charakterisierenden wesentlichen Merkmale. § 11 Abs. 1 PostG definiert die Universaldienstleistungen als "ein Mindestangebot an Postdienstleistungen nach § 4 Abs. 1 PostG, die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden." Der Universaldienst umfasst nur solche Dienstleistungen, die allgemein als unabdingbar angesehen werden. Die auf § 11 Abs. 2 PostG beruhende Post-Universaldienstleistungsverordnung konkretisiert die für den Universaldienst erforderlichen Postdienstleistungen und enthält u.a. in ihrem § 2 Qualitätsmerkmale der Briefbeförderung. Was die Frage des Einsammelns einer Postsendung anbelangt, so sieht diese Bestimmung in ihren Nummern 1 und 2 die Notwendigkeit zahlenmäßig bestimmter stationärer Einrichtungen für den Abschluss und die Abwicklung von Verträgen über Briefbeförderungsleistungen sowie eine ausreichende Anzahl von Briefkästen mit an den Bedürfnissen des Wirtschaftslebens zu orientierenden Leerungszeiten vor. Von der - dem Bereich des "Einsammelns" von Postsendungen i.S.d. § 4 Nr. 3 PostG zuzurechnenden - Abholung von Briefsendungen beim Kunden, die Gegenstand der Lizenz der Beigeladenen ist, ist darin ebenso wenig die Rede wie von der die Overnight-Zustellung bestimmenden Kombination der Abholung von Briefsendungen nach 17.00 Uhr und der Zustellung dieser Sendungen bis 12.00 Uhr des folgenden Tages. Bezüglich des Zustellungszeitraums bzw. des Zustellungszeitziels bei Briefsendungen bestimmt § 2 Nr. 3 PUDLV, dass von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen - mit Ausnahme der Sendungen, die eine Mindesteinlieferungsmenge von 50 Stück je Einlieferungsvorgang voraussetzen - im Jahresdurchschnitt mindestens 80 vom Hundert an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 vom Hundert bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen. Für die Zustellung von Briefsendungen, also das Ausliefern von Postsendungen an den Empfänger i.S.d. § 4 Nr.3 PostG, sehen § 2 Nrn. 4 und 5 PUDLV vor, dass diese mindestens einmal werktäglich und an der in der Anschrift genannten Wohn- oder Geschäftsadresse durch Einwurf in eine für den Empfänger bestimmte und ausreichend aufnahmefähige Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen oder durch persönliche Aushändigung an den Empfänger zu erfolgen hat; bei Unmöglichkeit dieser Zustellung ist die Möglichkeit der Aushändigung an einen Ersatzempfänger vorgesehen. Konkretere zeitliche Zielvorgaben für die Briefbeförderung sind hingegen in der Post-Universaldienstleistungsverordnung nicht enthalten; eine bestimmte Zustellzeit wird danach nicht geschuldet. Weitere den Bereich der Zustellung konkretisierende Leistungsmerkmale sind für den Universaldienst nicht geregelt, während die der Beigeladenen lizenzierte Dienstleistung insoweit einen weiteren Zustellversuch oder die Ermittlung von Nachsendeadressen bei verzogenen Empfängern, die Weitergabe der neuen Anschrift an den Auftraggeber und einen erneuten Zustellversuch im Lizenzgebiet umfasst.

Auch im Hinblick auf Sendungen mit Eilzustellung, die die Klägerin vom Zustellzeitfenster her mit der der Beigeladenen lizenzierten Overnight-Zustellung vergleicht, ist eine Trennbarkeit von Universaldienstleistungen gegeben. Derartige Postsendungen sind zwar nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 PUDLV als besondere Sendungsform von der Briefbeförderung umfasst, eine tages- oder stundenbezogene Zielvorgabe oder ein durch Aufgabe- und Auslieferungszeitpunkt bestimmtes Zeitfenster ist dafür aber in der Post-Universaldienstleistungsverordnung ebenfalls nicht genannt. Zudem sieht § 1 Abs. 2 Nr. 4 PUDLV in zeitlicher Hinsicht bei einer Eilzustellung nicht eine Übermittlung an den Empfänger "frühzeitig am Folgetag" - wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - vor, sondern eine Zustellung "so bald wie möglich" nach ihrem Eingang bei einer Zustelleinrichtung. Im Übrigen ist die von der Klägerin praktizierte Eilzustellung nicht Gegenstand der gesetzlichen Exklusivlizenz und nicht Standard des Universaldienstes, sondern - wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat - Bestandteil einer weiteren eigenständigen Lizenz für die Klägerin. Überdies gibt die Post-Universaldienstleistungsverordnung beispielsweise mit der Orientierung der Leerungszeiten für Briefkästen an den Bedürfnissen des Wirtschaftslebens (§ 2 Nr. 2 PUDLV) einen Spielraum für die Ausgestaltung des Universaldienstes vor, den die Klägerin sowohl zur oberen als auch zur unteren Grenze hin ausnutzen kann.

Ob generell die Overnight-Zustellung von einer Vielzahl von Postdienste-Nutzern nachgefragt wird oder es, wie die Klägerin geltend macht, den meisten Nutzern von Postdienstleistungen gleichgültig ist, ob eine Postsendung an einem Tag bis 12.00 Uhr oder in den Nachmittagsstunden des Tages zugestellt wird, ist für das Merkmal der Trennbarkeit der Leistung von Universaldienstleistungen nicht von Bedeutung und demnach kein Abgrenzungskriterium. Das Angebot der Beigeladenen und anderer Lizenzinhaber, Postdienstleistungen in Form von Overnight-Zustellungen mit einem ihnen immanenten engen Zeitfenster durchzuführen, geht jedenfalls von einer entsprechenden Nachfrage aus; ob diese Erwartung sich realisiert, unterfällt dem Risiko unternehmerischer Tätigkeit.

Die der Beigeladenen lizenzierte Overnight-Zustellung erfüllt auch das Tatbestandsmerkmal der "besonderen Leistungsmerkmale" des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG, das komplementär zur Trennbarkeit von Universaldienstleistungen zu sehen ist. Eine gesetzliche Definition der "besonderen Leistungsmerkmale" ist nicht vorhanden. Vor dem Hintergrund, dass § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG durch die "Corbeau"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs beeinflusst wurde, erscheint jedoch eine Orientierung dieses Tatbestandsmerkmales an der dortigen Formulierung angezeigt, dass ein Wettbewerbsausschluss nicht gerechtfertigt ist bei trennbaren Dienstleistungen, die (u.a.) "bestimmte zusätzliche Leistungen verlangen, die der herkömmliche Postdienst nicht anbietet". Besondere Leistungsmerkmale sind daher solche spezifischen Eigenheiten einer Postdienstleistung bzw. eines postalischen Beförderungsvorgangs im Sinne des § 4 PostG, die im herkömmlichen Postdienst nicht vorzufinden sind und bei einem Vergleich aus Nachfragersicht diesem gegenüber als spezifische Besonderheit der alternativen Postdienstleistung in Erscheinung treten. Dazu zählen beispielsweise Vorgänge der Abholung von Postsendungen beim Kunden, der Umlenkbarkeit von Postsendungen zwischen Abholung und Zustellung oder der nachträglichen Abrechnung der erbrachten Dienstleistungen mit dem Auftraggeber und diesbezügliche Vereinbarungen sowie die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Beförderung der Postsendung und der Zeitpunkt ihrer Auslieferung an den Empfänger, wobei in der "Corbeau"-Entscheidung die Abholung beim Absender, eine schnellere und/oder zuverlässigere Verteilung oder auch die Möglichkeit, den Bestimmungsort während der Beförderung zu ändern, ausdrücklich als "bestimmte zusätzliche Leistung" qualifiziert wurden. Die Lizenz für die Beigeladene und deren Leistungsangebot der Overnight-Zustellung weisen danach in diesem Sinne besondere Leistungsmerkmale auf, die normativ für den Universaldienst nicht vorgesehen sind. Die Wertigkeit der der gesetzlichen Exklusivlizenz für die Klägerin unterfallenden Postdienstleistungen wird, wie sich aus § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG ergibt, zunächst durch die Parameter Preis und Gewicht bestimmt. Wertbestimmend für die Dienstleistung der Beigeladenen ist aus objektiver Nutzersicht nicht nur die Zustellung der Briefsendung am Werktag nach der Abholung, vielmehr kommt in Verbindung damit bereits der Abholung der Sendung als solcher nach 17.00 Uhr des Vortages und der Zeitbegrenzung für die Zustellung bis 12.00 Uhr des folgenden Werktags eine hervorzuhebende Besonderheit gegenüber dem Universaldienst, der diese Merkmale nicht bedient, zu.

Auch das Merkmal der qualitativen Höherwertigkeit ist bei der der Beigeladenen lizenzierten Overnight-Zustellung zu bejahen. Der Begriff ist weder gesetzlich noch in der "Corbeau-Entscheidung" definiert und deshalb nach seinem allgemeinen Begriffsinhalt zu interpretieren. Eine qualitativ höhere Wertigkeit einer Leistung setzt einen wertenden Vergleich mit einer anderen Leistung bzw. einem anderen Produkt voraus und stellt das Ergebnis einer Gewichtung aller Eigenschaften/Merkmale der Leistung/des Produkts dar. Maßgebend ist auch insoweit - wie dargelegt - die objektive Sicht des Briefbeförderung Nachfragenden in einer Gesamtschau aller lizenzierten Leistungsmerkmale. Das Erfordernis der Wertung in einer Gesamtbetrachtung aller Leistungsmerkmale schließt es aus, nur - wie dies die Klägerin mit dem Hinweis darauf tut, dass im regionalen Bereich am Abend des Vortags eingeworfene Briefe zu fast 100% am Folgetag zugestellt würden - die reinen Laufzeiten von Briefzeiten in den Blick zu nehmen. Unabhängig davon, dass sich auf Grund einer Gesamtschau aller lizenzierten Leistungsmerkmale auch bei Überschneidungen in einzelnen Segmenten eine qualitative Höherwertigkeit einer Dienstleistung gegenüber einer anderen ergeben kann, wird damit isoliert nur auf einen Einzelaspekt abgestellt, was der notwendigen Betrachtung der Gesamtheit aller wertbildenden Faktoren nicht gerecht wird. Der Beschluss des Senats vom 6. Oktober 2003 im Verfahren 13 A 711/02, dem ohnehin keine Verbindlichkeit mehr zukommt, konnte auch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass das angegebene Zeitfenster zwischen der Abholung von Briefsendungen beim Auftraggeber und der Zustellung derselben beim Empfänger als das einzige wertbildende Element angesehen wurde. Auch das Vorbringen der Klägerin, die Tätigkeit der Beigeladenen entspreche eher dem Normtatbestand des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG, stellt die qualitative Höherwertigkeit der der Beigeladenen lizenzierten Tätigkeit nicht in Frage. Diese Bestimmung betrifft Postdienstleistungen, bei denen Briefsendungen im Auftrage des Absenders bei diesem abgeholt und bei der nächsten Annahmestelle der Deutschen Post AG eingeliefert werden. Einen solchen Abhol- und Einlieferungsdienst betreibt die Beigeladene aber nicht.

Die Post-Universaldienstleistungsverordnung sieht zeitbezogene Leistungsmerkmale in der Weise, dass bei der Overnight-Zustellung durch die Beigeladene u.a. die Abholung beim Kunden nach 17.00 Uhr und die Auslieferung dieser abgeholten Sendungen bis 12.00 Uhr des folgenden Tages erfolgt, nicht vor und geht von einer Briefeinlieferung in Briefkästen oder Annahmestellen und der Auslieferung regelmäßig einen Tag nach der Einlieferung aus. Die werktägliche Abholung von Briefsendungen bei den Auftraggebern nach 17.00 Uhr und die garantierte Zustellung dieser Sendungen bis spätestens 12.00 Uhr des folgenden Werktags führt aus der Sicht des Auftraggebers ebenso wie aus der des Empfängers zu einem Qualitätszuwachs und damit zu einer qualitativen Höherwertigkeit, weil der Auftraggeber auch bei Postsendungen, die von der Beigeladenen in den späten Nachmittags- oder Abendstunden abgeholt werden, von einer Zustellung bis 12.00 Uhr des folgenden Werktags ausgehen und der Empfänger damit rechnen kann, diese kurzfristig bis 12.00 Uhr des folgenden Tages zu erhalten. Schon das Leistungsmerkmal der Abholung von Briefsendungen beim Auftraggeber nach 17.00 Uhr trägt betrieblichen und geschäftlichen Interessen, die sich aus längeren Betriebsarbeits- und Öffnungszeiten ergeben, Rechnung. Dieses Leistungsmerkmal ermöglicht es, Briefsendungen auch noch gegen Ende der werktäglichen Arbeitszeit in die Beförderungskette einzubringen und führt in Verbindung mit der garantierten Zustellung dieser Sendungen bis 12.00 Uhr des folgenden Werktags zu einer kurzfristigen Auslieferung an den Empfänger. Eine derartige Verlässlichkeit auf eine kurzfristige Zustellung auch solcher Briefsendungen, die gegen Ende eines Arbeits- oder Geschäftstags erstellt werden, gewährleistet die Post-Universaldienstleistungsverordnung nicht. Soweit die Klägerin darauf hinweist, auch sie biete eine Abholung von Sendungen bei Kunden an, ist nicht ersichtlich, dass dies im Rahmen des Universaldienstes und zu den von der Beigeladenen offerierten Konditionen erfolgt. Die qualitative Höherwertigkeit der Leistung der Beigeladenen dokumentiert sich zudem dadurch, dass der Absender einer Briefsendung einen vertraglich gesicherten Anspruch auf Abholung bei ihm durch die Beigeladene hat. Die in der Post-Universaldienstleistungsverordnung vorgesehene Orientierung der Briefkasten-Leerungszeiten an den Bedürfnissen des Wirtschaftslebens, wenn insoweit von Briefkästen mit abendlichen Leerungszeiten ausgegangen wird, erfordert andererseits, dass die Postsendungen zu bestimmten Briefkästen gebracht werden müssen. Auch der Umstand, dass bei der Beigeladenen das Beförderungsentgelt erst nachträglich zu entrichten ist und daher im Gegensatz zur Entgeltvorleistungspflicht bei der Klägerin bei Leistungsstörungen verweigert werden kann, macht das Leistungsangebot der Beigeladenen qualitativ höherwertig. In welchem Ausmaß dies erfolgt und ob dieses Kriterium entscheidend ist für die Wahl eines Postdienstes, ist dabei unerheblich, weil dies wiederum zu einer nicht akzeptablen übergewichteten Betrachtung eines Einzelaspekts führen würde. Des Weiteren unterliegen die Zeitmerkmale nach § 2 Nr. 2 PUDLV der von deren Einschätzung der wirtschaftlichen Bedürfnisse abhängigen Interpretation durch die Klägerin, die dementsprechend die Briefkasten-Leerungszeiten verändern und u.U. auch zeitlich nach vorne verlagern kann, ohne dass es einem Nutzer von Postdienstleistungen möglich ist, darauf Einfluss zu nehmen und ohne dass seinen Interessen nach nachmittäglicher oder abendlicher Postversendung Rechnung getragen wird.

Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG sind des Weiteren auch zu bejahen in Bezug auf die Merkmale (6) bis (8) in der Lizenz vom 24. Februar 2000 für die Beigeladene (nachträgliche Entgeltabrechnung, eingeschränkte Rückholbarkeit der Sendung, Nichtberechnung des Sendungsentgelts bei Verfehlen des Zustellzeitziels). Soweit sie nicht schon im Vorstehenden in Zusammenhang mit anderen Leistungsmerkmalen als höherwertige Dienstleistung eingestuft wurden, ergibt sich diese Wertung daraus, dass auch diese Leistungsmerkmale im Universaldienst nicht vorgesehen sind. Dass sie sich zum Teil auf die Gegenleistung für die eigentliche Postdienstleistung der Briefbeförderung beziehen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen, da es bei der Einschätzung des Werts einer Postdienstleistung auf die Gesamtschau aller Leistungsmerkmale ankommt und den fraglichen Merkmalen, wenn sie auch im Einzelnen keine oder nur geringe Bedeutung haben sollten, jedenfalls in der Gesamtschau mit anderen Merkmalen eine (zusätzliche) wertbestimmende Wirkung zukommt.

Im Übrigen würde sich nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG auch keine andere als die dargelegte Wertung ergeben, wenn als Vergleichsmaßstab statt auf die abstrakten Vorgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung auf den tatsächlich von der Klägerin durchgeführten Postdienst abgestellt würde. Maßstab könnte auch insoweit nur sein, was von der Klägerin im Universaldienst angeboten wird. Der Senat hat nicht die Überzeugung gewonnen, dass dieses Angebot dem mit der lizenzierten Overnight-Zustellung für die Beigeladene einhergehenden Angebot entspricht und sich die Leistungsmerkmale der Lizenz für die Beigeladene nicht im Sinne einer Höherwertigkeit von den Universaldienstleistungen der Klägerin abheben.

Den bei der Lizenz für die Beigeladene zu bejahenden Tatbestandsmerkmalen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG kann auch nicht quasi "aufrechnend" gegenübergestellt werden, die Klägerin erbringe ihre Leistung bundesweit, während sich die Beigeladene tatsächlich nur regional betätige. Räumlich relevant in Bezug auf die der Klägerin zustehende Exklusivlizenz ist zwar das gesamte Bundesgebiet, während sich die angefochtene Lizenz für die Beigeladene formal auf das Gebiet des Bundeslandes Rheinland-Pfalz bezieht. Der Rechtmäßigkeit der erteilten Lizenz steht aber nicht entgegen, dass die Beigeladene tatsächlich nicht im gesamten Bundesgebiet Postdienstleistungen erbringt. Die das gesamte Bundesgebiet umfassende Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG zwingt nicht dazu, dass auch ein Wettbewerber im liberalisierten Bereich Postdienstleistungen im gesamten Bundesgebiet erbringen muss und dass für die Frage der "höherwertigen Dienstleistungen" i.S.d. § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG auf das gesamte Bundesgebiet als Vergleichsmaßstab abzustellen ist.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6/00 -, BVerwGE 114,160, zur regionalen Beschränkung des relevanten Marktes im Telekommunikationsrecht.

Das Postgesetz geht davon aus, dass Wettbewerb im Postsektor (gerade) auch im lokalen und regionalen Bereich gewollt war und erwartet wird. Im Rahmen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG ausschließlich auf das gesamte Bundesgebiet als räumlichen Vergleichsmaßstab abzustellen, würde demgegenüber bedeuten, dass ein nennenswerter Wettbewerb sich nicht ergeben würde, weil nur wenige Unternehmen logistisch und finanziell zu einem flächendeckenden, bundesweiten Angebot an Postdienstleistungen in der Lage wären/sind. Zudem hat die Beklagte zwischenzeitlich generell auf das sog. - auch im vorliegenden Fall zunächst in der angefochtenen Lizenz enthaltene - Flächenkriterium für eine Lizenzerteilung, wonach die lizenzierte Tätigkeit in einem wesentlichen Teil des Bundesgebietes ausgeübt werden müsse und als ein solcher wesentlicher Teil dabei ohne weiteres ein Gebiet angesehen werde, das der Größe des kleinsten Flächenstaats der Bundesrepublik (rund 2.500 km2) entspreche, verzichtet und dieses für die streitgegenständliche Lizenz für gegenstandslos erklärt (Schriftsatz vom 23. August 2002, S. 29). Für den sich einer Overnight/E+1-Zustellung bedienenden Nutzer wird die Höherwertigkeit zudem nicht durch die regionale Geschäftstätigkeit der Beigeladenen relativiert, weil der mit dieser Zustellungsmodalität erwünschte Effekt eines gezielt kurzfristigen Sendungs- und Informationsgehalts in der Regel nur in Bezug auf Adressaten in der Region eintreten soll. Im Übrigen könnte auch die Klägerin ihrerseits unter Aufrechterhaltung des Universaldienstes nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung regional eine besonders ausgestaltete Briefbeförderung aufbauen und betreiben.

Der Senat ist im Rahmen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG nach wie vor der Auffassung, dass der Vorschrift über die ausdrücklich genannten Merkmale hinaus keine weiteren ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen immanent sind. Er hat dazu im Beschluss vom 6. Oktober 2003 im Verfahren 13 A 711/02 folgendes ausgeführt:

"Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin angesprochene Sicherstellung ihres wirtschaftlichen Gleichgewichts und die Berücksichtigung der finanziellen Lasten aus dem Universaldienst.

So auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Juni 1998 - 2 U 70/98 -, ArchPT 1998, 387.

Die Einbeziehung weiterer nicht ausdrücklich genannter Merkmale in den Tatbestand einer Gesetzesnorm ist nach Auffassung des Senats generell nur möglich, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers entspricht, kann hingegen nicht erfolgen, wenn eine bewusste gegenteilige Willensentscheidung des Gesetzgebers angenommen werden muss. Von letzterem ist hier auszugehen. Im Gesetzgebungsverfahren für ein neues Postgesetz wurde bei der Begründung des Regierungsentwurfs zu den Ausnahmen von der Exklusivlizenz ausdrücklich abgestellt auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Grenzen von Monopolen auf dem Postsektor. Gemeint war damit das o.a.

Urteil des EuGH vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, a.a.O.

mit der Aussage, dass Dienste, die vom Monopolinhaber nicht erbracht werden, nicht Gegenstand eines ausschließlichen Rechts sein können und dass der Ausschluss des Wettbewerbs dann nicht gerechtfertigt ist, wenn es sich um spezifische, von den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse trennbare Dienstleistungen handelt, die besonderen Bedürfnissen von Wirtschaftsteilnehmern entsprechen und bestimmte zusätzliche Leistungen verlangen, die der herkömmliche Postdienst nicht anbietet. Mit diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof die Grenzen aufgezeigt, die der Inanspruchnahme eines Postmonopols im Rahmen des früheren Art. 90 Abs. 2 und jetzigen Art. 86 Abs. 2 EGV (Befreiung von den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages bei Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse) gezogen sind, und wie weit ein nationales Monopol äußerstenfalls ausgedehnt werden darf, ohne gegen Europarecht zu verstoßen. Vor dem Hintergrund, dass eine weitergehende Liberalisierung im Postsektor jederzeit möglich war, sind die Vorgaben dieser Entscheidung und weiterer europarechtlicher Erwägungen auf dem Postsektor (z.B. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung der Postdienste und die Verbesserung der Dienstqualität in der Gemeinschaft - 95/C322/10 - als Vorläuferin der entsprechenden Richtlinie 97/67/EG vom 15. Dezember 1997 - Postdienste-RL -) beim Erlass des Postgesetzes aber nicht in vollem Umfang umgesetzt worden (zum Verfahrensgang bei der Gesetzesberatung vgl. BT-Drucks. 13/7774, S. 18, 33, 43, 49; Protokolle Nr. 40, 41 des Bundestags-Ausschusses für Post und Telekommunikation vom 24. September 1997 und 30. September 1997; Herdegen in: Beck'scher PostG-Kommentar § 51 Rdnr. 36 ff., 95 ff.). Abgesehen davon, dass in der EG-Postdienste-RL ein Vorbehaltsbereich für Briefsendungen unter 350 Gramm gestattet wird, die Exklusivlizenz für die Klägerin im Postgesetz aber auf Briefsendungen und adressierte Kataloge bis (zunächst) zu einem Gewicht von 200 Gramm und einem Einzelpreis von unter 5,50 DM festgelegt wurde, sollte nach der Begründung zum Gesetzentwurf des Postgesetzes die Exklusivlizenz "eine ausreichende Grundlage zur Bewältigung des anstehenden Strukturwandels" bieten, um die Umwandlung des Unternehmens Deutsche Post AG vom Monopolisten zum wettbewerbsorientierten Unternehmen und die damit verbundenen Belastungen, die sich vor allem aus der Übernahme von Beamten der Deutschen Bundespost (Art. 143b Abs. 3 GG), Pensionszahlungen sowie einer Modernisierung und Optimierung der Unternehmensstruktur ergeben, zu gewährleisten. Dem Ansinnen des Bundesrates, die Exklusivlizenz für die Klägerin solle auch der Sicherstellung der Finanzierung des geforderten Universaldienstes dienen (vgl. BT-Drucks. 13/7774, S. 44), wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht entsprochen. Insbesondere in den Sitzungen des Bundestags-Ausschusses für Post und Telekommunikation am 24. September 1997 (Öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum Entwurf eines Postgesetzes) und am 30. September 1997 wurde darauf verwiesen, dass die Bundesregierung zur Abdeckung eventueller Defizite im Grundversorgungsbereich den Weg des Ausgleichs mit Wettbewerbern und nicht den Weg der Finanzierung des Universaldienstes durch die der Klägerin zu gewährende Exklusivlizenz gewählt habe. Die Sicherung des Universaldienstes durch Einrichtung eines Ausgleichsfonds ist europarechtlich auch in Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG vorgesehen. Diese Entscheidungsbasis hat sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht geändert, wie sich aus §§ 12 ff. PostG ergibt. Es ist deshalb von einem bewussten gesetzgeberischen Willensakt in der Weise auszugehen, dass die Exklusivlizenz für die Klägerin nicht auch der Finanzierung des Universaldienstes dienen sollte. Dieser Umstand steht einer ergänzenden Auslegung des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der "finanziellen Sicherung des Universaldienstes bzw. der Sicherung des wirtschaftlichen Gleichgewichts der Klägerin" entscheidend entgegen.

...

Dieser Ausschluss der Bestimmungen des Postgesetzes für den Ausgleichsmechanismus in Zusammenhang mit dem Universaldienst war im Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein 2. Gesetz zur Änderung des Postgesetzes (BT-Drucks. 14/7093) nicht enthalten und wurde erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vorgeschlagen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Bundestags-Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 12. Dezember 2001; BT-Drucks. 40/7820). Nach der Begründung zum 2. Änderungsgesetz sollten mit diesem Gesetz die an die Geltungsdauer der Exklusivlizenz anknüpfenden Regelungen im Postgesetz und in der Post-Universaldienstleistungsverordnung an die neue, durch das 1. Gesetz zur Änderung des Postgesetzes bis zum 31. Dezember 2007 verlängerte Geltungsdauer der Exklusivlizenz angepasst werden, und sollte für den Zeitraum der gesetzlichen Exklusivlizenz die in § 52 PostG enthaltene Regelung, dass im Fall auftretender Versorgungslücken im Universaldienst ausschließlich die Deutsche Post AG zur Erbringung einer Universaldienstleistung verpflichtet werden kann, fortgeschrieben werden. Die Änderung des Postgesetzes in Angleichung an die zwischenzeitliche Verlängerung der Exklusivlizenz für die Klägerin sei veranlasst durch den stockenden Liberalisierungsprozess des Postsektors auf europäischer Ebene, um Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil deutscher Unternehmen im europäischen Postmarkt zu verhindern. Mit der Neufassung des § 52 PostG werde der faktisch bestehende Zustand in der Weise, dass die Deutsche Post AG als alleiniger Anbieter sämtlicher Universaldienstleistungen bereits heute während des Zeitraums der Exklusivlizenz ausschließlicher Adressat einer im Falle des Auftretens einer Versorgungslücke ggf. notwendig werdenden förmlichen Verpflichtung zum Universaldienst sei, gesetzlich festgeschrieben. Auf Grund der gesetzlichen Manifestierung der Universaldienstverpflichtung der Deutschen Post AG bis zum Ablauf der Exklusivlizenz seien die Universaldienstvorschriften der §§ 12 - 17 PostG, die von einer gemeinschaftlichen Erbringung des Universaldienstes durch alle Anbieter von Postdienstleistungen ausgehen, für diesen Zeitraum außer Kraft zu setzen (vgl. BT-Drucks. 14/7820, S. 8). Über die gesetzesformalen Folgeanpassungen hinausgehende materielle Änderungen sollten hingegen nicht zum Gegenstand des Gesetzentwurfs gemacht werden. (vgl. BT-Drucks. 14/7093, S. 6, 8).

Während des Gesetzgebungsverfahrens für das 2. Änderungsgesetz des Postgesetzes hat somit der Gesichtspunkt der Finanzierung des Universaldienstes bzw. des wirtschaftlichen Gleichgewichts der Klägerin keine Rolle gespielt. Auch der Bundesrat, der noch beim Erlass des Postgesetzes 1997 der Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG eine Finanzierungsfunktion für den Universaldienst zuerkennen wollte, hat diese Erwägung in seiner Stellungnahme zum 2. Postgesetz-Änderungsgesetz nicht wieder aufgegriffen. Diese Umstände deuten daher indiziell ebenfalls darauf hin, dass auch seinerzeit beim Erlass des Postgesetzes eine Finanzierungsfunktion der Exklusivlizenz für den Universaldienst nicht beabsichtigt war und dem wirtschaftlichen Gleichgewicht der Klägerin im Zusammenhang Universaldienst/Exklusivlizenz keine Bedeutung zukommen sollte. Andernfalls hätte es nahe gelegen, mit dem 2. Änderungsgesetz des Postgesetzes nicht nur eine formale Anpassung an die verlängerte Laufzeit der Exklusivlizenz vorzunehmen, sondern (auch) die Frage des finanziellen Zusammenhangs der Exklusivlizenz mit dem Universaldienst erneut bzw. erstmals zu diskutieren und zu beraten. Das mit der dargelegten Sichtweise einhergehende mögliche finanzielle Risiko für die Klägerin war/ist somit offenbar vom Gesetzgeber so gewollt."

Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des genannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 und des Vorbringens der Beteiligten fest. Auch der - in den Verfahren 13 A 710/02 und 13 A 711/02 erfolgte - Hinweis darauf, dass seinerzeit im Gesetzgebungsverfahren ein Mitarbeiter des damaligen Ministeriums für Post und Telekommunikation vor einem Parlamentsausschuss eine fehlerhafte Auskunft zu den Folgerungen aus der "Corbeau"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes gegeben und sich der Ausschuss dementsprechend in einem Rechtsirrtum befunden habe, ändert nichts daran, dass die Sicherung des wirtschaftlichen Gleichgewichts des Universaldienstes vom Gesetzgeber nicht als Kriterium in das Postgesetz aufgenommen wurde und deshalb auch nicht als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG berücksichtigt werden kann. Wäre die Nichtgefährdung des wirtschaftlichen Gleichgewichts des Universaldienstes für den Gesetzgeber von entscheidender Bedeutung gewesen, hätte er dieses Kriterium trotz der - vermeintlich - unrichtigen Auskunft eines Ministeriumsbediensteten ausdrücklich in das Gesetz aufnehmen können. Das bewusste Unterlassen kann nicht über eine ausdehnende Auslegung des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG, praktisch gegen den Willen des Gesetzgebers, "korrigiert" werden. Vor dem Hintergrund, dass der Gesichtspunkt der "ausreichenden Finanzierungsgrundlage" schon bei der Bewilligung der gesetzlichen Exklusivlizenz für die Klägerin eine ausschlaggebende Rolle gespielt hat, würde im Übrigen eine erneute Berücksichtigung der Frage der Gefährdung des wirtschaftlichen Gleichgewichts für den Universaldienstbetreiber im Rahmen von Lizenzerteilungen nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG darauf hinauslaufen, dass diese Erwägung praktisch zwei Mal zum Tragen käme. Dies ist weder geboten noch nach den Intentionen des Gesetzgebers gerechtfertigt. Davon, dass der Gesichtspunkt der ausreichenden Finanzierungsgrundlage für den Universaldienstbetreiber maßgebend war bei der Einräumung der gesetzlichen Exklusivlizenz für die Klägerin, geht im Übrigen auch das Bundesverfassungsgericht mit den Ausführungen aus, dass der Gesetzgeber diesem Gesichtspunkt Bedeutung zumessen durfte und dass diese Erwägung als Alternative zu dem in §§ 11 ff. PostG an sich vorgesehenen Regulierungssystem mit Ausgleichsabgaben zu Gunsten des Universaldienstbetreibers bestand.

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. Oktober 2003, dass angesichts der in Europa überwiegend noch nicht verwirklichten Liberalisierung im Postsektor der Gesetzgeber dem Gesichtspunkt der ausreichenden Finanzierungsgrundlage des Universaldienstes Bedeutung zumessen und ihm durch Verlängerung der Exklusivrechte Rechnung tragen durfte, zwingen nach Auffassung des Senats nicht dazu, die Sicherung des wirtschaftlichen Gleichgewichts des Universaldienstes als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Lizenz für Wettbewerber der Klägerin anzusehen. Eine Bindungswirkung der Entscheidung in dem Sinne, dass die Sicherstellung des finanziellen Gleichgewichts des Universaldienstes entscheidender Regelungsinhalt des Postgesetzes ist und dessen Gefährdung ausschlaggebendes Kriterium für die Erteilung/Versagung einer Lizenz für einen Wettbewerber sein soll, ergibt sich daraus nicht. Die Bindungswirkung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nach § 31 Abs. 1 BVerfGG bezieht sich auf den Tenor und die tragenden Gründe einer Entscheidung, also auf jene Rechtssätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Juni 1975

- 2 BvR 1018/74 -, BVerfGE 40, 88, 93, und vom 12. November 1997 - 1 BvR 479/92 u. a. -, BVerfGE 96, 375, 404; BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1981 - 1 D 50/80 -, BVerwGE 73, 263, 268.

Der Tenor und die tragenden Gründe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 betreffen die Frage der Verlängerung der gesetzlichen Exklusivlizenz für die Klägerin bis zum 31. Dezember 2007 und dementsprechend (nur) die zeitliche Komponente der insoweit bedeutsamen verfassungsrechtlichen Normen. Für den übrigen, nicht die zeitliche Ausdehnung von Übergangsvorschriften bzw. die Verlängerung der Exklusivlizenz betreffenden Bereich, der keinen unmittelbaren Bezug zu dieser zeitlichen Komponenten hat, kann den Ausführungen im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hingegen keine Bindungswirkung zuerkannt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem ausgeführt, dass die Entstehungsgeschichte der maßgebenden Verfassungsnormen (Art. 143b Abs. 2, 87f GG) keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Zielsetzung des Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG vorrangig oder gar ausschließlich die Bewältigung der besonderen finanziellen und sozialen Verpflichtungen, insbesondere hinsichtlich der den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost auferlegten Pensionslasten, Rechtfertigungsgrund für die Exklusivrechte war. Zwar ist ausgehend von der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Corbeau-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ein Ausschluss von Wettbewerb u.a. dann gerechtfertigt, "sofern die Dienstleistungen (des Wettbewerbers) ...das wirtschaftliche Gleichgewicht der vom Inhaber des ausschließlichen Rechts übernommenen Dienstleistungen von allgemein wirtschaftlichem Interesse in Frage stellen", und darf der nationale Gesetzgeber dieses wirtschaftliche Gleichgewicht der übernommenen Dienstleistungen (Universaldienst) zum politischen Ziel oder Motiv für einen Wettbewerbsausschluss (Reservierung eines Postbeförderungsrechts) zu Gunsten des dienstverpflichteten Unternehmens nehmen. Damit ist ein solches Ziel oder Motiv, selbst wenn es sich später als unerreicht herausstellt, aber noch nicht zur Tatbestandsvoraussetzung einer Lizenzerteilung an Wettbewerber erhoben. Vielmehr bleibt es eine bloße rechtspolitische Erwägung im Vorfeld der eigentlichen Willenskodifizierung im Gesetzgebungsverfahren. In Konsequenz dieser Erwägung erscheint es nicht gerechtfertigt, den Gesichtspunkt der Bewältigung der finanziellen Lasten bzw. der Sicherung des finanziellen Gleichgewichts des von der Klägerin durchgeführten Universaldienstes im Sinne eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals für die Erteilung oder Versagung einer Lizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG zu werten.

Im Übrigen ist, worauf bereits die Beklagte hingewiesen hat, auch vom Tatsächlichen her eine Gefährdung des wirtschaftlichen Gleichgewichts des von der Klägerin seit Februar 2002 betriebenen Universaldienstes nicht zu besorgen. Nach einer Mitteilung in der FAZ vom 11. November 2005, von deren Richtigkeit der Senat ausgeht, ging bei der Klägerin zwar in den ersten neun Monaten dieses Jahres die Zahl der Geschäftskundenbriefe und der Privatkundenbriefe zurück. Der Umsatz in der Briefsparte konnte aber auf rund 9,4 Mrd. Euro gesteigert werden, die Umsatzrendite wurde mit 15,9 % angegeben. Diese Zahlen und die bisherigen entsprechenden Jahresveröffentlichungen lassen nicht erwarten, dass das wirtschaftliche Gleichgewicht des Universaldienstes gefährdet ist, auch wenn insoweit nicht nur auf die konkret angefochtene Lizenz abgestellt, sondern eine Vielzahl von Lizenzen nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 PostG in unterschiedlichen (örtlichen) Bereichen in den Blick genommen werden muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 712 Abs. 2 ZPO.

Die Revision wird gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F. unter Berücksichtigung bisheriger Streitwertfestsetzungen des Senats in vergleichbaren Verfahren (vgl. Beschlüsse vom 1. Februar 2001 - 13 E 670/00 - und - 13 E 686/00 -).