ArbG Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2013 - 1 Ca 5183/13
Fundstelle
openJur 2015, 21847
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.947,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2013 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 94 % und dem Kläger zu 6 % auferlegt.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.582,56 € festgesetzt.

Tatbestand

Der 47 Jahre alte (verheiratet, 1 Kind) Kläger war vom 08.11.1993 bis zum 30.09.2012 für die Beklagte tätig. Die Parteien streiten über die Berechnung der dem Kläger zustehenden Sozialplanabfindung. § 7 desmaßgeblichen Sozialplanes lautet wörtlich wie folgt:

"§ 7

Abfindung

(1)Alle vom Geltungsbereich dieses Sozialplans erfassten Beschäftigten haben mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages (Zustimmung zum Eintritt in die beE) einen Anspruch auf eine aus ihrem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung.

(2)Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7

Der Abfindungsbetrag wird mit dem Faktor 0,7 multipliziert. [...]

Abfindungsbetrag =

Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor

(2.1)Der Faktor ergibt sich aus dem Lebensalter und Dienstalter:

[...]

Unter Bruttomonatseinkommen sind feste regelmäßige monatliche Einkommensbestandteile auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zu verstehen. Ausgenommen sind Teile, die Aufwandsersatz darstellen, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütungen.

[...]

(2.2)Zuschlag pro Kind: Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern erhalten zusätzlich zu der Abfindung für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen Betrag von 2.500,00 € brutto. [...] Alleinerziehende erhalten einen zusätzlichen Betrag von einmalig 5.000,00 Euro brutto.

(2.3) Zuschlag für Schwerbehinderte: [...]

(2.4) Mitarbeiter ab dem 35. bis zum 46. Lebensjahr erhalten zusätzlich einen Zuschlag in Höhe von 3.000,00 €, ab dem 47. Lebensjahr einen Zuschlag von 6.000,00 € brutto.

[...]"

Aufgrund seines Alters hat der Kläger ein Anspruch auf einen Zuschlag gemäß § 7 Nr. 2.4 des Sozialplanes in Höhe von 6.000,00 € brutto sowie auf einen Kinderzuschlag von 2.500,00 €. Zwischen den Parteien ist vor allem im Streit, ob diese Zuschläge auch der Kürzung auf 7/10 unterliegen.

Der Kläger hat tatsächlich eine Abfindung in Höhe von 97.875,80 € brutto erhalten.

Mit seiner am 12.08.2013 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung weiterer 10.582,56 € brutto sowie Zinsen wegen der aus seiner Sicht verspäteten Zahlung.

Er beziffert sein Gehalt wie folgt: Grundgehalt 7.463,63 €, Kontoführungsgebühr 1,28 €, geldwerter Vorteil PKH 750,00 € und kommt so zu einer Summe von 8.214,91 €, zu der er 1/12 der variablen Vergütung in Höhe von 1.119,55 € hinzu addiert und in der Summe 9.334,46 € brutto errechnet.

Der Kläger ist der Auffassung, bei seiner Vergütung seien Kontoführungsgebühr und der geldwerte Vorteil des PKW zu berücksichtigen. Da ihm nach der Rückgabe des PKW eine Erhöhung des Gehaltes um 750,00 zugestanden habe, sei dieser Betrag maßgeblich an Stelle der tatsächlich zuvor in Ansatz gebrachten 690,75 € für die Privatnutzung des PKW.

Die im Sozialplan vorgesehene Multiplikation mit dem Faktor 0,7 betreffe nach Systematik und Wortlaut des Sozialplanes nicht die Zuschläge für Alter und Kinder.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.582,56 € als Sozialplanentgelt nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

a.) aus 108.458,36 € seit dem 01.10.2012 bis zum 31.10.2012 und

b.) aus 12.682,56 € seit dem 01.11.2012 bis zum 27.12.2012 und

c.) aus 10.582,56 € seit dem 28.12.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die eingeräumte Privatnutzung des Dienst-PKW sei kein Entgelt im Sinne des Sozialplanes. Die Kontoführungsgebühr zähle als Auslagenersatz ebenfalls nicht dazu.

Die Multiplikation auch der Zuschläge mit dem Faktor 0,7 entspreche dem Willen der Betriebsparteien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist überwiegend gemäß § 7 des Sozialplans vom 13.08.2012 in Verbindung mit §§ 77 Abs. 4 Satz 1, 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG begründet.

Ausgangspunkt für die Berechnung der Abfindung ist unstreitig § 7 des Sozialplanes.

1.

Das Bruttomonatseinkommen des Klägers beträgt im Sinne von § 7 Sozialplan 9.273,93 € brutto. Es setzt sich zusammen aus der Grundvergütung von 7.463,63 € brutto, weiteren 690,75 € für die PKW-Nutzung und 1.119,55 € anteiliger Incentive-Vergütung.

a)

Die Kontoführungsgebühr stellt unzweifelhaft lediglich einen Aufwendungsersatz dar und zählt daher nach § 7 Abs. 2.1 nicht zum Bruttomonatseinkommen.

b)

Die Privatnutzung des PKW ist mit 690,75 € brutto anzusetzen. Es handelt sich hierbei um einen "regelmäßigen monatlichen Einkommensbestandteil". Die Vergütung des Klägers setzt sich aus dem Barlohn und aus einem Naturallohn in Gestalt der Überlassung des PKW auch zur Privatnutzung zusammen. Nur weil die Überlassung des PKW Entgeltcharakter hat, unterliegt sie dem Lohnsteuerabzug. Mit dieser Leistung wird keine Aufwendung des Klägers entschädigt, die dieser für die Beklagte getätigt hat. Es handelt sich um einen Vergütungsbestandteil.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger wegen der Rückgabe des Firmenfahrzeugs im August 2012 für den September 2012 einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung in Höhe von 750,00 € gehabt hätte. Ein solcher Anspruch ist weder von ihm reklamiert, noch von der Beklagten erfüllt worden. Damit ist Grundlage für die Einkommensberechnung dasjenige, was die Beklagte ihm im August 2012 als Gegenleistung für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung hat zukommen lassen. Hierbei ist ausweislich der erteilten Abrechnung der Wert der Privatnutzung des PKW mit 690,75 € anzusetzen.

c)

Die Multiplikation dieser 9.273,93 mit 18 und multipliziert mit dem Faktor 0,85 ergibt einen Abfindungsbetrag von 141.891,12 €. Die nunmehr vorzunehmende Multiplikation mit dem Faktor 0,7 gemäß § 7 Abs. 2 des Sozialplanes ergibt eine Abfindung von 99.323,78 € brutto.

2.

Alsdann sind die unstreitigen Zuschläge für Alter und das Kind gemäß § 7 Nr. 2.2 des Sozialplanes ungekürzt zu addieren.

Diese Zuschläge unterliegen - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht der Kürzung auf 70 %. Dies ergibt die vorzunehmende Auslegung des Sozialplanes.

Die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat in ihrer Entscheidung vom 14.03.2013 (6 Ca 357/13) zu dieser Rechtsfrage folgendes ausgeführt:

"a. Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wegen ihrer aus §§ 77 Abs. 4 S. 1, 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG folgenden normativen Wirkung nicht wie privatrechtliche Rechtsgeschäfte nach §§ 133, 157 BGB, sondern wie Tarifverträge und Gesetze objektiv auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmungen an. Der Sozialplanzweck ist aus Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelung zu erschließen und bestimmt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen einer Betriebspartei (BAG vom 15.03.2011 - 1 AZR 808/09, AP Nr. 214 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 20.04.2010 - 1 AZR 988/08, AP Nr. 208 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, AP Nr. 200 zu § 112 BetrVG 1972). Von besonderer Bedeutung sind ferner Sinn und Zweck der Regelung (BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, a.a.O.; BAG vom 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, AP Nr. 183 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04, AP Nr. 176 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 22.03.2005 - 1 AZR 3/04, EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 13; BAG vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01, AP Nr. 155 zu § 112 BetrVG 1972). Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, a.a.O.; BAG vom 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, a.a.O.; BAG vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04, a.a.O.; BAG vom 22.03.2005 - 1 AZR 3/04, a.a.O.; BAG vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01, a.a.O.). Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er im Sozialplan seinen Niederschlag gefunden hat (BAG vom 15.03.2011 - 1 AZR 808/09, a.a.O.; BAG vom 20.04.2010 - 1 AZR 988/08, a.a.O.; BAG vom 20.04.2010 - 1 AZR 988/08, a.a.O.; BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, a.a.O.; BAG vom 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, a.a.O.; BAG vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04, a.a.O.; BAG vom 22.03.2005 - 1 AZR 3/04, a.a.O.; BAG vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01, a.a.O.).

Soweit das Bundesarbeitsgericht in früheren Entscheidungen ausführt, dass zunächst der Wortlaut maßgebend und darüber hinaus der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung mit zu berücksichtigen sei, liegt hierin kein anderweitiger Auslegungsmaßstab, der die Systematik unberücksichtigt ließe. Auch in diesen Entscheidungen beachtet das Bundesarbeitsgericht den Gesamtzusammenhang der Regelung, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und so der Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden könne (BAG vom 16.03.1994 - 10 AZR 606/93, AP Nr. 75 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 05.02.1997 - 10 AZR 553/96, AP Nr. 112 zu § 112 BetrVG 1972). Insgesamt ist daher nicht nur auf den Wortlaut sondern auch auf Systematik und Sinn und Zweck abzustellen, kurzum der Gesamtzusammenhang zu beachten.

b. Vorliegend führt die Auslegung von § 7 des Sozialplanes vom 13.08.2012 nach Maßgabe des vorangestellten Prüfungsmaßstabes entgegen der Ansicht der Beklagten dazu, dass die Zuschläge in Ziff. 2.2 bis 2.4 nicht mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren sind.

aa. Der Wortlaut der Formel zur Berechnung der "Abfindung" in § 7 Ziff. 2 erwähnt die Zuschläge nicht. Die Formel ist vielmehr mit der Berechnungsweise Abfindung = Abfindungsbetrag (= Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor) x 0,7 insoweit eindeutig, als dass die Zuschläge bei der Berechnung der Abfindung nach dieser Formel und damit auch bei der Multiplikation mit dem Faktor 0,7 keine Berücksichtigung finden sollen. Die von der Beklagten behauptete Berechnungsweise "Abfindung = [(Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor) + Zuschläge] x 0,7" findet sich im konkreten Wortlaut der Regelung gerade nicht wieder.

Die Zuschläge werden unter Ziff. 2.1 auch nicht als Teil des Bruttomonatseinkommens definiert oder lassen sich als Teil des Bruttomonatseinkommens im Wege der Auslegung bestimmen, da das Bruttomonatseinkommen lediglich "feste regelmäßige Einkommensbestandteile" umfasst. Eine Abfindung oder ein Zuschlag sind weder feste noch regelmäßige Leistungen und auch kein Einkommensbestandteil. Auch als Teil des Bruttomonatseinkommens ergibt sich daher keine Multiplikation der Zuschläge mit dem Faktor 0,7.

In der in Ziff. 2 definierten Formel wird allein der "Abfindungsbetrag" dem Faktor 0,7 unterworfen. Dass zusätzlich noch einmal die "Abfindung" diesem Faktor unterworfen werden sollte, ergibt sich aus der Formel nicht. Dies ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der Regelung vor Ziff. 2.1, wonach der errechnete "Abfindungsbetrag" mit dem Faktor 0,7 multipliziert wird. Auch der Abfindungsbetrag wird eindeutig definiert und zwar ohne Berücksichtigung der Zuschläge. Der Faktor lässt sich daher vom reinen Wortlaut her nicht auf die erst in Ziff. 2.2 ff. geregelten Zuschläge übertragen.

Soweit die Beklagte vertritt, die isolierte Handhabung der Zuschläge hätte im Wortlaut der Abfindungsformel ihren Ausdruck finden müssen (also: x 0,7 + Zuschläge) stimmt die Kammer dem nicht zu. Es ist vielmehr so, dass gerade die Nichterwähnung die Formel eindeutig macht und es umgekehrt ist: Hätten die Betriebspartner auch die Zuschläge dem Faktor 0,7 unterwerfen wollen, hätte dies eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Dafür gibt es bei der konkreten Formel aber keinen Anhaltspunkt.

Maßgeblich bestimmt § 7 Ziff. 2.2 für den Kinderzuschlag, dass die Anspruchsberechtigten "zusätzlich zu der Abfindung" die dargestellten Zuschläge erhalten. Da der Begriff der "Abfindung" in Ziff. 2 ausdrücklich definiert wird, die Zuschläge hier keine Berücksichtigung finden und sie folglich bei der Berechnung der "Abfindung" nach Maßgabe der Formel (einschließlich der Multiplikation mit dem Faktor 0,7) unberücksichtigt bleiben, sind sie "zusätzlich", dh. ungekürzt zu berücksichtigen, und zu der nach Ziff. 2.1 errechneten Abfindung als weiterer Abfindungsbetrag hinzu zu addieren.

Soweit die Beklagte weiter ausführt, dass Ziff. 2 von einer "Abfindung" spreche und sämtliche in Ziff. 2 aufgeführten Leistungen Bestandteil einer Abfindung seien und nicht neben der Abfindung gezahlt werden sollten, stimmt die Kammer diesem Verständnis im Grundsatz zu. Allerdings ist der Abfindungsanspruch insgesamt nicht beschränkt auf die Abfindung wie sie vor Ziff. 2.1 und in Ziff. 2.1 mit der Formel "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7" definiert wurde. Vielmehr haben die Betriebspartner zwei Abfindungsansprüche geschaffen: Einen für alle Arbeitnehmer (geregelt vor Ziff. 2.1 und in Ziff. 2.1) und einen weitergehenden für die besonders schutzwürdig angesehenen Mitarbeiter (Ziff. 2 insgesamt, inklusive Ziff. 2.2 bis 2.4). Für diese soll sich nach dem reinen Wortlaut der Abfindungsanspruch um die jeweiligen Zuschläge (ungekürzt) erhöhen.

Richtig ist der Vortrag der Beklagten, dass in Ziff. 2 nicht unterschieden werde, ob es sich um Zuschläge oder Abfindungen handeln solle. Gerade diese fehlende Unterscheidung führt aber zu dem Ergebnis, dass die Zuschläge Teil der Abfindung insgesamt sein sollen, aber nicht des zu kürzenden Abfindungsbetrages.

bb.Auch in systematischer Hinsicht ist § 7 des Sozialplanes vom 13.08.2012 dahingehend zu verstehen, dass die Zuschläge in Ziff. 2.2 ff. ungekürzt Bestandteil der Abfindung insgesamt sein sollen.

Soweit die Beklagte anführt, die Regelung der Zuschläge in Ziff. 2.2 bis 2.4, also einer vermeintlichen Unternorm der Regelung vor Ziff. 2.1, in der bestimmt wird, dass der errechnete Abfindungsbetrag mit dem Faktor 0,7 multipliziert wird, spreche dafür, dass auch die Zuschläge mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren seien, folgt die Kammer dem nicht. Dem widerspricht der bereits oben dargestellte Wortlaut, insbesondere der Wortlaut der Ziff. 2.2 und 2.4. Danach erhalten die unter den Regelungsbereich fallenden Mitarbeiter den Kinderzuschlag "zusätzlich zu der Abfindung" (Ziff. 2.2). Da die Betriebspartner den Begriff der Abfindung in Ziff. 2.1 ausdrücklich definiert haben, die Abfindung in Ziff. 2.1 die Zuschläge aber nicht beinhaltet, kann die Regelung in Ziff. 2.2 nur so verstanden werden, dass die Zuschläge dem Faktor 0,7 nicht unterworfen werden sollen. Die Betriebspartner haben entgegen dem Verständnis der Beklagten eine Grundabfindung (oder Abfindung im engeren Sinne) für alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmer nach Maßgabe der unter Ziff. 2 definierten Formel und eine Abfindung für besonders schutzwürdige Personengruppen unter den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern (oder Abfindung im weiteren Sinne) unter Addition der individuellen Zuschläge zur "Abfindung" nach Ziff. 2 vereinbart. Daher sieht § 7 in Ziff. 2.1 und den Ziff. 2.2 bis 2.4 auch keine Über- oder Unterordnung vor, woraus sich ergäbe, dass sämtliche Ziffern dem Faktor 0,7 unterworfen wären. Die Regelungen stehen nebeneinander. Die grundsätzliche Berechnungsweise für die anspruchsberechtigten Mitarbeiter in Ziff. 2.1 wird um die hinzukommenden Bestandteile für die besonders schutzwürdigen Mitarbeiter ergänzt. Systematisch ist die Regelung daher vollkommen richtig in einer Unterziffer der Ziff. 2 angesiedelt: Die weiteren Ziffern des § 7 verhalten sich nämlich nicht mehr zur Berechnung des Anspruches an sich, sondern treffen Rahmenregelungen, wie die Fälligkeit des Anspruches u.ä.

Für die Zuschläge betreffend das Alter in Ziff. 2.4 ergibt sich kein anderweitiges Ergebnis. Zwar ist die Formulierung hier nicht so eindeutig wie in Ziff. 2.2 - die unter den Regelungsbereich fallenden Mitarbeiter sollen "zusätzlich" einen Zuschlag erhalten -, dass die Betriebspartner die Zuschläge jeweils gesondert beurteilt wissen wollten, findet sich aber erst Recht nicht im Wortlaut oder der Systematik der Regelung wieder. Auch die Beklagte behauptet demzufolge nicht, dass die Betriebspartner hier einen Unterschied hätten machen wollen.

Zudem übersieht die Beklagte bei ihrer systematischen Argumentation den Wortlaut der Regelung vor Ziff. 2.1. Hier wird gerade nicht die Abfindung dem Faktor 0,7 unterworfen, sondern der gesondert definierte "Abfindungsbetrag". Aufgrund der gesonderten Definition des Abfindungsbetrages, würde es nicht dem Wortlaut der Regelung entsprechen, würden auch die Zuschläge dem Faktor 0,7 unterworfen. Grenze jeder (Gesetzes-)Auslegung ist der Wortlaut (vgl. BAG vom 24.09.2009 - 8 AZR 636/08, AP Nr. 41 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht; BAG vom 17.11.1998 - 1 AZR 221/98, AP Nr. 6 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung unter Rn. 27 nach juris). Daher argumentiert die Beklagte auch falsch, wenn sie meint, die Argumentation der Klägerin, wonach der Faktor 0,7 betreffend die Zuschläge in Ziff. 2.1 hätte Eingang finden müssen, lasse sich zu ihren Gunsten umkehren, dass also die Nichterwähnung nicht darauf schließen lasse, dass die Zuschläge dem Faktor nicht unterworfen seien. Da Grenze der Auslegung der Wortlaut ist, würde die von der Beklagten gebildete Formel - Abfindung = [(Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor) + Zuschläge] x 0,7 - über den Wortlaut der Regelung hinausgehen und die Grenze der Auslegung überschreiten.

Soweit die Beklagte meint, aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften des Sozialplans ergebe sich, dass sämtliche Komponenten des Abfindungsanspruches mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren seien, ist auch dies nicht zutreffend. Richtig ist noch, dass in § 7 an mehreren Stellen das Wort "Abfindung" genutzt wird, ohne zwischen Zuschlägen und Abfindung zu unterscheiden. Das ist aber auch gar nicht nötig. Die Zuschläge sind Teil der Abfindung für die besonders schutzwürdigen Personengruppen. Sie stehen daher nicht neben der Abfindung, wie die Beklagte glauben machen will, sondern sind integraler Bestandteil der Abfindung. Allein werden sie nicht mit dem Faktor 0,7 multipliziert sondern fließen ungekürzt in die Berechnung der Abfindung für die besonders schutzwürdigen Personengruppen ein.

cc. Sinn und Zweck der Norm geben keinen Anhaltspunkt für die Auslegung der Norm. Die besondere Unterstützung der unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer, der älteren und der schwerbehinderten Arbeitnehmer wird sowohl mit der ungekürzten Berücksichtigung der Zuschläge als auch mit der faktorierten Berücksichtigung gewährleistet, wobei freilich durch die ungekürzte Berücksichtigung dem intendierten Schutzbedürfnis noch mehr Rechnung getragen wird.

dd.Im Ergebnis führt die Auslegung des § 7 des Sozialplanes vom 13.08.2012 bereits zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Zuschläge in Ziff. 2.2 bis 2.4 sind nicht dem Faktor 0,7 zu unterziehen. Der von der Beklagten behauptete anderweitige Wille der Betriebspartner hat in § 7 keinen hinreichenden Ausdruck (vgl. insoweit BAG vom 15.12.1998 - 1 AZR 332/98, a.a.O.) gefunden. Raum für die Feststellung eines vom Wortlaut des Sozialplanes abweichenden Parteiwillens etwa mit Hilfe von Zeugenaussagen besteht nicht (vgl. BAG vom 04.03.1982 - 6 AZR 594/79, AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf vom 22.02.2002 - 18 Sa 1559/01, LAGE § 112 BetrVG 2001 Nr. 1)."

Diesen zutreffenden Erwägungen tritt die erkennende Kammer für den Streitfall ausdrücklich bei und schließt sich ihnen an.

3.

Auf die geschuldeten 107.823,78 € brutto sind unstreitig 97.875,80 € brutto gezahlt worden, sodass noch 9.947,98 € brutto zur Zahlung offen stehen.

4.

Zinsen kann der Kläger gemäß § 286, 288 BGB verlangen, aber erst ab dem Zeitpunkt seiner Geltendmachung. Eine frühere Geltendmachung im Sinne von § 7 Abs. 4 des Sozialplanes hat der Kläger lediglich pauschal behauptet, aber in keiner Weise konkretisiert und auch nicht belegt.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 56 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative ZPO, 61 Abs. 1 ArbGG, 3, 5 ZPO, 63 GKG. Für eine gesonderte Zulassung der Berufung bestand keine Veranlassung.

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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

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2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Q.