BGH, Urteil vom 23.03.2006 - IX ZR 116/03
Fundstelle
openJur 2011, 11129
  • Rkr:
Tenor

Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. April 2003 und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 8. August 2002 sowie dessen Versäumnisurteil vom 14. Februar 2002 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 102.352,11 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29. April 2000 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1 v.H. und die Beklagte 99 v.H. zu tragen.

Die durch die Säumnis in erster Instanz verursachten Kosten fallen dem Kläger zur Last.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 21. Juni 1999 am 1. Oktober 1999 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (fortan: Schuldnerin). Auf der Grundlage einer vollstreckbaren notariellen Urkunde vom 7. Mai 1993 brachte die beklagte Sparkasse gegen die Schuldnerin wegen einer Teilforderung von 1 Mio. DM zwei Vorpfändungen aus, die den Drittschuldnern, ebenfalls Banken, am 15. März 1999 zugestellt wurden. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 16. März 1999 pfändete sie die angeblichen Ansprüche der Schuldnerin gegen diese Banken aus den Kontoverbindungen; die Beschlüsse wurden den Drittschuldnern am 25. März 1999 und am 7. April 1999 zugestellt. Am 13. April 1999 und am 23. April 1999 überwiesen die Drittschuldner insgesamt 200.183,33 DM (102.352,11 €) an die Beklagte, die nach Eingang der Zahlungen die Pfändungen aufheben ließ.

Der Kläger hat gestützt auf die Tatbestände der Deckungsanfechtung und Vorsatzanfechtung unter anderem die Rückgewähr dieses Betrages verlangt. Am Tag der Zustellung der Klage hat er die Klageforderung hierauf beschränkt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Gründe

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Verurteilung der beklagten Sparkasse.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auf § 133 Abs. 1 InsO lasse sich die Anfechtung nicht stützen, weil diese Vorschrift eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetze, an der es im Streitfall fehle. Nach den §§ 130, 131 InsO müsse die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung in den letzten drei Monaten vor dem Antrag vorgenommen worden sein. Dies treffe auf die Vorpfändungen nicht zu, so dass diese isoliert nicht anfechtbar seien. Spätere, in den anfechtbaren Zeitraum fallende Rechtshandlungen könnten nicht mehr angefochten werden, wenn dem Anfechtungsgegner durch eine vorausgegangene, nicht mehr anfechtbare Rechtshandlung eine insolvenzfeste Sicherung verschafft worden sei. Dieser Rechtsgedanke sei auf das Verhältnis zwischen der Hauptpfändung und der Befriedigung einerseits und der Vorpfändung andererseits zu übertragen. Folge die Hauptpfändung innerhalb der Frist des § 845 Abs. 2 ZPO, aber erst nach Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach, sei sie nicht wirksam. Dasselbe gelte, wenn die Hauptpfändung der Rückschlagsperre (§ 88 InsO) unterfalle. Werde die Hauptpfändung dagegen - wie hier - vor Beginn der Frist des § 88 InsO ausgebracht, bleibe sie wirksam. Die Vorpfändung behalte dann die durch § 845 Abs. 2 ZPO angeordnete Wirkung.

II.

Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt richtig gesehen, dass die von der Beklagten am 15. März 1999 nach § 845 Abs. 1 ZPO ausgebrachten Vorpfändungen, falls sie als selbständige Rechtshandlungen im Sinne von § 140 InsO und nicht jeweils als Teil einer mehraktigen Rechtshandlung anzusehen wären, ebenso wie die innerhalb der Monatsfrist des § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO bewirkten Pfändungen selbständig anfechtbar wären. Gleiches gilt für die wiederum zeitlich nachfolgenden Überweisungen durch die Drittschuldner vom 13. April 1999 und 23. April 1999 (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, WM 2000, 1071, 1072; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 28). Zutreffend ist auch, dass die Anfechtung der Befriedigung - im Streitfall durch die Überweisungen der Drittschuldner - nicht erfolgversprechend ist, wenn die vorausgegangenen Pfändungen insolvenzbeständig sind. Hat der Gläubiger ein anfechtungsfestes Pfandrecht erworben, so braucht er davon gedeckte Zahlungen nicht zurückzugewähren, weil sie die Gläubiger nicht benachteiligen (BGHZ 157, 350, 355; BGH, Urt. v. 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, WM 2005, 564, 568, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ 162, 152). Dies gilt auch, wenn die Überweisung erst aufgrund einer Absprache erfolgt sein sollte, wonach der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen Zahlung eines bestimmten Betrages aufgehoben werde. Denn auch in diesem Fall ist die Zahlung durch das Pfandrecht gedeckt (vgl. BGH, Urt. v. 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, aaO S. 568).

2. Das Berufungsgericht hat auch richtig erkannt, dass die beiden Vorpfändungen isoliert betrachtet nicht nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar sind, weil diese Vorschriften nur Rechtshandlungen in dem besonders geschützten zeitlichen Bereich erfassen, der drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrags beginnt. Ihre Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO scheitert daran, dass Zwangsvollstreckungshandlungen des Gläubigers ohne eine vorsätzliche Rechtshandlung oder eine ihr gleichstehende Unterlassung des Schuldners nach dieser Bestimmung nicht anfechtbar sind (BGH, Urt. v. 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, aaO S. 565). Für eine Rechtshandlung des Schuldners im Zusammenhang mit den ausgebrachten Vorpfändungen fehlt nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Parteivortrag in den Vorinstanzen jeder Anhaltspunkt.

3. Die außerhalb der "kritischen" Zeit ausgebrachten Vorpfändungen begründen jedoch noch kein nach § 50 Abs. 1 InsO insolvenzgeschütztes Sicherungsrecht, weil sie nur Teil mehraktiger Rechtshandlungen sind und die Erfüllung der letzten Teilakte dieser Rechtshandlungen in die gesetzliche Krise fällt.

a) Nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangvollstreckung erlangte Sicherheit oder Befriedigung als inkongruent anzusehen (BGHZ 136, 309, 311 ff; 157, 350, 353; BGH, Urt. v. 11. April 2002 - IX ZR 211/01, WM 2002, 1193, 1194). Im Anschluss an Henckel (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 232) hat der Bundesgerichtshof die Inkongruenz in diesen Fällen aus der zeitlichen Vorziehung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und der damit verbundenen Zurückdrängung des Prioritätsprinzips sowie aus der Erwägung hergeleitet, dass nach Eintritt der Krise und der damit verbundenen materiellen Insolvenz eine Ungleichbehandlung nicht mehr durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel insolvenzfest erzwungen werden soll (vgl. BGH, aaO; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 131 Rn. 15; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 26).

b) Wird die Vorpfändung schon vor der "kritischen" Zeit ausgebracht, folgt die Hauptpfändung innerhalb der Monatsfrist des § 845 Abs. 2 ZPO nach und fällt sie in den von § 131 InsO geschützten Zeitraum, so stellt sich die Frage, ob die in § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO angeordnete Wirkung der Benachrichtigung des Drittschuldners eine Anfechtung der Hauptpfändung mangels einer objektiven Gläubigerbenachteiligung ausschließt.

aa) Das Reichsgericht hat dies angenommen (vgl. RGZ 83, 332, 334; 151, 265, 266 f). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei der durch die Benachrichtigung des Drittschuldners ausgelösten Arrestwirkung im Sinne von § 930 ZPO um eine wirkliche Pfandrechtsbegründung handele (RGZ 151, 265, 267; a.A. OLG Naumburg OLGRsp. 26, 401, 402). Dieser Standpunkt ist unter der Geltung der Konkurs- und Vergleichsordnung teils auf Zustimmung, teils auf Ablehnung gestoßen (zum damaligen Meinungsstand siehe Jaeger/ Henckel, aaO § 30 Rn. 245; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 30 Rn. 42h; Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 30 KO Anm. 14 a.E.). Im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung setzt sich der Meinungsstreit fort. Es wird teilweise weiterhin die Auffassung vertreten, das durch die Vorpfändung erwirkte Pfandrecht habe nicht nur rangwahrende Wirkung in der Einzelzwangsvollstreckung, sondern bestimme - jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs des § 88 InsO - den maßgeblichen Zeitpunkt auch für die Insolvenzanfechtung (vgl. Musielak/Becker, ZPO 4. Aufl. § 845 Rn. 9; Stein/Jonas/ Brehm, ZPO 22. Aufl. § 845 Rn. 17, 23; Stöber, Forderungspfändung 13. Aufl. Rn. 805; Zöller/Stöber, ZPO 25. Aufl. § 845 Rn. 5). Nach anderer Auffassung ist in diesem Fall die Hauptpfändung selbständig als inkongruente Sicherung mit der Folge anfechtbar, dass eine erfolgreiche Anfechtung nach § 845 Abs. 2 ZPO ohne weiteres die Unwirksamkeit der Vorpfändung zur Folge hat (vgl. FK-InsO/Dauernheim, 4. Aufl. § 131 Rn. 24; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 28; wohl auch HK-InsO/Kreft, aaO § 131 Rn. 15).

bb) Der letztgenannten Auffassung ist im Ergebnis zuzustimmen. Fällt die Hauptpfändung in die "kritische" Zeit und ist sie nach § 131 InsO anfechtbar, verliert eine zuvor ausgebrachte Vorpfändung ihre Wirkung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es unerheblich, ob die Hauptpfändung schon nach § 88 InsO unwirksam ist, weil sie in zeitlicher Hinsicht unter die Rückschlagsperre fällt, oder ob es der besonderen Insolvenzanfechtung bedarf, um den insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch des § 143 InsO auszulösen. Für eine Differenzierung danach, ob die Hauptpfändung im letzten Monat oder im zweiten oder dritten Monat vor Stellung des Insolvenzantrags bewirkt worden ist, fehlt ein tragfähiger sachlicher Grund. Der erste Fall ist auch nur schwer vorstellbar, weil dann wegen der Frist des § 845 Abs. 2 ZPO bereits die Vorpfändung in den von § 131 InsO geschützten Zeitraum fiele.

(1) Nach § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Dies ist der Zeitpunkt, in dem die gesamten Erfordernisse vorliegen, an welche die Rechtsordnung die Entstehung, Aufhebung oder Veränderung eines Rechtsverhältnisses knüpft, mithin die Rechtshandlung die Gläubigerbenachteiligung bewirkt (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488, 490; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 3; Fischer, ZIP 2004, 1679, 1680). Nach den Gesetzesmaterialien ist gemeinsamer Grundgedanke der Regelung der verschiedenen Absätze des § 140 InsO, dass der Zeitpunkt entscheidet, in dem durch die Rechtshandlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 166). Die Pfändungsankündigung nach § 845 Abs. 1 ZPO bedarf zu ihrer Wirksamkeit, dass innerhalb eines Monats die Pfändung der Forderung bewirkt wird (§ 845 Abs. 2 ZPO). Ohne die nachfolgende Pfändung kann kein Pfandrecht entstehen, welches den Gläubiger zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO berechtigt. Damit das Pfändungspfandrecht insolvenzfest ist, müssen alle dafür notwendigen Voraussetzungen schon eingetreten sein, bevor der Schutz des § 131 InsO einsetzt. Nach einer Vorpfändung ist dies erst der Fall, sobald die Hauptpfändung wirksam geworden ist.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob - wie dies teilweise im Schrifttum vertreten wird (vgl. Stein/Jonas/Brehm, aaO § 845 Rn. 14; Bley/Mohrbutter, VerglO 4. Aufl. § 28 Rn. 43; a.A. Zöller/Stöber, aaO § 845 Rn. 5) - die Vorpfändung als durch das Ausbleiben der Hauptpfändung auflösend bedingtes Pfandrecht anzusehen ist. Denn die Bestimmung des § 140 Abs. 3 InsO, nach der bei einer bedingten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung außer Betracht bleibt, findet nur auf rechtsgeschäftliche Bedingungen Anwendung (vgl. BGH, Urt. v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 13; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 140 Rn. 10; Henckel in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. S. 813, 848 f). Die durch § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO angeordnete Arrestwirkung (§ 930 ZPO) bei fristgemäß bewirkter Hauptpfändung gehört nicht hierher.

(2) Dieses Ergebnis wird durch den Sinn und Zweck des § 845 ZPO bestätigt. Ein Vorrang des Vorpfändenden nach § 845 Abs. 2 Satz 1, § 930 Abs. 1 Satz 2, § 804 Abs. 3 ZPO ist insolvenzrechtlich nur gerechtfertigt, wenn zur Zeit der Hauptpfändung das Prioritätsprinzip noch gilt. Unter Gläubigern, die während der Geltung des Prioritätsprinzips pfänden, soll derjenige den besseren Rang haben, der die Pfändung zuerst in der Form des § 845 Abs. 1 Satz 1 ZPO angekündigt hat oder durch den Gerichtsvollzieher hat ankündigen lassen (vgl. § 845 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Gilt im Zeitpunkt der Hauptpfändung das Prioritätsprinzip hingegen nicht mehr, trifft die Gläubiger die Pflicht zu wechselseitiger Rücksichtnahme. In der "kritischen" Zeit tritt die Befugnis des Gläubigers, sich im Wege hoheitlichen Zwangs eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung für eine Forderung zu verschaffen, hinter den Schutz der Gläubigergesamtheit zurück (vgl. BGH, Urt. v. 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, aaO S. 566). Mit diesem Grundsatz ist es nicht zu vereinbaren, die Pfändungsankündigung, bei der es sich - für sich genommen - lediglich um eine private Nachricht des Gläubigers handelt, durch hoheitliche Zwangsmaßnahmen einzelner, die in den die Gläubigergesamtheit besonders schützenden Zeitraum fallen, zu einer rechtsbeständigen Sicherung aufzuwerten. Die Vorschrift des § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO vermag deshalb in der Insolvenz des Schuldners die in der Vorschrift genannten Rechtsfolgen nur auszulösen, wenn auch die Hauptpfändung als der letzte zur Begründung des Pfändungspfandrechts erforderliche Teilakt außerhalb des Dreimonatszeitraums erfüllt ist.

(3) Der Einwand der Beklagten in der Revisionsverhandlung, aus der Verweisung in § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf die Wirkungen des Arrestes (§ 930 ZPO) folge, dass die Vorpfändung nicht nur in der Einzelzwangsvollstreckung, sondern auch insolvenzrechtlich der Arrestpfändung nach § 930 Abs. 1 Satz 1 ZPO gleichzustellen sei, ist unbegründet. Das Arrestpfandrecht verschafft dem Gläubiger, solange der Titel besteht, ein vollwertiges Pfändungspfandrecht mit den in § 804 ZPO bestimmten Wirkungen. Dieses Pfändungspfandrecht berechtigt zwar noch nicht zur abgesonderten Befriedigung. Es hat zunächst nur eine Sicherungsfunktion. Folgerichtig kann der Gläubiger das Absonderungsrecht mit dem durch das Arrestpfandrecht erlangten Rang, ohne dass § 91 InsO entgegensteht, erst geltend machen, sobald der gesicherte Anspruch durch Feststellung zur Insolvenztabelle Vollstreckbarkeit erhält (vgl. HK-InsO/Eickmann, aaO § 50 Rn. 9; Jaeger/Henckel, aaO § 14 Rn. 26; Joneleit/Imberger in FK-InsO, aaO § 50 Rn. 10; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl. § 50 Rn. 43). Die Vorpfändung hat die Wirkungen einer Arrestpfändung dagegen nur, sofern die Hauptpfändung innerhalb eines Monats bewirkt wird (vgl. § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Ohne eine Hauptpfändung kann sie Absonderungskraft nicht entfalten. Darin liegt der Unterschied zur Vollziehung des Arrestes, der als selbständige Rechtshandlung für sich genommen eine Rechtsposition im Sinne von § 140 Abs. 1 InsO begründet, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste. Eine anfechtungsrechtliche Gleichstellung ist daher nicht geboten.

Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

III.

Die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind gegeben. Dies kann der Senat abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

1. Da die Beklagte kein anfechtungsfestes Pfandrecht erworben hat, muss sie die nicht gedeckten Zahlungen, welche die Gläubiger benachteiligen, zurückgewähren. Zur Zeit der anfechtbaren Handlungen im April 1999 war die Schuldnerin zahlungsunfähig. Nach dem von der Beklagten nicht wirksam bestrittenen Vortrag des Klägers befand sich die Schuldnerin seit Dezember 1998 unter anderem mit den Lohnzahlungen in Höhe von fünf bis sechs Monatslöhnen im Rückstand. Die durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von der Beklagten eingeforderte (Teil-)Forderung belief sich allein auf 1 Mio DM. Die Schuldnerin war unstreitig nicht mehr kreditwürdig. Die Kreditlinien waren ausgeschöpft.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Zinsen sind vom Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung an zu berechnen (vgl. BGH, Urt. v. 22. September 2005 - IX ZR 271/01, ZIP 2005, 1888, 1889; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 79, § 143 Rn. 18).

Dr. Gero Fischer Dr. Ganter Raebel Kayser Dr. Detlev Fischer Vorinstanzen:

LG Cottbus, Entscheidung vom 08.08.2002 - 6 O 324/01 -

OLG Brandenburg, Entscheidung vom 03.04.2003 - 8 U 87/02 -