ArbG Gelsenkirchen, Urteil vom 15.01.2013 - 1 Ca 1258/12
Fundstelle
openJur 2015, 21570
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 14 Sa 1142/16
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Gegenstandswert wird auf 86.212,37 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger, der als selbständiger Versicherungsvertreter für die X Q Versicherung Aktiengesellschaft (nachfolgend Q) tätig war, verfolgt Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war auf der Grundlage eines gegen Jahresende 2002 geschlossenen Handelsvertretervertrages ab dem 1.12.2002 für die Q als Geschäftsstellenleiter tätig. In dieser Funktion führte er zunächst Q-Geschäftsstellen in H. Zum 1.2.2010 übernahm er die Geschäftsstelle in C, I Straße 1. Der Beklagte war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27.12.2007 (Bl. 17 ff d. A.), auf den der Einzelheiten wegen Bezug genommen wird, seit dem 10.1.2008 bei dem Kläger als Kundenbetreuer gegen ein monatliches Fixum in Höhe von ursprünglich 925,50 € monatlich zuzüglich Provision (mit Garantieanteil in Höhe des Fixums), Spesenpauschale und vermögenswirksamen Leistungen (40,00 € mtl.) beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch einen am 22.4.2010 geschlossenen schriftlichen Aufhebungsvertrag (Bl. 21 d. A.), auf den verwiesen wird, mit sofortiger Wirkung.

§ 12 des Arbeitsvertrages sah folgende Regelung vor:

Verfall von Ansprüchen

Vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, sobald sie nicht spätestens innerhalb von 6 Monaten nach jeweiliger Fälligkeit eines Anspruches schriftlich geltend gemacht werden.

Am 22.4.2010 kam es in der Geschäftsstelle des Klägers zu einem Gespräch mit Mitarbeitern der Q, die dem Kläger vorhielten, dass es in seiner Geschäftsstelle zu erheblichen Unregelmäßigkeiten bei dem Abschluss und der Durchführung von Versicherungsverträgen gekommen sei. Es habe schwerwiegende Verstöße gegen bestehende Vereinbarungen zur Regulierung von Schäden, z. B. Zahlungen an Geschädigte ohne Wissen der Versicherungsnehmer, gegeben und es sei auch zu Schadensmanipulationen gekommen. Während der Kläger die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückwies, räumte der sodann hinzu gerufene Beklagte ein, Schäden und Rechnungen manipuliert, unzulässige Provisionen kassiert und zur Regulierung vermeintlicher Schäden geleistete Zahlungen der Q selbst vereinnahmt zu haben, was im Nachgang zu dem Gespräch zum Abschluss des Aufhebungsvertrages zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits führte.

Mit Schreiben vom 5.5.2010 (Bl. 22 d. A.), auf welches der Einzelheiten wegen Bezug genommen wird, kündigte die Q den mit dem Kläger bestehenden Geschäftsstellenleitervertrag fristlos, hilfsweise fristgerecht. Man habe festgestellt, dass vom Kläger und dessen Mitarbeiter, dem Beklagten, in mindestens einem Fall ein nicht versicherter Schaden reguliert worden sei. Ferner habe der Kläger in mindestens einem Fall einen Versicherungsantrag ohne Wissen des Versicherungsnehmers eingereicht, um so seine Aufnahme in das sog. Top Team zu erreichen. Der Kläger habe zudem gegen Vereinbarungen zu Schadensregulierung verstoßen, den Beklagten nicht hinreichend kontrolliert, in Person durchzuführende Schadensbesichtigungen unterlassen und Regelungsvollmachten umgangen. Darüber hinaus bestünden weitere gegen den Kläger gerichtete Verdachtsmomente.

Weitere fristlose Kündigungen der Q folgten unter dem 27.5.2010 und dem 2.6.2010. Anschließend kündigte der Kläger, der seit dem 1.1.2011 für ein anderes Unternehmen der Versicherungsbranche tätig ist, den Handelsvertretervertrag ordentlich zum 31.12.2010.

Gegen diese Kündigungen wandte sich der Kläger mit einer im Juni 2010 bei dem Landgericht Münster, Kammer für Handelssachen, anhängig gemachten Klage, deren Gegenstand zugleich die Feststellung von Schadensersatzansprüchen gegen die Q und eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB war. Mit Urteil aus März 2011 wies das Landgericht Münster die Klage vollständig ab. Im Rahmen des vom Kläger bei dem Oberlandesgericht Hamm anhängig gemachten Rechtsmittelverfahrens schloss er mit der Q zum dortigen Aktenzeichen I-18 U 109/11 am 16.1.2012 einen Prozessvergleich (Bl. 29/30 d. A.). Danach hat das Handelsvertreterverhältnis mit dem 5.5.2010 sein Ende gefunden. Dem Kläger stehen keinerlei Ansprüche gegen die Q mehr zu. Grund für die Beendigung des Vertrages sei, so Ziffer 1 Satz 2 des Vergleiches, das "Fehlverhalten" des hiesigen Beklagten.

Mit Schreiben vom 24.1.2012 (Bl. 31 d. A.) ließ der Kläger den Beklagten erstmals und zugleich unter Fristsetzung bis zum 16.2.2012 auffordern, an ihn Schadensersatz in Höhe von 82.782,00 € zu leisten. Es handle sich insoweit um die in den Monaten Mai bis Dezember 2010 entgangenen Provisionszahlungen, berechnet nach dem Durchschnitt der Vorjahre, nebst der monatlichen Organisationskostenpauschale der Q für die Monate ab Juni 2010.

Der Beklagte reagiert per E-Mail vom 8.3.2012 (Bl. 32 d. A.), auf die verwiesen wird, bedauerte sein Fehlverhalten und teilte u. a. mit, von einer Prozessführung bzw. einem Urteil, wonach ihn wegen seiner Vergehen die alleinige Schuld an der Kündigung des Geschäftsstellenleitervertrages treffe, nichts gewusst zu haben. Die angeführte Schadenssumme sei derart hoch, dass er überlege, inwiefern und mit welcher Belastung er Schadensersatz leisten könne.

Auf Antrag des Klägers vom 18.4.2012 erließ das Amtsgericht Hagen einen Mahnbescheid gegen den Beklagten über eine Hauptforderung in Höhe von 82.782,00 € nebst Kosten und Zinsen. Nachdem der Kläger am 25.4.2012 Widerspruch einlegt hatte, gab das Mahngericht das Verfahren an das Landgericht Essen zur Durchführung der streitigen Verhandlung ab.

Mit Beschluss vom 14.6.2012 erklärte dieses den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig und nahm eine Verweisung an das Arbeitsgericht Gelsenkirchen vor.

Der Kläger, der die Klage mit Schriftsatz vom 21.8.2012, dem Beklagten zugestellt am 27.8.2012, auf eine Gesamtforderung in Höhe von 86.212,37 € erweitert hat, ist der Auffassung, dass der Beklagte in dieser Höhe Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten aus §§ 280 Abs. 1, 611, 241 BGB zu leisten habe. Der Beklagte habe durch Schadensmanipulationen zum Nachteil der Q in zumindest 26 Fällen zugleich seine Pflicht zur Wahrung der Arbeitgeberinteressen nachhaltig verletzt und dabei bewusst in Kauf genommen, dass dies im Entdeckungsfall zur sofortigen Auflösung des Handelsvertretervertrages führen könne. Der Beklagte habe insbesondere vorsätzlich gegen die ihm am 23.8.2006 unstreitig ausgehändigten schriftlichen Verhaltensanweisungen (Verpflichtungserklärung zur Sofortregulierung) verstoßen.

Nach dem Abschluss des bei dem Oberlandesgericht Hamm gegen die Q geführten Verfahrens stehe fest, dass allein das ihm nach §89a HGB i. V. m. § 278 BGB zuzurechnende Verhalten des Beklagten ursächlich für eine wirksame außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages durch die Q gewesen sei. An dem Vorwurf eigener (klägerischer) Pflichtwidrigkeiten habe die Q hingegen ausdrücklich nicht festhalten können, obwohl diese selbiges im Hinblick auf die Ausgleichsansprüche nach § 89b HGB - ggf. sogar unter Einbeziehung des Wissens des Beklagten - angestrebt habe. Soweit der Beklagte nunmehr (weiter) behaupte, es lägen eigene (klägerische) Manipulationen zum Nachteil der Q vor, die zumindest in gleicher Weise Anlass der Kündigungen gewesen wären, sei dies auf der ganzen Linie unzutreffend und werde strafrechtliche Schritte nach sich ziehen. Ggf. müsse die Frage des tatsächlich begründeten Kündigungssachverhalts innerhalb des vorliegenden Verfahrens (erneut) geklärt werden.

Der Kläger behauptet in den Jahren 2007 bis 2009 im Durchschnitt jährliche Provisionsansprüche gegen die Q in Höhe von 165.795,00 € (einschließlich Organisationskostenzuschuss) verdient zu haben, woraus eine monatliche Provisionsleistung in Höhe von durchschnittlich 13.816,00 € folge. Für die Monate Juni bis Dezember 2010 sei ein Provisionsaufkommen in mindestens gleicher Höhe zu erwarten gewesen, welches ihm durch die Kündigung zum 5.5.2010 entgangen sei. Daraus folge eine Provisionsverlust in Höhe von 96.712,00 € (7 x 13.816). Davon seien ersparte Aufwendungen in Höhe von insgesamt 10.499,63 € in Abzug zu bringen (Miete, Personalkosten etc.). Hinsichtlich der Einzelheiten insoweit wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 21.8.2012 Bezug genommen. Mangels anderweitiger Einkünfte in dem fraglichen Zeitraum bestehe folglich, lasse man zugunsten des Beklagten eine für 2010 konkret erwartete Umsatzsteigerung und Teilansprüche für Mai 2010 außer Betracht, ein von diesem auszugleichender Gesamteinkommensverlust in Höhe von 86.212,37 €.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 86.212,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.2.2012 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet. Die Kündigungserklärung der Q vom 5.5.2010 lasse deutlich erkennen, dass eigene Pflichtwidrigkeiten des Klägers Anlass zu der sofortigen Beendigung des Handelsvertretervertrages gegeben hätten. Wenngleich dem Kläger im Vertragsverhältnis zur Q sein Verschulden nach § 278 BGB zuzurechnen sei, was ggf. allein für eine wirksame Kündigung ausgereicht haben könnte, sei die Kündigung der Q jedoch erkennbar anders motiviert gewesen. Diese habe den Vorwurf eigenen betrügerischen Verhaltens gegenüber dem Kläger nicht ausdrücklich fallen lassen, sondern - wie der Vergleich zeige - lediglich zurückgestellt. Dieser Vorwurf sei im Übrigen begründet, denn der Kläger habe beispielsweise eigene Glas- und Wasserschäden gegenüber der Q abgerechnet, die es in Wahrheit nicht gegeben habe, dieser einen fingierten Vertrag mit einer Verstorbenen vorgelegt und zum Schein eine Lebensversicherung mit einer eigenen Auszubildenden geschlossen, um daraus Vorteile für sich zu generieren.

Im Hinblick auf die Höhe der Klageforderung werde bestritten, dass der Kläger in den Jahren 2007 bis 2009 tatsächlich Einkünfte der behaupteten Höhe erzielt habe.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15.1.2013 nebst dortiger Hinweise der Kammer Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I.

Der Kläger hat keinen auf Ausgleich entgangener Einkünfte aus dem beendeten Handelsvertretervertrag mit der Q gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Pflichtverletzung gem. §§ 280 Abs. 1, 611 Abs. 1, 241 Abs. 2, 249 ff BGB oder aus anderem vertraglichen oder deliktischen Rechtsgrund.

Dieser Anspruch ist nach Maßgabe der vertraglichen Ausschlussfrist gem. § 12 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 27.12.2007 jedenfalls im Laufe des Monats September 2011 mit dem Ablauf der dortigen Frist erloschen, was allein zur Unbegründetheit der Klage führt.

Es kann daher offen bleiben, ob ein vom Beklagten als solches zugestandenes pflichtwidriges Verhalten im Sinne der für die Annahme eines Schadensersatzanspruchs unter allen rechtlichen Gesichtspunkten erforderlichen Kausalbeziehung zwischen Pflichtverletzung und Schaden alleinursächlich, lediglich mitursächlich oder ggf. sogar für die Kündigungsentscheidung der Q irrelevant war, was angesichts des Inhalts der Kündigungserklärung der Q vom 5.5.2010 durchaus als fraglich erscheint.

Der bei dem Oberlandesgericht Hamm geschlossene Vergleich stellt sich angesichts dieser Kündigungserklärung in der seiner Wirkung ggf. als Vertrag zu Lasten Dritter (des Beklagten) dar, was jedoch - des Erlöschens etwaiger Schadensersatzforderungen wegen - ebenso wenig der Vertiefung bedarf, wie die Frage, warum der Kläger, soweit tatsächlich keine eigenen Pflichtwidrigkeiten vorgelegen haben, mit dem Vergleich auf die zumindest erstinstanzlich geltend gemachten Ausgleichsansprüche nach § 89b HGB verzichtet hat, was wiederum Auswirkungen auf die Höhe des vorliegend liquidierbaren Schadens haben könnte.

1. Nach § 12 des Arbeitsvertrages verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach jeweiliger Fälligkeit des Anspruchs schriftlich geltend gemacht worden sind. Eine erstmalige schriftliche Geltendmachung ganz überwiegender Teile des vorliegend streitgegenständlichen Schadensersatzanspruches erfolgte unstreitig erst mit Schreiben des Klägers vom 24.1.2012.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welcher sich die Kammer anschließt, zählen zu den von einer Ausschlussklausel erfassten Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern - des einheitlichen Lebensvorgangs wegen - auch gleichgerichtete Ansprüche aus unerlaubter Handlung (BAG, Urteil vom 26.5.1981 - 3 AZR 269/78, AP Nr. 71 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; Urteil vom 10.1.1974 - 5 AZR 573/72, AP Nr. 54 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Dies gilt selbst dann, wenn der Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung in der Ausschlussfrist nicht angesprochen ist, sondern deren Wortlaut ausdrücklich nur Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag berührt (BAG, Urteil vom 5.3.1981 - 3 AZR 559/78, AP Nr. 9 zu § 70 BAT). Die streitgegenständliche Forderung ist damit unter allen rechtlichen Gesichtspunkten (Anspruchsgrundlagen) von der Ausschlussfrist nach § 12 des Arbeitsvertrages tatbestandlich erfasst.

3. Der Schadensersatzanspruch des Klägers, seine Berechtigung unterstellt, ist spätestens mit der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts Münster im März 2011 im Sinne der Regelung zu § 12 des Arbeitsvertrages fällig geworden.

a. Ausschluss oder Verfallklauseln in Tarif- und Arbeitsverträgen, die eine fristgemäße Geltendmachung von Ansprüchen verlangen, sehen regelmäßig vor, dass der Beginn der Ausschlussfrist mit der Fälligkeit des Anspruchs eintritt. Ausschlussfristen haben den Zweck, die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zu erleichtern und zu beschleunigen. Unter Abkürzung der Verjährungsfristen soll innerhalb kurzer, überschaubarer Zeit endgültige Rechtssicherheit über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen herbeigeführt werden. Aus diesem Grund ist der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs aus einem Arbeitsverhältnis gehalten, seien (möglichen) Forderungen nachzugehen und Ermittlungen zum Sachverhalt anzustellen, wenn Ausschlussfristen einschlägig sind (BAG, Urteil vom 26.5.1981 - 3 AZR 268/78, aaO).

Den Ausgang von Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren darf der Gläubiger dabei nur dann abwarten, wenn er sich davon weitere Aufklärung zu Umfang und Grenzen seines Schadensersatzanspruchs versprechen kann (BAG, aaO). Der Begriff der Fälligkeit in Ausschlussfristen ist von den Gerichten für Arbeitssachen stets unter Einbeziehung des Kenntnisstandes des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht auszulegen (BAG, Urteil vom 25.5.2005 - 5 AZR 572/04, AP Nr. 1 zu § 310 BGB). Ein Anspruch ist dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger diesen überblicken und zumindest annähernd beziffern kann (BAG, aaO). Ein Anspruch aus Pflichtwidrigkeit oder unerlaubter Handlung ist folglich schon dann fällig, wenn der Gläubiger den Tathergang und den ihm daraus erwachsenden Schaden kennt (BAG, Urteil vom 26.5.1981, aaO).

b. Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger gehalten, seinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten spätestens nach der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Münster im März 2011 geltend zu machen, welches auf die Wirksamkeit der Kündigung der Q vom 5.5.2010 erkannt hat.

Der Kläger wusste bereits aus dem Gespräch vom 22.4.2010, dass der Beklagte ihm nach § 278 BGB zuzurechnende Pflichtwidrigkeiten zum Nachteil der Q begangen hatte. Das entsprechende Geständnis des Beklagten in diesem Gespräch nahm der Kläger zum Anlass, noch am 22.4.2010 auf die sofortige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses per Aufhebungsvertrag hinzuwirken. Aus dem Kündigungsschreiben vom 5.5.2010 war zudem ersichtlich, dass die Q die außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses zumindest auch auf Pflichtwidrigkeiten des Beklagten stützt. Mit Ausspruch der Eigenkündigung des Klägers gegenüber der Q zum 31.12.2010 stand fest, dass eine Wirksamkeit dervorausgehenden Kündigungen der Q mit dem Verlust von Provisionsansprüchen und Organisationskostenzuschüssen für den Zeitraum 5.5.2010 bis 31.12.2010 einhergehen und sich zugleich auf diesen Zeitraum beschränken wird. Eine zumindest vorläufige Bezifferung der entgangenen Einnahmen nach dem Durchschnittsverdienst der Jahre 2007 bis 2009 war dem Kläger daher bereits unmittelbar nach der Eigenkündigung gegenüber der Q möglich.

Folgt man dem Kläger ferner in seiner Darstellung, dass er gegenüber der Q bereits am 22.4.2010 und danach fortgesetzt deutlich gemacht habe, keinerlei eigene Manipulationen zu deren Nachteil begangen zu haben, muss ihm schon zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 5.5.2010 deutlich gewesen sein, dass der Verlust der Einnahmen aus dem Handelsvertretervertrag allein auf ein Fehlverhalten des Beklagten zurückzuführen ist und er die Kündigung unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung nach § 278 BGB i. V. m. § 89a HGB kaum wird abwenden können.

Der entsprechende Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten hätte demnach - objektiv betrachtet - bereits nach der Eigenkündigung in 2010 geltend gemacht werden können.

Selbst wenn man dem Kläger zubilligen will, zur Klärung des Bestehens von Schadensersatzansprüche dem Grunde nach den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens bei dem Landgericht Münster abwarten zu dürfen, so musste er jedoch spätestens nach dessen klageabweisendem Urteil aus März 2011 vergegenwärtigen, dass mehr als nur die abstrakte Gefahr eines Vermögensschadens besteht. Weitere Erkenntnisse aus dem Berufungsverfahren waren insoweit nicht zu erwarten. Der schon zuvor bezifferbare Schadensersatzanspruch wäre deshalb - auch bei für den Kläger günstigster Auslegung des Fälligkeitsbegriffs nach § 12 des Arbeitsvertrages - spätestens nunmehr schriftlich gegenüber dem Beklagten geltend zu machen gewesen, um diesem unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck einzelvertraglicher Ausschlussfristen deutlich zu machen, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis in wirtschaftlicher Hinsicht noch nicht als abgeschlossen betrachtet.

Da die schriftliche Geltendmachung auch dann noch unterblieb, ist ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers mit Ablauf des Monats der 6-monatigen Ausschlussfrist, spätestens mit Ablauf des Monats September 2011 erloschen. Die erste schriftliche Geltendmachung vom 24.1.2012 erfolgte erkennbar nach Fristablauf.

4. Der Beklagte hat die Forderung auf die Geltendmachung vom 24.1.2012 nicht durch seine E-Mail vom 8.3.2012 im Sinne des § 781 BGB anerkannt. Zunächst fehlt es insoweit bereits an einer formgerechten Erklärung, da die Erteilung einer Anerkenntniserklärung in elektronischer Form gem. § 781 S. 2 BGB ausdrücklich ausgeschlossen ist. Daneben hat der Beklagte mit der Erklärung, er werde überlegen, inwiefern und mit welcher Belastung er Schadensersatzzahlungen leisten könne, deutlich gemacht, sich sowohl zum "ob" als auch zum "wie" von Leistungen noch nicht abschließend erklären zu wollen. Damit fehlt es nach dem objektiven Erklärungsgehalt an einem Anerkenntnis im Rechtssinne, da aus der Erklärung ein Rechtsbindungswille des Beklagten nicht erkennbar hervortritt.

Die Klage muss danach der Abweisung unterliegen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Kläger hat danach die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts veranlassten zusätzlichen Kosten vollumfänglich zu tragen.

Der Gegenstandswert, der gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen ist, bemisst sich nach der Höhe der Klageforderung.