FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.2012 - 10 K 3864/11
Fundstelle
openJur 2016, 9755
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der verheiratete Kläger (Kl) reichte am 03.08.2007 gemeinsam mit seiner Ehefrau die Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2006 beim Finanzamt ein. Danach gehörte er der evangelischen Kirche an, seine Ehefrau hingegen war konfessionslos. Der Kl. erzielte im Streitjahr Einkünfte von zusammen 53.529 EUR. Seine Ehefrau hingegen hatte Einkünfte von ./.1.543 EUR. Im Bescheid für 2006 über Kirchensteuer vom 12.12.2007 wurde die evangelische Kirchensteuer auf 444,08 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kl am 21.12.2007 mit Schreiben vom 17.12.2007 form- und fristgerecht Einspruch. Er wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung des ihm entstehenden Lebensführungsaufwands für die nicht kirchenangehörige Ehefrau und begehrt die Minderung der festgesetzten Kirchensteuer um 96 EUR. Dieser Betrag entspricht nach den Ausführungen des Kl dem besonderen Kirchgeld, das festgesetzt werden würde, wenn seine Ehefrau die Alleinverdienerin wäre. Zur Begründung verweist er auf den Beschluss des BVerfG vom 28.10.2010 2 BvR 591/06, 2 BvR 1689/09, 2 BvR 2698/09, 2 BvR 2715/09, 2 BvR 148/10 und 2 BvR 816/10, HFR 2011, 98.

Am 01.02.2008 erging ein — aus anderen Gründen — geänderter Bescheid für 2006 über Kirchensteuer. Die Kirchensteuer wurde nunmehr auf 258,96 EUR herabgesetzt. Als Bemessungsgrundlage wurde hierbei ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 35.874 EUR unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags von 5.808 EUR‚ der steuerfreien Halbeinkünfte des Ehemannes von 1.004 EUR und der Steuerermäßigung nach § 35a EStG von 117 EUR die Einkommensteuer unter Anwendung des Splittingtarifs mit 3.237 EUR errechnet. Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch wurde vom beklagten Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger form- und fristgerecht Klage, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Er trägt vor, strittig sei nicht die Anwendung des einfachen Rechts. Dieses sei richtig angewendet worden. Die einfachgesetzlichen Regelungen verstießen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, denn sie würden den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine folgerichtige Umsetzung steuerrechtlicher Belastungsentscheidungen nicht gerecht. Das Gebot der Folgerichtigkeit werde missachtet.

Die steuerrechtliche Behandlung der folgenden Sachverhalte verstoße gegen das Gebot der Folgerichtigkeit:

- Die Ehegatten leben in glaubensverschiedener Ehe und der Alleinverdiener ist NichtKirchenmitglied (Sachverhalt 1)- Die Ehegatten leben in glaubensverschiedener Ehe und der Alleinverdiener ist Kirchenmitglied (Sachverhalt 2: hier Streitfall).

Liege der Sachverhalt 1 vor, werde das besondere Kirchgeld erhoben. In seinem Beschluss vom 28.10.2010 (2 BvR 816/10) habe das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten, wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden könne. Wenn angesichts der Schwierigkeiten der Bestimmung des Lebensführungsaufwand als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners dieser Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen werde, sei hiergegen verfassungsrechtlich nichts einzuwenden.

Das besondere Kirchgeld sei keine Annexsteuer, sondern eine eigenständige Steuer, die auf einem kircheneigenen Steuertarif beruhe. Es diene der Schließung bestehender Lücken im System der Kirchensteuer.

Die Berücksichtigung des Lebensführungsaufwandes beim nichtverdienenden Ehegatten korrespondiere mit einer entsprechenden Abnahme der Leistungsfähigkeit beim Alleinverdiener. Auch in den Fällen, in denen nur der Alleinverdiener Kirchenmitglied sei, sei entsprechend dem Gebot der Folgerichtigkeit der Lebensführungsaufwand des Ehegatten, der kein Einkommen erzielt, bei der Besteuerung zu berücksichtigen: Der Lebensführungsaufwand entstehe bei nichtverdienenden Ehegatten unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer steuerberechtigten Kirche. Der Kläger (Alleinverdiener) wende sich gegen die Nichtberücksichtigung des für die Ehefrau bei der Festsetzung der Kirchensteuer besteuerten Lebensführungsaufwandes auf die Bemessungsgrundlage.

Wäre die Ehefrau des Klägers Alleinverdienerin, wäre bei einem maßgebenden zu versteuernden Einkommen von EUR 31.070,00 (vgl. Bescheid vom 01.02.2008) ein besonderes Kirchgeld von EUR 96,00 für den Kläger festgesetzt worden. Im Streitfall sei daher die aus dem Einkommen von EUR 31.070,00 resultierende Kirchensteuer von EUR 258,96 um EUR 96,00 zu ermäßigen (Berücksichtigung eines „negativen“ besonderen Kirchgeldes bei der Festsetzung der Kirchensteuer). Diese Ermäßigung reflektiere den Umstand, dass aus dem maßgebenden zu versteuernden Einkommen von EUR 31.070,00 zunächst der Lebensführungsaufwand für die Ehefrau (Nicht-Kirchenmitglied) abzuscheiden sei. Andernfalls würde der dem Kläger entstehende Lebensführungsaufwand für das Nicht-Kirchenmitglied im Ergebnis der Kirchensteuer unterliegen.

In Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Lebensführungsaufwandes beantragt der Kläger daher, das im umgekehrten Fall erhobene besondere Kirchgeld von der Kirchensteuer abzuziehen, um der Verminderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen.Im Streitfall gehe es dem Grunde nach zwar um die Aufteilung der Bemessungsgrundlage. Da das besondere Kirchgeld aber in pauschaler Weise aus dem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen ermittelt werde, lasse sich die geminderte Leistungsfähigkeit des alleinverdienenden Ehegatten in glaubensverschiedener Ehe durch den Abzug des beim umgekehrten Sachverhalt festzusetzenden besonderen Kirchgeldes berücksichtigen.

Der nach den bisherigen Vorschriften ermittelten Kirchensteuer werde der folgende Unterschiedsbetrag gegenübergestellt:

a. Kirchensteuer, die sich ergibt, wenn dem Kirchenmitglied sämtliche Einkünfte zugeordnet werden, abzüglichb. dem besonderen Kirchgeld, das sich bei dem gemeinsam zu versteuernden Einkommen ergeben würde.

Der niedrigere der beiden Beträge werde als Kirchensteuer in glaubensverschiedener Ehe festgesetzt. Mit einer solchen - das Gebot der Folgerichtigkeit berücksichtigenden - Vergleichsberechnung wären nur die bereits vorhandenen Daten auszuwerten. Eine zusätzliche Erfassung von Daten wäre nicht erforderlich. Insbesondere wären auch keine zusätzlichen Subsumtionen erforderlich. Nach Ansicht des Klägers tangiert eine solche Regelung die dem Gesetzgeber zugestandene Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung bei der Ordnung steuerrechtlicher Massenerscheinungen nicht. Die Mitarbeiter der Finanzverwaltung stünden bei der Festsetzung der Kirchensteuer nicht mit schwarzen Ärmelschonern und Bleistift hinter dem Ohr am Pult und schlügen in Tabellenwerken die Steuerbeträge nach, die sie anschließend addierten und subtrahierten. Verwaltungsseitig wären nur Änderungen beim Programmablauf erforderlich. Die Affinität der Finanzverwaltung für EDV-Lösungen sei offensichtlich. Vereinfachung und Typisierung seien kein Selbstzweck. Ein Mehraufwand bei der Verwaltung der Kirchensteuer sei nicht erkennbar. Der Kläger setzt sich weiterhin mit der Rechtsprechung des BFH, des Bundesverfassungsgerichts und des OVG Lüneburg auseinander und hält diese für unrichtig.

Er beantragt die Zulassung der Revision mit folgender Begründung:

Wenn das OVG Lüneburg hinsichtlich der „Gerechtigkeitsmaximierung“ polemisiere, könne auch in einem Antrag auf Zulassung der Revision zugespitzt festgestellt werden, dass Lebensführungsaufwand im Geltungsbereich des Grundgesetzes üblicherweise nicht durch Zeichen und Wunder bestritten würde, z.B.:

- Speisung der 5.000 (Mk 6,35-44) oder- Wandlung von Wasser in Wein in Kana (Joh 2,1-11),

sondern durch Übertragung von Leistungsfähigkeit vom Alleinverdiener auf den nichtverdienenden Ehegatten. Nach Hammer (Felix Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, Fußnote 287 auf Seite 330) sei der Begriff Lebensführungsaufwand unglücklich und verfehle die eigentliche Problemstellung. Er gehe zurück auf ein obiter dictum im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14.12.1965 (BVerfGE 19, 268 [282]) und sei unter Zugrundelegung der Gesamtstruktur der Passage sicher nicht als grundsätzlicher und abschließender Definitionsansatz zu verstehen. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehegatten, auf die das besondere Kirchgeld zugreifen wolle, könnten weder die finanziellen Mittel sein, die ihm aufgrund der konkreten Verteilung in der Ehe zugewendet würden, noch die Höhe seines familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs, noch der Aufwand, den er tatsächlich treibt. Sie alle seien im konkreten Besteuerungsverfahren ohnehin nicht oder kaum feststellbar und müssten grob generalisierend geschätzt werden. Nach Auffassung des Klägers bedarf die Theorie vom Lebensführungsaufwand einer höchstrichterlichen Präzisierung (,‚Natur“ bzw. „Wesen“ des Lebensführungsaufwands) und einer Klärung der Konsequenzen einer solchen Präzisierung für das Gebot der Folgerichtigkeit. Auf dieser Grundlage wäre festzustellen, ob eine Ungleichbehandlung bestehe und ob es für diese Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund gebe.

Höchstrichterliche Rechtsprechung zu der unterschiedlichen Berücksichtigung des Lebensführungsaufwandes in Hinblick auf das Gebot der Folgerichtigkeit liege nicht vor. Die Rechtsfrage sei daher klärungsbedürftig.

In der mündlichen Verhandlung übergab der Kläger eine von ihm gefertigte Tabelle, die die Belastung durch die Kirchensteuer darstellen sollte, wobei er von der Grundtabelle ausging. Das Gericht wies darauf hin, dass das besondere Kirchgeld nur bei einer Zusammenveranlagung der Eheleute zum Tragen komme.

Der Kläger beantragt,

1. den zuletzt ergangenen Kirchensteuerbescheid vom 1.2.2008 in der Form der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Kirchensteuer um 96 EUR niedriger festgesetzt wird,

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Das Finanzamt vertritt wie in der Einspruchsentscheidung die Auffassung, die evangelische Kirchensteuer des Kl sei gem. § 6 Abs. 1 KiStG von den in seiner Person gegebenen Bemessungsgrundlagen zu erheben. Wenn — wie vorliegend — die Kirchensteuer durch die Landesverwaltungsbehörden verwaltet werde, sei in den Fällen, in denen nur von einem Ehegatten Kirchensteuer zu erheben sei, Bemessungsgrundlage der Anteil dieses Ehegatten an der gemeinschaftlichen Einkommensteuer. Die Anteile der Ehegatten an der Steuer bestimmten sich dabei nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die sich bei Anwendung der, Grundtabelle des EStG auf die Einkünfte eines jeden Ehegatten ergäben ( 19 Abs. 4 KiStG Baden-Württemberg).

Die Bestimmungen in § 19 Abs. 4 KiStG Baden-Württemberg zur Aufteilung der gemeinschaftlichen Bemessungsgrundlage seien nach Auffassung des BFH (vgl. Urteil vom 15.12.1999 I R 114/98, BFH/NV 2000, 1243) verfassungsgemäß. Im Streitfall entspreche die angefochtene Kirchensteuerfestsetzung für 2006 den Regelungen des § 19 Abs. 4 KiStG und sei daher nicht zu beanstanden.

Die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer werde nach dem Splitting-Verfahren ermittelt. Nach § 32a Abs. 5 EStG werde jeweils auf die Hälfte des gemeinsamen Einkommens der Grundtarif angewandt — unabhängig davon, wer das Einkommen tatsächlich erzielt habe. Das Splitting-Verfahren gehe damit von einem gleichen Beitrag beider Ehegatten zum gemeinsamen Einkommen aus. Mit dieser Tarifbegünstigung, die letztlich auch auf die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer durchschlage, sei auch der sog. Lebensführungsaufwand für den anderen Ehegatten abgegolten.

Dem Beschluss des BVerfG vom 28.10.2010 2 BvR 591/06 u.a., a.a.O. liege ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage, auf welcher Bemessungsgrundlage das besondere Kirchgeld für den kirchenangehörigen Ehegatten ohne eigenes Einkommen zu ermitteln sei. Im vorliegenden Fall beziehe jedoch nur der kirchenangehörige Ehegatte Einkommen.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 6. Juni 2012, auf dessen Inhalt insgesamt verwiesen wird, umfangreich Stellung genommen und die Auffassung vertreten, die Vorschriften des Kirchensteuergesetzes und die hierzu ergangenen Kirchensteuerordnungen seien verfassungsgemäß. Der nicht Kirchensteuerpflichtige werde durch das gewählte Verfahren von jeder Kirchensteuerpflicht freigestellt und der kirchensteuerangehörige Ehegatte werde nur aufgrund der in seiner Person gegebenen Steuerbemessungsgrundlage zur Kirchensteuer herangezogen. Die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes sei in den Fällen vorgesehen, in denen die zu erhebende Einkommenskirchensteuer hinter der finanziellen Leistungsfähigkeit des Kirchenmitgliedes zurückbleibe. Dabei werde an den Unterhaltsanspruch des Kirchenangehörigen gegen den nicht kirchenangehörigen Unterhaltsverpflichteten angeknüpft. Dieser werde als eigenes Einkommen im Sinne des allgemeinen Lebensführungsaufwandes fingiert und als Bemessungsgrundlage herangezogen. Das besondere Kirchgeld diene wegen seines geringen Ertrages nicht der Einnahmevermehrung, sondern der Verwirklichung der Steuergerechtigkeit.

Durch Beschluss des Berichterstatters vom 5. April 2012 wurde die Evangelische Landeskirche in X zum Verfahren beigeladen. Diese hat eine Stellungnahme abgegeben. Bezüglich des weiteren Sachverhalts wird auf den zuletzt ergangenen Einkommensteuer- und Kirchensteuerbescheid, die Kirchensteuerbeschlüsse der Evangelischen Landeskirche und die zwischen allen Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die vom Kläger übergebene Tabelle verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. a) Nach § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes -EStG- dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewandten Beträge, nach Nr. 3 der Vorschrift die Einkommen- und Personensteuern nicht bei den einzelnen Einkunftsarten oder vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit die Vorschriften über den Sonderausgabenabzug oder den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen nichts anderes bestimmen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1996 wird die gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe berücksichtigt. Demnach wird die gesamte, vom Kläger gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe steuermindernd berücksichtigt. Das vom Kläger favorisierte Modell hätte zwar einerseits zur Folge, dass seine Kirchensteuer um 96 EUR vermindert würde, andererseits könnten jedoch Sonderausgaben nur in dieser Höhe geltend gemacht werden. Dadurch ergäbe sich ein gegenläufiger Effekt.

Angesichts der Tatsache, dass die Bemessungsgrundlage bereits nur von einem geminderten Einkommen des Kirchenangehörigen ausgeht, ist auch ein nochmaliger Sonderausgabenabzug aus verfassungsrechtlichen Gründen weder erforderlich noch geboten. Nicht jeder Lebensführungsaufwand muss als Sonderausgabe abzugsfähig sein, wie z.B. auch die Grenzen abzugsfähiger Sonderausgaben in unterschiedlichen Vorschriften des § 10 EStG zeigen. So sind die Aufwendungen für Kinderbetreuung nach § 10 Nr. 5 EStG auf höchstens zwei Drittel mit einer Höchstgrenze von 4.000 EUR, für die eigene Berufsausbildung auf 4.000 EUR, Vorsorgeaufwendungen ebenfalls der Höhe nach begrenzt, genauso wie Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Aufwand, der vom Gesetzgeber grundsätzlich als nicht abzugsfähig nach § 12 EStG angesehen wird, wird daher entweder nur in beschränktem Umfang oder gar nicht zum steuermindernden Abzug zugelassen. Insoweit handelt es sich um vom Gesetzgeber geregelte, verfassungsrechtlich unbedenkliche Typisierungen. Der Gesetzgeber war daher nicht verpflichtet, zusätzliche Sonderausgabentatbestände zu schaffen.

Zudem wird der Lebensführungsaufwand für den nicht verdienenden Ehegatten durch die Berücksichtigung von Grundfreibeträgen und die tarifliche Ehegatten-Splittingtabelle bei der Einkommensteuer bereits berücksichtigt. Dadurch wird auch die Kirchensteuer gemindert.

2.In evangelischen Kirchensteuerangelegenheiten in Baden-Württemberg ist der Finanzrechtsweg eröffnet (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1997 I R 33/97 BStBl II 1998, 126. Das FA ist im Klageverfahren passiv prozessführungsbefugt (BFH-Urteil vom 01.07.2009 I R 76/08, BStBl II 2010, 1061). Die Evangelische Landeskirche Baden-Württemberg wurde nach § 3 des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung Baden-Württemberg -AGFGO- zum Verfahren beigeladen.

3. Nach Art. 2 des Kirchensteuerbeschlusses der evangelischen Landeskirche in Württemberg für das Kalenderjahr ab 2007 und das kirchliche Gesetz über den landeskirchlichen Haushaltsplan ist in § 2 geregelt, dass die Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer mit 8 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt wird. Nach Abs. 2 der Regelung ist von Kirchenmitgliedern, deren Ehemann oder Ehefrau keiner kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört und die nicht nach dem Einkommensteuergesetz getrennt oder besonders veranlagt werden, Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe zu erheben. Dann folgt eine Bemessungsgrundlage mit 13 Stufen. Es ist eine Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe durchzuführen, wobei der höhere Betrag festgelegt wird. Das Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe bemisst sich nach dem gemeinsam zu versteuernden Einkommen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist § 51a Abs. 2 EStG sinngemäß anzuwenden. Beginnt oder endet die glaubensverschiedene Ehe im Laufe des Kalenderjahres, so ist das jährliche Kirchgeld für jeden Monat, während dessen Dauer die glaubensverschiedene Ehe nicht oder nur zum Teil bestanden hat, um ein Zwölftel zu kürzen. Im übrigen gelten für Beginn und Ende der Kirchgeldpflicht die Regelungen der §§ 4 und 7 des Kirchensteuergesetzes. Nach § 4 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg (Kirchensteuergesetz -KiStG) werden Tatsachen, die die Steuerpflicht begründen oder beenden, mit dem Beginn des auf ihr Eintreten folgenden Monats wirksam. Nach § 7 des Kirchensteuergesetzes ist Erhebungszeitraum das Kalenderjahr. Maßgebend sind die Bemessungsgrundlagen des Kalenderjahres. Nach Abs. 2 der Vorschrift werden die Steuern als Zuschlag zur Einkommensteuer und aus den Grundsteuermessbeträgen nach einem Hundertsatz der Bemessungsgrundlagen erhoben. Nach Abs. 3 der Vorschrift werden die Steuern nach Maßgabe des Einkommens und das Kirchgeld durch die Steuerordnung näher geregelt. Das Kirchgeld kann nach Satz 2 des Abs. 3 auch in gestaffelten Sätzen nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erhoben werden.

4. a) Die oben genannten Vorschriften sind nach der ständigen Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg, des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, nicht verfassungswidrig, sondern verfassungsgemäß ausgestaltet (vgl. z.B. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 15.12.2000 9 K 258/00, KirchE 38, 494-502 (2000), hierzu ergangener BFH-Beschluss vom 22. Januar 2002 I B 18/01, BFH/NV 2002, 674; Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts. vom 5.8.2002, Az.: 2 BvR 685/02).

b) Das festgesetzte Kirchgeld entspricht der Höhe nach der untersten Stufe der Tabelle in § 2 Abs. 2 des geltenden Kirchensteuerbeschlusses.

Der Kläger beruft sich u.a. auf das Urteil des BVerfG vom 14. Dezember 1965 1 BvR 606/60 (BVerfGE 19, 268, BStBl I 1966, 196). Diesem Urteil zufolge ist es mit Art. 2 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn im Falle einer glaubensverschiedenen Ehe die Kirchensteuer des kirchenangehörigen Ehegatten nach der Hälfte der zusammengerechneten Einkommensteuer beider Ehegatten erhoben wird. Die Kirchensteuer dürfe --so die Begründung des BVerfG-- nur an Merkmale anknüpfen, die in der Person des kirchenangehörigen Ehegatten gegeben sind (BVerfG-Urteil in BVerfGE 19, 268, 274, BStBl I 1966, 196).

c) Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3, 4 Abs. 1 und 2, 14 GG liegt nicht vor.

Die Glaubensfreiheit schützt den Kirchenangehörigen nicht vor der Erhebung von Kirchensteuern und ähnlichen Abgaben (BVerfG-Beschluss vom 30. August 1982 1 BvR 1109/81, HFR 1984, 73; BFH-Urteil in BFHE 183, 107, BStBl II 1997, 545; zum Vorstehenden: BFH-Urteil vom 19.10.2005 I R 76/04 BStBl II 2006, 274; vom 21.12.2005 I R 44/05, Juris-Datenbank; BFH-Beschluss vom 29. Januar 2010 I B 98/09 BFH/NV 2010, 1123).

d) Die gegen diese Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen für die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden liegen danach nicht vor. Ihnen kommt weder eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Entscheidung im Wesentlichen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes selbst bereits durch die zuvor ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. insb. BVerfGE 19, 268; fernerhin etwa BVerfGE 19, 206; 19, 226; 19, 253; 20, 40; 30, 415; 73, 388; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. August 2002 - 2 BvR 443/01 -, DVBl 2002, S. 1624) und durch die hieran anknüpfende Rechtsprechung der Fachgerichte verfassungsgemäß konkretisierend beantwortet. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten, wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden kann (vgl. BVerfGE 19, 268 ). Wenn angesichts der Schwierigkeiten der Bestimmung des Lebensführungsaufwandes als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners dieser Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen wird, ist hiergegen verfassungsrechtlich nichts einzuwenden (vgl. auch BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 I R 76/04-, BStBl II 2006, S. 274 m.w.N.). Danach begegnen auch die angegriffene Entscheidungen des BFH I R 44/05 und I B 98/09 a.a.O. keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Beschluss des BVerfG, 2. Senat 1. Kammer 2 vom 28. Oktober 2010, BvR 591/06, 2 BvR 1689/09, 2 BvR 2698/09, 2 BvR 2715/09, 2 BvR 148/10, 2 BvR 816/10; Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2011, 98).

5. Der Senat folgt dieser ständigen, höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH und des Bundesverfassungsgerichtes.

a) Den Vorgaben der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht der für den Streitfall maßgebliche Kirchensteuerbeschluss mit der in 13 Stufen gestaffelten Bemessungsgrundlage und dem sich progressiv erhöhenden Kirchgeld von 96 EUR bis höchstens 3.600 EUR. Dass nicht das gesamte Einkommen beider Ehegatten der Sicherstellung des Lebensführungsaufwandes dient, wird in der Weise berücksichtigt, dass das besondere Kirchgeld erheblich niedriger ist, als es eine Kirchensteuer vom (anteiligen) Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten nach dem sog. Halbteilungsgrundsatz wäre (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss in BFHE 140, 338, BStBl II 1984, 332). Bei der Erfassung des Lebensführungsaufwands des kirchenangehörigen Ehegatten in Form des gemeinsamen Einkommens handelt es sich um eine Typisierung, die die Umstände des konkreten Einzelfalls im Wesentlichen außer Betracht lässt. Individuelle Besonderheiten werden lediglich im Rahmen des § 51a Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG erfasst und im Übrigen durch den gegenüber der regulären Kirchensteuer deutlich reduzierten Steuersatz pauschal berücksichtigt (vgl. BVerwG-Urteil in BVerwGE 52, 104, 117).

b) Ein vom Kläger im umgekehrten Beispielsfall festzusetzendes Kirchgeld wäre auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Ginge man von einer Steuerpflicht der angenommenen alleinverdienenden Ehefrau für das ganze Jahr aus, so ergäbe sich im umgekehrten Fall bei einer Einkommensteuer von 4.475 EUR und einem Kirchgeld von 96 EUR ein Prozentsatz von ca. 2,1 %. Geht man im Fall des Klägers von einer Einkommensteuer der Ehefrau von 4.475 EUR aus, einer für den Kläger bestehenden Kirchensteuerpflicht, so ergäbe sich bei einem Viertel der festgesetzten Steuer als Bemessungsgrundlage für eine fiktive Kirchensteuer von 8 % ein Kirchgeld von 89,50 EUR (4.475 EUR : 4 x 8 %), bei einer Annahme von einem Drittel als Bemessungsgrundlage (4.475 EUR x 1/3 x 8 %) ein Kirchgeld von 119,30 EUR), bei der Bemessung eines hälftigen Steueraufkommens als Bemessungsgrundlage ergäbe sich ein Kirchgeld mit 8 % aus 2.237 EUR oder 178.90 EUR).

Diese Beispielsrechnungen zeigen jedenfalls, dass die Kirchensteuerordnung als Bemessungsgrundlage einen Betrag zwischen einem Viertel und einem Drittel der festgesetzten Einkommensteuer wählt, wenn man von einem Steuersatz von 8 % ausginge. Eine solche Typisierung ist nach Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, sie geht ersichtlich davon aus, dass Bemessungsgrundlage der Lebensführungsaufwand oder Unterhaltsansprüche des kirchenangehörigen Ehegatten gegen den Mehrverdienenden sind. Der Lebensführungsaufwand des nicht verdienenden Ehegatten wird daher zusätzlich bei der Kirchgeldtabelle der Evangelischen Kirche kirchgeldmindernd berücksichtigt. Eine solche Typisierung ist nach der o.a. Rechtsprechung zulässig.

c) Die Schaffung eines vom Kläger so bezeichneten negativen Kirchgeldes ist vom Gesetzgeber und den Kirchensteuerbeschlüssen nicht vorgesehen und angesichts der Tatsache, dass die gesamten, vom Kläger als Kirchensteuer gezahlten Beträge steuermindernd als Sonderausgabe und der Lebensführungsaufwand des nicht verdienenden Ehegatten anderweitig berücksichtigt werden, verfassungsrechtlich nicht geboten. Der Senat ist an die bestehenden Gesetze gebunden und darf nicht selbst als Ersatzgesetzgeber tätig werden. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht scheidet aus, da die streitigen Rechtsfragen nach Auffassung des Senats durch die Rechtsprechung zum besonderen Kirchgeld höchstrichterlich geklärt sind und der Senat von der Verfassungsmäßigkeit der streitigen Regelungen überzeugt ist.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 135, 139 Abs. 4 FGO. Die Aufwendungen der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da sie keinen Antrag gestellt und dadurch kein Prozesskostenrisiko übernommen hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts geklärt sind und die Frage des Sonderausgabenabzugs sich eindeutig aus dem Gesetz selbst ergibt.