BGH, Beschluss vom 20.12.2006 - VII ZB 88/06
Fundstelle
openJur 2011, 10084
  • Rkr:
Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldner wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 18. September 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde der Schuldner gegenüber den Gläubigern zurückgewiesen wurde, soweit eine Anordnung auf teilweise Einstellung der Versteigerung der gepfändeten Kunstgegenstände durch das Auktionshaus beantragt war.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde der Schuldner wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Gläubiger betreiben gegen die Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

Die Gläubiger haben eine Kunstsammlung der Schuldner pfänden lassen. Mit den Vorbereitungen zu deren Verwertung hat zunächst das private Auktionshaus R. begonnen. Für diese Tätigkeiten hat es später Kosten in Höhe von ca. 640.000 € geltend gemacht. Mit Beschluss vom 13. April 2006 hat das Landgericht im Beschwerdeverfahren auf Antrag der Schuldner und der Gläubigerinnen zu 1 und 3 die Versteigerung der gepfändeten Gegenstände durch das private Auktionshaus N. angeordnet. Mit Schriftsatz vom 7. September 2006 haben die Schuldner beantragt, dem Gerichtsvollzieher K. und dem Auktionshaus N. als Antragsgegner aufzugeben, die Zwangsvollstreckung, welche durch die Verwertung durch das Auktionshaus N. in Form einer Versteigerung am 20./21. September 2006 durchgeführt werden sollte, einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung einen Betrag in Höhe von 825.000 € erreicht hat.

Durch Beschluss vom 11. September 2006 hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht, das die Gläubiger als Antragsgegner betrachtete, mit Beschluss vom 18. September 2006 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der am 19. September 2006 eingelegten Rechtsbeschwerde, verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, begehren die Schuldner nunmehr eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ab Erreichen eines Erlöses von 835.000 €. Als Rechtsbeschwerdegegner sind neben den Gläubigern das Auktionshaus N. und der Gerichtsvollzieher K. bezeichnet worden.

Der Senat hat zunächst mit Beschluss vom 19. September 2006 die Zwangsversteigerung bis zur Entscheidung über den Antrag der Schuldner auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Anhörung der Rechtsbeschwerdegegner ausgesetzt, soweit sie in Bezug auf weitere Gegenstände fortgesetzt werden soll, nachdem auf vorhergehende Gebote Zuschläge in Höhe von insgesamt 835.000 € erteilt worden sind.

Bei der am 20. September 2006 durchgeführten Versteigerung sind alle Pfandgegenstände versteigert worden, ein Teil von ihnen mit der Maßgabe, dass Zuschläge nur unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch den Gerichtsvollzieher oder durch das Vollstreckungsgericht erteilt werden. Die Summe dieser unter Vorbehalt erteilten Zuschläge beläuft sich auf 1.124.420 €.

Mit Beschluss vom 14. November 2006 hat der Senat die Versteigerung bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde einstweilen eingestellt, soweit sie in Bezug auf weitere Gegenstände fortgesetzt werden soll, nachdem auf vorhergehende Gebote Zuschläge in Höhe von insgesamt 1.000.000 € erteilt worden sind.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat im Wesentlichen Erfolg. In diesem Umfang führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Das Beschwerdegericht führt aus, der Antrag der Schuldner sei dahingehend auszulegen, dass dieser gegen die Gläubiger gerichtet sei. Auch nach dieser Maßgabe sei die sofortige Beschwerde jedoch unbegründet. Soweit der Antrag der Schuldner darauf gerichtet sei, den Gerichtsvollzieher K. anzuweisen, die Zwangsversteigerung einzustellen, ergebe sich dies daraus, dass der Gerichtsvollzieher an der Versteigerung nicht mehr beteiligt sei und daher nicht die Möglichkeit habe, diese einzustellen. Soweit sich der Antrag auf das Auktionshaus N. beziehe, stehe seiner Begründetheit entgegen, dass das Vollstreckungsgericht zu einer Anordnung, wie sie die Schuldner begehrten, gegenüber einem Privaten grundsätzlich nicht befugt sei. Der private Auktionator sei kein Vollstreckungsorgan, vielmehr handele er privatrechtlich. Einwendungen gegen die Art und Weise der Versteigerung durch den Privaten könnten daher nicht mit der Vollstreckungserinnerung geltend gemacht werden. Auch finde § 818 ZPO im Rahmen der privatrechtlichen Versteigerung keine Anwendung. Es komme insoweit weder eine unmittelbare noch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in Betracht. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass in dem Beschluss vom 13. April 2006 die Versteigerung aller gepfändeten Gegenstände angeordnet worden sei. Eine Beschränkung der Zwangsversteigerung sei in dem Beschluss nicht vorgenommen worden. Da dieser Beschluss nicht angefochten worden sei, wäre eine Änderung des Beschlusses nur noch möglich gewesen, wenn eine neue Sachlage eingetreten wäre. Dies sei jedoch nicht ersichtlich.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Wesentlichen nicht stand.

a) Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen das Auktionshaus N. und den Gerichtsvollzieher K. als Rechtsbeschwerdegegner richtet sowie die Erteilung einer Weisung gegenüber dem Gerichtsvollzieher erstrebt, bleibt sie allerdings ohne Erfolg.

aa) Das Landgericht ist zu Recht der Auffassung, dass der hier gestellte, auf § 766 Abs. 1 ZPO gestützte Antrag nicht in zulässiger Weise gegen diese beiden Gegner gerichtet werden kann. Der Gerichtsvollzieher ist Organ der Zwangsvollstreckung und kann deshalb in der Regel nicht Partei der Rechtsbehelfsverfahren in Zwangsvollstreckungssachen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2981). Gleiches gilt für den nach § 825 Abs. 2 ZPO mit der Versteigerung eines gepfändeten Gegenstandes beauftragten privaten Auktionator. Zwar ist dieser kein Vollstreckungsorgan (vgl. Schilken, Rpfleger 1994, 138, 145). Das Tätigwerden des Privaten im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens ist jedoch im gleichen Maße Verfahrensgegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens wie das eines Vollstreckungsorgans.

bb) Erfolglos ist die Rechtsbeschwerde auch insoweit, als im zulässigen Rechtsbehelfsverfahren gegenüber den Gläubigern die Erteilung einer Anweisung an den Gerichtsvollzieher K. erstrebt wird. Das Landgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass der Gerichtsvollzieher an der Versteigerung nicht mehr beteiligt ist und keine Möglichkeit zu ihrer Einstellung hat.

b) Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde begründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts über den Antrag der Schuldner auf Erteilung einer Anweisung an das Auktionshaus N. hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Ein Schuldner kann nach dem Rechtsgedanken des § 818 ZPO bei dem Vollstreckungsgericht beantragen, dem nach § 825 Abs. 2 ZPO mit der Versteigerung mehrerer gepfändeter Gegenstände beauftragten privaten Auktionator die Anweisung zu erteilen, die Versteigerung einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung ausreicht. Ein solcher Antrag kann grundsätzlich auch noch zeitlich nach der Anordnung der anderen Verwertung nach § 825 Abs. 2 ZPO durch das Vollstreckungsgericht gestellt werden.

aa) § 818 ZPO regelt für die von dem Gerichtsvollzieher nach § 814 ff. ZPO durchgeführte Zwangsversteigerung, dass diese einzustellen ist, sobald der Erlös zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung hinreicht. Ergibt sich für den Schuldner zeitlich vor der Versteigerung aufgrund bestimmter Umstände die Besorgnis, dass der Gerichtsvollzieher gegen diese Bestimmung verstoßen wird, kann er gemäß § 766 Abs. 1 ZPO vorgehen und eine einstweilige Anordnung beantragen, §§ 766 Abs. 1 Satz 2, 732 Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO.

bb) Wird die Versteigerung nicht durch den Gerichtsvollzieher, sondern gemäß § 825 Abs. 2 ZPO durch einen privaten Auktionator durchgeführt, besteht für den Schuldner nach dem Rechtsgedanken des § 818 ZPO ein vergleichbarer Rechtsschutz.

(1) Gemäß § 825 Abs. 2 ZPO kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners die Versteigerung einer gepfändeten Sache durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher anordnen. Auftraggeber des privaten Auktionators ist in einem solchen Fall nicht der Gläubiger oder der Schuldner, sondern das Land, vertreten durch das Vollstreckungsgericht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 274/91, BGHZ 119, 75, 80). Im Rahmen dieses als öffentlichrechtlich zu qualifizierenden Auftragsverhältnisses wird der Auktionator privatrechtlich tätig (vgl. Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 53 Nr. 3 a; Schilken, Rpfleger 1994, 138, 145; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 825 Rdn. 10; a.A. [privatrechtlicher Vertrag]: Freels, Andere Verwertungsarten in der Mobiliarzwangsvollstreckung, S. 252, 254).

(2) Auf das nach § 825 Abs. 2 ZPO angeordnete Verwertungsverfahren findet die Vorschrift des § 818 ZPO nicht unmittelbar oder mittelbar in dem Sinne Anwendung, dass die Versteigerung von dem privaten Auktionator aus eigenem Antrieb einzustellen ist, sobald der Erlös zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung ausreicht.

Eine Regelung, wonach die §§ 814 ff. ZPO (entsprechend) anwendbar sind, enthält § 825 Abs. 2 ZPO nicht. § 818 ZPO verweist im Gegensatz zu § 817 a Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht auf § 825 Abs. 2 ZPO. Auch nach Sinn und Zweck des § 818 ZPO verbietet sich eine unmittelbare oder mittelbare Anwendung auf das von einem Privaten durchgeführte Verwertungsverfahren. Versteigert der Gerichtsvollzieher mehrere Pfandstücke, verpflichtet ihn § 818 ZPO zur ständigen Prüfung, ob mit dem bisher erzielten Erlös die Deckung erreicht ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 825 Rdn. 22). Eine derartige Prüfung kann der mit der Versteigerung gepfändeter Gegenstände beauftragte private Auktionator nicht vornehmen, weil er ohne entsprechende Mitteilung seitens des Vollstreckungsgerichts weder weiß, wie hoch die Forderungen sind, derentwegen vollstreckt wird, noch in welcher Höhe Vollstreckungskosten zu berücksichtigen sind.

(3) Der Schuldner kann jedoch nach dem Rechtsgedanken des § 818 ZPO bei dem Vollstreckungsgericht beantragen, dem privaten Auktionator die Anweisung zu erteilen, die Versteigerung einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung ausreicht; den insoweit voraussichtlich erforderlichen Erlös hat das Vollstreckungsgericht betragsmäßig festzustellen.

(a) § 818 ZPO ist eine Ausprägung des auch im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Geltung beanspruchenden verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 3. Oktober 1979 - 1 BvR 614/79, BVerfGE 52, 214, 219; Beschluss vom 27. September 1978 - 1 BvR 361/78, BVerfGE 49, 220, 225; Beschluss vom 7. Dezember 1977 - 1 BvR 734/77, BVerfGE 46, 325, 334 f.). Ähnlich wie bei den von ihrer Zielrichtung her vergleichbaren Regelungen in § 1230 Satz 2 BGB und § 300 Abs. 1 AO soll mit dieser Vorschrift gewährleistet werden, dass der von einer Pfändung betroffene Schuldner vor einer übermäßigen Verwertung seines Eigentums bewahrt bleibt. Dieser Schutzzweck gebietet es, im Fall der Übertragung der Durchführung der Zwangsversteigerung auf einen privaten Dritten gemäß § 825 Abs. 2 ZPO dem Schuldner das Recht zuzugestehen, von dem Vollstreckungsgericht zu verlangen, dass dieses den Privaten anweist, die Zwangsversteigerung einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung ausreicht. Verfahrensrechtlich handelt es sich bei einem solchen Begehren um einen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffenden Antrag, über den in entsprechender Anwendung des § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Richter entscheidet.

(b) Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Vollstreckungsgericht sei im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Vertragsverhältnisses zur Erteilung von Anweisungen an den Privaten grundsätzlich nicht befugt.

Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit das Vollstreckungsgericht generell berechtigt ist, dem nach § 825 Abs. 2 ZPO tätigen Privaten Anweisungen zu erteilen (grundsätzlich ablehnend Freels, Andere Verwertungsarten in der Mobiliarzwangsvollstreckung, S. 274, insbes. Fußnote 385). Die von den Schuldnern begehrte Anordnung ist inhaltlich lediglich auf eine Beschränkung des dem Auktionshaus N. erteilten Versteigerungsauftrags gerichtet. Zu einer nachträglichen Begrenzung des zunächst umfassend erteilten Auftrags ist der Auftraggeber auch im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Vertragsverhältnisses ohne weiteres befugt.

(c) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass dem Antrag der Schuldner nicht entgegensteht, dass er von diesen nicht bereits in dem Verfahren der Anordnung der anderen Verwertung nach § 825 Abs. 2 ZPO gestellt worden ist.

(aa) Eine grundsätzliche Pflicht, einen Antrag wie den vorliegenden bereits in dem Verfahren der Anordnung der anderen Verwertung nach § 825 Abs. 2 ZPO zu stellen, besteht nicht. Nach seinem Wortlaut befasst sich § 825 Abs. 2 ZPO allein mit der Befugnis des Vollstreckungsgerichts als solcher, auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners die Versteigerung einer gepfändeten Sache durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher anzuordnen. Dass die Parteien verpflichtet sind, bereits in diesem Verfahrensstadium weitere, das Versteigerungsverfahren konkretisierende, Anträge zu stellen, lässt sich hieraus nicht entnehmen. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck des § 825 Abs. 2 ZPO. Dieser besteht lediglich darin, persönliche, sachliche oder örtliche Besonderheiten zur schnellen Erzielung eines günstigen Verwertungserlöses nutzen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 274/91, BGHZ 119, 75, 77).

(bb) Das schließt nicht aus, einen nachträglichen, insbesondere kurz vor der beabsichtigten Versteigerung gestellten Antrag im Einzelfall wegen des Verstoßes gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) als rechtsmissbräuchlich abzulehnen. Ein solcher Verstoß wird allerdings im Regelfall noch nicht allein darin gesehen werden können, dass die antragstellende Partei, wie hier, selbst den Antrag auf Anordnung einer anderen Verwertung nach § 825 Abs. 2 ZPO gestellt hat. Die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens seitens des Schuldners wird jedoch beispielsweise dann nahe liegen, wenn dieser von vornherein weiß, dass der voraussichtliche Erlös der gepfändeten Gegenstände weit über den im Rahmen der Zwangsvollstreckung benötigten Beträgen liegt, er bei seinem Antrag auf Anordnung der anderweitigen Verwertung aber dennoch erklärt, sämtliche gepfändeten Gegenstände versteigern lassen zu wollen, um einen über den zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung und Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Betrag hinausgehenden Erlös für sich zu verwenden. Damit gäbe der Schuldner zu erkennen, dass er den durch § 818 ZPO gewährten Schutz nicht in Anspruch nehmen will. Allerdings kann auch in einem solchen Fall ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Schuldners zu verneinen sein, etwa deshalb, weil dieser einen anerkennenswerten Grund für sein widersprüchlich erscheinendes Verhalten hat.

(cc) Ob nach dieser Maßgabe das Verhalten der Schuldner als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist, hat das Beschwerdegericht, aus seiner Sicht folgerichtig, nicht geprüft. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist deshalb zugunsten der Schuldner davon auszugehen, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht vorliegt und damit dem von den Schuldnern gestellten Antrag auf Erteilung einer nachträglichen Anweisung gegenüber dem Auktionshaus N. nicht entgegensteht.

c) Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, obwohl die Schuldner nicht schlüssig vorgetragen haben, dass mit einem Betrag von 835.000 € die in § 818 ZPO genannten Kosten der Zwangsvollstreckung sowie die titulierten Ansprüche der Gläubiger gedeckt werden können.

aa) Die Schuldner haben sich zur Darlegung des Betrages von 835.000 € allein auf eine Aufstellung des Gerichtsvollziehers K. vom 1. September 2006 bezogen. Dort ist das zu diesem Zeitpunkt zu deckende Forderungsvolumen unter Berücksichtigung der Kosten des zuvor eingeschalteten Auktionshauses R. in Höhe von ca. 640.000 € auf 1.500.000 € bis 2.250.000 € beziffert. Selbst bei Abzug der seitens des Auktionshauses R. geltend gemachten Kosten ergibt sich damit nicht der von den Schuldnern als zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung als ausreichend angegebene Betrag. Die Schuldner haben ihrer Berechnung lediglich Forderungen der Gläubiger in Höhe von ca. 750.000 € sowie Kosten der Zwangsräumung von ca. 85.000 € zugrunde gelegt. Zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sind damit zumindest die in der Aufstellung des Gerichtsvollziehers erwähnten Kosten für den Transport des Pfandgutes zum Auktionshaus N. sowie die diesem zustehende Vergütung.

bb) Einer abschließenden Entscheidung im Hinblick auf diese Unschlüssigkeit des Vortrags der Schuldner steht ihr Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG entgegen. Denn die Schuldner sind vor einer solchen Entscheidung auf die Unschlüssigkeit ihres Vortrags hinzuweisen und es ist ihnen Gelegenheit zu dessen Ergänzung zu geben. Ein solcher Hinweis kommt im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht in Betracht, sondern ist den Tatsacheninstanzen vorzubehalten.

3. Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist daher teilweise aufzuheben. Das Verfahren ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es nach ergänzendem Vortrag der Parteien die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

Sollte das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Antrag der Schuldner nicht als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist, wäre zu prüfen, inwieweit die Schuldner hinreichend dargelegt haben, dass die weitere Zwangsvollstreckung insgesamt oder zum Teil zur Befriedigung der Gläubiger und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erforderlich ist. Insoweit wird von den Schuldnern eine nachvollziehbare Aufschlüsselung der mit ca. 750.000 € angegebenen Gesamtforderung der Gläubiger entsprechend den von diesen im Einzelnen zu beanspruchenden Beträgen zu verlangen sein.

Hinsichtlich der Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung haben die Schuldner in ihrer Darlegung diejenigen notwendigen Kosten zu berücksichtigen, die angefallen oder als sicher zu erwarten sind. Das Gericht hat insoweit, wenn es sich nicht um bereits nach § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzte Kosten handelt, bei der Entscheidung über den streitgegenständlichen Antrag zu prüfen, ob und inwieweit es sich um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO handelt, die sachlich berechtigt und von den Schuldnern zu tragen sind. Die Prüfung kann nicht dem privaten Versteigerer überlassen werden; diesem ist vielmehr abschließend betragsmäßig aufzugeben, wann die Versteigerung zu beenden ist. Einer sachlichen Überprüfung auf ihre Berechtigung bedürfen hier gegebenenfalls insbesondere die Kostendes zunächst eingeschalteten Auktionshauses R., da die Frage, ob dieses in zulässiger Weise mit Verwertungsaufgaben betraut wurde, bisher gänzlich ungeklärt ist.

Dressler Hausmann Kuffer Bauner Safari Chabestari Vorinstanzen:

AG Rüdesheim am Rhein, Zweigstelle Eltville am Rhein, Entscheidung vom 11.09.2006 - 9 M 115/06 -

LG Wiesbaden, Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 T 464/06 -