VG Augsburg, Urteil vom 02.07.2015 - AU 4 K 13.567
Fundstelle
openJur 2015, 13555
  • Rkr:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt);Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke);Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos;Behördliche Einschätzungsprärogative;Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass;Annahme von Horsten bzw. Revierzentren auf Grund von Indizien;Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass;Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses;Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“;Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u.a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d.h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u.a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan – Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5 % im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege – ähnlich wie beim Rotmilan – eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe – bereits deutlich nach oben gerundet – zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8 %. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10 % der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5 % bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1 % der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/ Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin – insbesondere also auch die nachgereichten – Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier – was nachvollziehbar sei – um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10 % der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z.B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ...

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20 % angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerdings im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20 % bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z.B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum – wenn auch nur grob – verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1/12BVerwGE 147, 118 – juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u.a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1/12BVerwGE 147, 118 – juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06BVerwGE 130, 299 – juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07BVerwGE 131, 274 – juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1/12BVerwGE 147, 118 – juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative – worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist – sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358NuR 2014, 736 – juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 – 4 B 48/14 – juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 – 22 CS 15.485 – juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07BVerwGE 131, 274 – juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1/12BVerwGE 147, 118 – juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 C 40/11NVwZ 2014, 524 – juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem – auch für das gerichtliche Verfahren – der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358NuR 2014, 736 – juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014, 879 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 – 22 CS 15.686 – juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren – auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene – Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d.h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d.h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d.h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung – Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a.a.O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark Strauppen vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a.a.O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i.V.m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014, 879 – juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u.a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z.B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d.h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. – je nach Maß der Substantiierung müssen – in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 – 9 VR 9/07 – juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 C 40/11NVwZ 2014, 524 – juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer – neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ – keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten – wie vom Beklagten gefordert – nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie – mittlerweile unstreitig – eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zu Grunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zu Grunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen – vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a.a.O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a.a.O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a.a.O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20 % bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95 %, die Art des Schwarzmilans zu 96 % und die Art des Westenbussards zu 74 % richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte – wie hier – der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07BVerwGE 131, 274 – juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist – gleichsam von vornherein – davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u.a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 – juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014, 879 – juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U.a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014, 879 – juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum – wenn auch nur grob – verortet werden könne (a.a.O., S. 8). Liegt eine – ohnehin schwer erreichbare – Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich – neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... – ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den – ebenso unstreitigen – Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist – gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken – nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein – wenn auch einzelner – männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014. 879 – juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht – wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) – eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 – 2 L 6/09NuR 2012, 196 – juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 C 40/11NVwZ 2014, 524 – juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a.a.O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u.a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 – 22 A 10. 40041 – juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 – juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 – W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt – gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10 % der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z.B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a.a.O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a.a.O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a.a.O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil – ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte – auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a.a.O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zu Grunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358NuR 2014, 736 – juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ – wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a.a.O., S. 6) – auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20 % vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20 % bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20 %-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80 % ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20 % anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint – nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen – die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung – als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat – und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07BVerwGE 131, 274 – juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 – 8 A 252/10NuR 2013, 146 – juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/ bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d.h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zu Grunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).