LG Köln, Urteil vom 04.08.2014 - 26 O 43/14
Fundstelle
openJur 2015, 21636
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau hatten bei der Beklagten 1993 jeweils einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, der Kläger zur Versicherungsnummer ...68 001, Bl. 70 GA, und seine Ehefrau zur Versicherungsnummer ...59 001, Bl. 71 GA. Beide Verträge hatten eine Laufzeit vom 01.01.1993 bis zum 01.01.2013.

Mit Schreiben vom 20.12.2012, Bl. 6 GA, rechnete die Beklagte über die Lebensversicherung des Klägers ab und teilte folgende Werte mit:

Leistung Hauptversicherung 81.089,00 Euro

Überschussguthaben 10.003,00 Euro

Schlussüberschussanteil aus Hauptversicherung 2.946,04 Euro

Schlusszahlung aus Bewertungsreserven 6.547,00 Euro

Abzgl. Gebühren 40,00 Euro

Auszahlungsbetrag 100.545,04 Euro

Mit Schreiben vom 20.12.2012, Bl. 28 GA, rechnete die Beklagte über die Lebensversicherung der Ehefrau des Klägers ab und teilte folgende Werte mit:

Leistung Hauptversicherung 82.472,00 Euro

Überschussguthaben 10.353,00 Euro

Schlussüberschussanteil aus Hauptversicherung 3.014,58 Euro

Schlusszahlung aus Bewertungsreserven 6.672,00 Euro

Abzgl. Gebühren 40,00 Euro

Auszahlungsbetrag 102.471,58 Euro

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.08.2013 forderte der Kläger die Beklagte zur Darlegung des konkreten Rechenweges zur Ermittlung des Anteils an den Bewertungsreserven auf. Mit Schreiben vom 10.09.2013, Bl. 26 f. und 29 f. GA, gab die Beklagte abstrakte Erläuterungen ab, ohne jedoch auf den konkreten Fall einzugehen.

Mit Abtretungsvereinbarung vom 23.01.2014 trat die Ehefrau des Klägers ihre Rechte aus ihrem Lebensversicherungsvertrag an den Kläger ab, für die Einzelheiten wird auf die Abtretungsvereinbarung, Bl. 45 GA, Bezug genommen.

Der Kläger behauptet unter näherer Darlegung, die Bewertungsreserven müssten jeweils bei ca. 11.005,00 Euro liegen.

Er beantragt daher,

1. die Beklagte zu verurteilen,

a) dem Kläger Auskunft zu erteilen über die mathematische Berechnung des Anteils der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Lebensversicherung LV ...68 001 am 01.01.2013 entfallenden Beteiligung an den Bewertungsreserven.

b) dem Kläger Auskunft zu erteilen über die mathematische Berechnung des Anteils der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Lebensversicherung LV ...59 001 seiner Ehefrau, Dr. V, am 01.01.2013 entfallenden Beteiligung an den Bewertungsreserven.

2. die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Berechnung und erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.

3. Dem Kläger den sich aus der Auskunft ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist unter näherer Darlegung der Ansicht, aufgrund eines Geheimhaltungsinteresses nicht zur begehrten Auskunft verpflichtet zu sein. Sie behauptet weiter, den Kläger und seine Ehefrau vereinbarungsgemäß und entsprechend dem den gesetzlichen Vorgaben genügenden Geschäftsplan beteiligt zu haben.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, dem Kläger stehen die geltend gemachten Auskunftsansprüche nicht zu.

Ein Auskunftsanspruch besteht dem Grunde nach zunächst dann, wenn der eine Vertragspartner dringend auf die Auskunft angewiesen ist und der andere Vertragspartner diese unschwer erteilen kann (BGH NJW 1986, 423). Ein Auskunftsbedürfnis kann insbesondere dann bestehen, wenn die bestehenden Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass eine Partei in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang ihres Rechts im Ungewissen ist. Erforderlich ist dabei, dass zumindest die Wahrscheinlichkeit eines auf die Auskunft aufbauender Zahlungsanspruch besteht (vgl. BGH NJW 2007, 1806).

Zu berücksichtigen ist vorliegend, dass der Kläger zwar behauptet hat, der auf ihn und seine Ehefrau entfallende Anteil an den Bewertungsreserven müsste bei jeweils ca. 11.005,00 Euro liegen und damit jeweils ca. 4.500,00 Euro über dem ausgekehrten Betrag, so dass ihm ein weiterer Zahlungsanspruch zustehen würde. Wie der Kläger den Wert von 11.005,00 Euro berechnet hat, ist jedoch auch im Schriftsatz vom 02.07.2014 nicht nachvollziehbar dargestellt. Die dort aufgestellte Berechnung kommt vielmehr zu einem Betrag, der noch unterhalb der von der Beklagten ausgezahlten Beträge liegt. Insoweit ist schon die Wahrscheinlichkeit eines weiter gehenden Zahlungsanspruchs nicht gegeben. Auch aus dem hier nicht streitgegenständlichen weiteren Lebensversicherungsvertrag des Klägers, zu der er unterschiedliche Informationen über die Höhe der Bewertungsreserven erhalten hat, spricht nicht dafür, dass die Beklagte eine fehlerhafte Berechnung vorgenommen hat. Erkennbar datieren die Schreiben der Beklagten, mit denen sie die entsprechenden Auskünfte erteilt, zu unterschiedlichen Stichtagen.

Vorliegend dürfte der Kläger auch nicht zwingend auf die Auskunft der Beklagten angewiesen sein, um festzustellen, ob ihm noch ein weitergehender Zahlungsanspruch zusteht oder ob die Beklagte die jeweilige Schlusszahlung aus Bewertungsreserven korrekt ermittelt und an den Kläger und seine Ehefrau ausgezahlt hat. Ob der ausgekehrte Betrag korrekt ermittelt ist, hätte der Kläger durch Anfrage bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Erfahrung bringen können.

Im Hinblick auf das der Beklagten zuzusprechende Geheimhaltungsinteresse an den konkreten Berechnungsmethoden (vgl. für die Berechnung des Rückkaufswertes Hinweisbeschluss des BGH vom 07.01.2014, BeckRS 2014, 05932) besteht auch dem Grunde nach kein Anspruch auf Mitteilung über die mathematische Berechnung des Anteils an den Bewertungsreserven. In entsprechender Anlehnung an die Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch über den Mindestrückkaufswert kann der Kläger lediglich Auskunft über die Höhe seines Anteils an den Bewertungsreserven verlangen, nicht jedoch den konkreten Rechenweg. Soweit der Kläger Bezug genommen hat auf den Hinweisbeschluss des BGH vom 07.01.2014 und hiermit seinen Anspruch begründen will, übersieht er, dass der Bundesgerichtshof dort seine Rechtsprechung bestätigt hat und gerade keinen Auskunftsanspruch über die konkrete mathematische Berechnung des Mindestrückkaufswertes zugesprochen hat. Klarstellend hat der BGH vielmehr darauf hingewiesen, über welche Einzelwerte Auskunft zu erteilen ist.

Das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten entfällt auch nicht deshalb, weil es sich um einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt handelt. Es dürfte naheliegend sein, dass sich aus Berechnungsmethoden der Vergangenheit Rückschlüsse auf zukünftige bzw. aktuelle Berechnungsmethoden bzw. grundsätzliche Praktiken der Beklagten schließen lassen.

Da nach den Angaben der Beklagten, sie habe die Werte für beide Verträge erneut berechnet und überprüft und dabei deren Richtigkeit festgestellt, kein weiterer Anspruch auf Zahlung besteht, war die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Streitwert: bis 9.000,00 Euro