LG Bochum, Beschluss vom 27.02.2014 - 9 T 8/14
Fundstelle
openJur 2015, 17084
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 30.10.2013 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 22.10.2013 in Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 20.1.2014 (Az. 38 C 301/13) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Amtsgericht der Beklagten Prozesskostenhilfe versagt.

1.

Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Angaben der Beklagten zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bereits unzureichend und unvollständig sind. So ergibt sich aus ihrem schriftsätzlichen Vortrag und den Beweisantritten, dass sie zumindest einen Sohn hat, der bei ihr lebt. Angaben hierzu in der Erklärung über die persönlichen Verhältnisse fehlen aber. Außerdem fehlen jegliche Angaben zu Wohnkosten.

2.

Jedenfalls ist Prozesskostenhilfe aber auch deshalb zu versagen, weil die beabsichtigte Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 S. 1 ZPO.

a)

Dies gilt zum einen, soweit sich die Beklagte gegen die Verpflichtung zu Mietzahlungen für März bis Juni 2013 in Höhe von insgesamt 1.700,- € wendet.

aa)

Die Beklagte ist zur Mietzinszahlung bis zum 30.6.2013 verpflichtet, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien erst zu diesem Zeitpunkt durch Kündigung der Beklagten wirksam beendet wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnung schon früher an die Kläger herausgegeben wurde.

Es lässt sich nicht feststellen, dass das mit 3.1.2013 datierte Schreiben der Beklagten, das als Kündigung ausgelegt werden kann, den Klägern bereits am 3.1.2013 zugegangen ist. Ohnehin wäre das Mietverhältnis in diesem Fall erst zum 31.3.2013 beendet gewesen, so dass die Beklagte zumindest für den Monat März 2013 hätte Miete zahlen müssen.

Aus dem Vortrag der Kläger und dem von ihnen in Kopie vorgelegten Beleg der Deutschen Post ergibt sich, dass das Kündigungsschreiben am 8.3.2013 zugegangen ist.

Ein früherer Zugang eines gleichlautenden Schreibens lässt sich nicht feststellen. Es fehlt bereits an einem geeigneten Beweisantritt der Beklagten.

Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass der benannte Zeuge V nicht zu vernehmen ist. Seine Aussage wäre unergiebig, da er bei dem angeblichen Einwurf des Briefes im Januar 2013 nicht dabei gewesen ist.

Zudem ist die Beklagte nicht als Partei zu vernehmen. Die Voraussetzungen des § 447 ZPO liegen nicht vor, da die Kläger ihr Einverständnis nicht erteilt haben. Zutreffend geht das Amtsgericht ferner davon aus, dass die Parteivernehmung auch nicht gemäß § 448 ZPO von Amts wegen geboten ist. Eine solche kommt allenfalls in Betracht, wenn unter anderem die richterliche Gesamtwürdigung von Verhandlung und bisheriger Beweisaufnahme eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung erbracht hat, d.h. es muss mehr für als gegen sie sprechen, es muss bereits "einiger" Beweis erbracht sein. (sog. "Anbeweis", vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Auflage, 2010, § 448 Rn 4 mwN) Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Vielmehr spricht vieles für die Behauptung der Kläger, vor dem 8.3.2013 kein Kündigungsschreiben erhalten zu haben. Die Beklagte vermochte die Widersprüchlichkeiten in ihrem Vortrag nicht aufzuklären. So fehlt es an konkretem Vortrag, aufgrund welcher Umstände sie daran zweifelte, dass die Kläger ihre angeblich vorher ausgesprochene Kündigung nicht akzeptieren würde. Genaue Angaben zu Ort, Zeit und konkreter Gesprächssituation macht sie nicht. Sie erklärt auch nicht, weshalb sie in einem solchen Fall das gleiche Schreiben noch einmal per Einschreiben schickt, und nicht, wie es der Lebenswahrscheinlichkeit entspricht, ein neues Kündigungsschreiben verfasst, in dem sie auf das ursprüngliche Schreiben Bezug nimmt oder es noch einmal beifügt. Dem Vortrag der Kläger, dass sie keine Kopie, sondern ein mit Kugelschreiber geschriebenes und unterschriebenes Original erhalten hätten, ist sie nicht in überzeugender Weise entgegen getreten. Ihre Einlassung, eine zuvor gefertigte Kopie noch einmal unterzeichnet zu haben, ist wenig glaubhaft. Denn in einem solchen Fall müssten sich zwei Unterschriften, eine kopierte und eine Originalunterschrift, auf dem Schreiben befinden, was aber nicht der Fall ist.

bb)

Die Miete war auch nicht gemäß § 536 BGB gemindert.

Dies gilt zum einen für den Zeitraum vor März 2013. Denn es fehlt an konkreten Vortrag der Beklagten, wann welche Mängel aufgetreten und wann sie gegenüber den Klägern angezeigt worden sein sollen. Eine Minderung kommt gemäß §§ 536, 536 c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB aber nur in Betracht, wenn der Mieter dem Vermieter die Mängel anzeigt, damit dieser Abhilfe schaffen kann.

Ebenso wenig ist die Miete ab März 2013 gemindert. Zwar ist das am 8.3.2013 den Klägern zugegangene Schreiben der Beklagten auch als Mängelanzeige aufzufassen. Substantiierter Vortrag der Beklagten zu dem Umfang der angeblichen Mängel und dem Ausmaß der dadurch verursachten Beeinträchtigung fehlt aber. Die pauschale Angabe, in zahlreichen Wänden seien Risse vorhanden gewesen, reicht nicht aus. Es wäre erforderlich gewesen, Anzahl, Größe und Lage der angeblichen Risse genau zu bezeichnen. Gleiches gilt für den angeblich abgesackten Küchenfußboden und die angeblichen Feuchtigkeitserscheinungen an der Wohnzimmerdecke. Hinsichtlich des angeblich undichten Schlafzimmerfensters fehlt es an Vortrag zu dem Grad der Beeinträchtigung. Inwieweit die Nutzbarkeit der Wohnung dadurch gemindert worden sein soll, dass die Badewanne im Badezimmer angeblich nicht an die Wand anschloss, ist schließlich ebenso wenig dargelegt.

Eine Vernehmung des angebotenen Zeugen Verübrigt sich. Das Beweisangebot ersetzt den substantiierten Vortrag nicht.

b)

Die Rechtsverteidigung bietet auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sich die Beklagte gegen den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wendet.

Dass das Türblatt der Kinderzimmertür und der Glaseinsatz der Küchentür durch ein ihr zurechenbares Verhalten ihres Sohnes zerstört worden sind, hat die Beklagte zugestanden. Ihr Einwand, ihr sei keine Möglichkeit zur eigenen Wiederherstellung gegeben worden, verfängt nicht, da es sich um einen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache gemäß §§ 280 Abs. 1, 535 BGB und nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung handelt.

Ebenso wenig ist ein Abzug Neu für Alt vorzunehmen. Für die Notwendigkeit eines solchen Abzugs ist maßgeblich, ob die neue bzw. reparierte Sache für den Geschädigten einen höheren Wert hat. Daran fehlt es z.B., wenn das bei einer Reparatur ausgewechselte Teil voraussichtlich ebenso lange gehalten hätte, wie die reparierte Sache. Entsprechendes gilt, wenn der ersetzte Gegenstand bei dem Geschädigten nicht zu einer messbaren Vermögensmehrung geführt hat. (Oetker, in: Münchener Kommentar, 6. Auflage, 2012)

Der Vortrag der Beklagten zur angeblichen Vermögensmehrung auf Seiten der Kläger ist unzureichend. Der bloßen Behauptung, die Türen seien "uralt" gewesen, ist das konkrete Alter, der Zustand vor der Beschädigung oder der Zustand der übrigen Türen in der Wohnung nicht zu entnehmen. Zimmertüren haben für gewöhnlich bei entsprechender Pflege aber eine relativ lange Nutzungsdauer.

Soweit die Beklagte die übrigen Schäden pauschal bestreitet, ist dieses Bestreiten angesichts des substantiierten, durch Vorlage von Fotos untermauerten Vortrags der Kläger, unzureichend.

Insgesamt erscheint die geltend gemachte Schadenshöhe auch nicht überzogen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 127 Abs. 4 ZPO.