LG Duisburg, Urteil vom 27.10.2005 - 21 O 162/04
Fundstelle
openJur 2015, 22089
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 93.524,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 21. April 2004 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe der Verdampfereinrichtung auf Infrarotbasis mit der Bezeichnung B.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 28. April 2004 mit der Rücknahme der bezeichneten Anlage in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Nürnberg-Fürth entstandenen Kosten. Von den übrigen Kosten tragen die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H.v. 800,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Mit der Klage verlangt die Klägerin, ein Unternehmen, das auf dem Gebiet der Oberflächenbeschichtung und Veredelung tätig ist, von der Beklagten, die Anlagen auf den Gebieten Umweltschutz, Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung vertreibt, Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Lieferung einer mangelhaften Verdampferanlage auf Infrarotbasis als Teil einer gesamten Abwasserbehandlungsanlage.

Auf entsprechende Aufforderung der Klägerin, in deren Betrieb die Abwasserbehandlungsanlage einen Brandschaden erlitten hatte, unterbreitete die Beklagte der Klägerin das schriftliche Angebot vom 31. Oktober 2000 (Anlage K 1). Die Parteien waren in Verhandlungen über Leistungsumfang und Preis. Die Beklagte erteilte unter dem 23. November 2000 die Auftragsbestätigung, die die vertraglichen Absprachen jedenfalls im Wesentlichen wiedergibt. Auf die Anlage K 2 wird Bezug genommen.

Die Beklagte installierte die Abwasserbehandlungsanlage bei der Klägerin bis August 2001. Es liegt das Übergabe-/Inbetriebnahmeprotokoll mit Datum 3. August 2001 vor, unterschrieben von Mitarbeitern der Parteien. Darin heißt es u.a., dass die gelieferte Abwasserbehandlungsanlage in mängelfreiem Zustand übergeben wurde. Das Protokoll enthält auch einen Hinweis darauf, dass ein Restmangel, die Anlagenbeschriftung, bis zum 10. August 2001 beseitigt werden soll und dass das am 15. August 2001 geschehen ist. Das Protokoll enthält auch Vermerke darüber, wann welche Bestandteile der Anlage in Betrieb genommen worden sind. Wegen der Einzelheiten des Protokollinhalts wird auf die Anlage B 2 verwiesen.

Die Klägerin stellte in der Folgezeit Fehlleistungen in der Funktionsweise des Infrarotverdampfers fest. Mit Schreiben vom 8. November 2001 machte sie die Beklagte auf eine ungewöhnlich starke Geruchsentwicklung durch das Verdampfen aufmerksam, es kam in der Folgezeit zu weiteren Kontakten der Parteien betreffend die Frage, ob der Verdampfer wie vorgesehen funktionierte oder nicht, deren Inhalt im Einzelnen streitig ist. Unstreitig wurden von der Beklagten an der Abwasserbehandlungsanlage in der Folgezeit Wartungsarbeiten durchgeführt. Am 10. Oktober 2002 kam es im Betrieb der Klägerin zu einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten, an dem auch E T2, der Entwickler des Geräts, teilnahm. Der Inhalt dieses Gesprächs ist ebenfalls streitig. Mit Schreiben vom 8. April 2003 forderte die Klägerin die Beklagte auf, die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit des Infrarotverdampfers bis spätestens zum 30. April 2003 herzustellen.

Die Klägerin bringt vor:

Sie habe den Verdampfer zu keiner Zeit abgenommen. Das Gerät habe nie - wie vorgesehen - funktioniert; denn es erfolge kein Transport des Kristallbreis über die Austragseinrichtung in die Filtersäcke. In den Filtersäcken komme vielmehr keinerlei Material an, so dass es auch nicht, wie bei Auftragserteilung zu Grunde gelegt, als Feststoff entsorgt und deponiert werden könne. Vielmehr setze sich das Material im Eindampfbehälter ab und verfestige sich dort, so dass es mühsam mit Spaten und Pickel mechanisch entfernt werden müsse. Der Mangel sei erst später festzustellen gewesen, da der Infrarotverdampfer nur in Betrieb genommen werden könne, wenn entsprechende Abwässer angefallen seien. Der zuständige Mitarbeiter W habe nach dieser erstmals getroffenen Feststellung der Beklagten am 15. November 2001 telefonisch mitgeteilt, dass der Infrarotverdampfer nicht funktioniere. Die Beklagte habe daraufhin ihren Mitarbeiter L entsandt, um den Infrarotverdampfer funktionsfähig zu machen, was jedoch nicht gelungen sei. In zahlreichen Telefongesprächen, zuletzt am 10. November 2003, habe W Mitarbeiter der Beklagten telefonisch darauf hingewiesen, dass auch seine Versuche, den Infrarotverdampfer ordnungsgemäß in Funktion zu setzen, vergeblich gewesen seien.

Die technische Beschreibung des Verdampfers sei Vertragsbestandteil geworden. Ihr sei zu entnehmen, dass die verfestigten Rückstände aus dem Abwasser problemlos als Feststoffe auf normalen Deponien entsorgt werden könnten. Dies sei ein wichtiger Gesichtspunkt für die Klägerin gewesen, den Verdampfer anzuschaffen und dadurch Entsorgungsgebühren zu sparen. Bei jeder Leerung, die nach jeweils 8 - 15 Betriebstagen angestanden habe, seien ca. 5,5 cbm Mutterlauge und verfestigtes Material angefallen, die als Sondermüll hätten entsorgt werden müssen. Die beiden Gutachten des im Herbst 2003 eingeschalteten Sachverständigen C vom 12. Dezember 2003 und 3. März 2004 belegten, dass der Infrarotverdampfer nicht funktionstüchtig sei.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz gem. § 635 BGB, den sie wie folgt beziffert:

Rückzuerstattender Werklohn für den Verdampfer: 92.674,00 €

Entsorgungskosten für bereits entsorgte Mutterlauge

gemäß Rechnung der Firma C2 vom 24. April 2003 netto: 8.913,30 €

Entsorgungskosten für noch zu entsorgende Mutterlauge:14.165,00 €

Gutachterkosten des Sachverständigen C: 650,00 €

Insgesamt: 116.402,30 €.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 116.402,30 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 21. April 2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe der Verdampfereinrichtung auf Infrarotbasis mit der Bezeichnung B; festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 28. April 2004 in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie bringt vor, die Abnahme habe gemäß dem Protokoll am 3. August 2001 stattgefunden. Spätestens mit Behebung der Restmängel am 15. August 2001 habe die vertraglich vereinbarte Gewährleistungsfrist von 6 Monaten auf bewegliche Teile und 12 Monate auf alle übrigen Anlagenteile begonnen und sei somit spätestens am 15. August 2002 abgelaufen. Die von der Klägerin behaupteten Nachbesserungsversuche habe es nicht gegeben. Die behaupteten Mängel seien erstmals schriftlich mit dem Anwaltsschreiben vom 8. April 2003 gerügt worden. Das behauptete Telefonat vom 15. November 2001 habe es nicht gegeben. In der Folgezeit zwischen dem 26. November 2001 und dem 8. April 2003 habe die Beklagte lediglich die vertragsgerechte Wartung und Reinigungsarbeiten durchgeführt. Bei diesen Gelegenheiten seien weder Nachbesserungs- oder Gewährleistungsarbeiten durchgeführt noch Mängelrügen vorgebracht worden, dass der Infrarotverdampfer mangelbedingt nicht funktioniere.Der Infrarotverdampfer sei nicht mangelhaft geliefert worden. Die Anlage funktioniere wie in Pos. 11 der Auftragsbestätigung beschrieben. Unter Beachtung der Betriebsanleitung könne die Anlage in technisch einwandfreiem Zustand gefahren werden.

Wie der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 24. April 2003 als Antwort auf das Schreiben vom 8. April 2003 mitgeteilt worden sei, sei die Beklagte bereit gewesen, unter Aufrechterhaltung ihrer Verjährungseinrede im Wege der Kulanz behilflich zu sein, die offensichtlich in falscher Dosierung zugeführten Elektrolyte des Spülwassers zu analysieren und möglicherweise eine andere Einstellung vorzunehmen. Aus diesem Grunde seien auch sogenannte Feldversuche durchgeführt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen W, N, L und G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 24. März 2005 (Bl. 8 ff. d.A.) verwiesen. Die Vernehmung der Zeugen S - der nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten ist - und I ist unterblieben, nachdem für die Klägerin klargestellt worden ist, dass nicht behauptet werden soll, diese beiden Mitarbeiter der Beklagten hätten Nachbesserungs- oder Gewährleistungsarbeiten durchgeführt.

Auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auch die überreichten Unterlagen, wird verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, hat zum überwiegenden Teil Erfolg.

Die Beklagte muss an die Klägerin gem. § 635 BGB als Schadensersatz wegen Mängeln der gelieferten Infrarotverdampferanlage den Betrag von 93.324,00 € Zug um Zug gegen Rückgabe der Anlage zahlen; es ist außerdem festzustellen, dass sie mit der Rücknahme der Anlage in Annahmeverzug ist. Ein darüber hinausgehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu.

1.

Der Abschluss des Vertrages und sein Inhalt sind außer Streit und überdies durch das Angebot vom 31. Oktober 2000 (Anlage K 1) und die Auftragsbestätigung der Beklagten vom 23. November 2000 (Anlage K 2) belegt. Danach steht fest, dass die Beklagte der Klägerin zunächst die Gesamtabwasseranlage mit insgesamt 13 Positionen einschließlich Inbetriebnahme zum Preis von netto 492.505,00 € angeboten hat. Wie der Auftragsbestätigung vom 23. November 2000 entnommen werden kann, sind einige Positionen aus dem Angebot weggefallen, so die ursprüngliche Position Kationentauscher zur Reinigung der Chromatierung von dreiwertigen Metallen; auch die Montage und die Inbetriebnahme sind nicht mehr als eigene Positionen aufgeführt. Der Gesamtnettopreis ist auf 400.000,00 € herabgesetzt worden.

Es kann offen bleiben, ob die Beschreibung des für den Infrarotverdampfer angewendeten Infradest-Verfahrens (Anlage K 3) Vertragsbestandteil geworden ist oder nicht. Denn die Beklagte bestreitet die von der Klägerin gegebene Darstellung darüber, wie die Infrarotverdampferanlage nach den Erklärungen der Beklagten im Rahmen der Vertragsverhandlungen funktionieren sollte, nicht. Dazu hat sich im Übrigen der Betriebsleiter N der Klägerin bei seiner Zeugenvernehmung geäußert. Er hat bekundet, er habe an Gesprächen mit Mitarbeitern der Beklagten im Angebotsstadium teilgenommen, der damalige Geschäftsführer G der Beklagten habe als Ansprechpartner die Funktionsweise des Infrarotverdampfers beschrieben und erklärt, dass die Zink-Nickel-Abwässer quasi in einem Kreislauf behandelt werden sollten, und zwar dergestalt, dass sich ein kristalliner Brei niederschlagen solle, der durch eine automatische Austragseinrichtung und Abfüllen in Säcke entfernt werden solle. Diese Wirkungsweise ergibt sich auch aus den Bekundungen des seinerzeit als Anlagentechniker bei der Beklagten beschäftigten Zeugen L, der an der Aufstellung, der Inbetriebnahme und der Abnahme der Abwasserbehandlungsanlage beteiligt war. Seinen Angaben kann ebenfalls die vorgesehene Funktionsweise mit Vorlagenbehälter, Verdampferbehälter, Infrarotverdampfer und Austragseinrichtung mit Filtersäcken entnommen werden.

2.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme ist festzustellen, dass die Klägerin die Abwasserbehandlungsanlage mit Unterzeichnung des Übergabe-/Inbetriebnahmeprotokolls am 3. August 2001 i.S.v. § 640 BGB abgenommen hat. Die Zeugen W und L haben Angaben über den Vorgang der Installierung, der Inbetriebnahme und der Abnahme gemacht. Die beiden Zeugen haben das Protokoll unterschrieben. Darin heißt es, dass die gelieferte Abwasserbehandlungsanlage „in mängelfreiem Zustand... übergeben wurde.“ In ihr ist weiter auf die fehlende Anlagenbeschriftung Bezug genommen und festgehalten, dass es sich dabei nicht um Gewährleistungsansprüche handelt. Weiter enthält das Protokoll die Feststellung, dass eine weitere Übergabe nicht erforderlich ist. Außerdem enthält das Protokoll Bemerkungen über die Inbetriebnahme der einzelnen Anlagenteile. Danach ist der Infrarotverdampfer in der 29. Kalenderwoche, also in der Zeit vom 16. bis zum 21. Juli 2001, in Betrieb genommen worden. Der Zeuge W hat hierzu erklärt, dass das nach seiner Erinnerung zutreffen könne.

Für eine vorbehaltlose Abnahme des Infrarotverdampfers kommt es nicht darauf an, ob seine Funktionsweise bei Unterzeichnung des Protokolls Anfang August 2001 bereits überprüft werden konnte. Das war, wie der Zeuge W bekundet hat, trotz der Inbetriebnahme dieses Anlagenteils im Juli 2001 deshalb nicht der Fall, weil noch nicht genug Material angefallen war, um die Funktion des Verdampfers zu überprüfen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Protokolls vom 3. August 2001 vermag das Gericht aber nichts anderes, als die vorbehaltlose Abnahme festzustellen. Der Besteller kann grundsätzlich auch die Abnahme erklären, ohne Gelegenheit gehabt zu haben, sich von der Mangelfreiheit und einwandfreien Funktionsfähigkeit der einzelnen Anlagenteile zu überzeugen. Darauf verweist auch Ziff. V. - Gefahrübergang- der Allgemeinen Lieferbedingungen für Erzeugnisse und Leistungen der Elektroindustrie, die ausweislich des Angebots und der Auftragsbestätigung in den Vertrag einbezogen worden sind. Sie enthalten die Regelung, dass der Gefahrübergang, der im Übrigen als Wirkung der Abnahme eintritt (vgl. Palandt, BGB, 64. Aufl., Rn. 11 zu § 640), bei Lieferung mit Aufstellung oder Montage am Tag der Übernahme oder - soweit vereinbart -, nach einwandfreiem Probebetrieb eintritt. Die vertraglichen Absprachen enthalten jedoch keine Regelungen zu einem Probebetrieb.

3.

Die Gewährleistungsansprüche der Klägerin wegen der behaupteten Mängel des Infrarotverdampfers sind nicht verjährt. Es gilt die in der Auftragsbestätigung vom 23. November 2000 gewährte Gewährleistungsfrist von 12 Monaten „auf alle übrigen Anlagenteile“, da es sich bei dem Infrarotverdampfer nicht um bewegliche Teile im Vertragssinne handelt. Die Verjährung war gem. § 639 BGB bis zur Klageerhebung gehemmt.

Eine schriftliche Anzeige des Mangels, um den es hier geht, liegt nicht vor. Das Schreiben der Klägerin vom 8. November 2001, mit dem beißende Dämpfe beanstandet werden, die sich nach Einschalten des Verdampfers entwickeln, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Frage der Verjährung und ihrer Hemmung bzw. Unterbrechung ist für jeden einzelnen gerügten Mangel gesondert zu überprüfen.

Zu der Frage, ob und wann die Klägerin den dargestellten Mangel der Infrarotverdampferanlage der Beklagten mitgeteilt hat und ob, wann und auf welche Weise sich die Beklagte mit diesem Mangel befasst hat, was zur Hemmung i.S.v. § 639 BGB führen kann (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., Rn. 4 zu § 639), sind die Zeugen W, N, L und G vernommen worden.

Der Zeuge W hat bekundet, er habe einige Zeit nach Inbetriebnahme des Verdampfers festgestellt, dass die Mutterlauge sich immer mehr aufkonzentrierte und sich eine feste Masse bildete, die er mit einem Spaten lösen musste. Er habe den Betriebsleiter N davon verständigt, der ihn beauftragt habe, das der Beklagten mitzuteilen. Er habe mit einem der Geschäftsführer der Beklagten gesprochen, der Ansprechpartner habe den Rat gegeben, nur Zink-Nickel-Abwässer einzuspeisen. Das sei im Oktober/November 2001 gewesen. In der Folgezeit, und zwar jedesmal, wenn er in der beschriebenen Weise den Behälter mittels eines Spatens von der festen Masse habe leeren müssen, habe er das wieder der Beklagten mitgeteilt. In der Folgezeit sei, auch von dem Entwickler E T2, aber auch von den Ansprechpartnern der Beklagten, unterschiedlicher Rat gegeben worden, der befolgt worden sei. So habe man u.a. die Zudosierung verändert und Änderungen am Gasbrenner vorgenommen.

In gleichem Sinn hat sich der Zeuge N geäußert.

Demgegenüber hat der Zeuge L bekundet, es treffe nicht zu, dass er sich mit dem Problem der Rückstandsbildung des Infrarotverdampfers befasst habe, er habe lediglich Wartungs- und Prüfungsarbeiten durchgeführt. Allerdings habe W ihm berichtet, dass sich ein hieb- und stichfester Rückstand im Verdampferbehälter bilde, den er, W, mit Schaufel und Hacke habe beseitigen müssen. Das könne aber nicht bereits im November 2001, sondern erst später gewesen sein.

Der Zeuge G, früher Geschäftsführer der Beklagten, hat bekundet, er habe erstmals von der Beanstandung, was die Rückstandsbildung im Infrarotverdampfer angehe, Ende des Jahres 2002 erfahren. Es habe deshalb einen Besuch bei der Klägerin Anfang 2003 gegeben; bei dieser Gelegenheit habe er den behaupteten Mangel nicht zu sehen bekommen.

Das Gericht glaubt den Zeugen W und N, wenn sie davon berichten, dass der beschriebene Mangel gegenüber der Beklagten bereits Ende November 2001 beanstandet worden sei. Zwar fällt auf, dass es darüber kein Schreiben der Beklagten gibt, während die Geruchsbildung schriftlich beanstandet worden ist. Angesichts der Bedeutung der Beanstandung wäre es aber andererseits nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin dies hingenommen hätte, ohne von der Beklagten Abhilfe zu verlangen. Wie die Zeugen W und N aber auch bekundet haben, hat es in der Folge mit Hilfe der Beklagten und auf deren Rat verschiedene Versuche gegeben, durch unterschiedliche Maßnahmen den Grund der Beanstandung zu beheben. Das stellt letztlich auch die Beklagte nicht in Abrede. Das von der Klägerin eingeholte Gutachten des Sachverständigen C vom 12. Dezember 2003 hält auf Seite 5 fest, wann die Verdampferanlage in der von den Zeugen W und N beschriebenen Weise entleert worden ist. C hat diese Informationen von dem Betriebsleiter N anhand des Betriebshandbuchs bekommen, in dem W die Entleerungszeitpunkte eingetragen hat. Danach haben solche Entleerungen in der 49. Kalenderwoche 2001 und in der 4. sowie 10. Kalenderwoche 2002 stattgefunden. Wird die Bekundung des Zeugen W hinzugenommen, dass er jedesmal bei diesen Gelegenheiten gegenüber der Beklagten Mitteilung gemacht hat, dann wird deutlich, dass das in nicht verjährter Zeit geschehen ist. Der Zeuge G, der für die Beklagte als seinerzeitiger Geschäftsführer in Anspruch nimmt, von den Vorgängen informiert gewesen zu sein, hat bekundet, er kenne das Schreiben der Klägerin vom 8. November 2001, in dem die Geruchsbildung beanstandet wird, nicht. Dann liegt die Möglichkeit nicht fern, dass er auch von der anderen Beanstandung der Klägerin nicht zeitnah Kenntnis erhalten hat. Die Klägerin hat weiter ihr Schreiben vom 3. September 2002 (Anlage K 28) und die vom damaligen Geschäftsführer G unterschriebene Antwort vom 17. September 2002 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Zeuge G entgegen seiner Darstellung vor Ende des Jahres 2002 Kenntnis von der Beanstandung hatte.

4.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der Infrarotverdampfer in dem von der Klägerin behaupteten Sinn trotz der von den Parteien in gemeinsamer Abstimmung vorgenommenen Mangelbehebungsversuchen dergestalt mangelhaft ist, dass sich entgegen der Anlagenbeschreibung im Verdampferbehälter nach der Infrarotbestrahlung nicht ein Kristallbrei bildet, der über die Austragseinrichtung in Filtersäcken aufgenommen werden kann, sondern eine feste Masse, die nur mechanisch mit Spaten und Pickel entfernt werden kann.

Das ergibt sich aus den Bekundungen der Zeugen W und N, aber auch aus den vorgelegten Lichtbildern und dem zum Parteivorbringen der Klägerin erhobenen Gutachten des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen C. Der Zeuge W hat bei seiner Vernehmung die Lichtbilder vorgelegt und erläutert, die auch Bestandteil des Gutachtens C vom 3. März 2004 sind. Sie zeigen nach seiner Darstellung den Eindampfbehälter mit der festen Masse, die sich darin gebildet hat, außerdem die Leitung der Zudosierung von der Vorlage, an der sich Kristalle festgesetzt haben.

Damit steht der Mangel fest, ohne dass eine weitere Beweiserhebung, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, notwendig oder auch möglich wäre. Die Anlage ist, wie die Zeugen W und N begründet haben, von der Klägerin außer Betrieb genommen worden. Die Überprüfung der Funktionsweise durch einen Sachverständigen, die einen längeren Betrieb unter tatsächlichen Einsatzbedingungen erfordern würde, ist faktisch nicht mehr möglich.

5.

Damit steht fest, dass die Beklagte der Klägerin wegen des beschriebenen Mangels der Infrarotverdampferanlage schadensersatzpflichtig ist. Sie muss deshalb Zug um Zug gegen Rückgabe der Anlage die auf diesen Anlagenteil entfallende Vergütung als Schadensersatz erstatten.

Das Angebot der Beklagten vom 31. Oktober 2000 weist für die „Verdampfungseinrichtung auf Infrarotbasis“ eine Teilvergütung von 102.176,00 € netto aus. Im Auftragsbestätigungsschreiben ist dafür keine Einzelvergütung ausgewiesen. Wie die Klägerin richtig hervorhebt, ist der als Schadensersatz zu gewährende Wert dieses Anlagenteils um den Prozentsatz herabzusetzen, den die Beklagte in Ihrer Auftragsbestätigung gegenüber den Angebotspreisen gewährt hat. Die Klägerin hat diesen Wert richtig mit 9,3 % ermittelt und demgemäß den Schaden mit 92.674,00 € angegeben.

Der Schadensersatzanspruch besteht weiter in Höhe der Kosten von 650,00 € für die Einholung des Gutachtens des Sachverständigen C, das für die Vorbereitung der Klage und die Durchsetzung des Anspruchs gegen die Beklagte erforderlich war.

Dagegen kann die Klägerin die bereits angefallenen und noch zu erwartenden Kosten der Entsorgung für die Mutterlauge nicht als Schadensersatz von der Beklagten verlangen. Denn diese Kosten wären auch angefallen, wenn die Verdampferanlage wie vorgesehen einwandfrei funktioniert hätte.

Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt, aber auf der Grundlage der für die Zeit des Vertragsabschlusses geltenden Verzugsvorschriften nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins.

6.

Da die Klägerin die Beklagte vergeblich aufgefordert hat, Schadensersatz zu leisten und die mangelhafte Infrarotverdampferanlage zurückzunehmen, war insoweit der Annahmeverzug der Beklagten festzustellen.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 281 Abs. 3, 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 116.402,30 €. Dem Feststellungsantrag kommt kein eigener Streitwert zu.

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