AG Menden, Urteil vom 30.10.2006 - 3 C 557/04
Fundstelle
openJur 2015, 21688
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 5 S 148/06
Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schmerzensgeld wegen einer angeblichen Verursachung einer Asthmaerkrankung durch Schimmelpilzbefall in einer Mietwohnung.

Die Klägerin mietete von der Beklagten mit Mietvertrag vom 01.03.1996 die Wohnräume im ersten Obergeschoss links im N-Weg in O. Zuvor wohnte sie bereits mit ihrer Mutter in der Wohnung seit 1988. Im November 2002 zog die Klägerin aus.

Die Klägerin behauptet, durch Schimmelpilzbefall eine Erkrankung der Atemwegsorgane erlitten zu haben, insbesondere eine asthmatische Erkrankung. Ihr gesamtes Bronchialsystem sei stark angegriffen worden. Hierbei beziehe sie sich auf die Bescheinigung des Dr. C vom 16.12.2004 und 04.04.2004 (Bl. 22 - 23 GA), wonach sie sich seit 1999 in ambulanter Behandlung befinde, und die Bescheinigung des Dr. K, wonach sie sich am 10.12.2001, 26.09.2002 und 07.10.2002 wegen einer Bronchitis behandeln haben lasse. Sie habe diverse Medikamente genommen, wobei auf den Schriftsatz vom 22.12.2004 verwiesen wird (Bl. 21 GA). Sie erleide wöchentlich ca. 5 Asthmaanfälle.

Der Schimmelpilz habe bereits 1993 vorgelegen, was die Vormieter auch der Beklagten angezeigt hätten. Der Zeuge T sei 1991 eingezogen und habe 1993 den Schimmelpilz in Absprache mit der Beklagten behandelt und überstrichen. Der Schimmelpilz sei auch allein auf bauliche Mängel zurückzuführen. Dieses sei im Minderungsprozess zum Aktenzeichen 4 C 187/03 beim AG Menden festgestellt worden. In der Raumluft hätten extrem hohe Konzentrationen an Schimmelpilzsporen vorgelegen. Die vorliegenden Schimmelpilze gehörten auch zu der Art, die Allergien auslösen und über Mykotoxine sich schädigend auf die Gesundheit auswirke. Ein Schmerzensgeld über 15.000,- € sei angemessen, zumal das Asthma chronisch werden könne. Das Asthma sei nicht heilbar und sie werde bis zum Lebensende beeinträchtigt sein.

Die Klägerin beantragt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Schimmelpilzbefall der Wohnräume im ersten Obergeschoss links im N-Weg in O künftig entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin müsse medizinische Unterlagen (Untersuchungen, Befunde, ärztliche Stellungnahmen mit Abgrenzungen zu Vorerkrankungen) vorlegen, um substantiiert vorzutragen. Sie habe nicht belegt, seit 1999 wegen Atemwegsbeschwerden in Behandlung gewesen zu sein. Die weiteren Bescheinigungen belegten keine chronische Erkrankung. Mit Nichtwissen würden die verschriebenen Medikamente und der Krankheitsverlauf bestritten.

Der im September 2002 festgestellte geringfügige Schimmelpilzbefall sei außerdem nicht ursächlich geworden; vielmehr habe die Klägerin eine Vorerkrankung gehabt. Eine schädigende Konzentration habe von September 2002 bis November 2002 nicht vorgelegen. Das Gutachten von Frau D beträfe einen Zeitraum, der nicht maßgeblich sei. 1999 habe es keinen Schimmelpilzbefall gegeben. Die Mutter der Klägerin habe als Mieterin zwischen 1988 und 1996 keinen Schimmelpilzbefall angezeigt (Bl. 49 - 54 GA). Hierfür spräche auch das Übergabeprotokoll. Der Zeuge T sei erst 1996 eingezogen. 1991 sei die Wohnung saniert worden.

Die Klage ist der Beklagten am 27.9.2004 (Bl. 8 GA) zugestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akte 4 C 187/03 ist beigezogen worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen T. Ferner wurde ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Schimmelpilzbefall und ein medizinisches Fachgutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 02.02.2005 (Bl. 38 GA) sowie auf die zur Gerichtsakte gereichten Gutachten der Frau D vom 27.06.2005 (Bl. 63 - 69 GA) und des Dr. med. G vom 01.03.2006 (Bl. 88-137 GA) und vom 26.06.2006 (Bl. 157 GA) verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1.

Die Klägerin kann von der Beklagten kein Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 535, 253 BGB für gesundheitsverletzenden Schimmelpilzbefall nach dem 31.7.2002 (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB) und nicht aus § 847 BGB a. F. für vorherigen gesundheitsverletzenden Schimmelpilzbefall verlangen.

Der Klägerin ist nicht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts der Beweis gelungen, dass ihre Asthmaerkrankung durch in der Mietwohnung vorhandenen Schimmelpilzbefall in den Jahren 1996 bis 2002 verursacht worden ist.

Der Gutachter Dr. med. G führte zwar aus, dass die Klägerin an einer chronischen Bronchitis leidet und hierfür auch eingeatmete Schimmelpilzsporen mitursächlich sein können. Auch genügt die bloße Mitursächlichkeit für eine anteilige Haftung aus (BGH, NJW-Spezial 2006, 403; BGH, NJW 2002, 504 ; NJW 2000, 3423). Der seit dem 17. Lebensjahr bestehende Nikotinabusus stünde also dem nachweislich durch Schimmelpilzbefall verursachten Anteil nicht entgegen.

Die Klägerin konnte aber gerade nicht beweisen, dass überhaupt und in welchem Umfang Schimmelpilzbefall mitursächlich geworden ist.

Der Zeuge T konnte nur allgemein einen Schimmelpilzbefall im Jahre 1993 beschreiben, ohne dass die Sporenkonzentration oder zumindest das optische Ausmaß festgestellt worden ist. Die Sachverständige D konnte schließlich eine gesundheitsgefährdende Konzentration im April 2004 messen (vgl. hierzu auch die beigezogene Akte 4 C 1187/03), aber damit erst nach erfolgtem Auszug der Klägerin im November 2002. Sie führte hierbei aus, dass sich keine Rückschlüsse für den Zeitraum 1996 - 2002 ziehen lassen könnten, da sich Schimmelpilze innerhalb kürzester Zeit entwickeln könnten.

Das Gericht vermag einen Mitverursachungsbeitrag auch nicht zu schätzen.

Auch wenn in dem Verfahren 4 C 187/03 festgestellt worden ist, dass allein bauliche Mängel für die Schimmelpilzentwicklung verantwortlich waren, kann daraus nicht hinreichend gefolgert werden, dass über die gesamte relevante Mietzeit Schimmelpilz in gesundheitsgefährdendem Umfang in der Mietwohnung der Klägerin vorhanden gewesen ist. Hierbei ist auch zu beachten, dass sich die Klägerin erstmals 1999 in ärztliche Behandlung begeben hat und sich der gesundheitliche Zustand seit dem Verlassen der Mietwohnung nicht verbessert hat. Auch findet sich erstmals in dem Verfahren 4 C 187/03 ein Rechtsstreit über Minderungsrechte der jetzigen Klägerin. Hierbei hatte sie im September 2002 erstmals einen Schimmelpilzbefall gegenüber der jetzigen Beklagten angezeigt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin aber auch nach eigenem Vortrag schon lange wegen Bronchitisbeschwerden in ärztlicher Behandlung.

2.

Der Feststellungsantrag ist ebenfalls unbegründet.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 15.000,- €