ArbG Freiburg, Urteil vom 03.12.2014 - 14 Ca 180/14
Fundstelle
openJur 2015, 11641
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit ab dem 01.05.2012 gemäß Entgeltgruppe 8, Stufe 2 TVöD zu vergüten und die rückständigen monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6, Stufe 3 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 8, Stufe 2 ab 30.06.2014 bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und im Übrigen ab jeweiliger Fälligkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 44% und der Kläger 56% zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 8.725,08 EUR festgesetzt.

5. Die Berufung wird nicht zugelassen, soweit sie nicht kraft Gesetzes statthaft ist.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger ist bei der beklagten Stadt seit dem 01.01.2010 als Vollbeschäftigter im Gemeindevollzugsdienst tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der zwischen den Parteien am 08.12.2010 geschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 9 d.A.). Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem besonderen Teil Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgebergeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA).

Für die Stelle des Klägers gilt eine Stellenbeschreibung vom 18.04.2013 (Bl. 22 d.A.) nebst Arbeitsbeschreibung vom 25.11.2013 (Bl. 24). Letztere trat an die Stelle einer überholten Fassung der Arbeitsbeschreibung vom 18.04.2013 (Bl. 23 d.A.).

In der Stellenbeschreibung heißt es u.a.:

„Zur Wahrnehmung des Aufgabengebietes sind folgende Gesetzeskenntnisse, Fachkenntnisse und Spezialkenntnisse erforderlich:

Polizeigesetz, Ordnungswidrigkeitenrecht, Straßenverkehrsordnung, Straßengesetz, Satzungen/Polizeiverordnungen, sonstige ordnungsrechtlichen Normen, deren Vollzug den GVD obliegt.

Technische Fachkenntnisse erforderlich beim Einsatz der Geschwindigkeitsmessgeräte.“

Des Weiteren heißt es in der Stellenbeschreibung:

„Sonstige Erklärungen über Art und Umfang der Tätigkeiten (besondere Anforderungen an den Arbeitsplatz):

Die Tätigkeit findet überwiegend im Außendienst statt. Die Kontrolltätigkeit bringt es mit sich, dass man sich schnell auf unterschiedliche Situationen und Rechtslagen einstellen muss und die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Besondere Anforderungen an das Vollzugshandeln entstehen bei Uneinsichtigkeiten und verbalen Angriffen von Betroffenen. Durch die Dienstkleidung wird man als Repräsentant der Stadt W. wahrgenommen und ist Ansprechpartner für viele Fragen und Probleme der Bürger, auch außerhalb der eigentlichen Zuständigkeit.“

In der Arbeitsbeschreibung sind die Tätigkeiten bzw. Funktionen des Klägers und ihr jeweiliger Anteil an der Gesamtarbeitszeit wie folgt angegeben:

„Außendienst (Streifendienst):

1 Überwachung ruhender Verkehr (einschl. Erteilung von Verwarnungen,19 % Fertigung von Owi-Anzeigen mit Ermittlungsbericht, Ausstellung von Mängelberichten, Halterermittlungen, Auflagenüberprüfung, Informationen von Bürgern und anderen Stellen) 2 Geschwindigkeitsmessungen31% 3 Überwachung von Baustellen und Sondernutzungen10% 4 Waffenkontrollen1% 5 Ermittlungen für Bußgeldbehörden, Melde- und Ausländerbehörde5% 6 Überwachung von Satzungen, PolVO2% 7 Sonstige Vollzugsaufgaben nach Dienstanweisung i. d. F. vom 27.03.2013, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Beendigung von Ordnungswidrigkeiten nach pflichtgemäßem Ermessen3% 8 Überwachung öffentlicher Veranstaltungen1% 9 Unterstützung PVD bei Großveranstaltungen u.ä.1% Sonstige Tätigkeiten: Bürotätigkeit 10 Fertigung von Feststellungsberichten, Vermerken, Stellungnahmen, Schriftverkehr mit Behörden und Betroffenen18 % Sonstiges 11 Interne und externe Fortbildung, Teilnahme an Dienstbesprechungen, Teilnahme an Amtsgerichtsverhandlungen als Zeuge9%“

Für das Arbeitsverhältnis gilt eine Dienstanweisung für den Gemeindevollzugsdienst vom 12.12.2012, in Kraft seit 01.01.2013 (Bl. 11 ff. d.A.). In der Dienstanweisung heißt es zur Rechtsstellung der Gemeindevollzugsbediensteten:

„2. Rechtsstellung

2.1. Die Gemeindevollzugsbediensteten haben bei der Erledigung polizeilicher Vollzugsaufgaben die Stellung von Polizeibeamten i.S. des Polizeigesetzes (§ 80 Abs. 2 PolG).

2.2 Die Gemeindevollzugsbediensteten sind im Rahmen der ihnen übertragenen polizeilichen Vollzugsaufgaben Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft, soweit sie das 21. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 2 Jahre als Gemeindevollzugsbedienstete tätig sind (§ 2 Nr. 1 der VO der Landesregierung über die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft vom 23.09.1985). Sie sind verpflichtet, Strafanzeigen zu erstatten, wenn sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den Verdacht strafbarer Handlungen feststellen.

2.3 Die Gemeindevollzugsbediensteten sind Außendienstmitarbeiter der Bußgeldbehörde (§ 57 Abs. 1 OWiG).

2.4 Die Gemeindevollzugsbediensteten sind Außendienstmitarbeiter der Verkehrsbehörde (§ 44 Abs. 1StVO).

2.5 Die Gemeindevollzugsbediensteten sind Außendienstmitarbeiter der Waffenbehörde (§ 36 Abs. 3 WaffG), soweit sie über eine waffentechnische Sachkunde verfügen. Die Feststellung der Sachkunde erfolgt schriftlich im Einzelfall durch den Leiter des Fachbereichs 3.“

Die Aufgaben der Gemeindevollzugsbediensteten sind in der Dienstanweisung wie folgt angegeben:

„3. Aufgaben

3.1 Sachliche Zuständigkeit

Dem Gemeindevollzugsdienst werden gemäß § 31 Abs. 1 der DVO PolG polizeiliche Vollzugsaufgaben übertragen

3.1.1 beim Vollzug von Gemeindesatzungen und Polizeiverordnungen der Orts- und Kreispolizeibehörde

3.1.2 im Straßenverkehrsrecht

a) beim Vollzug der Vorschriften über das Halten und Parken und über die Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen,b) beim Vollzug der Vorschriften über das Verbot, Verkehrshindernisse zu bereiten oder Fahrzeug unbeleuchtet abzustellen,c) bei der Überwachung der Verkehrsverbote auf Feldwegen, sonstigen beschränkt öffentlichen Wegen (ausgenommen Waldwege), Geh- und Sonderwegen sowie tatsächlich öffentlichen Straßen,d) bei der Überwachung der Durchfahrtsverbot in Fußgängerzonen und in verkehrsberuhigten Bereichen,e) bei der Unterstützung von Verkehrsregelungsmaßnahmen des Polizeivollzugsdienstes bei Umzügen, Prozessionen, Großveranstaltungen u.ä. Anlässen,f) bei der Regelung des Straßenverkehrs durch Zeichen und Weisungen, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung dringend geboten erscheint und ein Tätigwerden des Polizeivollzugsdienstes nicht abgewartet werden kann,g) bei der Überwachung der Termine für die Hauptuntersuchung im ruhenden Verkehr

3.1.3 beim Vollzug der Vorschriften über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, über das Reinigen, Räumen und Streuen öffentlicher Straßen und über den Schutz öffentlicher Straßen einschließlich tatsächlich-öffentlicher Straße,

3.1.4 beim Vollzug der Vorschriften über das Meldewesen,

3.1.5 beim Vollzug der Vorschriften über das Reisegewerbe und das Markwesen,

3.1.6 im Umweltschutz

a) beim Vollzug der Vorschriften über unzulässigen Lärm und das unnötige Laufen lassen von Fahrzeugmotoren,b) beim Vollzug der Vorschriften über das Verbot des Lagerns oder Ablagerns von Abfällen, beschränkt auf Kleinabfälle und Hausmüll,

3.1.7 Feldschutz

a) beim Vollzug der Vorschriften zur Bewirtschaftung und Pflege von Grundstücken,b) beim Vollzug der Vorschriften über das Betreten der freien Landschaft und geschlossenen Rebanbaugebiete,c) beim Vollzug der Vorschriften über den Nachweis der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei,

3.1.8 beim Schutz von öffentlichen Grünanlagen, Kinderspielplätzen und anderen dem öffentlichen Nutzen dienenden Anlagen gegen Beschädigung, Verunreinigung und missbräuchlichen Benutzung,

3.1.9 beim Vollzug der Vorschriften über Anschläge und unerlaubtes Plakatieren,

3.1.10 beim Vollzug der Vorschriften über die Belästigung der Allgemeinheit,

3.1.11 beim Vollzug der Vorschriften über das Halten gefährlicher Tiere.

3.2 Erweiterte sachliche Zuständigkeit

Dem Gemeindevollzugsdienst werden gemäß § 31 Abs. 2 DVOPolG mit Zustimmung des Regierungspräsidiums F. vom 02.12.1981, Az. 11/27/6042, vom 09.01.1987, Az. 14/11 vom 26.02.1988, Az. 14/27/6042 vom 15.01.1990, Az. 14/1120.0-20 und vom 13.12.1994, Az. 12/1120.0-20, folgende weitere polizeiliche Vollzugsaufgaben übertragen:

3.2.1 Prüfung folgender vom Kraftfahrzeugführer mitzuführenden Papiere

a) Führerschein (§ 4 FeV),b) Bescheinigung über Prüfung vom Mofa-Fahrer (§ 5 FeV),c) Zulassungsbescheinigung Teil I (§ 11 Abs. 5 FZV),d) Bescheinigung für Versicherungskennzeichen (§ 26 Abs. 1 FZV),

3.2.2 Überprüfung der Fahrzeug in folgender Hinsicht

a) Anbringung, Vorhandensein und Lesbarkeit der vorgeschriebenen Prüfplakette (§ 29 Abs. 5 StVZO),b) Mindestprofiltiefe von Reifen (§ 36 Abs. 2 StVZO)c) Vorhandensein und Wirksamkeit von Scheibenwischer (§ 40 Abs. 2 StVZO),d) lichttechnische Einrichtungen am Kfz und seinen Anhängern, über Betriebsfähigkeit und Wirksamkeit (§ 49 a Abs. 1 StVZO),e) Anbringung, Vorhandensein und Zustand des Rückspiegels (§ 56 StVZO),f) Anbringung und Lesbarkeit der amtlichen Kennzeichen und der Versicherungskennzeichen (§§ 10,27 FZV),g) Fahrräder auf Vorschriftsmäßigkeit (§§ 30 64, 64 a, 65 und 67 StVZO),

3.2.3 in Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen die Überwachung der Beachtung der Verkehrszeichen 209-220 und 222,

3.2.4 bei der Überwachung des Parkens auf Privatgrundstücken (§ 12 LOWiG),

3.25 Überwachung von verkehrsberuhigten Bereichen (Anlagen 3 zu § 42 Abs. 2 StVO, Z 325, 1/325.2).

Überprüfungen nach Nr. 3.2.1 und 3.2.1 dürfen nur im Rahmen der Überwachung des ruhenden Verkehrs sowie der Überwachung von verkehrsberuhigten Bereichen und Fußgängerzonen vorgenommen werden.

3.3 Weitere Tätigkeiten

3.3.1 Den Gemeindevollzugsbediensteten werden als Außendienstmitarbeiter der Bußgeldbehörde die Durchführung von Ermittlungen bei Ordnungswidrigkeiten (einschließlich Geschwindigkeitsmessungen) übertragen.

3.3.2 Den Gemeindevollzugsbeamten werden als Außendienstmitarbeiter der Verkehrsbehörde folgende Aufgaben übertragen:

1. Überwachung von Baustellen im öffentlichen Verkehrsraum2. Überprüfung von Verkehrszeichen und -einrichtungen auf Sicherheit und Zustand

3.3.3 Den Gemeindevollzugsbediensteten werden, soweit ihre Sachkunde im Einzelfall festgestellt ist, die Kontrolle des Waffenbesitzes und der Aufbewahrung von Waffen übertragen. Die Kontrolltätigkeit darf nur unter Beteiligung eines Verwaltungsmitarbeiters der Waffenbehörde durchgeführt werden.

3.3.4 Durch die Vorgesetzten können die Gemeindevollzugsbediensteten mit weiteren Tätigkeiten betraut werden.“

Zu den Befugnissen der Gemeindevollzugsbediensteten wird in der Dienstanweisung u.a. Folgendes ausgeführt:

„4. Allgemeine Befugnisse

4.1 Die Gemeindevollzugsbediensteten haben im Rahmen der ihnen übertragenen polizeilichen Aufgaben durch Streifengänge und -fahrten, Kontrollen, Beobachtungen, Feststellungen, Hinweisen, Belehrungen und Ermahnungen, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (präventive Tätigkeit) und bereits eingetretene Störungen zu beseitigen bzw. zu beendigen (repressive Tätigkeit); § 1 Abs. 1 PolG. Soweit möglich, ist an Ort und Stelle auf eine Behebung des polizeiwidrigen Verhaltens oder Zustandes hinzuwirken. Dabei gilt das Opportunitätsprinzip (§ 3 PolG); das Einschreiten und die Art der zu treffenden Maßnahmen liegen im pflichtgemäßen Ermessen.

Gleiches gilt bei ihrer Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter der Bußgeld- und Verkehrsbehörde.

4.2 Den Gemeindevollzugsbediensteten obliegt im Rahmen ihrer polizeilichen Zuständigkeit gem. § Abs. 2 PolG, § 53 Abs. 1 OWiG bzw. als Außendienstmitarbeiter der Bußgeldbehörde gem. § 35, 47 OWiG nach pflichtgemäßem Ermessen die Erforschung von Ordnungswidrigkeiten; es gilt also auch hier das Opportunitätsprinzip. Sie haben dabei alle unaufschiebbaren Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten (Nr. 3.5, 6.1).4.3 ...

4.4 Bei jeder Maßnahme sind die Grundsätze der Gleichbehandlung sowie des Mindesteingriffs und der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu beachten ... .“

Vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Beklagten war der Kläger über acht Jahre lang im freiwilligen Polizeidienst bei der Polizeidirektion F. tätig. Die Beklagte rechnete dem Kläger bei seiner Einstellung ein Jahr Berufserfahrung und Fachkenntnisse an.

Der Kläger wird durch die Beklagte nach der Entgeltgruppe 6, Stufe 3 TVöD (VKA) vergütet.

Mit Schreiben vom 31.10.2012 (Bl. 25 d.A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine höhere Vergütung geltend. Er nahm hierbei Bezug auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 21.03.2012, Az. 4 AZR 266/10, und erklärte:

„Ich mache deshalb hiermit gemäß § 37 TVöD meine Bezahlung nach geltendem Urteil für die Zukunft und rückwirkend für sechs Monate geltend.“

Gegenüber einem Kollegen des Klägers, Herrn G.B., der ebenfalls im Gemeindevollzugsdienst der Beklagten beschäftigt ist, teilte diese mit Schreiben vom 13.03.2014 (Bl. 26 f.d.A.). mit:

„Die Stellen des Gemeindevollzugsdienstes wurden im Jahr 2002 auf Grundlage der Tätigkeitsbeschreibung von der Prüfungskommission bewertet. Das Ergebnis dieser Bewertung war Vergütungsgruppe VIb Fg 1a BAT, welches entsprechend bekanntgegeben worden ist. Durch die Überleitung in den TVöD entspricht dies der Entgeltgruppe 6 TVöD. Zugesagt wurden in dem Schreiben vom 13.12.2012, die Stellen des Gemeindevollzugsdienstes erneut zu überprüfen. Am 18.04.2013 wurde eine Stellenbeschreibung für Gemeindevollzugsbedienstete der Stadt W. erstellt. Die Arbeitsbeschreibung wurde am 25.11.2013 geändert. Am 06.02.2014 erfolgte eine einstimmige Bewertung durch die Bewertungskommission nach BAT VIb Fg. 1a bzw. Entgeltgruppe 6 TVöD. Der Oberbürgermeister hat am 18.02.2014 dem Bewertungsergebnis zugestimmt. Am 19.02.2014 wurde das Ergebnis dem Fachbereichsleiter Herrn R. mitgeteilt und am 12.03.2014 wurde dieses Bewertungsergebnis den Mitarbeitern des Gemeindevollzugsdienstes durch Herrn R. mitgeteilt.“

Mit seiner Klage vom 25.06.2014, am Folgetag beim Arbeitsgericht eingegangen, hat der Kläger zunächst eine Eingruppierung gemäß der Entgeltgruppe 9 TVöD erstrebt. Auf den Hinweis der Beklagten, dass nach den maßgeblichen tariflichen Vorschriften allenfalls ein Vergütung nach Entgeltgruppe 8 TVöD in Betracht kommen könne, hat der Kläger sein Klageziel reduziert und begehrt nunmehr die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn ab dem 01.05.2012 gemäß der Entgeltgruppe 8 zu vergüten und rückständige Bruttodifferenzbeträge zu verzinsen.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor:

Die tatsächliche Arbeitszeit des Klägers bestehe zu 75% aus Außendienst (Streifendienst) und zu 25% aus sonstigen Tätigkeiten. Zum Außendienst gehörten sämtliche Tätigkeiten, die in der Arbeitsbeschreibung vom 25.11.2013 unter der Überschrift Außendienst (Streifendienst) aufgeführt seien unter den laufenden Nummern 1 bis 9. Diese Tätigkeiten stünden in einem so engen sachlichen Zusammenhang, dass sie einheitlich betrachtet werden müssten. Beim Streifendienst würden sämtliche Tätigkeiten des Aufgabengebietes des Klägers erfasst. So würden zum Beispiel bei der Fußstreife durch die Stadtmitte nicht nur Parkverbote überwacht, sondern ebenso auftretende Verkehrsbehinderungen, Sperrmüll auf der Straße, Probleme mit Hecken, Zäunen, Anfragen der Bürger zur StVO, StVG, Erstmaßnahmen bei Kleinunfällen, notwendige Verkehrsregelungen, Einschreitungen bei Störungen, Überwachung der Sondernutzung, Baustellenbeschilderung etc. . Dabei würden vor Ort die Daten erhoben, Lichtbilder gefertigt, Zeugen und Betroffene sowie Beschuldigte belehrt und die Aussagen aufgenommen. Die gesammelten Daten und Erkenntnisse würden später im Büro durch den Gemeindevollzugsbeamten schriftlich festgehalten und nach eigenem Ermessen zur Anzeige gebracht. Dabei würden alle zutreffenden Maßnahmen durch den Gemeindevollzugsbeamten vor Ort entschieden und möglicherweise zur Anzeige gebracht. Wegen der beispielhaft aufgeführten Aufzählung von Tätigkeiten im Berufsalltag des Klägers wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 18.09.2014 Bl. 83 ff. verwiesen.

Die gesamte Tätigkeit des Klägers alleine auf den Streifengängen diene einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen gegen die unterschiedlichsten Gebote und Verbote sowie der Gefahrenabwehr. Daher sei die komplette Tätigkeit im Außendienst als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu werten.

Für die Durchführung der Tätigkeiten des Klägers müsse er gründliche und vielseitige Kenntnis vom Inhalt und der Auslegung, einschließlich Rechtsprechung, von zahlreichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften haben. Daraus folge, dass für die Ausübung der Tätigkeit umfassende und vielseitige Fachkenntnisse erforderlich seien. Auch erfordere die Tätigkeit selbständige Leistungen. Der Kläger habe regelmäßig Ermessensentscheidungen zu treffen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen im Einzelfall zu ergreifen seien, ob im Rahmen der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von dem Opportunitätsprinzip Gebrauch zu machen sei, welche Maßnahmen der Gefahrenabwehr erforderlich seien und wie die generellen Anweisungen bei Geschwindigkeitsmessungen (Geeignetheit der Örtlichkeit, der Situation, der Wetterbedingungen) zutreffend seien.

Der Kläger hat zuletzt - unter Rücknahme der Klage im Übrigen - beantragt:

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit ab dem 01.05.2012 gem. Entgeltgruppe 8 TVöD, Stufe 3, hilfsweise eine darunter liegende Stufe, zu vergüten und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt der aus der Entgeltgruppe 8 ab Rechtshängigkeit bzgl. der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage abzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor:

Die tatsächliche Arbeitszeit des Klägers bestehe nicht - wie von ihm behauptet - zu 75% aus Außendienst und zu 25% aus sonstigen Tätigkeiten. Vielmehr sei die Tätigkeit des Klägers in neun Arbeitsvorgänge aufgegliedert: Überwachung ruhender Verkehr (19%), Geschwindigkeitsmessungen (31%), Überwachung von Baustellen und Sondernutzungen (10%), Waffenkontrollen (1%), Ermittlungen für Bußgeldbehörden, Melde- und Ausländerbehörde (5%), Überwachung von Satzungen PolVO (2%), „sonstige Vollzugsaufgaben“ (3%), Überwachung öffentlicher Veranstaltungen (1%) und Unterstützung des PVD bei Großveranstaltungen u.a. (1%).

Die Tätigkeit des Klägers sei insgesamt von weniger Entscheidungsspielraum gekennzeichnet, als dies der Kläger behaupte. Er erhalte in der Regel spezifische Anweisungen, wie zum Beispiel bei den Ermittlungen für die Bußgeld- Melde- oder Ausländerbehörde, der Waffenkontrolle oder bei der Überwachung von Baustellen, sofern es sich um einen besonderen Brennpunkt bzw. eine Neueinrichtung handele. Die Baustellenkontrolle sei durch Regelpläne oder Verkehrszeichenpläne vorgegeben, die von der Straßenverkehrsbehörde oder der jeweils betroffenen Firma selbst erstellt würden. Die Örtlichkeit bei einer mobilen Geschwindigkeitsmessung werde dem Kläger durch Dienstplan oder Anweisung vorgegeben. Bei Waffenkontrollen nehme der Kläger lediglich als Begleitperson und potentieller Zeuge teil, führe sie aber selbst nicht verantwortlich und entscheidend durch. Bei der Überwachung öffentlicher Veranstaltungen gelte es für den Kläger - nach entsprechender Weisung - zu prüfen, ob die jeweiligen Verkehrsbeschränkungen (zum Beispiel Halte- oder Parkverbote) beachtet würden oder nicht. Bei der „Unterstützung des Polizeivollzugsdienstes bei Großveranstaltungen u.ä.“ bitte der Polizeivollzugsdienst um die Zurverfügungstellung Gemeindevollzugsbediensteter, welche sodann auf Weisung des Polizeivollzugsdienstes tätig würden. Sofern der Kläger einen Verkehrsverstoß feststelle, halte er lediglich den Tatbestand vor Ort fest, vermerke die jeweilige Tatbestandsnummer auf seinem Smartphone und hinterlasse einen „rosa-roten Zettel“ an dem Fahrzeug. Anders als der Kläger es darstelle, sei es die Bußgeldbehörde, die den Vorgang weiter bearbeite. Lediglich wenn der Kläger den Fahrzeugführer vor Ort antreffe, sei er befugt, eine Verwarnung bis zur Höhe von 55,00 EUR auszusprechen, wenn der Betroffene diese sofort bezahle.

Der Kläger bereite keine Bußgeldbescheide vor, so dass diese von der Bußgeldbehörde lediglich noch ausgedruckt und versendet werden müssten. Vielmehr nehme die Bußgeldbehörde noch eine Anhörung des Betroffenen vor, um zu prüfen, ob ein Bußgeldbescheid zu erlassen sei oder nicht. Die Entscheidung über den Erlass des Bescheides, obliege der Bußgeldbehörde und nicht dem Kläger.

Bei den vom Kläger als Außendienst bezeichneten Tätigkeiten handele es sich um unterschiedliche und eigenständige Aufgabenbereiche, die jeweils eigenständig tariflich zu bewerten seien. Diese Aufgabenbereiche führten zu eigenständigen Arbeitsergebnissen und könnten nicht zu einem Arbeitsvorgang „Streifengang“ zusammengefasst werden.

Im Hinblick auf den Arbeitsvorgang „Streifengang“ habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass insoweit vielseitige Fachkenntnisse erforderlich seien. Gleiches gelte hinsichtlich des Merkmals „selbständige Leistungen“.

Im Hinblick auf den Arbeitsvorgang „Geschwindigkeitsmessungen“ bestehe die Aufgabe des Klägers darin, die Messstelle ordnungsgemäß einzurichten und den Messvorgang durchzuführen bzw. zu überwachen. Insoweit habe der Kläger nicht schlüssig vorgetragen, welche Fach- bzw. Rechtskenntnisse er in welchem zeitlichen Umfang aufwenden müsse. Das Tarifmerkmal „selbständige Leistungen“ sei nicht erfüllt.

Der 3. Arbeitsvorgang „Überwachung von Baustellen und Sondernutzungen“ sei so gelagert, dass der Kläger nur im Einzelfall aufgrund konkreter Weisung tätig werde und es lediglich um die Feststellung von Tatsachen gehe. Auch insoweit habe der Kläger nicht schlüssig dargetan, dass es gründlicher und vielseitiger Fachkenntnis bedürfe. Auch sei nicht ersichtlich, inwieweit selbständige Leistungen erforderlich sein sollten.

Im Hinblick auf den Arbeitsvorgang „Waffenkontrollen“ sei bereits fraglich, ob gründliche Fachkenntnisse erforderlich seien. Da insoweit bereits einfache Fachkenntnisse ausreichend sein dürften. Des Weiteren sei aus dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich, worin die „selbständigen Leistungen“ im Tarifsinne liegen sollen.

Auch in Bezug auf den Arbeitsvorgänge „Ermittlungen für Bußgeldbehörden, Melde- und Ausländerbehörde“, „Überwachung von Satzungen, PolVO“ und „Überwachung öffentlicher Veranstaltungen“ fehle es wiederum an schlüssigem Vortrag bezüglich der Erforderlichkeit von vielseitigen Fachkenntnissen. Auch bedürfe es insoweit keiner selbständigen Leistungen.

Der Beklagtenvertreter hat den Erlass eines Schriftsatznachlasses beantragt (Bl. 302 d.A.). Diesen hat er im Kammertermin vom 12.11.2014 damit begründet, dass der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden müsse zu der Behauptung des Klägers, dass er aus eigener Befugnis heraus entscheiden könne, dass er spontan mobile Einsatzgeräte zur Geschwindigkeitsmessung aufstelle. Insoweit bedürfe es einer internen Rücksprache bei der Beklagten, um hierauf erwidern zu können (Bl. 309 d.A.).

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung der begehrten Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8, Stufe 2 TVöD (VKA) sowie der Verpflichtung der Beklagten zur Verzinsung der rückständigen Differenzbeträge. Soweit die Klage darüber hinaus auf eine höhere Stufe der Entgeltgruppe 8 gerichtet ist, fehlte es an einer schlüssigen Darlegung eines entsprechenden Anspruchs, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.

1. Der Feststellungsantrag ist als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 21.03.2012, Az.: 4 AZR 278/10, juris, Rn. 12). Dies gilt auch im Hinblick auf die begehrte Feststellung der Pflicht zur Verzinsung von rückständigen Differenzbeträgen.

2. Der Kläger hat Anspruch auf eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8, Stufe 2 TVÖD.

a) Gemäß § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vom 08.12.2010 (Bl. 9 d.A.) bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem TVöD und dem besonderen Teil Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich für die VKA jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA).

Nach § 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-VKA werden für Eingruppierungen zwischen dem 01.10.2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1 a) und die Lohngruppen der Lohngruppenverzeichnisse gemäß Anlage 3 zum TVÜ-VKA den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet. Nach Anlage 3 zum TVÜ-VKA werden Tätigkeiten der Vergütungsgruppe V c BAT, aus denen ein Aufstieg in die Vergütungsgruppe V b BAT möglich ist, der Entgeltgruppe 8 TVöD zugeordnet.

Die für die Bewertung des vorliegenden Falles bedeutsamen Vergütungsgruppen des allgemeinen Teils der Anlage 1 a (VKA) zum BAT lauten wie folgt:

„Vergütungsgruppe V cFallgruppe 1 aAngestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu 1/3 selbständige Leistungen erfordert.

(Der Klammerzusatz zur Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a gilt)

Fallgruppe 1 bAngestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

(Der Klammerzusatz zur Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a gilt).

Vergütungsgruppe V bFallgruppe 1 cAngestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert, nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b.

(Der Klammerzusatz zur Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a gilt).“

Der Klammerzusatz zur Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a lautet:

„Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten des Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.“

b) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt die tariflichen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe V c des allgemeinen Teils der Anlage 1 a (VKA). Die Tätigkeit des Klägers erfordert sowohl „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ sowie „selbständige Leistungen“ im Tarifsinne. Hiervon geht die Kammer nach Erörterung der einzelnen Tätigkeitsinhalte unter Zugrundelegung der Stellenbeschreibung sowie der Dienstanweisung für den Gemeindevollzugsdienst aus.

aa) Die Kammer folgt dem Kläger zunächst, soweit er bei der tariflichen Beurteilung seiner Tätigkeit von einem einheitlichen Arbeitsvorgang in Bezug auf sämtliche Tätigkeiten ausgeht, die in der Stellenbeschreibung vom 25.11.2013 unter der Überschrift Außendienst (Streifendienst) aufgeführt sind. Dies sind: Überwachung ruhender Verkehr; Geschwindigkeitsmessungen; Überwachung von Baustellen und Sondernutzungen; Waffenkontrollen; Ermittlungen für Bußgeldbehörden; Melde- und Ausländerbehörde; Überwachung von Satzungen, PolVO; sonstige Vollzugsaufgaben nach Dienstanweisung und Überwachung öffentlicher Veranstaltungen und Unterstützung PVD bei Großveranstaltungen u.ä.. Nach der anschaulichen Schilderung des Klägers im Kammertermin vom 12.11.2014 hat der Kläger, wenn er sich auf Streife begibt, auf sämtliche ihm hierbei auffallenden Regelverstöße und Ordnungswidrigkeiten, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen, entsprechend zu reagieren und insbesondere erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. Dies steht einer Aufspaltung und Aufteilung der einzelnen Aufgaben nach tariflichen Wertigkeiten entgegen. Erst während eines Streifengangs stellt sich heraus, ob und gegebenenfalls für welche Sachverhalte welche denkbaren Entscheidungsalternativen bestehen. Daher ist es unmöglich, zu Beginn eines Streifenganges die einzelnen Eingriffe nach ihrer tariflichen Wertigkeit unterscheiden zu können. Erforderlich ist jedoch, dass bereits zu Beginn einer Tätigkeit deren tarifliche Wertigkeit feststeht (BAG, Urteil vom 07.07.2004, Az.: 4 AZR 507/03, juris). Dementsprechend kann die gesamte Tätigkeit des Klägers, die zum Außendienst des Klägers gehört, nur einheitlich bewertet werden. Sämtliche Aufgaben, welche in der Stellenbeschreibung vom 25.11.2013 unter der Überschrift Außendienst unter den laufenden Nummern 1 bis 9 aufgeführt sind, dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung ordnungsrechtlicher Vorschriften und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen gegen die unterschiedlichsten Gebote und Verbote sowie der Gefahrenabwehr. Dieses einheitliche Arbeitsergebnis begründet das Erfordernis einer einheitlichen tariflichen Betrachtung. Eine einheitliche Betrachtung steht zudem damit in Einklang, dass die einzelnen Tätigkeiten in der Arbeitsbeschreibung unter einer Überschrift aufgeführt sind. Noch in der vorangegangenen Arbeitsbeschreibung vom 18.04.2013 (Bl. 23 d.A.) unterschied die Beklagte überdies bei der Angabe des prozentualen Anteils an der Arbeitszeit nicht nach den einzelnen Tätigkeiten.

Die unter der Überschrift Außendienst in der Arbeitsbeschreibung vom 25.11.2013 aufgeführten Tätigkeiten machen insgesamt einen Anteil von 73% an der Arbeitszeit des Klägers aus und bilden damit den Schwerpunkt seiner Arbeit.

bb) Die vom Kläger im Außendienst zu erfüllenden Tätigkeiten erfordern sowohl gründliche und vielseitige Fachkenntnisse als auch selbständige Leistungen.

(1) „Gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“

(a) Gründliche Fachkenntnisse setzen nähere Kenntnisse von u.a. Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Vielseitige Kenntnisse erfordern demgegenüber eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder aus der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Gebiet stellenden Anforderungen ergeben (BAG, Urteil vom 10.12.1997, Az.: 4 AZR 221/96, juris). Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Angestellte eingesetzt wird (BAG, Urteil vom 23.09.2009, Az.: 4 AZR 308/08, juris), jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit einer nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus.

(b) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist das Erfordernis gründlicher und auch vielseitiger Fachkenntnisse des Klägers bei Ausübung seiner Tätigkeit zu bejahen. Dies ergibt sich aus Sicht der Kammer bereits aus der Stellenbeschreibung vom 25.11.2013 (Bl. 22 d.A.) und insbesondere der Dienstanweisung für den Gemeindevollzugsdienst vom 12.12.2012 (Bl. 11 ff. d.A.). In der Stellenbeschreibung heißt es:

„Zur Wahrnehmung des Aufgabengebietes sind folgende Gesetzeskenntnisse, Fachkenntnisse und Spezialkenntnisse erforderlich:

Polizeigesetz, Ordnungswidrigkeitenrecht, Straßenverkehrsordnung, Straßengesetz, Satzungen/Polizeiverordnungen, sonstige satzungsrechtliche Normen, deren Vollzug dem GVD obliegt.“

Aus der Dienstanweisung ergibt sich hinsichtlich der Regelung zur sachlichen Zuständigkeit des Gemeindevollzugsdienstes (Punkt 3.1), dass der Kläger u.a. Kenntnisse in folgenden Bereichen aufzuweisen hat:

- Gemeindesatzungen und Polizeiverordnungen der Orts- und Kreispolizeibehörde- Vorschriften über das Halten und Parken und über die Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen- Vorschriften über das Verbot, Verkehrshindernisse zu bereiten oder Fahrzeuge unbeleuchtet abzustellen- Verkehrsverbote auf Feldwegen und sonstigen beschränkt öffentlichen Wegen- Überwachung von Durchfahrtsverboten- Vorschriften über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, über das Reinigen, Räumen und Streuen öffentlicher Straßen und über den Schutz öffentlicher Straßen- Vorschriften über das Meldewesen- Vorschriften über das Reisegewerbe und Marktwesen- Vorschriften über unzulässigen Lärm und das unnötige Laufenlassen von Fahrzeugmotoren- Vorschriften über das Verbot des Lagerns oder Ablagerns von Abfällen- Vorschriften zur Bewirtschaftung und Pflege von Grundstücken- Vorschriften über das Betreten der freien Landschaft und geschlossenen Rebenbaugebiete- Vorschriften über den Nachweis der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei- Vorschriften über Anschläge und unerlaubtes Plakatieren- Vorschriften über die Belästigung der Allgemeinheit- Vorschriften über das Halten gefährlicher Tiere

Aus den Regelungen zur erweiterten sachlichen Zuständigkeit in der Dienstanweisung (Punkt 3.2) ergibt sich, dass der Kläger polizeiliche Vollzugsaufgaben wahrzunehmen hat und insoweit Kenntnisse zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV), der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und des Landesordnungswidrigkeitengesetzes (LOWiG) haben muss.

Da der Kläger unstreitig die in der Arbeitsbeschreibung vom 25.11.2013 aufgeführten Tätigkeiten ausübt, ist zu unterstellen, dass er die sich aus der Stellenbeschreibung (Bl. 22 d.A.) und der Dienstanweisung (Bl. 13 f. d.A.) ergebenden Vorschriften und Gesetze tatsächlich kennen muss. Angesichts der großen Anzahl und des breiten inhaltlichen Spektrums der nötigen Kenntnisse ist von dem Erfordernis gründlicher und vielseitiger Kenntnissen auszugehen. Unschädlich ist hierbei, dass der Kläger nicht die kompletten Regelwerke kennen muss und es jeweils auf einzelne Regelungen dieser Normkomplexe im Arbeitsalltag des Klägers ankommt. Auch ohne, dass er die Vorschriften vollständig kennen muss, handelt es sich um eine hinsichtlich des Umfangs und der inhaltlichen Breite beachtliche Menge von Vorschriften, angesichts derer die Tarifmerkmale „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ gegeben sind.

(2) „Selbständige Leistungen“

(a) Das Tarifmerkmal „selbständige Leistungen“ erfordert ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative, wobei eine leichte geistige Arbeit diese Anforderungen nicht erfüllen kann. Das Tätigkeitsmerkmal „selbständige Leistungen“ erfordert ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schneller ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG, Urteil vom 22.04.2009, Az.: 4 AZR 166/08, juris Rn. 27; BAG, Urteil vom 21.03.2012, Az.: 4 AZR 266/10, juris Rn. 42).

Zur Erfüllung der tariflichen Anforderungen reicht es aus, wenn selbständige Leistungen innerhalb des Arbeitsvorganges in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Eine Bestimmung eines konkreten Prozentsatzes, bei dem das tarifliche Merkmal in rechtserheblichem Ausmaß vorliegt, ist nicht geboten (BAG vom 21.03.2012 a.a.O. Rn. 43). Von selbständigen Leistungen in rechtserheblichem Ausmaß ist dann auszugehen, wenn ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte.

(b) Gemessen an diesen Maßstäben des Bundesarbeitsgerichts ist vorliegend unter Erfüllung des tariflichen Merkmals „selbständige Leistungen“ auszugehen. Hierbei berücksichtigte die Kammer zunächst den Inhalt der Stellenbeschreibung sowie der Dienstanweisung. In der Stellenbeschreibung (Bl. 22 d.A.) heißt es unter der Überschrift „sonstige Erklärungen über Art und Umfang der Tätigkeiten (besondere Anforderungen an den Arbeitsplatz)“ u.a.:

„Die Tätigkeit findet überwiegend im Außendienst statt. Die Kontrolltätigkeit bringt es mit sich, dass man sich schnell auf unterschiedliche Situationen und Rechtslagen einstellen muss und die richtigen Maßnahmen ergriffen werden.“

[Hervorhebung in fett erfolgte nachträglich]

In der Dienstanweisung vom 12.12.2012 (Bl. 11 ff. d.A.) heißt es unter der Überschrift „Allgemeine Befugnisse“ (Punkt 4):

„4.1 Gemeindevollzugsbedienstete haben im Rahmen der ihnen übertragenen polizeilichen Aufgaben durch Streifengänge und - Fahrten, Kontrollen, Beobachtungen, Feststellungen, Hinweisen, Belehrungen und Ermahnungen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (präventive Tätigkeit) und bereits eingetretene Störungen zu beseitigen bzw. zu beendigen (repressive Tätigkeit); § 1 Abs. 1 PolG. Soweit möglich ist an Ort und Stelle auf die Behebung des polizeiwidrigen Verhaltens oder Zustands hinzuwirken. Dabei gilt das Opportunitätsprinzip (§ 3 PolG); das Einschreiten und die Art der zu treffenden Maßnahmen liegen im pflichtgemäßen Ermessen...

4.2 Den Gemeindevollzugsbediensteten obliegt im Rahmen ihrer polizeilichen Zuständigkeit gemäß § 1 Abs. 2 PolG, 53 Abs. 1 OWiG bzw. als Außendienstmitarbeiter der Bußgeldbehörde gemäß § 35, 47 OWiG nach pflichtgemäßem Ermessen die Erforschung von Ordnungswidrigkeiten; es gilt also auch hier das Opportunitätsprinzip“.

[Hervorhebungen in fett erfolgten nachträglich]

Aus diesen Regelungen zu den Aufgaben und Befugnissen folgt, dass dem Kläger bei Ausübung seiner Tätigkeit ein Ermessens- und Entscheidungsspielraum zukommt. Unstreitig hat er bei Streifengängen auf Auffälligkeiten jeder Art (Störungen der Sicherheit und Ordnung) zu reagieren. Hierbei hat er abzuwägen, ob ein Eingriff erforderlich ist, welche Maßnahmen in Betracht kommen und zu entschließen, welche von gegebenenfalls mehreren Maßnahmen er ergreift.

Im Bereich es Ordnungswidrigkeitenrechts hat der Kläger unstreitig die Möglichkeit, Verwarngelder bis zur Höhe von 55,00 EUR zu verhängen. Auch insoweit kommt ihm ein Entscheidungsspielraum zu.

Auch wenn zwischen den Parteien die Reichweite der Entscheidungsbefugnisse des Klägers bei Geschwindigkeitsmessungen streitig ist, verbleibt auch nach dem Vortrag der Beklagten dem Gemeindevollzugsdienst ein gewisser Entscheidungsspielraum, wo genau die Geschwindigkeitsmessung erfolge, sofern der Kläger im Auftrag für Bußgeldbehörden, Melde- und Ausländerbehörde, Ermittlungen wahrnimmt, hat er unstreitig einen Spielraum hinsichtlich der Frage, wie er die Ermittlungen wahrnimmt, d.h. welche konkreten Ermittlungsmaßnahmen er ergreift.

Insgesamt geht die Kammer unter Berücksichtigung der Stellenbeschreibung und Dienstanweisung sowie der Angaben der Parteien im Kammertermin vom 12.11.2014 davon aus, dass der Kläger selbständige Leistungen in erheblichem Umfang zu erbringen hat. Hierbei berücksichtigte sie, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Erfüllung des Tarifmerkmals entscheidend ist, dass zu Beginn der Tätigkeit die Fähigkeit, der qualitativen Anforderungen gerecht zu werden, allgemein bereitgehalten werden muss, weil sie nach der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung jederzeit, wenn auch in einem nicht vorhersehbaren Umfang, eingesetzt werden muss (BAG, Urteil vom 21.03.2012, a.a.O., Rn. 43). Insoweit ist insbesondere zu beachten, dass der Kläger hinsichtlich der Überprüfung der Einhaltung ordnungs- und sicherheitsrechtlicher Vorschriften einen umfassenden Auftrag hat und - wie sich aus der Stellenbeschreibung ergibt - sich schnell auf unterschiedliche Situationen und Rechtslagen einstellen und die richtigen Maßnahmen ergreifen muss.

Nach alledem erfüllt der Kläger die in Rede stehenden tariflichen Merkmale und kann eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 verlangen.

c) Der Kläger hat einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8, Stufe 2 TVöD (VKA). Im Hinblick auf die zutreffende Einstufung innerhalb der Entgeltgruppe ist die Regelung des § 16 TVöD zu berücksichtigen. Nach Absatz 2 dieser Regelungen werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahren von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. § 16 Abs. 3 regelt, dass die Beschäftigten die Stufe 3 nach zwei Jahren ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe in der Stufe 2 erreichen.

Ausgehend von diesen Vorgaben kann der Kläger vorliegend eine Einstufung in die Stufe 2 der Entgeltgruppe 8 verlangen. Da er bereits über acht Jahre im freiwilligen Polizeidienst bei der Polizeidirektion F. tätig war und die Beklagte dies durch Anrechnung eines vollen Berufsjahres berücksichtigte, erscheint dies auch im Hinblick auf die zutreffende Entgeltgruppe 8 sachgerecht.

d) Unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist gemäß § 37 TVöD und der schriftlichen Geltendmachung des Klägers am 31.10.2012 kann er die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 Stufe 2 rückwirkend zum 01.05.2012 verlangen.

3. Der Kläger hat Anspruch auf die Verzinsung rückständiger Differenzbeträge. Dieser Anspruch ergibt sich aufgrund Verzugs nach § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

4. Soweit die Klage auf eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8, Stufe 3 gerichtet ist, war sie abzuweisen. Der Klage lässt sich nicht schlüssig entnehmen, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Einstufung gegeben sind. Dass der Kläger bereits ununterbrochen eine Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 8 Stufe 2 über einen Zeitraum von zwei Jahren ausübt (§ 16 Abs. 3 TVöD), ist nicht ersichtlich. Die maßgebliche Stellenbeschreibung stammt aus dem Jahr 2013, die Dienstanweisung gilt erst ab 2013.

5. Der Beklagten war kein Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Klägers vom 07.11.2014, welcher dem Beklagtenvertreter am selben Tag zugegangen ist, einzuräumen gem. § 283 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Die Beklagte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zum Inhalt des Schriftsatzes im Kammertermin vom 12.11.2014. Auf den Vortrag des Klägers zum Umfang seiner Entscheidungsbefugnisse beim Einsatz mobiler Messgeräte kam es nicht streitentscheidend an. Daher bedurfte es insoweit keiner Gelegenheit zur Erwiderung nach interner Rücksprache bei er Beklagten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 ZPO. Die Kosten waren entsprechend dem anteiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien zu verteilen.

III.

Der Rechtsmittelstreitwert beläuft sich auf 8.725,08 EUR. Hierbei wurde gem. § 9 ZPO von dem 42-fachen Betrag der Differenzvergütung zwischen der Entgeltgruppe 6, Stufe 3 und der Entgeltgruppe 8, Stufe 3 TVöD (VKA) ausgegangen.

IV.

Da Berufungszulassungsgründe i.S.d. § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen, war die Berufung nicht gesondert zuzulassen. Die Statthaftigkeit der Berufung bleibt hierdurch unberührt.

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