SG Fulda, Beschluss vom 03.06.2015 - S 4 SF 58/14 E
Fundstelle
openJur 2015, 10805
  • Rkr:

1. Unterliegt ein Sachverständiger der Umsatzsteuerpflicht, fällt Umsatzsteuer auch auf die Bestandteile seiner aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung an, die lediglich Auslagenersatz darstellen (etwa §§ 7, 8 JVEG).

2. Dies gilt auch dann, wenn die Auslagen für Leistungen eines Dritten entstanden sind, die selbst nicht der Umsatzsteuer unterliegen (etwa Porto gem. § 4 Nr. 11b UStG).

3. Daher ist dem umsatzsteuerpflichtigen Sachverständigen diese Umsatzsteuer gem. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG zu ersetzen.

Tenor

1.Die Vergütung des Antragstellers im Verfahren S 11 KR 500/13 wird auf 50,10 EUR festgesetzt.2.Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde durch Beweisanordnung des SG Fulda vom 27. Mai 2014 im Verfahren S 11 KR 500/13 zum Sachverständigen bestellt. Nachdem er infolge des Studiums der übersandten Verfahrensakten festgestellt hatte, dass die Expertise eines anderen Sachverständigen erforderlich war, teilte er dies dem Gericht mit und bat um die Entbindung von dem Gutachtenauftrag, verbunden mit der Benennung eines anderen, durch den Antragsteller selbst vorgeschlagenen Gutachters. Die Vorsitzende der 11. Kammer des SG Fulda folgte dieser Anregung, woraufhin der Antragsteller unter dem 9. Juli 2014 die bis zu seiner Auftragsentbindung angefallene Vergütung wie folgt in Rechnung stellte:

0,5 Std. Aktenbearbeitung   37,50 EURPorto für Akten- und Weiterleitung an den neu benannten Sachverständigen    4,60 EUR        42,10 EURUmsatzsteuer (aus 42,10 EUR)    8,00 EUR        50,10 EURDer Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Vergütung mit Ausnahme der geltend gemachten Umsatzsteuer antragsgemäß fest; Letztere gewährte er lediglich bezogen auf einen Vergütungsbetrag von 37,50 EUR, also in Höhe von 7,13 EUR.

Hiergegen wandte der Antragsteller zunächst unter dem 14. August 2014 ein, dass die Versendung von Unterlagen eine klassische Dienstleistung des Freiberuflers außerhalb der kurativen Tätigkeit des Arztes darstelle und daher „immer“ der Mehrwertsteuerpflicht unterliege. Im Übrigen gelte dies im vorliegenden Fall auch deshalb, weil die Gutachtenerstellung selbst umsatzsteuerpflichtig sei. Dem sei auch in der Rechtsprechung der Gerichte Rechnung getragen worden.

Hierauf hielt der Urkundsbeamte an seiner Vergütungsfestsetzung fest und verwies darauf, dass die gemachten Portoaufwendungen gemäß § 4 Nr. 11b UStG selbst nicht der Umsatzsteuer unterlägen, so dass sie entsprechend auch nicht erstattet werden könne.

Hierauf hat der Antragsteller mit Datum vom 4. September 2014 Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt. Zur Begründung hat er verschiedene Dokumente vorgelegt, darunter die Stellungnahme der Bezirksrevisorin bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 20. Januar 2003 im Verfahren ZSEG 1/03. Darin führte diese aus, dass Portoauslagen nicht als „durchlaufende Posten“ i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 5 UStG angesehen werden könnten. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Oldenburg vom 1. April 1993 (2 U 190/90) werde an der früheren Auffassung, dass etwaige Mehrwertsteuer auf Portoauslagen nicht zu berücksichtigen seien, nicht mehr festgehalten.

Weiterhin hat der Antragsteller ein Schreiben einer Steuerberatungsgesellschaft vom 6. August 2001 vorgelegt, in dem diese gegenüber einem anderen Sachverständigen darauf hinweist, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht in mehrere Leistungen aufgeteilt werden dürfe. Nach diesem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung teile eine etwaige Nebenleistungen umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung.

Gleichzeitig reichte der Antragsteller ein Schreiben des Finanzamts Darmstadt vom 17. August 2010 an einen weiteren Sachverständigen zur Akte. Darin setzt sich das Finanzamt ebenfalls mit der Frage des Zusammenhangs von Haupt- und Nebenleistung auseinander und qualifiziert insofern Portokosten als Nebenleistungen in Bezug auf die Hauptleistung in Form der Erstellung des Gutachtens, die entsprechend dessen umsatzsteuerliches Schicksal teilten. Demzufolge sei Umsatzsteuer „mithin auch auf Portokosten zu berechnen, wenn die Hauptleistung steuerpflichtig ist“.

Die Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Vergütung im Verfahren S 11 KR 500/13 entsprechend der Rechnung vom 9. Juli 2014 unter Einschluss der geltend gemachten Mehrwertsteuer für verauslagte Portokosten festzusetzen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

die Vergütung entsprechend dem Vorgehen des Urkundsbeamten auf 49,23 EUR festzusetzen.

Zur Begründung führt die Vertreterin der Staatskasse unter Bezugnahme auf den Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. März 2015 (L 8 SF 99/13 E) aus, dass die gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG zu erstattende Umsatzsteuer keine solche auf Portoauslagen für Universaldienstleistungen der Postdienste umfasse, da diese gemäß § 4 Nr. 11b UStG umsatzsteuerfrei seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der gemäß § 4 Abs. 1 JVEG zulässige Antrag auf richterliche Festsetzung der Sachverständigenvergütung führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Festsetzung der Vergütung entsprechend dem Begehren des Antragstellers unter Einschluss von Umsatzsteuer auf verauslagte Portoaufwendungen. Dieser Anspruch folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 JVEG haben Sachverständige Anspruch auf Vergütung, die der Gesetzgeber in vier Kategorien gegliedert hat:

1.    Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG),2.    Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG),3.    Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie4.    Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen(§§ 7 und 12 JVEG).Alle vier Kategorien werden unter dem einheitlichen Begriff der „Vergütung“ zusammengefasst.

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG wird demnach als „besondere Aufwendungen“ „die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer“ ersetzt (soweit diese nicht nach § 19 Abs. 1 UStG [Regelung für Kleinunternehmer] unerhoben bleibt, was im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist). Folglich kann der Antragsteller nur dann die geltend gemachte Umsatzsteuer ersetzt verlangen, wenn die verauslagten Portokosten einerseits Teil der Vergütung im Sinne des § 8 Abs. 1 JVEG sind (sogleich a) und andererseits (auch) hierauf Umsatzsteuer entfällt (im Folgenden unter c). Beides ist der Fall.

a) Es entspricht, soweit ersichtlich, allgemein verbreiteter Praxis, die den gerichtlichen Sachverständigen anfallenden Portokosten als Teil ihrer Vergütung zu ersetzen (s. etwa aus jüngster Zeit SächsLSG, Beschl. v. 10. März 2015 – L 8 SF 99/13 E –, juris); BayLSG, Beschl. v. 10. März 2015 – L 15 RF 5/15 –, juris Rn. 81 ff., das sogar insoweit eine Pauschale gewährt). Umstritten ist dies hingegen für Aufwendungen für Verpackung: Diese sollen nach dem Beschluss etwa des HessLSG vom 27. Februar 2007 (L 2 SF 112/05 P, juris Rn. 34) als Teil der Gemeinkosten nicht separat erstattungsfähig sein, während jüngst das BayLSG (ebd., juris Rn. 82) dem ausdrücklich entgegentritt unter Verweis darauf, dass dies nur dann gelten könne, wenn auch das Porto zu den Gemeinkosten zu rechnen sei, wovon allerdings auch das Hessische Landessozialgericht im zitierten Beschluss selbst nicht ausgehe.

In der Tat wäre Letzteres eine am Gesetzeswortlaut orientierte, konsequente und in sich schlüssige Vorgehensweise, da der Gesetzgeber in das JVEG insbesondere keine Pauschale zur Abgeltung gemachter Portoaufwendungen aufgenommen und solche auch nicht auf andere Weise ausdrücklich als Teil der „Vergütung“ definiert hat. Vielmehr hat er in § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG vorbehaltlich einer anderweitigen Festlegung im JVEG selbst als Grundsatz normiert, dass „mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten“ sein sollen. Da es selbstverständlich zu den Pflichten des Sachverständigen gehört, ein schriftlich erstelltes Gutachten einschließlich der Verfahrensakten an das Gericht (postalisch) zu übermitteln, läge es auf der Basis dieser gesetzgeberischen Entscheidung nicht fern, Portokosten für dessen Übersendung an das Gericht, wie sie typischerweise anfallen, als Teil der Gemeinkosten und somit nicht separat als erstattungsfähig anzusehen (folgerichtig daher Binz, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 7 JVEG Rn. 5; anders aber etwa: Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 12 JVEG Rn. 5).

Die Kammer sieht einerseits generaliter keinen Grund, von der herkömmlichen, in der Rechtsprechung wohl als communis opinio zu bezeichnenden Auffassung abzuweichen, die Portokosten als erstattungsfähig anzusehen (auf welcher Grundlage auch immer, s. sogleich b); dies gilt andererseits im konkreten Einzelfall auch deshalb, weil die geltend gemachten Portokosten für eine Weiterleitung der Akten an einen anderen Sachverständigen wegen Änderung der Sachverständigenauswahl aufgewandt wurden, was nicht zu den „üblichen Gemeinkosten“ gehören dürfte.

23b) Folge des (im untechnischen Sinne) lediglich „gewohnheitsrechtlich“ anerkannten Ersatzanspruchs ist jedoch, dass keineswegs einheitlich erklärt wird, auf welcher Norm dieser Anspruch beruht. Da er weder Honorar noch Fahrtkostenersatz betrifft, kommen die §§ 7 oder 12 JVEG in Betracht; beides wird auch in jüngerer Zeit vertreten:

Das BayLSG (Beschl. v. 10. März 2015 – L 15 RF 5/15 –, juris Rn. 79) zieht § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG heran, ebenso Hartmann (Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 12 JVEG Rn. 5), der aber Porto auch unter § 7 JVEG für erstattungsfähig hält (ebd. § 7 Rn. 13), sowie Meyer/Höfer/Bach/Oberlack (JVEG, 26. Aufl. 2014, § 12 Rn. 3).

Offen lassen die Rechtsgrundlage etwa das LSG NW (Beschl. v. 20. Februar 2015 – L 15 KR 376/14 B –, juris) oder das LSG Ba.-Wü. (Beschl. v. 14. Januar 2014 – L 12 KO 4491/12 B –, juris).

Mehrheitlich dürfte aber § 7 JVEG als Anspruchsgrundlage angesehen werden, so etwa von dem ThürLSG (Beschl. v. 16. März 2015 – L 6 JVEG 140/15 –, juris Rn. 11), ThürOLG (Beschl. v. 1. August 2014 – 7 U 405/12 –, juris Rn. 17), OLG Frankfurt (Beschl. v. 17. August 2011 – 2 Ws 111/11 –, juris Rn. 10), sowie dem Kammergericht (Beschl. v. 14. Januar 2009 – 1 Ws 359/08 –, juris Rn. 10), dem SG Karlsruhe (Beschl. v. 6. Februar 2015 – S 1 SF 381/15 E –, juris Rn. 13) sowie dem VG Halle/Saale (Beschl. v. 21. Juli 2014 – 5 A 162/13 –, juris Rn. 28); ebenso Binz (in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 7 JVEG Rn. 5, mit der dargelegten Einschränkung) und Weglage (Die Vergütung des Sachverständigen, 3. Aufl, 2014, S. 96). Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an, da Portoauslagen schon begrifflich keine „besonderen“ Aufwendungen darstellen. Vielmehr kommen Portokosten nur als bare Auslagen im Zusammenhang mit einer Gutachtenerstattung in Betracht, die in §§ 5, 6 und 12 JVEG keine eigene Erwähnung finden und daher gem. § 7 Abs. 1 S. 1 JVEG durch die Staatskasse „ersetzt“ werden. Auf der Basis dieser Norm hat der Urkundsbeamte die durch den Antragsteller geltend gemachten 4,60 EUR für Porto als Vergütung festgesetzt.

Der gesetzgeberischen Klassifikation nach sind die Ansprüche nach § 7 JVEG (und auch § 12 JVEG) ungeachtet des Oberbegriffs der „Vergütung“ Aufwendungsersatzansprüche, die einerseits für „sonstige“, andererseits für „besondere“ Aufwendung gewährt werden. Legt man diesen Begriff ohne steuerrechtliche Konnotation zugrunde, gelangt man ohne Weiteres dazu, dass nur diese Ausgaben als alleinige Aufwendungen „ersetzt“ werden, die der Sachverständige auch tatsächlich hatte. Beauftragt er etwa einen Boten mit der Übermittlung des Gutachtens und stellt dieser dem Sachverständigen dann eine Rechnung unter Ausweisung von Umsatzsteuer, muss der Sachverständige diese begleichen und kann den Gesamtbetrag – nunmehr incl. Umsatzsteuer – auch als eigene tatsächliche Aufwendung (gem. § 7 Abs. 1 S. 1 JVEG) von der Staatskasse ersetzt verlangen. Nimmt er hingegen einen nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Transportdienstleister in Anspruch, können insoweit auch keine Umsatzsteueraufwendungen ersetzt werden. Somit ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass durch § 7 Abs. 1 S. 1 JVEG nur tatsächliche entstandene Auslagen erfasst werden, hier für den Antragsteller also das Porto ohne Umsatzsteuer, denn solche ist auf diese Auslage gem. § 4 Nr. 11b UStG nicht angefallen.

Insofern leuchtet der lapidare Satz des SächsLSG im Beschluss vom 10. März 2015 (L 8 SF 99/13 E –, juris Rn. 11),

„Für das Porto ist keine Umsatzsteuer zu ersetzen, weil dieses als Vergütung für eine Universaldienstleistung der Postdienste nach § 4 Nr. 11b des Umsatzsteuergesetzes umsatzsteuerbefreit ist.“,

auf den die Vertreterin der Staatskasse hingewiesen hat, zunächst unmittelbar ein. Denn in der Tat hatte der Antragsteller keine tatsächlichen (baren) Umsatzsteuerauslagen als Porto-Aufwendungen, die es gem. § 7 Abs. 1 S. 1 JVEG zu „ersetzen“ gälte.

Damit ist aber nicht geklärt, welche steuerrechtlichen Folgen dieser Aufwendungsersatz als Teil der Sachverständigenvergütung im Sinne des § 8 Abs. 1 JVEG und damit „Umsatz“ auf Seiten des Antragstellers als Steuerschuldner gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG auslöst. Indem das SächsLSG an der zitierten Stelle die Befreiung des Postdienstleisters von der Umsatzsteuer gem. § 4 Nr. 11b UStG im Verhältnis zum Postkunden (hier dem Antragsteller) gleichsetzt mit der Befreiung auch des Antragstellers von der diesbezüglichen Umsatzsteuer in dessen Umsatzverhältnis zum Land Hessen als Antragsgegner, missachtet es die unterschiedliche gesetzgeberische Bewertung dieser verschiedenen Sachverhalte.

c) Gem. § 1 Abs. 1 UStG unterliegen „Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt“, der Umsatzsteuer. Dass der Antragsteller als Sachverständiger Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist (ohne Kleinunternehmer zu sein, § 19 UStG), steht ebenso außer Streit wie die Gutachtenerstattung für das Gericht als sonstige Leistung im Sinne des § 3 UStG.

Folglich ist für den vorliegenden Fall entscheidend, welche Geldbeträge im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit des Antragsstellers im Rahmen des Gutachtenauftrags für das SG Fulda im Verfahren S 11 KR 500/13 zur Bemessung der Höhe der Umsatzsteuer herangezogen werden, sprich: auf welche Teile der Vergütung im Sinne des § 8 Abs. 1 JVEG Umsatzsteuer zu zahlen ist.

Hierfür hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG bestimmt:

„Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1) und bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.“

Folglich ist als „Entgelt“ in diesem Sinne jegliche Zahlung anzusehen, die das Land Hessen als Rechtsträger des SG Fulda (vgl. Art. 92 Hs. 2 GG, §§ 1, 3 HessAGSGG) und damit Leistungsempfänger zahlen muss, um die Leistung des Antragstellers zu erhalten, also die gesamte Vergütung für die Gutachtenerstellung, wie sie durch das JVEG bindend vorgegeben ist. Denn durch den Gutachtenauftrag des Gerichts werden die Vergütungsansprüche nach dem JVEG zugunsten des Sachverständigen begründet (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG). Das Land Hessen, handelnd durch das Staatsorgan „Richter“, kann daher die Erstattung des Gutachtens nur verlangen unter der Bedingung, dass es bereit ist, sämtliche Ansprüche des Sachverständigen aus dem JVEG zu befriedigen. Dies bedeutet umgekehrt, dass das Land Hessen die Vergütung gem. § 8 Abs. 1 JVEG zahlt, um die Leistung in Form des Gutachtens zu erhalten (vgl. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG). Dass es im vorliegenden Fall nicht zu einer Erstattung des Gutachtens, sondern nach Aktensichtung nur zur Weiterleitung an einen andern Sachverständigen kam, ändert an dieser grundsätzlichen Konstellation nichts.

37Folglich hat der Gesetzgeber, indem er in § 10 Abs. 1 S. 2 UStG „alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten,“ zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer erklärt hat, die gesamte Sachverständigenvergütung i.S.d. § 8 Abs. 1 JVEG (mit Ausnahme der Umsatzsteuer [§ 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG] selbst) als steuerbaren Umsatz definiert. Indem dann diese Vergütung bei dem Sachverständigen als Umsatz entsteht, ist hierauf als „Entgelt“ im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 UStG Umsatzsteuer zu zahlen; dies gilt gänzlich unabhängig davon, ob es sich dabei um Honorar, Fahrtkostenersatz oder als Ersatz barer Auslagen handelt (ebenso OLG Oldenburg, JurBüro 1994, S. 179 [179]; dem folgend Meyer/Höfer/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 12 Rn. 27). Dies bewertet insbesondere Hartmann anders (Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 12 JVEG Rn. 17), der insofern davon ausgeht, dass auf umsatzsteuerfreies Porto keine Umsatzsteuer gem. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG erstattet werde, da es sich um eine „bloße Auslage“ handele. Er verkennt dabei aber die zuvor dargelegt unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Bewertung des Verhältnisses zwischen dem Antragsteller und dem Postdienstleister einerseits und dem Antragsteller zur Staatskasse andererseits.

Richtig ist, dass der Antragsteller die hier streitige Umsatzsteuer aus der Staatskasse nicht als eigene tatsächliche bare Auslage gem. § 7 Abs. 1 S. 1 JVEG ersetzt erhält, die er aufgrund der Umsatzsteuerbefreiung des Postdienstleisters gar nicht hatte. Vielmehr erhält er sie gem. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG, weil die Umsatzsteuer aufgrund § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG auf den „Erstattungsumsatz“ der Portoauslagen anfällt, der Antragsteller sie gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG schuldet und dies gem. § 18 UStG gegenüber der Finanzverwaltung anzumelden hat.

39Diese Umsatzsteuerpflicht hängt somit nicht davon ab, ob die Porto-Auslagen, die der Antragsteller als Unternehmer gegenüber dem Postdienstleister aufwenden musste, selbst der Umsatzsteuer unterliegen. Denn die Umsatzsteuerpflicht setzt nicht an der Besteuerung oder Steuerfreiheit der Drittleistung an, sondern am Entgelt-Umsatz bei dem Sachverständigen für seine Leistung – (auch) in Form des Auslagenersatzes gem. § 7 JVEG.

Trotz der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung betreffend die Portoerstattung ist diese umsatzsteuerliche Bewertung in verschiedenen Konstellationen herausgearbeitet worden. So hat etwa das OVG Lüneburg im Beschluss vom 1. Februar 2010 (13 OA 170/09, juris Rn. 10) unter Hinweis auf § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG ausgeführt, dass auch die Erstattung der Aktenversendungspauschale gem. Nr. 9003 KV GKG an einen Rechtsanwalt der Umsatzsteuer unterliegt, obwohl diese natürlich durch die Gerichte selbst umsatzsteuerfrei in Rechnung gestellt wird. Ebenso geht jüngst Hansens (RVGReport 2015, S. 167 ff.) ohne Weiteres davon aus, dass gerichtlich festgesetzte, umsatzsteuerfreie Zustellungsauslagen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, wenn Sie zur Rechtsanwaltsvergütung gehören, es sei denn, sie stellen nur so genannte „durchlaufende Posten“ dar, die gem. § 10 Abs. 1 S. 6 UStG nicht zum Entgelt gehören. Um solche handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen Portoauslagen aber gerade nicht (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 17. August 2011 – 2 Ws 111/11 –, juris Rn. 10, unter Bezugnahme auf KG, Beschl. v. 14. Januar 2009, Az. 1 Ws 359/08, juris Rn. 10 mit zahlreichen Nachweisen; OLG Oldenburg, JurBüro 1994, S. 179 [179] m.w.Nw.). Denn die Portoauslagen verausgabt ein Sachverständiger wie hier der Antragsteller in eigenem Namen.

Dabei kommt es daher auch nicht auf den Zusammenhang zwischen Gutachtenerstattung und Portoaufwendungen als Haupt- bzw. Nebenleistung an. Dies wäre nur dann relevant, wenn die Übersendung des Gutachtens bzw. der Akten eine Leistung wäre, die umsatzsteuerrechtlich dem Grunde oder der Höhe nach anders als die Gutachtenerstattung selbst zu behandeln wäre. Nur dann stellte sich die Frage nach einer etwaigen Abgrenzung der beiden Leistungsteile. Da aber sowohl der Aufwendungsersatz für das Porto wie auch das Honorar „Entgelt“ im Sinne des § 10 Abs. 1 UStG mit demselben auf sie anzuwendenden Steuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG darstellen, unterliegen sie denselben steuerrechtlichen Vorschriften, was eine Abgrenzung insoweit obsolet macht.

d) Aus diesen Gründen stellt sich auch die Erstattung der Portoauslagen unabhängig von deren Umsatzsteuerbefreiung als Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 UStG dar, so dass hierauf gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG durch den Antragsteller zu zahlen ist. Diese ist ihm folglich gem. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG in Höhe von 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§ 12 Abs. 1 UStG), zu der auch die angefallenen Portoauslagen gehören, zu erstatten.

2. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

3. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der in der Rechtsprechung umstrittenen Rechtsfrage des Umsatzsteuererstattungsanspruchs auf umsatzsteuerfrei angefallene Auslagen war die Beschwerde zuzulassen (§ 4 Abs. 3 JVEG).

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