VG München, Urteil vom 24.02.2015 - M 5 K 13.1093
Fundstelle
openJur 2015, 10604
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 1956 geborene Kläger steht als Beamter der dritten Qualifikationsebene (Besoldungsgruppe A 11) in Diensten des Beklagten und ist seit dem 16. Mai 2006 bei der Immobilien Freistaat Bayern (IFB) tätig. Seit 1. September 2007 wird er innerhalb der Regionalvertretung ... im dortigen Sachgebiet ... (Grundbesitzverwaltung) eingesetzt. In seiner periodischen Beurteilung vom ... Dezember 2012 für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2009 - 31. Mai 2012 erzielte der Kläger 9 Punkte. Die Beurteilung wurde ihm gegen Unterschrift am ... Dezember 2012 eröffnet.

Mit Telefax vom 14. März 2013 hat der Kläger Klage erhoben und zuletzt beantragt,

die dienstliche Beurteilung vom ... Dezember 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.

Die Beurteilung sei nicht ausreichend plausibilisiert worden. Dem Kläger sei bei der Eröffnung nichts zur Beurteilung mitgeteilt worden. Der Beurteiler habe aber die Grundlagen seiner Beurteilung und die tragenden Gründe in einer Weise offenzulegen, dass sie gerichtlich überprüfbar seien.

Demgegenüber hat die Immobilien Freistaat Bayern für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei der dienstlichen Beurteilung handele es sich um ein vergleichendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil des Dienstvorgesetzten, der dieses im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraumes unter Beachtung allgemein gültiger Beurteilungsrichtlinien und Bewertungsmaßstäbe abzugeben habe. Dieser Maßgabe entspreche die vorliegende Beurteilung. Sie bewege sich innerhalb der Beurteilungsermächtigung. Gründe, die dies in Frage stellten, seien weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

In den mündlichen Verhandlungen am 20. Mai 2014 und am 24. Februar 2015 wurden der Beurteiler K., der Geschäftsführer der Immobilien Freistaat Bayern, die Bereichsleiterin H. der Regionalvertretung ... in der Funktion der unmittelbaren Vorgesetzten sowie R. als Leiter der Regionalvertretung ... zum Zustandekommen der dienstlichen Beurteilung des Klägers vom ... Dezember 2012 als Zeugen vernommen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschriften vom 20. Mai 2014 und 24. Februar 2015 verwiesen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Ergebnisses der hier vorgenommenen Beweisaufnahme.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom ... Dezember 2012 für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2009 - 31. Mai 2012 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Beurteilung vom ... Dezember 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - analog, da einer dienstlichen Beurteilung keine Verwaltungsaktqualität zukommt).

1. Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1965 - II C 146.62 - BVerwGE 21, 127/129; U.v. 26.6.1980 - 2 C 8/78 - BVerwGE 60, 245 st. Rspr.). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherren zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherren vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (BVerwG, U.v. 11.1.1999 - 2 A 6/98 - ZBR 2000, 269). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherren in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die streitgegenständliche Beurteilung rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Zugrunde zu legen sind vorliegend die Art. 54 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG), die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 18.11.2010 / VV-BeamtR, FMBl. S. 264, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung - materielle Beurteilungsrichtlinien), sowie die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 13.12.2010, Az.: 22-P 1150-019-50 584/10, FMBl. S. 298).

b) Die Vorgaben dieser Bestimmungen sind eingehalten. Auch im Übrigen erweist sich die dienstliche Beurteilung als rechtsfehlerfrei.

aa) Die formellen Anforderungen wurden beachtet. Der Geschäftsführer K. der IFB hat die Beurteilung als zuständiger Beurteiler verantwortlich erstellt. Wie in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2014 sowie am 24. Februar 2015 von ihm dargelegt, wurden die vorgegebenen Verfahrensschritte zur Entwicklung der Beurteilungen, Erstellung von vorbereitenden Übersichten der beabsichtigten periodischen Beurteilungen (Ziff. 2.4.1 der zuletzt genannten Richtlinien) und die Vornahme eines Beurteilungsabgleichs durch den Geschäftsführer als Dienstvorgesetzten der IFB, dem das Staatsministerium der Finanzen zugestimmt hat (Ziff. 2.4.3 der vorgenannten Richtlinien), eingehalten.

Auch der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers wurde im weiteren Beurteilungsverfahren in der gemäß Ziff. 2.4.7.1 dieser Richtlinien vorgesehenen Weise beteiligt. Danach sind die erstellten Beurteilungen mit einer Stellungnahme des unmittelbaren Vorgesetzten zu versehen. Wer unmittelbarer Vorgesetzter ist, bestimmt sich nach der jeweiligen Organisationsstruktur. Die Regionalvertretung der IFB, in der der Kläger tätig ist, weist eine dreigliedrige Organisationsstruktur auf. Unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers ist der Leiter des dortigen Sachgebietes ..., weitere Vorgesetzte sind der Leiter des jeweiligen Bereichs sowie der Regionalvertretung. Nachdem die Stelle des Leiters des Sachgebietes ... - die Gegenstand eines Stellenbesetzungsverfahrens des Beklagten gewesen ist - zum Beurteilungsstichtag nicht besetzt war und die zuständige Bereichsleiterin kommissarisch mit der Wahrnehmung der Sachgebietsleitung betraut wurde, erfolgte die Ausarbeitung der dienstlichen Beurteilung auf der Ebene der Regionalvertretung unter Beteiligung und Mitzeichnung der zuständigen Bereichsleiterin, Frau H., richtlinienkonform.

Es liegt auch kein durchgreifender Mangel darin, dass bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung keine ausdrückliche Stellungnahme der früheren Sachgebietsleiter des Klägers - soweit diese Funktion innerhalb des Beurteilungszeitraumes ausgeübt wurde - eingeholt wurde. Eine derartige Pflicht zu einer förmlichen Stellungnahme besteht gemäß Ziff. 2.4.7.1 der vorgenannten Richtlinien nur für den zum Beurteilungsstichtag unmittelbaren Vorgesetzten. Frühere Vorgesetzte sollen nach Möglichkeit gehört werden, wenn ihr Einsatz auf dem früheren Dienstposten wenigstens 6 Monate betragen hat (vgl. Ziff. 10.1, Sätze 5 und 6 der materiellen Beurteilungsrichtlinien). Dem ist vorliegend in der Weise entsprochen worden, dass der Leiter der Regionalvertretung - wie er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - mit dem früheren Sachgebietsleiter Z. vor der Abgabe des Beurteilungsentwurfes der Regionalvertretung Gespräche über den Kläger geführt habe.

Auch soweit mit dem weiteren früheren Sachgebietsleiter E. keine derartigen Gespräche geführt worden wären - was der Leiter der Regionalvertretung erinnerlich für möglich hielt - würde dies keinen durchgreifenden Mangel bilden. Denn er hat ausgeführt, dass Herr E. seine Verantwortung als Sachgebietsleiter nicht wirklich wahrgenommen habe. Aufgrund dieser Einschätzung ist nicht ersichtlich, dass die Beteiligung von Herrn E. - so sie tatsächlich nicht erfolgt wäre - zu einem anderen Beurteilungsergebnis hätte führen können (VG München, U.v. 6.6.2014 - M 5 K 13.5729 - juris Rn. 21). Hinzu kommt, dass auch die Klagepartei selbst weder eine (weitergehende) Beteiligung von Herrn E. begehrt, noch deren Unterbleiben moniert hat.

bb) Auch die materiellen Anforderungen wurden eingehalten.

Erforderlich ist hierbei zunächst, dass der Beurteiler sich die notwendigen Kenntnisse über die Leistungen der zu beurteilenden Beamten im Beurteilungszeitraum verschaffen muss, weil nur so deren Leistungen zuverlässig beurteilt werden können. Nachdem der beurteilende Dienstvorgesetzte, der Geschäftsführer K. der IFB, den Kläger nicht aus seinem Arbeitsalltag aus eigener Anschauung kannte, musste er hierbei auf dessen Vorgesetzte in der Regionalvertretung ... zurückgreifen. Wie ausgeführt haben die zuständige Bereichsleiterin, Frau H. und der Regionalvertretungsleiter R. in gemeinsamer Abstimmung im Rahmen der Erstellung der vorbereitenden Übersichten einen Beurteilungsvorschlag mit einer Rangbildung innerhalb der Regionalvertretung dem Beurteiler zugeleitet. Nach Durchführung eines zentralen Abgleichs durch den Beurteiler und nach Billigung durch das Bayerische Staatsministerium für Finanzen wurden diese dann vom Beurteiler damit betraut, konkrete Beurteilungsentwürfe zu erstellen. Durch diese Vorgehensweise konnten alle bei den Vorgesetzten des Klägers innerhalb der Regionalvertretung München vorhandenen Kenntnisse und Eindrücke über dessen Tätigkeit und Aufgabenwahrnehmung in die Bewertung einfließen. Dabei wurden die einzelnen Regionalvertretungen mit Schreiben der Zentrale der IFB vom 7. Mai 2012 aufgefordert, die Beurteilungsentwürfe unter Beachtung der Bewertungshinweise im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen vom 27. Januar 2012 vorzubereiten. Es liegt noch in der Beurteilungskompetenz des Beurteilers, sich die so erstellten Beurteilungsentwürfe nach einer Überprüfung auf Stimmigkeit zu eigen zu machen und die Bewertung zu übernehmen und lediglich dann Rücksprache mit den Regionalvertretungen zu nehmen, wenn entweder eine Unstimmigkeit festgestellt oder von dem Entwurf inhaltlich abgewichen wird.

Schließlich hat die Zeugin H. - die angesichts der Vakanz der Stelle des Sachgebietsleiters zum Beurteilungsstichtag die Funktion des nächsten unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers wahrgenommen hat - nachvollziehbar und plausibel dargestellt, wie die Leistungseinschätzung des Klägers zustande gekommen ist und was maßgeblich dafür war, dass der Kläger im Gesamturteil um 2 Punkte unterhalb des Orientierungswertes für eine „gute Leistung“ von 11 Punkten gesehen wurde. Maßgeblich sei insoweit das Gesamtbild der Tätigkeiten eines zu beurteilenden Beamten gewesen. Bei dem Kläger sei spürbar gewesen, dass er sein Potential nicht ausschöpfe und sich nur quasi „mit angezogener Handbremse“ eingesetzt habe. Beispielsweise habe der Kläger nicht die Chance genutzt, seine Eigeninitiative und sein Engagement bei der Übergabe des als Prestigeobjekt angesehenen Objektes des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung in der Neuhauser Straße unter Beweis zu stellen. Teilweise habe es diesbezüglich auch Kritik von außen - nämlich von Seiten anderer Behörden - gegeben. Ein weiterer gravierender Umstand sei gewesen, dass der Kläger häufig die Arbeit und die Tätigkeiten anderer kommentiert, in Frage gestellt und kritisiert habe. Dies sei beispielsweise im Rahmen von E-Mails geschehen, die als „cc-Nachrichten“ an andere weitergeleitet worden seien. Dies habe den Umgang anderer, Vorgesetzter oder Kollegen, mit dem Kläger erschwert. Konsequenz dessen sei gewesen, dass andere Mitarbeiter demotiviert worden seien und die gedeihliche kollegiale Zusammenarbeit gelitten habe. Aufgrund dieses Verhaltens des Klägers musste - worauf die Vertreterin des Beklagten unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - seitens der Personalstelle unter Einbindung des Personalrates 1 - 2 Kritikgespräche mit dem Kläger im Beurteilungszeitraum geführt werden, in denen deutlich gemacht worden sei, dass dieses Verhalten nicht toleriert werde.

Darüber hinaus habe der Kläger an ihn gerichtete Arbeitsaufträge ebenfalls damit kommentiert, dass er vordringlich andere Aufgaben zu erledigen habe, was es erforderlich gemacht habe, zum Teil entsprechende Weisungen zu erteilen. Nach der insoweit glaubhaften Einschätzung der Zeugin H. habe sich sein Verhalten nicht so dargestellt, dass der Kläger dabei seine Erfahrung eingebracht habe, sondern so, dass er damit eher seine eigenen Aufgaben nicht wahrgenommen habe.

Diese Angaben belegen in nachvollziehbarer Weise, dass der Kläger seitens der Regionalvertretung ... um 2 Punkte im Gesamturteil unter dem Orientierungsschnitt von 11 Punkten gesehen wurde. Der Beurteiler K. hat sich diese Einschätzung zu Eigen gemacht und für die von ihm verantwortete Beurteilung übernommen. Letztlich ist der Kläger dieser Beurteilung auch nicht substantiiert entgegengetreten.

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).