Bayerischer VGH, Beschluss vom 19.05.2015 - 6 ZB 14.1841
Fundstelle
openJur 2015, 10490
  • Rkr:

Soldatenrecht; Soldat auf Zeit; Entlassung; Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer; Erstattung der Kosten eines Studiums (Betriebswirtschaftslehre); Besondere Härte; Teilweiser Verzicht auf Ausgleich der Ausbildungskosten; Ersparte Lebenshaltungskosten; Stundungszinsen

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. März 2014 – B 5 K 11.612 – wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 17.493,17 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, greifen nicht durch (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00NVwZ 2000, 1163/ 1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die Klägerin wurde aufgrund der von ihr am 14. Dezember 2000 abgegebenen Verpflichtungserklärung, 12 Jahre Dienst in der Bundeswehr zu leisten, mit Wirkung vom 5. Juni 2001 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und als Anwärterin für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes eingestellt. Ihre Dienstzeit wurde zunächst auf 6 Monate, dann stufenweise auf 4 Jahre, später auf 6 Jahre erhöht (Dienstzeitende: 30.6.2007). Zur Festsetzung der vollen Dienstzeit von 12 Jahren kam es nicht mehr. Mit ihrer militärischen Ausbildung war ein Studium der Betriebswirtschaftslehre verbunden, das die Klägerin am 1. Oktober 2004 an der Universität der Bundeswehr begann. Mit Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 15. November 2006 wurde sie – vor Erreichen eines Studienabschlusses – exmatrikuliert, nachdem sie ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beantragt hatte. Am 14. März 2007 wurde sie als Kriegsdienstverweigerer anerkannt und mit Ablauf des 5. April 2007 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen. Mit Leistungsbescheid vom 18. Juli 2008 bezifferte das Personalamt der Bundeswehr die durch das Studium entstandenen Kosten auf 29.312,27 € und setzte den von der Klägerin zu erstattenden Betrag auf 17.493,17 € fest, der zunächst bei Stundungszinsen von jährlich 4% gestundet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2011 wies es den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und ergänzte den Ausgangsbescheid mit Blick auf die aktuelle finanzielle Situation der Klägerin u.a. insoweit, als eine monatliche Teilzahlungsrate von 420 € festgesetzt wurde.

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage für unbegründet erachtet und abgewiesen. Es ist zum Ergebnis gelangt, dass der Leistungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtmäßig sei. Die Klägerin sei zur Erstattung des verlangten Betrags nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG verpflichtet. Die Beklagte habe im Rahmen der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG dem Umstand, dass die Entlassung der Klägerin aus dem Soldatenverhältnis auf ihrer Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beruhe, ausreichend Rechnung getragen; denn sie habe nicht die tatsächlichen Ausbildungskosten zurückverlangt, sondern den Rückforderungsbetrag darauf reduziert, was die Klägerin dadurch erspart habe, dass sie das Studium nicht auf eigene Kosten habe absolvieren müssen. Der Senat teilt die überzeugenden Erwägungen im angegriffenen Urteil, denen die Klägerin mit dem Zulassungsantrag nichts Stichhaltiges entgegensetzt, das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte.

Gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag als entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten. Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin erfüllt. Denn sie wurde vor Ablauf der eingegangenen Verpflichtungszeit entlassen, nachdem sie als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden war; das gilt gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SG als Entlassung auf eigenen Antrag. Dass sie das mit ihrer militärischen Ausbildung verbundene Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule der Bundeswehr unmittelbar nach Stellen des Anerkennungsantrags abbrechen musste und – dort – nicht beenden konnte, schließt die Erstattungspflicht nicht aus (vgl. Sohm in Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 20 und § 46 Rn. 102). Nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Die Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG dahin auszulegen, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihres Studiums nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Ausbildung für ihr weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist; Art. 4 Abs. 3 GG fordert, dass diese Reduzierung zu dem Betrag führt, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart hat, dass die Bundesrepublik Deutschland den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die ihm in seinem weiteren Berufsleben von Nutzen sind, finanziert hat (BVerwG, U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 15 und 17).

Das Verwaltungsgericht ist diesen Grundsätzen gefolgt und mit überzeugenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die Härtefallregelung ohne Rechtsfehler angewendet hat. Die Einwände, die der Zulassungsantrag dem erstinstanzlichen Urteil entgegenhält, begründen keine ernstlichen Zweifel.

a) Der Einwand, die Beklagte habe die auf die Klägerin entfallenden tatsächlichen Kosten des Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der Universität der Bundeswehr fehlerhaft berechnet, kann nicht überzeugen.

Die Klägerin hält die zugrunde liegende Kostenermittlung vom 31. März 2008, mit der die Kosten des vom 1. Oktober 2004 bis zum 16. November 2006 absolvierten Studiums auf 29.312,27 € beziffert worden sind, für nicht nachvollziehbar; zum einen sei es bereits methodisch fehlerhaft, die Gesamtkosten inklusive der Fixkosten durch die Anzahl der Studierenden zu teilen, zum anderen seien Zahlen ohne Beleg herangezogen und mögliche Einnahmen der Universität vollständig außer Betracht gelassen worden. Das kann nicht überzeugen. Der Begriff der Ausbildungskosten umfasst bei einer Ausbildung, die – wie hier – in einer Einrichtung der Bundeswehr durchgeführt wird, auch die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen errechneten, anteilig auf die Ausbildung des einzelnen Soldaten entfallenden Kosten der erforderlichen Ausbildungseinrichtungen, also die sogenannten Rahmenkosten (BVerwG, U.v. 11.2.1977 – VI C 135.74 – BVerwGE 58, 84/92). Dazu zählen die Personalkosten und die sonstigen Betriebskosten, wie sie in der Kostenrechnung angesetzt und zutreffend durch die Anzahl der Studierenden geteilt worden sind. Es besteht kein Anhaltspunkt, der inhaltliche Zweifel an den angesetzten Rechnungsposten begründen könnte. Letztlich kann das indes dahinstehen. Denn es steht außer Frage, dass die auf die Klägerin entfallenden „Rahmenkosten“ mehr oder weniger deutlich über dem Betrag von 17.493,17 € liegen, auf den die Beklagte ihren Erstattungsanspruch beschränkt hat.

Entgegen der Ansicht des Zulassungsantrags ist bei der Bestimmung der tatsächlichen Ausbildungskosten die Abdienzeit, also die Zeit, die die Klägerin nach dem Abbruch des Studiums vom 17. November 2006 bis zum 5. April 2007 noch Dienst bei der Bundeswehr geleistet hat, ebensowenig zu berücksichtigen wie die vor Studienbeginn geleistete Dienstzeit. Bei Soldaten auf Zeit gibt es – anders als bei Berufssoldaten (vgl. § 46 Abs. 3 Satz 1, § 49 Abs. 4 SG) – keine Mindestdienstzeitverpflichtung (sog. Stehzeit) infolge bestimmter Ausbildungen. An ihre Stelle tritt die eingegangene Verpflichtungszeit, wobei unerheblich ist, ob diese bereits endgültig festgesetzt worden ist (Sohm in Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 11). Abweichend von der für Berufssoldaten geltenden Regelung entsteht die Erstattungspflicht deshalb nicht erst bei Nichteinhaltung von Stehzeiten, sondern in jedem Fall, wenn – wie hier – eine der Voraussetzungen von § 56 Abs. 4 Satz 1 und 2 SG erfüllt ist (Vogelgesang in GKÖD, Bd. I Beamtenrecht, Yk § 56 SG Rn. 6).

b) Der Klägerin kann auch nicht in der Annahme gefolgt werden, ihr sei aus dem abgebrochenen Studium der Betriebswirtschaftslehre kein realer und nachprüfbarer Vorteil für das weitere Berufsleben geblieben, weshalb der Dienstherr in Anwendung der Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG von dem Erstattungsverlangen hätte ganz absehen oder den Betrag zumindest erheblich reduzieren müssen.

Anerkannte Kriegsdienstverweigerer müssen, wie oben ausgeführt, die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten, der ihnen aus dem genossenen Studium für ihr weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. Durch einen solchen Vorteilsausgleich soll nur die Situation wieder hergestellt werden, die in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht bestand, bevor der Soldat das Studium absolviert hat; mehr soll und darf bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes nicht abgeschöpft werden. Der Vorteil aus dem Studium besteht in der Ersparnis von Aufwendungen, nicht in der Aussicht auf künftige Einnahmen; erstattet werden sollen die Aufwendungen, die der Soldat dadurch erspart hat, dass er das Studium nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 20). Einen solchen Vorteil hat die Klägerin durch das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule der Bundeswehr erlangt. Auch wenn sie dieses Studium (dort) nicht abgeschlossen hat, so hat sie gleichwohl allgemeine, im zivilen Berufsleben ohne Einschränkung verwendbare Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt eindeutig verbessern. Im Übrigen wurden die Studienzeiten und -leistungen, wie sie selbst vorträgt, bei der Fortsetzung des Studiums an einer „zivilen“ Hochschule jedenfalls teilweise angerechnet.

c) Keine ernstlichen Zweifel ergeben sich aus der Rüge, die Beklagte habe die ersparten Aufwendungen der Klägerin dem Grunde wie der Höhe nach fehlerhaft angesetzt.

Die Erstattungspflicht muss sich in Anwendung der Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG aus den genannten Gründen auf den Betrag reduzieren, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart hat, dass er das Studium nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen. Zu den ersparten Kosten zählen nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die unmittelbaren Ausbildungskosten im engeren Sinn (wie Ausbildungsgebühren und Aufwendungen für Ausbildungsmittel), sondern auch die mittelbaren Kosten der Ausbildung. Zu letzteren gehören neben Reisekosten und Trennungsgeld auch „ersparte Lebenshaltungskosten sowie die Kosten für die Krankenversicherung“ (BVerwG, U.v. 30.3.2006 – 2 C 18.05 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 8.8.2014 – 6 ZB 13.1527 – juris Rn. 7). Die Lebenshaltungskosten sind in diesem Sinne erspart, wenn und soweit der Betreffende im Rahmen einer zivilen Ausbildung die insoweit erforderlichen finanziellen Mittel hätte „selbst mitbringen“ müssen, wenn er sie also hätte finanzieren oder aus seinem sonstigen Vermögen (einschließlich Unterhaltsansprüchen gegenüber den Eltern) zur Verfügung stellen müssen (OVG NW, U.v. 22.8.2013 – 1 A 2278/11 – juris Rn. 43). Diese Voraussetzung ist bei dem Studium der Betriebswirtschaftslehre, dessen Durchführung die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin im Rahmen des Dienstes als Soldat auf Zeit finanziert hat, ohne Zweifel der Fall. Ein solches Studium wird auf dem „privaten Ausbildungsmarkt“ üblicherweise nicht von einem Ausbildungsbetrieb oder sonstigen Dritten vergütet, sondern muss vom Studierenden selbst finanziert werden.

Mit dem Verwaltungsgericht ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Erstattungsbetrag auf der Grundlage der so genannten „Bemessungsgrundsätze“ (Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 22.7.2002 – PSZ I 8 - Az 16-02-11) berechnet und dazu für die Studienzeit der Klägerin auf der Grundlage der fortgeschriebenen Richtlinien für die Gewährung von Studienbeihilfen an Nachwuchskräfte der Bundeswehr fiktive Kosten für Lebensunterhalt, Studiengebühren und Lernmittelzuschüsse in monatlicher Höhe zwischen 648,01 € (2004) und 686,14 € (2006) berücksichtigt hat. Damit werden die maßgeblichen Merkmale in einer methodisch nicht zu beanstandenden Weise und auch mit Blick auf die angesetzte jährliche Steigerung der Lebenshaltungskosten von 2,9 % sachgerecht erfasst (BayVGH, B.v. 8.8.2014 – 6 ZB 13.1527 – juris Rn. 7; HessVGH, B.v. 28.11.2008 – 1 ZU 2203/07 – juris Rn. 11). Das ist im Übrigen auch mit Blick auf die maßgeblichen Fördersätze des Bundesausbildungsförderungsgesetzes angemessen (im Einzelnen: HessVGH, B.v. 28.11.2008, a.a.O. Rn. 12). Die Klägerin blendet mit ihrer Kritik an dieser Berechnungsweise aus, dass sich die Aufwendungen, die sie dadurch erspart hat, dass sie ihr Studium nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen, nur generalisierend und pauschalierend bestimmen lassen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 – ausdrücklich hervorgehoben (juris Rn. 20 und 25 a.E.).

Die Klägerin kann dem insbesondere nicht entgegenhalten, sie hätte bei einem zivilen Studium Ansprüche nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gehabt mit der Folge, dass ihr Studium weitgehend vom Staat oder den Eltern finanziert worden wäre und sie nach dem Studienabschluss praktisch schuldenfrei dagestanden wäre, allenfalls nach § 17 Abs. 2 BAföG einen Höchstbetrag von 10.000 € hätte zurückzahlen müssen. Dieser Einwand geht bereits deshalb fehl, weil sich die „ersparten Lebenshaltungskosten“ im Rückblick zwangsläufig nur generalisierend und pauschalierend, orientiert an den durchschnittlichen Kosten einer gleichwertigen Ausbildung bestimmen lassen. Eine dem Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG zuwiderlaufende „Knebelung“ ist darin nicht zu erblicken. Im Übrigen hat die Klägerin sich damals gegen ein „ziviles“ Studium in eigener Finanzierungsverantwortung mit entsprechenden Unwägbarkeiten und für eine „militärische“, durch den Dienstherrn finanzierte Ausbildung entschieden.

d) Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass neben der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer keine anderen Härtegründe vorliegen, derentwegen der Erstattungsbetrag weiter zu ermäßigen wäre.

Die vom Zulassungsantrag herausgehobene Abdienquote, also die Zeit, welche die Klägerin nach Beendigung des Studiums der Bundeswehr zur Verfügung gestanden hat, spielt bei Soldaten auf Zeit – anders als bei Berufssoldaten – nach den gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich keine Rolle. Gegenstand der Erstattung sind ausschließlich die der Klägerin persönlich in Form ersparter Aufwendungen entstandenen Vorteile infolge des von der Beklagten finanzierten Studiums; zu diesen steht die Abdienquote in keinem Bezug (HessVGH, B.v. 28.11.2008 – 1 ZU 2203/07 – juris Rn. 17). Härteregelungen dienen dazu, den von den Regelvorschriften nicht erfassten Ausnahmefällen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu können. Hat der Gesetzgeber aber bewusst bei früheren Soldaten auf Zeit auf eine Verknüpfung zwischen Höhe des Erstattungsverlangens und Abdienzeit verzichtet, kann die Länge der im Anschluss an die Fachausbildung abgeleisteten Dienstzeit nur in atypischen Ausnahmefällen eine besondere Härte im Sinn von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1977 – VI C 135.74BVerwGE 52, 84/97 f.). Das mag bei einem deutlichen Missverhältnis des Rückforderungsbetrags im Vergleich zu einer sehr hohen Abdienquote auch im Rahmen der reinen Vorteilsabschöpfung der Fall sein. Davon kann im Fall der Klägerin, die bei einer Verpflichtungszeit von zwölf Jahren knapp sechs Jahre Dienstzeit abgeleistet und davon 26 Monate studiert hat, keine Rede sein. Das gilt umso mehr, als der Erstattungsbetrag zwar eine durchaus beachtliche Höhe erreicht, sich gleichwohl aber „nur“ auf die ersparten Lebenshaltungskosten für ein normales, zivil ohne jede Einschränkung verwertbares Studium bezieht und nicht auf eine besonders teure militärische Fachausbildung.

Eine besondere Härte lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass der Dienstherr durch das vorzeitige Ausscheiden der Klägerin aus der Bundeswehr Versorgungsleistungen erspart hat. Zum einen ist das kein in der Person des früheren Soldaten begründeter Umstand. Zum anderen handelt es sich nicht um eine atypische Besonderheit, sondern um den Regelfall, wenn ein Soldat auf Zeit aufgrund seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassen wird. Dieser muss wegen seiner Zwangssituation auch nicht mit einem Soldaten gleichgestellt werden, der – aus welchen Gründen auch immer – wegen Dienstunfähigkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 SG entlassen wird und nach dem Gesetz nicht zur Erstattung von Ausbildungskosten verpflichtet ist. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass zwischen diesen Personengruppen Unterschiede bestehen, die ein solches Gewicht haben, dass sie die unterschiedliche Rechtsfolge rechtfertigen (BVerwG, U.v. 30.3.2006 – 2 C 19.05 – juris Rn. 19). Das Ausscheiden der Soldaten, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt sind, beruht auf der Initiative dieser Soldaten. Demgegenüber sind dienstunfähige Soldaten ohne einen darauf gerichteten Antrag aus dem Soldatenverhältnis ausgeschieden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein als dienstunfähig entlassener früherer Soldat eine der Fachausbildung entsprechende Beschäftigung finden und Gelegenheit haben wird, die in der Fachausbildung erworbenen Fähigkeiten in einem weiteren Berufsleben anzuwenden, ist weitaus geringer. Diese Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche gesetzliche Regelung bei der Erstattung von Ausbildungskosten. Der Zulassungsantrag bringt keine Gesichtspunkte vor, die hieran Zweifel begründen könnten.

e) Die Beklagte hat entgegen der Ansicht des Zulassungsantrags bei Ausübung des ihr durch § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eingeräumten Ermessens die wirtschaftlichen Folgen des Erstattungsverlangens für die Klägerin in ausreichender Weise berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2011 hat die Beklagte der Klägerin widerruflich gewährt, den Erstattungsbetrag von 17.493,17 € in monatlichen Ratenzahlungen von 420 € zu leisten. Das ist mit Blick auf das (damalige) monatliche Nettoeinkommen von 1.635,16 € und die finanzielle Situation der Klägerin im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere war die Beklagte nicht gehindert, sich bei der Bestimmung der Monatsrate allein an den Pfändungsschutzvorschriften zu orientieren und die von der Klägerin angegebenen monatlichen Fixkosten nicht als vorrangig anzusehen. Angesichts der – zwar durchaus beachtlichen, gleichwohl aber letztlich überschaubaren – Höhe des Erstattungsbetrags und der gewährten Ratenzahlung ist nicht zu befürchten, dass die 1980 geborene Klägerin ihr gesamtes weiteres Berufsleben lang zahlungspflichtig bleiben wird. Damit hat die Beklagte der persönlichen Vermögenslage der Klägerin im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ausreichend Rechnung getragen. Dass sie der Klägerin zugleich „bereits heute“ – für den Fall einer dauerhaften Verschlechterung der Einkommens- und Vermögenssituation – zugesichert hat, einem Antrag auf Erlass eines etwaigen restlichen Erstattungsbetrags „zwei Jahre vor Erreichen des dann für Sie geltenden Renteneintrittsalters … stattzugeben, wenn Sie bis zu diesem Zeitpunkt ihren Mitwirkungs- und Zahlungsverpflichtungen nachgekommen sind“, ist für die rechtliche Beurteilung unerheblich.

Die Beklagte darf entgegen der Ansicht der Klägerin auch Stundungszinsen in Höhe von 4 % verlangen. Das ergibt sich unmittelbar aus § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, entspricht der haushaltsrechtlichen Vorgabe des § 59 Abs. 1 BHO und ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (vgl. HessVGH, B.v. 28.11.2008 – 1 ZU 2203/07 – juris Rn. 18; OVG NW, U.v. 30.9.1999 – 12 A 1828/98 – juris Rn. 64 ff.; OVG Hamburg, U.v. 18.7.1997 – Bf I 23/95 – juris Rn. 38). Das Zinsverlangen stellt auch mit Blick auf die finanziellen Auswirkungen für die Klägerin keine besondere Härte dar. Es führt nicht zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber früheren Soldaten, die den Erstattungsbetrag sofort in einer Summe zahlen können und deshalb keine Stundungszinsen aufbringen müssen. Denn Anknüpfungspunkt für die Zinsforderung ist die Stundung und damit ein geldwerter Vorteil, über den die früheren Soldaten, die den Erstattungsbetrag sofort begleichen, nicht verfügen.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zur Zulassung der Berufung führen. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich aus den oben genannten Gründen ohne weiteres in dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Sinn beantworten und bedürfen keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren.

3. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

a) Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob „ein abgebrochenes Studium ohne weitere Begründung als realer und nachprüfbarer Vorteil für das weitere Berufsleben angesehen werden“ kann.

Dieser Frage kommt bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie sich dem Verwaltungsgericht in dieser Form („ohne weitere Begründung“) nicht entscheidungserheblich gestellt hat. Das Verwaltungsgericht hat nämlich – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – darauf abgestellt, dass dem früheren Soldaten durch das Studium Wissen und Fähigkeiten vermittelt worden sein müssen, die auch im zivilen Bereich nutzbar sind. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage wäre im Übrigen in dieser Allgemeinheit nicht beantwortbar, weil es auf die konkreten Umständen des Einzelfalls, nämlich insbesondere die Art und die Dauer des Studiums, ankommt. Soweit die Frage darauf abzielt, ob das Fehlen eines Abschlusses die Annahme eines Studiums im Sinn von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG zwingend ausschließt, ist sie ohne weiteres mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen und damit nicht klärungsbedürftig.

b) Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die Klägerin weiter darin, ob „Lebenshaltungskosten dem Grunde nach erstattungsfähig im Rahmen des Vorteilsausgleichs“ sind oder ob „ersparte Lebenshaltungskosten im Rahmen des Vorteilsausgleichs dem Grunde nach erstattungsfähig“ sind.

Diese Frage ist, wie oben bereits ausgeführt, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahingehend geklärt, dass als mittelbare Ausbildungskosten – unter anderem – „die ersparten Lebenshaltungskosten“ zu erstatten sind. Es geht also nicht um tatsächliche Aufwendungen für den Lebensbedarf während der militärischen Ausbildung, sondern um – hypothetische – „Aufwendungen, die der Soldat dadurch erspart hat, dass er die Fachausbildung nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen“ (BVerwG, U.v. 30.3.2006 – 2 C 19.05 – juris Rn. 20, 22). Erneuten oder weiteren Klärungsbedarf zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.

c) Keine grundsätzliche Bedeutung kommt der Frage zu, ob „die Zusicherung, auf die Rückforderung zwei Jahre vor Erreichen des … Renteneintrittsalters zu verzichten, dem Gebot der zeitlichen Begrenzung der Rückforderung“ genügt. Denn diese Frage würde sich in einem Berufungsverfahren aus den oben genannten Gründen (1.e) nicht entscheidungserheblich stellen. Durch die im Widerspruchsbescheid gewährte Ratenzahlung ist unabhängig von der Zusicherung hinreichend sichergestellt, dass die Zahlungspflicht nicht das gesamte weitere Berufsleben der Klägerin andauert, sondern auf einen überschaubaren Zeitraum von einigen Jahren begrenzt ist. Die Frage einer absoluten zeitlichen Obergrenze würde sich erst dann stellen, wenn der Erstattungsbetrag ohne Ratenzahlung gestundet oder eine so niedrige Rate festgesetzt würde, dass die greifbare Gefahr bestünde, die Klägerin werde für den Rest ihres Berufslebens mit der Erstattung von Ausbildungskosten belastet.

d) Die grundsätzliche Bedeutung der Sache ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Frage, ob „Finanzierungsmöglichkeiten (Eltern, Kindergeld, BAföG), die der Soldat während eines hypothetischen zivilen Studiums in Anspruch genommen hätte, bei der Bestimmung der ersparten Aufwendungen berücksichtigt werden“ müssen. In der Rechtsprechung ist, wie oben ausgeführt (1.c), geklärt, dass sich die ersparten Aufwendungen nur generalisierend und pauschalierend, orientiert an den durchschnittlichen Kosten einer gleichwertigen Ausbildung berechnen lassen. Damit ist es unvereinbar, Finanzierungsquellen zu berücksichtigen, die zwangsläufig eine Einzelfallprüfung verlangen und zudem bei rückblickender hypothetischer Betrachtung nicht verlässlich beziffert werden können.

e) Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die Klägerin weiter darin, ob „die Berechnung der ersparten Aufwendungen nach Maßgabe der ‚Richtlinien für die Gewährung von Studienbeihilfen an Nachwuchskräfte der Bundeswehr‘ eine ohne weitere Prüfung des Einzelfalles anzuwendende Grundlage“ darstellt. Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Berufungszulassung, weil sie anhand der Maßgaben, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung vorgegeben hat, ohne weiteres mit dem Verwaltungsgericht bejaht werden kann (vgl. 1.c).

f) Ebenfalls nicht klärungsbedürftig sind die weiteren Fragen, ob „die Abdienquote“ und „durch die Beklagte ersparte Versorgungsleistungen nach §§ 11 und 12 SVG und ersparte Berufseingliederungsmaßnahmen“ bei der Rückforderung anspruchsmindernd berücksichtigt werden müssen. Das ist auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus den oben genannten Gründen ohne weiteres zu verneinen. Ebenso ist geklärt, und zwar im bejahenden Sinn, die weiter aufgeworfene Frage, ob „zwischen dem wegen Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassenen und dem wegen Dienstunfähigkeit entlassenen Soldat Unterschiede von solchem Gewicht (bestehen), dass damit eine Ungleichbehandlung (bei der Rückforderung von Ausbildungskosten) gerechtfertigt ist“ (oben 1.d). Das gleiche gilt für die – allerdings nur bedingt verallgemeinerbare und auf die Wertung im Einzelfall abzielende – Frage, ob „es zulässig (ist), umfangreiche Vordienste bei der Rückforderung gänzlich außer Betracht zu lassen.“

g) Keine grundsätzliche Bedeutung kommt schließlich der Frage zu, ob „es zulässig (ist), bei der Stundung wegen der ökonomischen Situation des ehemaligen Soldaten Zinsen in Höhe von 4 % p.a. zu verlangen“. Die Befugnis zur Erhebung von Stundungszinsen ergibt sich, wie oben ausgeführt (1.e), ohne weiteres aus dem Gesetz und entspricht den haushaltsrechtlichen Vorgaben. Auch insoweit fehlt es an einer Klärungsbedürftigkeit.

4. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der von der Klägerin behaupteten Abweichung der angefochtenen Entscheidung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 – zuzulassen.

Ein solcher Zulassungsgrund ist bereits nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Dazu wäre es unter anderem erforderlich, die divergierenden Sätze einander so gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 73). Daran fehlt es. Die Klägerin führt zwar einen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz an. Sie stellt dem aber keinen davon abweichenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts gegenüber. Sie rügt lediglich die ihrer Meinung nach fehlerhafte Anwendung dieses vom Verwaltungsgericht uneingeschränkt übernommenen Rechtssatzes, weil im angefochtenen Urteil die pauschalierende Ermittlung der ersparten Lebenshaltungskosten nach der „Richtlinie für die Gewährung von Studienbeihilfen an Nachwuchskräfte der Bundeswehr“ gebilligt wurde. Dieser Vorwurf trifft im Übrigen in der Sache nicht zu (oben 1.c).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).