VG München, Beschluss vom 30.12.2014 - M 23 S 14.3625
Fundstelle
openJur 2015, 10460
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.400,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofort vollziehbare Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs.

Der Antragsteller ist Halter des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen „...“. Am ... Juli 2013 um ... Uhr wurde mit diesem PKW auf der B ... bei ... (Richtung ... Ab. ..., km 0.25) ein Geschwindigkeitsverstoß begangen; die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h wurde um 36 km/h überschritten. Der Geschwindigkeitsverstoß wurde durch ein Geschwindigkeitsmessgerät festgestellt und durch Fotos dokumentiert. Das Frontfoto zeigt eine männliche Person als Fahrer.

Der Antragsteller wurde durch das Bayerische Polizeiverwaltungsamt wegen der begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit mit Schreiben vom 18. Juli 2013 angehört. Auf dem Anhörungsfragebogen vermerkte der Antragsteller am 25. Juli 2013, dass er nicht der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen sei und dass der Verkehrsverstoß nicht zugegeben werde. Weiter gab der Antragsteller an: „Zum besagten Zeitpunkt wurde das benannte Kraftfahrzeug verwendet bzw. überlassen an: ..., ...str. 150, ...“. Bei der so bezeichneten Person handelt es sich um den Bruder des Antragstellers. Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt veranlasste daraufhin dessen Anhörung, forderte ein Vergleichsbild an und leitete ein Bußgeldverfahren gegen diesen ein. Gegen den Bußgeldbescheid vom ... September 2013 legte der Bruder des Antragstellers Einspruch ein. Zur Verhandlung vor dem Amtsgericht ... war der Antragsteller als Zeuge geladen; nach Belehrung gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3, § 55 StPO machte der Antragsteller von seinem Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Das Amtsgericht ... sprach den Bruder des Antragstellers mit Urteil vom ... Februar 2014 frei. In den Urteilsgründen führt das Gericht aus, es sei zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem auf den Frontfotos abgebildeten Fahrer nicht um den Bruder des Antragstellers, sondern um den Antragsteller selbst handele.

Mit Schreiben vom 14. April 2014 bat das Bayerische Polizeiverwaltungsamt das Landratsamt Landsberg (im Folgenden: Landratsamt) um Prüfung, ob dem Antragsteller das Führen eines Fahrtenbuchs auferlegt werden könne.

Das Landratsamt gab dem Antragsteller mit Schreiben vom 12. Mai 2014 bis zum 2. Juni 2014 Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Im Anhörungsschreiben ist als Ort des Verkehrsverstoßes „BAB ..., Richtung ..., AB ..., KM 0.25“ genannt. Eine Reaktion des Antragstellers erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom ... Juli 2014, dem Antragsteller zugestellt per Postzustellungsurkunde am 17. Juli 2014, verpflichtete das Landratsamt den Antragsteller, ab sofort und befristet bis zum 14. Juli 2015 für das Tatfahrzeug und etwaige Nachfolgefahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen (Nr. 1 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 2). Die Kosten wurden dem Antragsteller auferlegt und eine Gebühr von EUR 170,-- sowie Auslagen von EUR 3,45 festgesetzt (Nr. 3). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers erhob gegen diesen Bescheid am 15. August 2014 Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid des Landratsamts vom ... Juli 2014 aufzuheben. Zugleich beantragte er,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Fahrtenbuchauflage für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen „...“ der Beklagten vom ...07.2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, das Landratsamt habe sich für den Erlass des Bescheids über ein Jahr Zeit gelassen und damit zu erkennen gegeben, dass ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage nicht bestehe. Weiter habe das Landratsamt fehlerhaft zugrunde gelegt, dass der Antragsteller im Anhörbogen angegeben habe, dass sein Bruder der verantwortliche Fahrer gewesen sei. Dies sei unzutreffend; der Antragsteller habe lediglich ausgeführt, dass zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt das Fahrzeug dem Bruder überlassen gewesen sei; dass dieser Fahrer gewesen sei, habe der Antragsteller nie behauptet. Es wäre für den Antragsgegner einfach gewesen, bei dem Antragsteller nachzufragen, wer das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Ordnungswidrigkeit geführt habe. Der Antragsteller hätte sicherlich Angaben zum Fahrer gemacht. Im Hinblick auf die Anordnung des Sofortvollzugs sei der Antragsteller nicht angehört worden. Der Antragsteller sei vom Landratsamt nahezu ein Jahr nach dem Ordnungswidrigkeitenvorwurf angehört worden. Im Anhörungsschreiben sei als Ort des Verkehrsverstoßes fälschlich die Bundesautobahn ... angegeben gewesen. Dem Antragsteller sei es nicht möglich oder zumutbar gewesen, diese Anhörung in Verbindung zu bringen mit dem hiesigen Vorwurf, der zur Auflage des Fahrtenbuchs führe. Weder der Antragsteller noch sonst jemand habe im abgelaufenen Jahr mit dem Tatfahrzeug Ordnungswidrigkeiten begangen. Im Übrigen sei der Verkehrsverstoß nicht erheblich gewesen. Nach neuer Rechtslage werde der Verkehrsverstoß nur noch mit einem Punkt geahndet. Die Behörde habe kein Ermessen ausgeübt, sondern sich auf veraltete Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen, ohne auf die neue Rechtslage einzugehen.

Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 1. September 2014,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung nahm das Landratsamt auf die Begründung des Bescheids Bezug und gab ergänzend an, der Antrag des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts auf Prüfung der Auferlegung eines Fahrtenbuchs sei erst am 23. April 2014 beim Landratsamt eingegangen. Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids wurde ausgeführt, der Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage, Ermittlungen bei Verkehrsverstößen zu dienen, wäre in Frage gestellt, wenn durch die Einlegung von Rechtsmitteln über einen langen Zeitraum die Wirksamkeit der Maßnahme hinausgezögert werden könnte. Wenn eine Fahrtenbuchauflage überhaupt angeordnet werden könne, ergebe sich schon alleine daraus der Grund für die sofortige Vollziehung der Anordnung. Vorliegend habe es sich um einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß gehandelt. Im Vergleich zu dem Gefährdungspotential bei Verkehrsverstößen sei die Führung eines Fahrtenbuchs lediglich lästig. Es liege im besonderen öffentlichen Interesse, dass alles Erforderliche geschehe, um den bei Verkehrsverstößen in Betracht kommenden Personenkreis so schnell wie möglich zu erfassen.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2014 trug der Bevollmächtigte des Antragstellers ergänzend vor, es sei offenkundig, dass die Verhängung des Fahrtenbuchs nicht der Verkehrssicherheit, sondern der „Strafe“ des Antragstellers diene. Im Übrigen hätte der Antragsteller selbstredend Ausführungen zum Fahrer gemacht, wäre er auch nur ein einziges Mal hierzu befragt worden. Dass der Antragsteller zum Schutze seines Bruders in einem gerichtlichen Verfahren von einem ihm zustehenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache, habe mit dem Aussageverhalten im Verwaltungsverfahren nicht das Geringste zu tun. Es sei unstreitig, dass dem Antragsteller zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt worden sei, wer Fahrer des Fahrzeugs gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren (M 23 K 14.3623) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom ... Juli 2014 hat keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage besteht gegen die Nr. 1 des angefochtenen Bescheids keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Klage hiergegen wird daher aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung überwiegt das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO.

In formeller Hinsicht begegnet der Bescheid keinen Bedenken.

Das Landratsamt war für den Erlass des Bescheids nach Art. 8 Abs. 2 ZustGVerk i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 ZustVVerk sachlich und nach § 68 Abs. 2 Satz 1 StVZO örtlich zuständig.

Dass im Anhörungsschreiben des Landratsamts vom 12. Mai 2014 der Ort der Geschwindigkeitsüberschreitung vom ... Juli 2013 mit „BAB ...“ unrichtig bezeichnet wurde, macht die Anhörung des Antragstellers nicht fehlerhaft. Ziel der Anhörung ist die Sachaufklärung sowie der Schutz subjektiver Rechte des Betroffenen (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 28 Rn. 17). Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Behörde muss den beabsichtigten Verwaltungsakt nach Art und Inhalt so konkret umschreiben, dass für den Betroffenen hinreichend klar oder erkennbar ist, weshalb und wozu er sich äußern können soll und mit welcher eingreifenden Entscheidung er zu rechnen hat (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 28 Rn. 34). Diesen Anforderungen genügt die Anhörung des Antragstellers. Der Antragsteller war noch im Juli 2013 durch den Anhörungsfragebogen des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts über die Verkehrsordnungswidrigkeit vom ... Juli 2013 informiert worden und hatte sich hierzu auch geäußert. Er wurde im Zuge des daran anknüpfenden Bußgeldverfahrens gegen seinen Bruder vom Amtsgericht ... als Zeuge geladen und war bei der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... zugegen. Angesichts dieser Vorgeschichte ist davon auszugehen, dass der hier maßgebliche Verkehrsverstoß dem Antragsteller noch erinnerlich war; dies gilt umso mehr, als nach dem Vortrag des Bevollmächtigten es bis zum Erlass des Bescheids vom ... Juli 2014 zu keinem weiteren Verkehrsverstoß mit dem Tatfahrzeug gekommen war. Da im Anhörungsschreiben des Landratsamts mit Ausnahme der Straßenbezeichnung alle übrigen Orts- und Zeitangaben zutreffend wiedergegeben sind, war für den Antragsteller hinreichend erkennbar, welche Verkehrsordnungswidrigkeit zum Anlass für die Auferlegung eines Fahrtenbuchs genommen werden sollte und dass es sich bei der Straßenbezeichnung um einen offensichtlichen Schreibfehler handeln musste.

Auch in materieller Hinsicht ist der Bescheid nicht zu beanstanden.

Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Voraus-setzungen dieser Vorschrift sind vorliegend erfüllt.

Mit einer Fahrtenbuchauflage soll in Ergänzung der Kennzeichnungspflicht dafür Sorge getragen werden, dass anders als in dem Fall, der Anlass zur Auferlegung eines Fahrtenbuchs gegeben hat, künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist. Die Anordnung richtet sich an den Fahrzeughalter, weil dieser die Verfügungsbefugnis und die Möglichkeit der Kontrolle über sein Fahrzeug besitzt. Gefährdet er die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dadurch, dass er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, darf er durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugnutzung angehalten werden. Ob vom Fahrzeughalter selbst als Führer seines Kraftfahrzeugs Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen zu besorgen sind, ist demnach rechtlich nicht ausschlaggebend. Vielmehr genügt regelmäßig die bei jeder Kraftfahrzeugnutzung nicht auszuschließende Möglichkeit, dass der jeweilige Fahrer Verkehrsvorschriften zuwiderhandelt (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1989 – 7 B 90/89NJW 1989, 2704).

Um eine Fahrtenbuchauflage zu rechtfertigen, müssen Verkehrsvorschriften in nennenswertem Umfang verletzt worden sein. Schon bei einem einmaligen Verstoß ist die Auflage zulässig, wenn es sich um einen nicht unwesentlichen Verstoß handelt, der sich verkehrsgefährdend auswirken kann. Nach dem vorliegenden Messprotokoll einschließlich der Tatfotos ist nicht zweifelhaft, dass die Verkehrsordnungswidrigkeit in Gestalt der am ... Juli 2013 erfolgten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begangen wurde. Das in der Behördenakte befindliche Messblatt mit Fotos ist dabei grundsätzlich geeignet, die Begehung der streitgegenständlichen Verkehrsordnungswidrigkeit zu beweisen (vgl. z.B. BGH, B.v. 19.12.1995 – 4 StR 170/95NJW 1996, 1420, B.v. 30.10.1997 – 4 StR 24/97NJW 1998, 321; vgl. auch BVerfG, B.v. 5.7.2010 – 2 BvR 759/10NJW 2010, 2717). Substantiierte Einwendungen wurden diesbezüglich nicht vorgebracht. Die Verkehrsordnungswidrigkeit wäre nach dem Bußgeldkatalog mit einer Geldbuße von EUR 120,-- (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Bußgeldkatalog-Verordnung – BKatV – i.V.m. Nr. 11.3.6 Tabelle 1c des Anhangs zu Nr. 11 des Bußgeldkatalogs) sowie nach der bis zum 30. April 2014 geltenden Rechtslage mit drei Punkten im Verkehrszentralregister (Nr. 5.4 der Anlage 13 zu § 40 der Verordnung über die Zulassung von Personen im Straßenverkehr – Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) geahndet worden (nach der Rechtslage ab 1. Mai 2014: ein Punkt im Fahreignungsregister, Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zu § 40 FeV in der durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vom 5.11.2013 – BGBl. I S. 3920 – geänderten Fassung). Diese sachverständige Bewertung der Verkehrsordnungswidrigkeit durch den Verordnungsgeber belegt, dass es sich um einen erheblichen Verstoß handelt, unabhängig von einer damit verbundenen Gefährdungslage. Auf den Nachweis einer konkreten Gefährdung kommt es nicht an. Denn nach der bisherigen, auf das bis zum 30. April 2014 geltende Punktesystem Bezug nehmenden Rechtsprechung reicht bereits ein lediglich mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage aus, ohne dass es auf die Feststellung der näheren Umstände der Verkehrsordnungswidrigkeit und der Gefährlichkeit des Verstoßes ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 9.9.1999 – 3 B 94/99BayVBl 2000, 380; OVG NRW, U.v. 29.4.1999 – 8 A 699/97NJW 1999, 3279).

Die Feststellung des Fahrzeugführers durch die Polizei war in diesem Fall nicht möglich. Das gegen den Bruder des Antragstellers eingeleitete Bußgeldverfahren endete mit dessen Freispruch durch das Amtsgericht ... am ... Februar 2014. Wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung (§ 26 Abs. 3 StVG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 OWiG) wurde kein Ermittlungsverfahren gegen andere Personen eingeleitet.

Die in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO geforderte Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers liegt vor, da die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der polizeilichen Aufklärungsmaßnahmen kommt es wesentlich darauf an, ob die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, kann sich an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Polizei regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Dies gilt insbesondere dann, wenn es – wie hier – um die Aufklärung einer Verkehrsordnungswidrigkeit geht, die nur einen Sinn hat, wenn der Täter vor Ablauf der dreimonatigen Verjährungsfrist (§ 26 Abs. 3 StVG) und deren in Betracht kommenden Unterbrechungen (§ 33 Abs. 1 bis 3 OWiG) so rechtzeitig bekannt ist, dass die Verkehrsordnungswidrigkeit mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann und die daran anknüpfenden verkehrspolizeilichen Maßnahmen eingeleitet werden können (BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3/80BayVBl 1983, 310). Weiterhin genügt die Behörde ihrer Ermittlungspflicht grundsätzlich nur dann, wenn sie den Kraftfahrzeughalter unverzüglich von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung in Kenntnis setzt, wobei die hierzu eingeräumte Anhörungsfrist im Regelfall zwei Wochen nicht überschreiten darf (BVerwG, B.v. 14.5.1997 – 3 B 28/97 – juris; erstmals BVerwG, U.v. 13.10.1978 – VII C 77.74NJW 1979, 1054). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gilt die vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 13. Oktober 1978 (Buchholz, 442.16, § 31 a StVZO Nr. 5) entwickelte Zweiwochenfrist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters nur „regelmäßig“ und stellt kein formales Tatbestandskriterium des § 31 a Abs. 1 StVZO sowie keine starre Grenze dar. Vielmehr beruht die Fristbestimmung auf dem Erfahrungssatz, dass eine Person Vorgänge des persönlichen Lebensbereichs aus den letzten 14 Tagen im Regelfall erinnern oder jedenfalls noch rekonstruieren kann. Die Zweiwochenfrist gilt nicht für vom Regelfall abweichende Gestaltungen, in denen - bei typisierender Betrachtung - auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt. Ihre Nichteinhaltung ist außerdem unschädlich, wenn fest steht, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen verzögerte Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist (vgl. BayVGH, B. v. 29.4.2008 – 11 CS 07.3429 – juris Rn. 14). An einem derartigen Kausalzusammenhang fehlt es dementsprechend, wenn die Ergebnislosigkeit der Ermittlungen nicht auf Erinnerungslücken des Fahrzeughalters beruht (vgl. etwa BayVGH, B. v. 29.4.2008 – 11 CS 07.3429 – juris Rn. 12; B. v. 12.2.2007 – 11 B 05.427; B. v. 10.10.2006 – 11 CS 06.607; B. v. 28.3.2008 – 11 ZB 06.2573).

Die Polizei hat im vorliegenden Fall dem Erfordernis der angemessenen und zumutbaren Ermittlungen, das § 31a StVZO voraussetzt, genügt.

Dem steht nicht entgegen, dass dem Antragsteller der Anhörungsfragebogen erst mit Schreiben vom 18. Juli 2013 und damit einige Tage nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist zugesandt wurde. Denn Verzögerungen bei der Anhörung des Halters sind insbesondere dann nicht für die Erfolglosigkeit der Täterermittlung ursächlich, wenn sich der Halter nicht bereits im Ordnungswidrigkeitsverfahren auf eine fehlende Erinnerung an den Fahrzeugführer beruft, oder von einer Mitwirkungsverweigerung auszugehen ist (OVG Lüneburg, B.v. 8.11.2004 – 12 LA 72/04 – juris Rn.5; vgl. auch BayVGH, B. v. 29.4.2008 – 11 CS 07.3429 – juris Rn. 14). Vorliegend hat der Antragsteller sich während des gesamten Verfahrens zu keiner Zeit auf fehlendes Erinnerungsvermögen berufen oder sonstige besondere Umstände geltend gemacht, die es ihm ausnahmsweise unmöglich machten, bei Beantwortung des Anhörungsfragebogens am 25. Juli 2013 noch zu rekonstruieren, wer bzw. welcher Personenkreis am ... Juli 2013 sein Fahrzeug nutzen konnte. Vielmehr hat er auf dem Anhörungsfragebogen vermerkt, dass am fraglichen Tag das Fahrzeug „verwendet bzw. überlassen an“ seinen Bruder war. Auch im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren beruft sich der Antragsteller nicht auf Erinnerungslücken, sondern trägt vielmehr vor, er hätte Angaben zum Fahrer machen können, wäre er nur danach gefragt worden.

Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er nicht nach dem Fahrer befragt worden sei. Dem Antragsteller ging unstreitig der Anhörungsfragebogen des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts zu; der Antragsteller machte darauf auch Angaben zur Verwendung des Fahrzeugs. Aus den im Formular unter der Überschrift „Angaben zur Sache“ aufgenommenen Fragen, ob der angeschriebene Halter der verantwortliche Fahrzeugführer sei, ob der Verkehrsverstoß zugegeben werde und wenn nicht, aus welchen Gründen, ist ersichtlich, dass damit der Halter nach den ihm bekannten Umständen des Verkehrsverstoßes befragt werden soll. Dem Zweck der Befragung entsprechend ist offensichtlich, dass damit auch Angaben dazu erbeten werden, wer Fahrer des Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt war oder wer dafür in Betracht kommt. Einer ausdrücklichen Frage nach dem Fahrer bedarf es nicht (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 4.12.2003 – 12 LA 442/03 – Rn. 5).

Auch im Übrigen bestehen im Hinblick auf die Angemessenheit der polizeilichen Aufklärungsmaßnahmen keine Bedenken. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Polizei aufgrund der Angaben des Antragstellers ihre Ermittlungen auf den Bruder des Antragstellers konzentrierte. Der Antragsteller hatte auf dem Anhörungsfragebogen bei den Angaben zur Sache vermerkt, dass das Kraftfahrzeug „verwendet bzw. überlassen an“ seinen Bruder sei. Da das Tatfoto von relativ schlechter Qualität war, ließ auch der Vergleich mit dem Foto des Bruders diesen nicht als Fahrer ausscheiden. Auch gab der Bruder des Antragstellers noch bei Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid lediglich an, er könne sich nicht vorstellen, die zulässige Geschwindigkeit um 36 km/h überschritten zu haben; die Verwendung des Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt wurde demgegenüber nicht bestritten. Auch das Vorbringen des Antragstellers, er habe bei der Anhörung durch das Polizeiverwaltungsamt gar nicht behauptet, dass sein Bruder der Fahrer gewesen sei, führt zu keiner anderen Bewertung. Der Antragsteller hat auf dem Anhörungsbogen bei den Angaben zur Sache die Verwendung bzw. Überlassung des Fahrzeugs an seinen Bruder angezeigt; dass diese Angabe vom Polizeiverwaltungsamt als Hinweis auf den möglichen Fahrer interpretiert wurde, ist naheliegend und begegnet keinen Bedenken. Wenn der Antragsteller zum Ausdruck hätte bringen wollen, dass das Fahrzeug seinem Bruder zwar überlassen, der Fahrer jedoch eine andere Person gewesen sei, wäre von ihm ein diesbezüglicher Hinweis zu erwarten gewesen. Die Polizei hat damit in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen getroffen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht wurden und erfahrungsgemäß hätten Erfolg haben können.

Der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller im Verfahren gegen seinen Bruder von seinem Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs nicht verlangen kann, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er von einem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Mit der Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuches bleibt das Recht des Betroffenen gewahrt, sich selbst oder andere nicht bezichtigen zu müssen. Aus der für sich gesehen rechtmäßigen Handlungsweise des Betroffenen darf freilich in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden, dass er auch bei künftigen Verstößen – seien sie von ihm, seien sie von anderen begangen – von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen wird. Das damit verbundene Risiko, dass derartige zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung nicht von Verfassung wegen hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren namentlich für die anderen Verkehrsteilnehmer im allgemeinen Interesse vorzubeugen. Ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht daher nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen, die auch der Antragsteller für sich gegenüber anderen in Anspruch nimmt (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.1999 – 3 B 96/99 – juris Rn. 3; B.v. 22.6.1995 – 11 B 7/95 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 23.2.2009 – 11 CS 08.2948 – juris, m.w.N.; ständige Rspr. der Kammer, vgl. zuletzt B.v. 10.1.2014 – M 23 S 13.5106).

Auch soweit der Antragsteller nun vorträgt, die Wahrnehmung des Zeugnisverweigerungsrechts zum Schutze seines Bruders im Verfahren gegen diesen habe nichts mit seinem Aussageverhalten in einem Verwaltungsverfahren zu tun, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Die nachträgliche Benennung des verantwortlichen Fahrzeugführers lässt das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht entfallen, da es hierfür darauf ankommt, dass die maßgebliche Verjährungsfrist für die begangene Ordnungswidrigkeit noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 6.10.1997 – 11 B 96.4036 – BayVBl 1998, 152).

Das Landratsamt hat auch von dem ihm bei der Entscheidung über die Anordnung zustehenden Ermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.

Wie aus den Gründen des angefochtenen Bescheids erkennbar ist, wurde gesehen, dass es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt, und es erfolgte eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Maßnahme. Mit der präventiven Zielsetzung, künftige Verkehrsverstöße dadurch zu vermeiden, dass der jeweilige Fahrer mit einer leichten Aufklärbarkeit des Verstoßes rechnen muss, wird ein legitimer Zweck verfolgt. Die Fahrtenbuchauflage ist hierzu geeignet, erforderlich sowie als angemessene Maßnahme anzusehen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Insbesondere verstößt die Auferlegung eines Fahrtenbuchs auch dann nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn es sich um einen erstmaligen Verstoß gehandelt hat. Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor diesem Hintergrund vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage ist daneben das Verhalten zu würdigen, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2011 – 11 CS 11.1548 – juris). Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Um dies effektiv zu erreichen, ist eine gewisse Mindestdauer der Führung des Fahrtenbuchs erforderlich. Demnach ist auch die Dauer der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs von einem Jahr im Fall des Antragstellers nicht als unverhältnismäßig zu beanstanden. Der Antragsteller hat vorliegend zwar zunächst auf den Anhörungsfragebogen Angaben zur Verwendung des Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt gemacht; im Bußgeldverfahren gegen seinen Bruder hat er jedoch von seinem Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Weiter lässt sein jetziges Vorbringen im Verwaltungsstreitverfahren darauf schließen, dass er bei seiner Anhörung wegen des Verkehrsverstoßes weitere ihm mögliche Angaben zum Fahrzeugführer unterlassen hat. Der mit dem Fahrzeug des Antragstellers begangene Verkehrsverstoß in Form der Geschwindigkeitsüberschreitung von 36 km/h ist so erheblich, dass er die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage von einem Jahr Dauer rechtfertigt (vgl. VGH BW, B.v. 30.10.1991 – 10 S 2544/91 – juris Rn. 7 f.). Das Landratsamt hat die Dauer der Anordnung mit Blick auf die Schwere des Verstoßes begründet, wie sich aus den Gründen in Nr. 2.5 des Bescheids ergibt.

Auch aus dem zwischen dem Verkehrsverstoß am ... Juli 2013 und der Anordnung der Führung eines Fahrtenbuchs am ... Juli 2014 verstrichenen Zeitraum folgen keine Bedenken gegen die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuchs. Zwar ist denkbar, dass für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung der zwischen der Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum relevant sein kann (vgl. BVerwG, B v. 16.12.1991 – 3 B 108.91 – juris Rn. 3) und eine Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr nach Ablauf eines erheblichen Zeitraums als unverhältnismäßig anzusehen ist. Welche Fristen hierfür in Erwägung zu ziehen sind, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten. Dabei sind etwa die Dauer der notwendigen Ermittlungen, die Geschäftsbelastung der betroffenen Behörde und das Verhalten des Fahrzeughalters zu berücksichtigen (BVerwG, B.v. 16.12.1991 – 3 B 108.91 – juris Rn. 3). Vorliegend haben die Ermittlungen und der (rechtskräftige) Abschluss des Bußgeldverfahrens gegen den Bruder des Antragstellers bis zum 21. Februar 2014 angedauert; mit Schreiben vom 14. April 2014, beim Landratsamt eingegangen am 23. April 2014, bat das Bayerische Polizeiverwaltungsamt das Landratsamt um Prüfung, ob die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden könne. Angesichts dieser Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Landratsamt das Verwaltungsverfahren zur Anordnung der Fahrtenbuchauflage zögerlich bearbeitet hat. Auch die gesamte Zeitspanne zwischen der Begehung des Verkehrsverstoßes und dem Erlass des Bescheids von etwa einem Jahr kann nicht als derart erheblich angesehen werden, dass sich schon deswegen die erlassene Fahrtenbuchauflage als unverhältnismäßig darstellte (vgl. etwa OVG Lüneburg, U.v. 23.1.2014 – 12 LB 19/13 – juris Rn. 17; B.v. 23.8.2013 – 12 LA 156/12 – juris Rn. 5). Anhaltspunkte dafür, dass die Fahrtenbuchanordnung zwischenzeitlich funktionslos geworden sein oder eine Verwirkung vorliegen könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auch die weitere Anordnung im angefochtenen Bescheid zum Übergang auf Nachfolgefahrzeuge gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom ... Juli 2014 leidet auch nicht unter formellen Mängeln.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht die vorherige Anhörung des Betroffenen hierzu voraus (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2014, § 80 Rn. 257 ff.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 81 f., Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 41, jeweils mit umfangreichen Nachweisen der Rechtsprechung). Da die Vollziehbarkeitsanordnung kein Verwaltungsakt im Sinne der Art. 1 Abs. 1, Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ist, kann Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG nicht die Notwendigkeit einer vorherigen Anhörung begründen. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift scheitert zunächst an der fehlenden planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Insoweit ist davon auszugehen, dass in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO die formellen Voraussetzungen einer Vollziehbarkeitsanordnung abschließend geregelt sind. Weiter fehlt es an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen zwischen dem geregelten und dem nicht geregelten Fall. So dient die Regelung in Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG der Sicherung und Verwirklichung des materiellen Rechts, nämlich dem Betroffenen zu ermöglichen, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen der beabsichtigten Regelung des Verwaltungsakts zu äußern. Das Suspensionsinteresse und das Vollziehungsinteresse sind vorgeprägt; ein zusätzlicher Bedarf für eine Anhörung in Bezug auf die Vollziehbarkeitsanordnung fehlt in aller Regel. Anhaltspunkte für einen etwaigen Ausnahmefall (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2014, § 80 Rn. 259) sind vorliegend nicht erkennbar. Vor dem Erlass der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs wurde der Antragsteller angehört; mit der Möglichkeit einer Vollziehbarkeitsanordnung muss gerechnet werden, so dass sich der Antragsteller sich auch dazu hätte äußern können.

Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem angefochtenen Bescheid genügt den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist dargelegt worden, weshalb dem Interesse, vorläufig von der Führung eines Fahrtenbuchs verschont zu bleiben, der Nachrang gegenüber den Interessen der Allgemeinheit gebührt, dass künftig erhebliche Verkehrsverstöße unterbleiben oder jedenfalls geahndet werden können. § 31a StVZO gehört zu den Vorschriften, bei denen zur Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter, nämlich die Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr, das besondere öffentliche Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts zusammenfällt und sich die Behörde bei der Abwägung der Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken kann, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (BayVGH, B.v. 17.7.2002 – 11 CS 02.1320 – juris; VGH BW, B.v. 17.11.1997 – 10 S 2113/97NZV 1998, 126 m.w.N.). Dementsprechend ist auch den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bei der Anordnung des Sofortvollzugs einer Fahrtenbuchauflage bereits dann genügt, wenn die Begründung der Anordnung erkennen lässt, dass die Behörde diese Gesichtspunkte bei ihrer Interessenabwägung berücksichtigt hat (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2002 a.a.O). Dies ist bei den Gründen des angefochtenen Bescheids der Fall. Besondere Umstände, die zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, sind im Fall des Antragstellers nicht ersichtlich.

Nach alledem war der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt die Empfehlungen im Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 46.11).