OLG Naumburg, Urteil vom 06.02.2014 - 2 U 50/13
Fundstelle
openJur 2015, 22633
  • Rkr:

1. Der Erlass eines Teilurteils über eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung ist zulässig, ohne zugleich ein Grundurteil hinsichtlich einer Zahlungsverpflichtung zu erlassen.

2. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 EEG 2004 ist hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Lieferung von Strom an Letztverbraucher dahin auszulegen, dass als Letztverbraucher auch verbundene Unternehmen anzusehen sind.

3. Vorm Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 EEG 2004 sind diejenigen Strommengen aus-genommen, die vom Letztverbraucher selbst erzeugt und verbraucht werden (sog. "Eigenstrom"). Einer Identität zwischen Energieerzeuger und Letztverbraucher steht es nicht gleich, wenn eine vorübergehende (mehrere Jahre andauernde) Änderung der Unternehmensstruktur durch Aufspaltung in mehrere rechtlich selbständige Unternehmungen erfolgt, die einzelnen Unternehmungen aber wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch eng verbunden sind.

4. Die in § 14 EEG 2004 bzw. § 14a EEG 2006 geregelten Fristen für die Geltendmachung der Ansprüche des Belastungsausgleichs gegenüber dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind keine materiell-rechtlichen Ausschlussfristen.

5. Zu den prozessualen Auswirkungen der Eröffnung eines beihilferechlichen Prüfverfahrens durch die Europäische Kommission nach Art 108 Abs. 2 AEUV.

6. Hat der Gesamtspruchkörper eines Kollegialgerichts mit allen Richtern, die an der letzten mündlichen Verhandlung mitgewirkt haben, über das Urteil beraten und abgestimmt, so kann über die Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aus Anlass des Eingangs eines nicht nachgelassenen Schriftsatzes vor der Verkündung im Falle der Verhinderung eines dieser Richter (hier: wegen zwischenzeitlichen Senatswechsels) der Spruchkörper in der verbleibenden Besetzung entscheiden.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04. März 2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil des Landgerichts sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Prozessparteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Teilnahme am EEG-Belastungsausgleich für den Zeitraum vom 01.08.2004 bis zum 31.12.2008. Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über den Umfang der Stromlieferungen eines ehemals verbundenen, nunmehr auf die Beklagte verschmolzenen Unternehmens an Letztverbraucher einschließlich der Beibringung von entsprechenden Bescheinigungen eines Wirtschafts- bzw. vereidigten Buchprüfers, um anschließend einen Anspruch auf Abnahme und Vergütung von Strom zum Vollzug des Belastungsausgleichs geltend machen zu können.

Die Klägerin ist die für den Betrieb der Übertragungsnetze regelverantwortliche Netzbetreiberin, d.h. sie betreibt in ihrer Regelzone, welche u.a. auch die Landesgebiete von Sachsen und Sachsen-Anhalt umfasst, die Elektrizitätsnetze der höchsten Spannungsebene.

Die Beklagte ist ein Unternehmen, welches an zwei Standorten (in S. und P.) Braunkohle-Tagebaue betreibt, zudem in deren unmittelbaren Nähe drei Braunkohle-Kraftwerke (in W., D. und M.) und ein eigenes Stromverteilernetz. Das Unternehmen gehört zu einem Konzernverbund, welcher im hier maßgeblichen Zeitraum vom 01.08.2004 bis zum 31.12.2008 u.a. wie folgt strukturiert war: Zum Unternehmensverbund gehörte die ... GmbH & Co. KG (künftig: KG); als deren Geschäftsfelder wurden die Stromerzeugung, der Betrieb eines Stromverteilnetzes und der Stromvertrieb bestimmt. Die Beklagte veräußerte an die KG ihre drei o.g. Kraftwerke, um sich Kapital zur Sanierung der Tagebaubetriebe zu verschaffen, wobei ein Rückkauf der Anlagen zum 31.12.2008 vorgesehen und zu diesem Zeitpunkt auch vollzogen wurde. Mit der ... Betriebs GmbH (künftig: Betriebs GmbH) wurde zugleich ein Dienstleistungsunternehmen geschaffen, welches bis zum 31.12.2008 den Betrieb der Kraftwerke gewährleistete. Schließlich wurde der ... Vertriebs GmbH (künftig: Vertriebs GmbH) der Vertrieb des von der KG produzierten Stroms bis zum 31.12.2008 übertragen. Die Kernaufgabe der Beklagten bestand in dieser Zeit im Betrieb der Braunkohle-Tagebaue. Mit Wirkung zum 01.01.2009 gingen die Verbindlichkeiten der Vertriebs GmbH wegen der Verschmelzung beider Unternehmen auf sie über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).

Wesentliche Grundlage der Tätigkeit der Vertriebs GmbH waren zwei Vertragsverhältnisse. Zwischen der KG (laut Vertragseingang "... als Eigentümerin und Betreiberin der Industriekraftwerke ...") und der Vertriebs GmbH wurde am 01.07.1995 ein Vertrag über die vollständige Abnahme des von der KG netto erzeugten Stroms für die Zeit bis zum 31.12.2008 (Anlage B 8) geschlossen. Nach § 5 des Vertrags - Regelungen zum Energiepreis - war vorgesehen, dass ein Leistungspreis, welcher auf der Grundlage der kalkulatorischen Kapitalkosten zzgl. der variablen Kosten des Kraftwerkbetriebs der KG bestimmt wurde (Nr. 1), und ein Arbeitspreis, welcher die Kosten des primären Energieeinsatzes der KG decken sollte (Nr. 2), von der Vertriebs GmbH zu zahlen war, was insgesamt zu einem deutlich über den Marktpreisen liegenden Einkaufspreis der Vertriebs GmbH für den abzusetzenden Strom führte. In § 9 des Vertrags war u.a. ein Ausschluss der Haftung der KG für Einschränkungen oder bei Unmöglichkeit der Energielieferungen geregelt. Im Hinblick auf den Verkauf übernahm die Vertriebs GmbH den ursprünglich zwischen Betriebs GmbH und der Beklagten geschlossenen Energieliefervertrag vom 01.07.1994, ergänzt am 12.06.1995 und am 01.07.1995 (Anlage B 10) über den Strombezug der Beklagten bis zum 31.12.2009. Danach verpflichtete sich die Vertriebs GmbH, den Großteil des von der KG bezogenen Stroms an die Beklagte zum Betrieb der Tagebaue zu liefern. Nach Art. 3 i.V.m. Anlage 2 "Energiepreisregelung" <3. Fassung, Stand 01.07.1995> war als Entgelt ein über dem Marktpreis liegender Preis zu zahlen, welcher als Mischpreis unabhängig von Spannungsebenen kalkuliert war. Der Stromlieferantin war zunächst ein einseitiges Preisanpassungsrecht eingeräumt worden, welches durch den Nachtrag Nr. 7 vom 28.11.2002 entfiel; ab dem 01.01.2003 wurde ein Festpreis oberhalb des Marktpreises vereinbart, der jedenfalls in den Jahren 2005 und 2006 für die Vertriebs GmbH nicht kostendeckend war (vgl. Anlage B 11). Die restlichen Teilmengen des von der KG abgenommenen Stroms wurden von der Vertriebs GmbH an weitere konzernverbundene Unternehmen sowie auch an Dritte verkauft; insoweit ist zur Preisgestaltung nichts vorgetragen worden. Ein geringerer Teil des abgenommenen Stroms wurde jedenfalls auch zu Marktpreisen verkauft.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abnahme und Vergütung von Strom im Rahmen des bundesweiten Belastungsausgleichs nach dem EEG geltend gemacht.

Die Beklagte hat - sich insoweit der einschlägigen Grundsatz-Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil v. 09.12.2009, VIII ZR 35/09, RdE 2010, 225) folgend - ihre Verpflichtung zur Teilnahme am EEG-Belastungsausgleich ab dem 01.01.2009 vorgerichtlich anerkannt. Hinsichtlich des davor liegenden Zeitraums vom 01.08.2004 bis zum 31.12.2008 beruft sie sich auf eine besondere tatsächliche Konstellation und letztlich auf die Zulässigkeit der Inanspruchnahme des sog. Eigenstrom-Privilegs, wonach von der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 derjenige Strom ausgenommen sei, der vom Stromlieferanten nicht "an andere" abgegeben, sondern "selbst erzeugt und verbraucht" werde.

Die Beklagte hat weiter verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick darauf geäußert, dass eine Verurteilung im vorliegenden Rechtsstreit dazu führe, dass sie - anders als die Beklagte in dem vom Bundesgerichtshof im Jahr 2009 entschiedenen Rechtsstreit - keinen Antrag auf Befreiung i.S. von § 66 Abs. 5 EEG 2009 mehr stellen könne, so dass sie nunmehr die erheblichen Belastungen wirtschaftlich zu tragen habe, während andere Unternehmen, deren Verpflichtung zur Teilnahme am Belastungsausgleich von Anfang an festgestanden habe, einen entsprechenden Antrag rechtzeitig hätten stellen können.

Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben sowie - hilfsweise - die Einwendung der Verwirkung geltend gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat - entsprechend dem Antrag der Klägerin im Termin der mündlichen Verhandlung (vgl. GA Bd. I Bl. 170 und LGU S. 4) - der Auskunftsklage (1. Stufe) stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass für die Pflicht zur Teilnahme am Belastungsausgleich nicht nur die Lieferungen von Strom, welcher aus einem Netz für die allgemeine Versorgung bezogen wird, abzustellen ist, sondern auch auf den außerhalb eines solchen Netzes erzeugten und an Letztverbraucher gelieferten Strom. Die Vertriebs GmbH habe weder Strom selbst erzeugt noch selbst verbraucht. Die Lieferung von Strom an verbundene Unternehmen könne der Eigenversorgung nicht gleichgestellt werden. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sei weder wegen Versäumung der Frist nach § 14 Abs. 3 S. 6 EEG 2004 ausgeschlossen noch dadurch, dass die Beklagte von der Ausgleichsregelung in § 16 EEG 2004 bzw. §§ 40 ff. EEG 2009 nicht mehr profitieren könne. Die Forderungen seien nicht verjährt, weil die Klägerin bislang keine konkrete Kenntnis über Stromlieferungen der Vertriebs GmbH an Letztverbraucher erlangt habe. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Anspruchs seien nicht erfüllt.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 18.03.2013 zugestellte Urteil mit einem am 12.04.2013 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihr bis zum 22.07.2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet.

Sie wiederholt und vertieft ihre Rechtsstandpunkte aus erster Instanz. Insbesondere verweist sie darauf, dass die Vertriebs GmbH ausweislich der Preisgestaltung in den Energieverträgen mit der KG als Erzeugerin einerseits und der Beklagten als Letztverbraucherin andererseits nicht selbständig habe handeln können; sie selbst habe nicht gewinnorientiert tätig werden können und ihre Verluste seien wirtschaftlich von der Beklagten getragen worden. Die KG sei bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht die Betreiberin der Energieerzeugungsanlagen, weil alle wirtschaftlichen Risiken letztlich von der Beklagten getragen worden seien. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise werde bestätigt durch die steuerliche Behandlung des Konzernverbunds als sog. Organschaft wegen der engen gegenseitigen finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Beziehungen der einzelnen Unternehmen.

Die Beklagte regt die Zulassung der Revision an, weil die Rechtsfrage, ob der Begriff des Eigenstroms in einer Konstellation wie hier trotz fehlender Personenidentität zwischen Stromlieferant und Letztverbraucher anwendbar sei, von grundsätzlicher Bedeutung sei, verfassungsrechtliche Fragen aufwerfe und in einer Vielzahl von gleichartigen Rechtsstreitigkeiten auftreten werde. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat sie eine Aussetzung des Rechtsstreits und eine Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union zu der Frage angeregt, ob das System des horizontalen Belastungsausgleichs, wie es seit dem EEG 2004 vom Gesetzgeber konstruiert worden sei, als notifizierungsbedürftige Beihilfe i.S. von Art. 107 f. AEUV anzusehen sei. Insoweit hat sie die Auffassung vertreten, dass eine am 18.12.2013 anstehende Eröffnung eines entsprechenden Prüfungsverfahrens die nationalen Gerichte zur Aussetzung bzw. zur eigenen Vorlage verpflichte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.

Der Senat hat am 18.12.2013 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen. Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage ist insbesondere auch die am selben Tag erfolgte Eröffnung des Beihilfeverfahrens durch die Europäische Kommission gegen Deutschland gewesen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskunftserteilung i.S. von § 14a Abs. 5 EEG 2006 sowie einen Anspruch auf Bescheinigung der vorgenannten Endabrechnungen durch einen Wirtschaftsprüfer bzw. einen vereidigten Buchprüfer i.S. von § 14a Abs. 7 EEG 2006, jeweils wie ausgesprochen, hat.

I. Die angefochtene Entscheidung ist in prozessrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten musste das LG seine Verurteilung zur Auskunftserteilung und Vorlage von Bescheinigungen nicht mit einem Grundurteil verbinden. Der Erlass eines Teilurteils über die Auskunftsstufe ist zulässig, ohne zugleich ein Grundurteil zu erlassen. Das Teilurteil über die Auskunft enthält keine rechtskräftige Feststellung zum Grund des Leistungsanspruchs; insoweit müsste Zwischenfeststellungsantrag gestellt werden, was hier nicht geschehen ist (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2013, § 254 Rn. 9 m.w.N.). Wegen der eingeschränkten Rechtskraftwirkung der Verurteilung zur Auskunft ist es ausgeschlossen, dass dieses Teilurteil im Widerspruch zu der Entscheidung des Gerichts über die 2. Stufe der Klage stehen kann. Hier war der Erlass eines Grundurteils jedoch auch nach § 308 Abs. 1 ZPO unzulässig. Die Klägerin hat im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nur den Antrag der 1. Stufe gestellt, nicht den Leistungsantrag der 2. Stufe (vgl. Protokoll v. 08.10.2012, GA Bd. I Bl. 170). Eine hiervon abweichende Antragstellung ist nicht erfolgt, so dass eine Entscheidung über den Anspruchsgrund auch nicht ergehen durfte.

2. Der Urteilsausspruch entspricht dem gestellten Antrag und bezeichnet das vom Landgericht Gewollte zutreffend. Unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe soll sich die zu erteilende Auskunft auf den Umfang der Stromlieferungen gerade der Vertriebs GmbH im genannten Zeitraum beziehen. Die Beklagte selbst war zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht als Stromlieferantin tätig und wird von der Klägerin nunmehr als Rechtsnachfolgerin der Vertriebs GmbH im Hinblick auf die Wirkungen der Unternehmensverschmelzung in Anspruch genommen. Zutreffend sind als Gegenstand der zu erteilenden Auskunft alle Stromlieferungen "an Letztverbraucher, seien es verbundene Unternehmen oder Dritte", benannt; damit besteht keine Unklarheit darüber, dass auch Auskünfte über Stromlieferungen innerhalb des Konzerns erteilt werden sollen.

II. Allerdings sind auf den zu entscheidenden Sachverhalt die Vorschriften des § 14a Abs. 5 und Abs. 7 EEG 2006 unmittelbar lediglich für die Zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2008 anzuwenden. Die Vorschrift des § 14a EEG 2006 ist erst durch das Gesetz vom 07.11.2006 (BGBl. I 2550) in das geltende EEG 2004 eingefügt worden und am 01.12.2006 in Kraft getreten. Für den Zeitraum vom 01.08.2004 bis zum 30.11.2006 war eine Auskunftspflicht nicht normiert; sie bestand gleichwohl als eine Nebenpflicht eines nach § 14 Abs. 3 EEG 2004 zur Teilnahme am Belastungsausgleich verpflichteten Elektrizitätsversorgungsunternehmen (vgl. nur OLG Naumburg, Urteil v. 22.12.2011, 2 U 89/11, ree 2012, 34 zu einer § 14a Abs. 2 Nr. 3 EEG 2004 entsprechenden Auskunftspflicht). Hierüber besteht auch zwischen den Prozessparteien kein Streit.

III. Die Vertriebs GmbH, als deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte von der Klägerin auf Auskunftserteilung und auf Vorlage von Bescheinigungen in Anspruch genommen wird, war im Zeitraum vom 01.08.2004 bis zum 31.12.2008 ein nach § 14 Abs. 3 EEG 2004 zur Teilnahme am Belastungsausgleich verpflichtetes Elektrizitätsunternehmen; dabei sind als der "an Letztverbraucher gelieferte" Strom sowohl die Strommengen zu berücksichtigen, welche die Vertriebs GmbH an verbundene Unternehmen, darunter die Beklagte als Betreiberin der Tagebaue, lieferte, als auch die an außerhalb des Konzernverbunds stehende Dritte gelieferten Strommengen.

1. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 ist hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Lieferung von Strom an Letztverbraucher dahin auszulegen, dass als Letztverbraucher auch verbundene Unternehmen und in der hier vorliegenden Konstellation insbesondere die (damalige) Beklagte und die Betriebs GmbH anzusehen sind.

a) Die vom Landgericht zutreffend vorgenommene Gesetzesauslegung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Bei rein formaler Betrachtung "lieferte" die Vertriebs GmbH als ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen Strom u.a. auch an die Beklagte. Unter Lieferung von Strom ist im Wortsinn die physikalische Übertragung und Bereitstellung von Spannungszuständen an eine rechtlich selbständige Person zu verstehen (vgl. zum Begriff der "Lieferung" nach Art. 2 Nr. 16 Binnenmarkt-RL Elektrizität 1997; auch Salje, EEG 2004, 4. Aufl. 2007, § 14 Rn. 114). Das Verhältnis zwischen Vertriebs GmbH und der Beklagten erfüllt auch die (weiter gehenden) Anforderungen des neueren Begriffs der "Versorgung" i.S. von Art. 2 Nr. 19 RL-Elt 2003 (vgl. ebenda), denn die Vertriebs GmbH leitete den Strom nicht nur weiter, sondern veräußerte ihn auch an die Beklagte auf der Grundlage eines Energieliefervertrages (Anlage B 10). Hierfür ist die Art der Preisgestaltung des Liefervertrages ohne Bedeutung.

b) Die Prozessparteien gehen auch übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass es für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 unerheblich ist, ob das vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Lieferung genutzte Verteilnetz ein Netz für die allgemeine Versorgung ist oder - wie hier ganz überwiegend - ein sog. Arealnetz (vgl. BGH, Urteil v. 09.12.2009, VIII ZR 35/09, RdE 2010, 225, in juris Tz. 14 ff.).

c) Die (damalige) Beklagte und andere mit der Vertriebs GmbH verbundene Unternehmen waren auch "Letztverbraucher". Das sind nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 17 EnWG a.F. (entspricht § 3 Nr. 25 EnWG n.F.) natürliche oder juristische - d.h. selbständige, vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen verschiedene - Personen, die Energie zum eigenen Verbrauch - d.h. nicht zur Weiterleitung an Dritte - erwerben. Insbesondere nahm auch die Beklagte den von der Vertriebs GmbH an sie gelieferten Strom für sich selbst in Anspruch, also zum Eigenverbrauch in den von ihr betriebenen Tagebauen. Der Verbrauch von elektrischer Energie ist ein rein tatsächlicher Vorgang, der durch die Betätigung von elektrischen Geräten stattfindet; auf die Art und Qualität der zugrunde liegenden rechtlichen Beziehungen kommt es hierfür nicht an. Danach sind rechtlich selbständige Unternehmen auch dann (eigenständige) Letztverbraucher, wenn sie als verbundene Unternehmen der Lieferantin anzusehen sind (vgl. BGH, a.a.O., in juris Tz. 23 f.).

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der erkennende Senat anschließt, sind diejenigen Strommengen vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 ausgenommen, welche nicht an andere abgegeben, sondern vom Letztverbraucher selbst erzeugt und selbst verbraucht werden (sog. "Eigenstrom", vgl. BGH, a.a.O., in juris Tz. 24). Diese Bereichsausnahme ist für den von der (damaligen) Beklagten verbrauchten Strom nicht einschlägig.

a) Allerdings ist die Nichtanwendbarkeit des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 in diesem Gesetz selbst nicht ausdrücklich normiert. Das sog. "Eigenstrom-Privileg" ergibt sich für das EEG 2004 vor allem aus den Gesetzesmaterialien und der Gesetzesgenese.

Bei Einführung des Belastungsausgleichs mit dem EEG 2000 erfolgte eine entsprechende Klarstellung des Gewollten in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/810, S. 5: "Stromverbrauch aus Eigenerzeugung ... wird nicht berücksichtigt, da dieser Strom nicht in den Ausgleichsmechanismus einbezogen ist."). Anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum EEG 2004 kam der Wille zur Beibehaltung des Eigenstrom-Privilegs nur noch im Zusammenhang mit der Begründung der neuen Regelung in § 14 Abs. 7 EEG 2004 zum Ausdruck. Die genannte Vorschrift, welche der Verhinderung einer missbräuchlichen Umgehung der Teilnahmeverpflichtung durch den unmittelbaren Import von Strom aus dem Ausland zu dienen bestimmt war und hierfür den Letztverbraucher einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Inland gleich stellte, sollte gerade keine Auswirkungen auf den Strom haben, welcher als Eigenstrom erzeugt wird (vgl. BT-Drs. 15/2864, S. 49 re. Sp. zu Absatz 7: "... Dieser ist auch zukünftig nicht erfasst."). In der Gesetzesbegründung zum EEG 2009 wird am Eigenstrom-Privileg inhaltlich festgehalten (BT-Drs. 16/8148, S. 90: "Strom, den Letztverbraucher für sich selbst erzeugen, ist nach dem Gesetzesentwurf wie schon nach geltendem Recht nicht in den EEG-Belastungsausgleich einbezogen."). Erst mit dem EEG 2012 hat der Gesetzgeber das Eigenstrom-Privileg ausdrücklich normiert, dann jedoch mit erheblichen Einschränkungen (vgl. § 37 Abs. 3 S. 2 EEG 2012: "Betreibt ... der Letztverbraucher die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger und verbraucht den erzeugten Strom selbst, so entfällt für diesen Strom der Anspruch des Übertragungsnetzbetreibers auf Zahlung der EEG-Umlage ..., sofern der Strom 1. nicht durch ein Netz durchgeleitet wird oder 2. im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht wird.")

b) Bei dem von der damaligen Beklagten verbrauchten Strom handelte es sich bei formaler Betrachtung nicht um "eigen erzeugten" Strom; der Strom wurde vielmehr von der - rechtlich selbständigen - KG unter Einsatz der Betriebs GmbH als Dienstleistungsunternehmen erzeugt und von der Vertriebs GmbH an die Beklagte weitergeleitet. Im Rechtsverkehr, etwa in dem Energievertrag mit der Vertriebs GmbH, trat die KG als Eigentümerin der Kraftwerke auf; diese Rechtsposition hatte sie durch den Erwerb der Kraftwerke aus dem Vermögen der damaligen Beklagten erlangt (vgl. zum Begriff des Anlagenbetreibers BGH, Urteil v. 14.07.2004, VIII ZR 356/03, RdE 2004, 300). Die fehlende personelle Identität zwischen Energieerzeugerin (KG) und Letztverbraucherin (insbesondere der damalige Beklagte) stellt die Beklagte im Rechtsstreit auch nicht in Abrede.

c) Soweit die Beklagte geltend macht, dass die bisher in der Rechtsprechung ausschließlich angewandte formale Betrachtungsweise in der vorliegenden Konstellation, in der lediglich eine vorübergehende Änderung der Unternehmensstruktur durch Aufspaltung in mehrere rechtlich selbständige Unternehmungen erfolgte und die verbundenen Unternehmen wegen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfungen gleichwohl als Einheit zu betrachten seien, zu unbilligen Ergebnissen führe, mag es sich dabei zwar um gewichtige Aspekte handeln, die eine andere gesetzliche Regelung rechtfertigen könnten, sie haben jedoch letztlich gerade nicht zu einer entsprechenden Regelung durch den Gesetzgeber geführt; ein entsprechender Rechtsetzungswille ist auch im Wege der Auslegung nicht erkennbar.

aa) Der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 liegt der zivilrechtliche Unternehmensbegriff des § 14 BGB zugrunde, d.h., dass es für die Frage, ob neben dem Letztverbraucher ein ihn belieferndes Elektrizitätsversorgungsunternehmen existiert, allein auf die Fähigkeit des zuletzt genannten Unternehmens ankommt, selbständiger Träger von subjektiven Rechten sein zu können. Diese Eigenschaft besitzt die Vertriebs GmbH. Die (z.T. vorübergehende) Aufspaltung des Konzerns und die Gründung rechtlich selbständiger Konzerneinheiten, darunter der Vertriebs GmbH und der (damalige) Beklagte, erfolgte bewusst und mit der Zielstellung, solche als vorteilhaft bewertete Rechtswirkungen für die Erhaltung des Tagebaubetriebes (Kapitalzufluss und Auslagerung "fremder" wirtschaftlicher Risiken), für die Akquise von Investoren (Schaffung der KG als risikoärmeres Anlageobjekt) oder für steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zu erzeugen.

bb) Der Wortlaut des § 14 Abs. 3 EEG 2004 bietet, wie vorausgeführt, schon keine Anhaltspunkte für eine Bereichsausnahme, jedenfalls aber keine Anhaltspunkte für eine "erweiterte" Bereichsausnahme, wie sie von der Klägerin hier geltend gemacht wird und für die in der Literatur z.T. der Begriff des "industriellen Eigenverbrauchs" verwendet wird. Soweit der Gesetzgeber in § 110 Abs. 3 EnWG a.F. im Zusammenhang mit den Regelungen über Arealnetze eine Legaldefinition des Begriffs der "Eigenversorgung" vorgesehen hat, werden hierdurch die spezielleren Normen des EEG 2004 nicht verdrängt (vgl. BGH, a.a.O., in juris Tz. 27).

cc) Im Rahmen der Neuregelung des EEG 2009, bei der - wie vorausgeführt - hinsichtlich des sog. Eigenstrom-Privilegs das bisher geltende Recht (d.h. das EEG 2004) beibehalten werden sollte, wurde die vom Bundesrat zweimal vorgeschlagene und ausführlich begründete Privilegierung des sog. industriellen Eigenverbrauchs (vgl. nur BT-Drs. 16/8148, S. 90 li. Sp.: "... Mit der Erzeugung durch den Letztverbraucher sollten Fälle gleichgestellt werden, in denen eine ausgegliederte Tochtergesellschaft, ein Contracting-Unternehmen, ein Industriepark- Infrastrukturbetreiber o.Ä. die Erzeugung und Versorgung für einen oder mehrere feststehende oder bestimmbare Letztverbraucher übernimmt. Hierbei handelt es sich meist um Stromerzeugung in sehr effizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Eine Belastung dieses Stroms mit der EEG-Umlage würde die Attraktivität solcher Anlagen spürbar reduzieren und stünde daher in Widerspruch zur Zielsetzung des Integrierten Energie- und Klimaprogramms der Bundesregierung, zur Minderung der CO2-Emissionen die Energieerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auszubauen. ...") ausdrücklich und mit Gründen abgelehnt (vgl. BT-Drs. 16/8393, S. 3 re. Sp.: "... Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt. ... Eine solche Ausnahme ist missbrauchsanfällig und kann bei den übrigen Stromverbrauchern zu zusätzlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro jährlich führen. Dies betrifft besonders den Mittelstand und kleine Gewerbetreibende mit einem erheblichen Stromverbrauch, aber auch alle anderen Stromkunden. Darüber hinaus schafft die Begünstigung von Objektnetzen Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen, die Strom von normalen Versorgungsunternehmen beziehen, und solchen, die einen Direktlieferanten mit eigenem Netz haben."). Bei der Einführung der Regelung des § 37 EEG 2012 ist dieser gleich gebliebene gesetzgeberische Wille, wonach der dem Eigenstrom-Privileg unterfallende Stroms durch dieselbe juristische Person erzeugt werden muss, die auch Letztverbraucher ist, ausdrücklich geäußert worden (vgl. BT-Drs. 17/6071, S. 83 li. Sp.).

dd) Nach der Systematik und dem Zweck der Regelungen zum Belastungsausgleich ist davon auszugehen, dass grundsätzlich möglichst alle Stromlieferungen einbezogen werden sollten (sog. Gemeinlastprinzip), um die Belastungen für den einzelnen Stromkunden so gering wie möglich zu halten und deshalb, weil ein Anreiz zur Energieeinsparung zur Reduzierung der klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung nur von einer Verteuerung des Stroms bei allen Elektrizitätsversorgungsunternehmen ausgeht. Die u.U. notwendigen Ausnahmen von der EEG-Umlage für die Industrie sollten nicht über eine abstrakte Regelung (z. Bsp. i.S. der von der Klägerin geltend gemachten "erweiterten" Bereichsausnahme zu § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004), sondern über eine behördliche Entscheidung im Einzelfall (in dem Verfahren vor der BAFA nach § 16 EEG 2004 bzw. §§ 40 ff. EEG 2009 bzw. §§ 40 ff. EEG 2012) individuell zuerkannt werden.

3. Rechtsfolge der Einbeziehung der Stromlieferungen der Vertriebs GmbH an die Beklagte und andere verbundene Unternehmen als Letztverbraucher sowie an sonstige Letztverbraucher in den Belastungsausgleich nach § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 ist unmittelbar, dass die Beklagte die ursprünglich der Vertriebs GmbH obliegenden Auskunfts- und Testatpflichten gegenüber der Klägerin als regelverantwortliche Übertragungsnetzbetreiberin zu erfüllen hat.

IV. Die von der Beklagten geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht.

1. Die Prozessparteien gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass hinsichtlich der dem o.a. Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Konstellation verfassungsrechtliche Bedenken gegen die formale Betrachtungsweise der Regelung in § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 nicht bestehen und durch die Gesetzesauslegung, wonach Strommengen, welche der Eigenversorgung dienen, anders als solche, welche von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen an ein mit ihm verbundenes Unternehmen geliefert werden, insbesondere auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt ist (vgl. BGH, a.a.O., in juris Tz. 28 ff.). Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, dass es Sache der Betroffenen sei, sich (rechtzeitig) auf eine derartige Regelung einzustellen und nachteiligen Auswirkungen durch eigenes Verhalten zu begegnen. Die Anknüpfung der Teilnahmeverpflichtung am Belastungsausgleich an den Begriff der Lieferung von Strom statt an den Begriff der Erzeugung oder den Begriff des Verbrauchs sei sachlich gerechtfertigt. Eine einschränkende Auslegung der dabei getroffenen generalisierenden und typisierenden Regelung sei nicht veranlasst. Diese Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Sowohl in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen als auch in dem vorliegenden Fall war bzw. ist über die Verpflichtung zur Teilnahme am Belastungsausgleich in bereits abgeschlossenen Abrechnungsperioden - dort im Jahr 2009 über den Zeitraum August 2004 bis Dezember 2006, hier über den Zeitraum August 2004 bis Dezember 2008 - zu entscheiden. In beiden Fällen hatte das jeweils betroffene Elektrizitätsversorgungsunternehmen aufgrund eines Rechtsirrtums zeitnahe Vorkehrungen gegen nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen der Regelung unterlassen. Dies hatte in der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallkonstellation keine Auswirkungen auf das Ergebnis der Gesetzesauslegung. Es erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb die Auslegung einer Gesetzesnorm - wie die Beklagte geltend macht - von dem mehr oder weniger zufälligen Umstand abhängen sollte, ob der Verpflichtete zum Zeitpunkt des Aufdeckens seines (vermeidbaren) Rechtsirrtums noch Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung ihn treffender wirtschaftlicher Nachteile besitzt oder nicht. Die Beklagte ist insoweit anderen Unternehmen gleichgestellt, welche z. Bsp. eine ihnen obliegende Teilnahmeverpflichtung ebenfalls verkannt und deswegen versäumt haben, in ihren Energielieferverträgen mit Letztverbrauchern eine Weiterwälzungsklausel für die EEG-Umlage vorzusehen.

2. Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass sich aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber für die Jahre 2009 bis 2011 die Antragsfrist für das BAFA-Verfahren verlängert und damit den Betroffenen die nachträgliche Inanspruchnahme noch ermöglicht hat (§ 66 Abs. 5 EEG 2009), nicht ohne Weiteres ergibt, dass eine Versagung dieser Möglichkeit für die Jahre 2004 bis 2008 gleichheitswidrig oder sonst verfassungsrechtlich bedenklich sei. Auch insofern liegt ein sachlich rechtfertigender Grund darin, dass die Regelung des § 66 Abs. 5 EEG 2009 Zeiträume betraf, deren Abrechnung im bundesweiten Belastungsausgleich ohnehin noch nicht abgeschlossen war, während ein Wiederaufleben der Antragsfristen für 2004 bis 2008 u.U. zur einer umfangreichen Neuberechnung für bereits abgerechnete Perioden hätte führen können.

3. Die vom Senat vorgenommene Gesetzesauslegung stellt auch keine Maßnahme dar, die zu einer unzulässigen Rückwirkung des § 14 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 führte. Die angewendete Norm ist vor dem hier maßgeblichen Zeitraum kodifiziert worden und unverändert geblieben. Eine Rückwirkung der Norm liegt aber regelmäßig, so auch hier, nicht vor, wenn sie durch einen Teil der Rechtsunterworfenen (neben der Beklagten auch durch verschiedene Branchenverbände) zunächst lediglich fehlerhaft interpretiert wird und erst aufgrund nachfolgender Befassung in der Rechtsprechung der Streit über deren Auslegung beigelegt werden kann.

V. Den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen auf Auskunft und Erteilung von Bescheinigungen i.S. von § 14a Abs. 5 und Abs. 7 EEG 2004 steht der inzwischen eingetretene Zeitablauf unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt entgegen.

1. Die in §§ 14 und 14a EEG 2004 geregelten Fristen für die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind entgegen der Auffassung der Beklagten keine materiell-rechtlichen Ausschlussfristen (vgl. BGH, a.a.O., in juris Tz. 31; OLG Naumburg, Urteil v. 22.12.2011, 2 U 89/11, ree 2012, 34 - in juris ab Tz. 41 zu § 14a Abs. 2 EEG 2004). Dies ergibt sich insbesondere auch aus §§ 14 Abs. 4, 14a Abs. 6 EEG 2004, die eine nachträgliche Berücksichtigung aufgrund späterer rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen ausdrücklich vorsehen.

2. Den vorgenannten Ansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte steht die Einrede der Verjährung nicht entgegen. Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts, wonach eine Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. von den tatsächlichen Grundlagen für die hier geltend gemachten Ansprüche jedenfalls zunächst nicht bestand, da die Klägerin keine Kenntnis über die nicht in ihr Netz eingespeisten Strommengen, welche die Vertriebs GmbH über ein eigenes Netz an Letztverbraucher lieferte, haben konnte. Abweichend vom Landgericht geht der Senat davon aus, dass der frühest mögliche Anknüpfungspunkt für eine Kenntniserlangung das Schreiben der Beklagten vom 01.02.2011 (Anlage K 3) sein kann, aus dem sich zumindest ergibt, welche Strommengen im Konzern erzeugt worden sind, so dass offensichtlich war, dass eine Verpflichtung zur Teilnahme am EEG-Belastungsausgleich bestehen könnte und deswegen eine Aufforderung zur detaillierten Auskunftserteilung geboten war. Die vorherige Unkenntnis war jedenfalls nicht grob fahrlässig entstanden; eine Pflicht zur Nachforschung ohne konkrete Anhaltspunkte bestand nicht.

3. Eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche, etwa im Hinblick auf eine Verwirkung, hat die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr eingewandt. Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin keine Kenntnisse über solche in den Belastungsausgleich einzubeziehende Stromlieferungen der Vertriebs GmbH hatte; ihre Untätigkeit beruhte letztlich auf der fehlenden Information durch die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin.

VI. Der Verurteilung der Beklagten zur Erteilung der begehrten Auskünfte und zur Vorlage von Bescheinigungen stehen beihilferechtliche Aspekte nicht entgegen.

1. Die Eröffnung eines förmlichen Beihilfeprüfverfahrens durch die Europäische Kommission gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV hat nach dem Wortlaut des Eröffnungsbeschlusses vom 18.12.2013 keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Rechtsstreit. Dem Eröffnungsbeschluss ist nicht zu entnehmen, dass die Kommission die hier betroffenen Regelungen, insbesondere §§ 14 Abs. 3, 14a Abs. 5 und Abs. 7 EEG 2004, von vornherein als rechtswidrig bewertet, woraus sich eine vorläufige Unanwendbarkeit dieser Normen ergeben könnte. Die Kommission hat in ihrem Eröffnungsbeschluss auch keine ausdrückliche vorläufige Aussetzung der Anwendbarkeit des EEG 2004 insgesamt oder von Teilen hiervon angeordnet.

2. Im Zentrum der Prüfung der beihilferechtlichen Zulässigkeit stehen zwei Regelungen, welche nicht das System des Belastungsausgleichs nach dem EEG 2012 in seiner Gesamtheit betreffen, sondern individuelle Ausnahmen vom Gemeinlastprinzip (§§ 40 ff. EEG 2012), welche nach Ansicht der Kommission zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen. Diese Regelungen sind für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung.

3. Soweit die Beklagte geltend macht, dass sich aus einzelnen rechtlichen Ausführungen der Kommission sowie aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zu Regelungssystemen in anderen EU-Mitgliedsstaaten ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das im EEG 2004 geregelte System des Belastungsausgleichs insgesamt eine unerlaubte staatliche Beihilfe darstellte, folgt der Senat dem nicht. Die Umsetzung des Gemeinlastprinzips für die Aufwendungen zur Förderung der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern und damit verbundene andere umweltpolitische Zielsetzungen erfolgt im EEG 2004 durch ein zivilrechtliches Instrumentarium; handelnde Akteure sind allein Private, welche aus ihrer Funktion keine eigenen wirtschaftlichen Vorteile ziehen. Eine Belastung öffentlicher Haushalte ist - abgesehen von Belastungen aus der privatrechtlichen Stellung als Letztverbraucher von Energie - mit dem Belastungsausgleich nicht verbunden. Anders als bei der selektiven Vorteilsgewährung durch die Befreiung von der Teilnahmeverpflichtung am EEG-Belastungsausgleich, die auf Rechtsvorschriften beruht, welche dem Staat zuzurechnen sind und die von staatlichen Stellen angewendet bzw. kontrolliert werden, beruht das System des EEG 2004 auf einer privatrechtlich organisierten Umlage der Kosten auf alle Letztverbraucher.

4. Nach dem Vorausgeführten liegen die Voraussetzungen für ein Vorabentscheidungsersuchen des Senats an den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV nicht vor.

VII. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung und nach Urteilsfällung beim Oberlandesgericht eingegangene Schriftsatz der Beklagten vom 20.12.2013 gibt dem Senat, welcher hierüber in der Besetzung mit zwei Richtern entscheidet, keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

1. Der Senat hat in vollständiger Besetzung unmittelbar im Anschluss an die Sitzung vom 18.12.2013 die Sache beraten und abgestimmt, d.h. er hat am 18.12.2013 sein Urteil gefällt.

2. Über den Schriftsatz der Beklagten vom 20.12.2013 konnte der Senat vor dem Jahresende nicht mehr beraten, weil die an der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2013 mitwirkende Richterin am Oberlandesgericht Joost einen Urlaub angetreten hatte. Mit Wirkung zum 31.12.2013 schied die vorgenannte Richterin aus dem Senat aus und wechselte in andere Senate des Oberlandesgerichts Naumburg. Im Hinblick auf die Entscheidung über die Art und Weise der Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 20.12.2013 ist ein Abstimmungsbedarf entstanden, der zur Verlegung des Verkündungstermins auf den 06.02.2014 geführt hat.

3. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Gesamtspruchkörper eines Kollegialgerichts nach § 309 ZPO über das Urteil beraten und abgestimmt hat, kann die gefällte Entscheidung auch trotz des nachträglichen Eingangs eines weiteren, nicht nachgelassenen Schriftsatzes einer Prozesspartei verkündet werden. Zwar ist auch nach der Urteilsfällung aus Anlass des Eingangs eines nicht nachgelassenen Schriftsatzes vor der Verkündung dieses Urteils die Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen und hierüber zu entscheiden. Diese Entscheidung kann jedoch im Falle der Verhinderung eines der an der Schlussverhandlung und Urteilsfällung beteiligten Richters, hier der Richterin am Oberlandesgericht Joost, ohne Hinzuziehung eines Vertreters nach § 320 Abs. 4 S. 2 und S. 3 ZPO analog in der verbleibenden Besetzung der Richterbank getroffen werden (vgl. BGH, Urteil v. 01.02.2002, V ZR 357/00, NJW 2002, 1426; auch Vollkommer in: Zöller, 30. Aufl. 2013, § 309 Rn. 2 und 3 m.N.).

4. Der Senat in der - nach dauerhafter Verhinderung der Richterin am Oberlandesgericht Joost (vgl. BGH, Urteil v. 01.03.2012, III ZR 84/11, NJW-RR 2012, 508) - verbleibenden Besetzung sieht keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1, Abs. 2 ZPO; insbesondere vermag das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 20.12.2013 eine Wiedereröffnung der geschlossenen mündlichen Verhandlung nicht zu rechtfertigen. Mit diesem Schriftsatz sind unter Bezugnahme auf die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung der vollständige deutsche Text des Beschlusses der Europäischen Kommission über die Eröffnung eines beihilferechtlichen Prüfverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland vom 18.12.2013, C (2013) 4424 final, sowie die deutsche Übersetzung des Urteils des Gerichtshofes vom 19.12.2013, Rs. C-262/12, vorgelegt worden. Wie die Beklagte selbst zutreffend dargestellt hat, sind die Gegenstände beider Verfahren sowie die darin vertretenen Rechtsstandpunkte von der Beklagten bereits vor der mündlichen Verhandlung ausführlich vorgetragen worden und sind auch Gegenstand einer intensiven Erörterung im Termin vor dem Senat gewesen. Insoweit haben sie auch Eingang in die Urteilsfällung des Gesamtspruchkörpers gefunden. Aus den nunmehr im Wortlaut vorgelegten Dokumenten und den sie erläuternden Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 20.12.2013 ergeben sich nach Ansicht des Senats in verbleibender Besetzung keine Gesichtspunkte für eine Wiedereröffnung.

C.

I. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

II. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

III. Der Senat lässt die Revision der Beklagten im Hinblick darauf zu, ob das sog. Eigenstrom-Prinzip auch Fälle wie den vorliegenden anwendbar ist, in dem bei formaler Betrachtung eine Personenidentität zwischen dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen und dem Letztverbraucher nicht besteht, beide Personen jedoch enge wirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Verbindungen aufweisen. Insoweit besitzt die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.