OLG Köln, Urteil vom 07.02.2013 - 18 U 30/12
Fundstelle
openJur 2016, 4353
  • Rkr:
Tenor

Das Urteil des Landgerichts Aachen vom 24.01.2012 wird teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 696.962,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.01.2007 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beklagten zu 2) tragen der Kläger zu 89 % und die Beklagte zu 2) zu 11 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 3) trägt der Kläger.

Das vorliegende Urteil und das Urteil des Landgerichts sind jeweils vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollsteckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nach Maßgabe der Erwägungen zu IV. der Gründe für den Kläger teilweise zugelassen.

Gründe

I.

1. Der Kläger ist aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Aachen vom 16.01.2007 -92 IN 296/06- Insolvenzverwalter der vormals im Textilhandel tätigen und in B ansässigen T GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Zuvor war er bereits durch Beschluss vom 18.10.2006 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Insolvenzanträge waren seit dem 09.10.2006 gestellt.

Im Mai 2002 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen (19 IN 154/02 II) das Insolvenzverfahren über die T GmbH T2 & Sohn (künftig: T-Alt) eröffnet. Zum Insolvenzverwalter der T-Alt wurde der Beklagte zu 1) bestellt. In dieser Eigenschaft gründete er als Auffanggesellschaft für die T-Alt mit einem Stammkapital von 25.000 € die Schuldnerin, deren Eintragung in das Handelsregister am 26.08.2002 erfolgte.

Die wirtschaftliche Gründung der Schuldnerin erfolgte durch Veräußerung der wesentlichen betrieblichen Grundlagen von T-Alt an die Schuldnerin zum 01.07.2002 durch notariellen Vertrag vom 28.06.2002, Urkundsnummer 7xx/2002 W des Notars Prof. Dr. C. Dieser Unternehmensübertragung stimmte der Gläubigerausschuss der T-Alt zu.

Die Beklagte zu 2) ist Gläubigerin im Insolvenzverfahren der T-Alt. Die Betriebsimmobilie der T-Alt, Ostraße 191 in B, war u.a. zu ihren Gunsten mit Grundpfandrechten belastet. Sie war Poolführerin der beteiligten Gläubigerbanken.

Der Beklagte zu 3) ist Leiter der Rechtsabteilung der Beklagten zu 2) und Mitglied des Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren der T-Alt.

Durch den Vertrag vom 28.06.2002 wurde u.a. das im Eigentum der T-Alt stehende Betriebsgrundstück in der Ostraße an die Schuldnerin verpachtet. Das Pachtverhältnis begann am 1. Juli 2002. Der Pachtzins sollte jährlich 1.080.000,- € zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer betragen. Er war monatlich im Voraus in Raten zu je 90.000,- € zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen. Außerdem gewährte die vom Beklagten zu 1) vertretene Insolvenzmasse der T-Alt in dem Vertrag der Schuldnerin ein Darlehen über 10.650.000,- €.

Mit notariellen Urkunden vom 01.12.2003 und vom 01.06.2004 wurden die Rückzahlungsmodalitäten des Darlehens und die Regelungen des Pachtvertrages geändert, der Pachtzins für die Immobilie wurde für den Zeitraum vom 01.06.2004 bis 31.12.2004 auf 70.000,00 € netto ermäßigt.

Am 19.07.2004 veräußerte und übertrug der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die Anteile am Stammkapital an der Schuldnerin (Anlage K 6). Zu 66% gingen die Anteile an einen niederländischen Investor, die N Holding B.V. (nachfolgend: N) mit Sitz in S. Diese führte der Schuldnerin im Wege der Darlehensgewährung 2,5 Mio. € zu. In Anlage 4 des vorgenannten Vertrages erklärte der Beklagte zu 1) unter Ziffer 2. hinsichtlich eines Teilbetrages seiner Darlehensforderung in Höhe von 5 Mio. € den Rangrücktritt u.a. gegenüber einer Darlehensforderung der N sowie gegenüber Forderungen insoweit refinanzierender Banken. Weitere 34 % der Anteile am Stammkapital der Schuldnerin übernahm der damalige Geschäftsführer, Herr O2. Im Oktober 2005 wurde dessen Anteil gegen Abfindung eingezogen und er schied als Geschäftsführer aus. Die N war nun alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin.

Herr N3 wurde, zunächst noch neben Herrn O2, ab dem 11.07.2005 Geschäftsführer, bis er von Herrn N2 im Sommer 2006 abgelöst wurde.

Über die Betriebsimmobilie wurde auf Betreiben der Beklagten zu 2) die Zwangsverwaltung angeordnet. Die Beschlüsse über die Anordnung der Zwangsverwaltung wurden am 09.06.2005 im Grundbuch eingetragen. Die Aufhebung der Zwangsverwaltung erfolgte erst am 17.03.2006, nachdem das Grundstück mit Zustimmung der Beklagten zu 2) als Hauptgrundpfandrechtsgläubigerin veräußert worden war. Per 21.07.2005 war die Schuldnerin mit Mieten in Höhe von insgesamt 600.000,00 € im Rückstand.

Durch notarielle Urkunde vom 13.09.2005 (Urkundsnummer 7yy/2005 des Notars W, Anl. BB 8, Bl. 1337 ff.) übernahm die N weitere Finanzierungsgarantien zugunsten der Schuldnerin bis zum Betrag von 2,5 Mio. €. Im Gegenzug verzichtete der Beklagte zu 1) auflösend bedingt durch die Insolvenz der Schuldnerin auf einen Teil der Darlehensforderung in Höhe von etwa 5,4 Mio. €. Den verbleibenden Betrag von 3.150.000,00 € sollte Schuldnerin ab Oktober 2005 in monatlichen Raten von 50.000,00 € zurückzahlen. Zudem erklärte der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter einen Rangrücktritt hinter sämtliche Forderungen solcher Gläubiger der Schuldnerin, die keinen Rangrücktritt erklärt hatten, und verzichtete auf einen Teil der offenen Pachtforderungen. Der Gläubigerausschuss der T-Alt hatte zuvor in einem Beschluss vom 08.07.2005 (Bl. 1349 ff.) die wesentlichen Elemente des Sanierungsversuches vorgegeben.

Der Kläger führt im Zusammenhang mit der Insolvenz der Schuldnerin verschiedene gerichtliche Verfahren. In dem Verfahren vor dem Landgericht Aachen, 10 O 193/08, macht er die nachfolgend unter Ziffer 1. a) genannte Klageforderung und weitere Beträge gegenüber dem Beklagten zu 1) in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T-Alt im Wege der Widerklage geltend.

2. Folgende Zahlungen sind Gegenstand dieser Klage:

Der Beklagte zu 1) erhielt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T-Alt im Zeitraum 01.07.2002 bis 27.07.2006 auf das im Vertrag vom 28.06.2002 vereinbarte Darlehen von der Schuldnerin folgende Zins- und Tilgungsleistungen:

18.11.2002

13.12.2002

13.12.2002

13.12.2002

13.12.2002

15.01.2003

06.02.2003

Tilgung

Tilgung

Tilgung

Tilgung

Tilgung

Tilgung

Tilgung

221.875,-- €

221.875,-- €

221.875,-- €

221.875,-- €

221.875,-- €

221.875,-- €

221.875,-- €

Gesamt

1.553.125,-- €

13.12.2002

28.04.2003

05.08.2003

16.12.2003

15.01.2004

13.04.2004

Zinsen

Zinsen

Zinsen

Zinsen

Zinsen

Zinsen

102.347,21 €

80.237,72 €

81.153,13 €

65.784,10 €

65.605,35 €

63.999,38 €

Gesamt

459.126,89 €

Nach Übertragung der Geschäftsanteile an der Schuldnerin durch Vertrag vom 19.07.2004 wurden entsprechend der modifizierenden Regelungen folgende Zinsen gezahlt:

10.10.2005

19.01.2006

17.05.2006

27.07.2006

Zinsen 3. Quartal 2005

Zinsen 4. Quartal 2005

Zinsen 1. Quartal 2006

Zinsen 2. Quartal 2006

24.963,75 €

24.963,75 €

26.538,75 €

26.538,75 €

Gesamt

103.005,00 €

Pachtzahlungen leistete die Schuldnerin an den Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter wie folgt:

12.08.2002

06.09.2002

04.11.2002

10.12.2002

16.12.2002

09.01.2003

07.02.2003

30.04.2003

04.06.2003

12.06.2003

17.06.2003

08.08.2003

11.09.2003

13.10.2003

29.12.2003

05.02.2004

09.03.2004

15.03.2004

01.04.2004

11.10.2004

18.10.2004

19.10.2004

21.10.2004

22.10.2004

22.10.2004

26.10.2004

26.10.2004

Pacht 7+8/2002

Pacht 9/2002

Pacht 10/2002

Pacht 11/2002

Pacht 12/2002

Pacht 01/2003

Pacht 02/2003

Pacht 03/2003

Pacht 04/2003

Pacht 05/2003

Pacht 06/2003

Pacht 07/2003

Pacht 08/2003

Pacht 09/2003

Pacht 10/2003

Pacht 11/2003

Pacht 12/2003

Pacht 01/2004

Abschlag Pacht

Pacht 01/04

Pacht Rest 3/2004

Pacht 04/2004

Pacht 05/2004

Pacht 06/2004

Pacht 07/2004

Pacht 08/2004

Pacht 09/2004

208.800,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

104.400,00 €

30.000,00 €

81.200,00 €

76.397,52 €

70.265,84 €

70.265,84 €

70.265,84 €

81.200,00 €

81.200,00 €

81.200,00 €

Gesamt

2.625.595,04 €

Insgesamt flossen damit in dieser Zeit an den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter der T-Alt Zahlungen in Höhe von 4.740.851,93 €, deren Rückzahlung der Kläger mit seinem Klageantrag zu Ziffer 1. a) verfolgt.

Von den erhaltenen Pachtzahlungen zahlte der Beklagte zu 1) zur Bedienung verschiedener grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen einen Teilbetrag, dessen Umfang streitig ist, an die Beklage zu 2) als Poolführerin der Grundpfandgläubiger der T-Alt.

Nach Anordnung der Zwangsverwaltung zahlte die Schuldnerin entsprechend dem Vertrag vom 13.09.2005 folgende Beträge an den Zwangsverwalter:

01.09.2005September 2005(nach dem 13.09.)

durch N über das Anderkonto der RAe T3 pp., B

406.000,00 € 406.000,00 €

12.10.2005

03.11.2005

02.12.2005

04.01.2006

02.02.2006

08.03.2006

58.000,00 €

58.000,00 €

81.200,00 €

81.200,00 €

81.200,00 €

40.600,00 €

Gesamt

1.212.200,00 €

Diese Summe ist Gegenstand des Klageantrages zu Ziffer 2).

3. Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei spätestens im Juni 2004 zahlungsunfähig gewesen. Bereits Mitte 2005 habe eine Überschuldung in Höhe von etwa 20 Mio. € bestanden. Zur Begründung dieser Behauptungen macht der Kläger in der Klageschrift vom 29.12.2010 weitere Ausführungen, auf welche Bezug genommen wird. Bereits die der Schuldnerin im Vertrag vom 28.06.2002 auferlegten finanziellen Belastungen seien letztendlich existenzvernichtend gewesen.

Er hat die Ansicht vertreten, das Darlehen über 10,65 Mio. € unterliege den Grundsätzen des Finanzplankredites. Die Gebrauchsüberlassung der Immobilie Ostraße sei eigenkapitalersetzend erfolgt. Der Beklagte zu 1) hafte vorliegend persönlich. Die Anspruchsvoraussetzungen der Rechtsfigur des existenzvernichtenden Eingriffs sowie die der §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB seien erfüllt. Weiter ergebe sich seine Haftung aus §§ 60 f InsO. Die oben dargestellten Zahlungen auf das Darlehen sowie die Pachtzahlungen seien eigenkapitalersetzend verstrickt gewesen. Den Beklagten zu 1) und 3) seien die haftungsbegründenden Umstände jeweils bekannt gewesen.

Die Beklagte zu 2) hafte als Mittäterin. Der Beklage zu 1) habe die Gesellschaftsanteile der Schuldnerin bis zum 19.07.2004 allein im Interesse der Gläubiger gehalten, weshalb der Beklagten zu 2) bis dahin eine "Quasi-Gesellschafterstellung" zugekommen sei.

Der Beklagte zu 3) hafte jedenfalls als Teilnehmer. Er sei -was unstreitig ist- maßgeblich an der Gläubigerausschusssitzung beteiligt gewesen, in welcher die konkrete Form der Auffanglösung beschlossen worden sei. Er habe den Vertrag vom 28.06.2002 gelesen und geprüft sowie des weiteren die wirtschaftlichen Kennzahlen gekannt. Er habe an dem Beschluss des formalen Stehenlassens des Darlehens mitgewirkt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Mieten nur unregelmäßig geflossen seien. Die Pachtzahlungen seien im Rahmen der "kalten Zwangsverwaltung" an die Beklagte zu 2) als Poolführerin geflossen. Der Beklagte zu 3) habe seine Funktion als Gläubigerausschussmitglied schließlich nicht von seiner Arbeitnehmerstellung bei der Beklagten zu 2) getrennt, diese müsse sich dessen Wissen und Handeln deshalb zurechnen lassen.

Im Rahmen ihrer Haftung hätten die Beklagten auch die Verfahrenskosten des Folgeinsolvenzverfahrens der Schuldnerin zu tagen.

Der Kläger hat weiter die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 2) schulde die Rückzahlung eines Teils der erhaltenen Beträge auch unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung. Der Beklagte zu 1) habe den Nettobetrag der erhaltenen Pachtzahlungen an die Beklagte zu 2) weitergeleitet. Diese Nettomieten seien aufgrund der Eigenkapitalverstrickung der Immobiliennutzung ohne Rechtsgrund gezahlt worden und könnten daher nach §§ 133, 134 InsO, § 812 BGB zurückgefordert werden, da sie als mittelbare Zuwendungen der Anfechtung unterlägen. Zugleich bestünde auch ein Anspruch aus § 812 i.V.m. § 138 BGB, weil die Beklagte zu 2) die Schädigungshandlung unterstützt habe.

Die Möglichkeit, das Objekt Ostraße zu nutzen, habe keinen den Pachtzahlungen angemessenen Gegenwert dargestellt. Hierzu behauptet er, dieses sei für die Zwecke der Gesellschaft bereits zum Zeitpunkt der Anordnung des Insolvenzverfahrens über die T-Alt überdimensioniert gewesen. Für die Zwecke des Unternehmens ausreichende Flächen hätten für unter 40.000,00 € netto monatlich gepachtet werden können.

Die Beklagte zu 2) schulde zusätzlich die Rückzahlung der im Rahmen der Zwangsverwaltung erhaltenen Zahlungen nach erfolgter Insolvenzanfechtung gemäß §§ 133, 134 InsO, da auch diese Zahlungen als mittelbare Zuwendungen der Anfechtung unterlägen. Da der Zwangsverwalter das Geld als Treuhänder halte, unterfielen auch die Zahlungen an den Zwangsverwalter der Anfechtung gegenüber der Beklagten zu 2) als mittelbarer Zuwendungsempfängerin. Aus ihrer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit sei auf deren Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin zu schließen.

Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung stehe der Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche nicht entgegen. Insoweit sei auf seine Kenntnis als Insolvenzverwalter abzustellen. Positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen habe er nicht bereits im Herbst 2006 nach Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Schuldnerin erlangt, zumal dieser Beschuss zunächst mit der Beschwerde angegriffen worden sei. Eine Kenntnis der Geschäftsführer der Schuldnerin sei bedeutungslos, weil diese zugleich Schädiger seien. Alle Geschäftsführer hätten mit den Beklagten kollusiv zusammengewirkt. Zudem seien die hier in Rede stehenden Zahlungen vor Erlass der TRIHOTEL-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2007 geflossen. Erst ab diesem Paradigmenwechsel im Haftungskonzept bestehe überhaupt eine Innenhaftung, so dass die Verjährungsfrist eines entsprechenden Anspruchs auch erst in diesem Jahr habe in Lauf gesetzt werden können.

4. Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Klageanspruch aus § 826 BGB sei nach dem Vortrag des Klägers bereits im Jahr 2004 entstanden. Der Lauf der Verjährungsfrist habe daher mit dem Schluss dieses Jahres eingesetzt, denn die Gesellschafter und Geschäftsführer hätten spätestens zu diesem Zeitpunkt von den angeblich existenzvernichtenden Eingriffen Kenntnis erlangt. Auch wenn man auf die letzte streitgegenständliche Zahlung aus dem Jahr 2006 abstelle, sei Verjährung spätestens mit dem Schluss des Jahres 2009 eingetreten. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe auf den Lauf der Verjährung dagegen keinen Einfluss.

Die Klage sei zudem vor dem Hintergrund des Verfahrens vor dem Landgericht Aachen, 10 O 193/08, schon nicht zulässig, weil die hier verfahrensgegenständlichen Ansprüche in dem dortigen Verfahren bereits im Wege der Widerklage geltend gemacht würden.

Die Ansprüche scheiterten im übrigen auch daran, dass die Beklagten -auch der Beklagte zu 1) jedenfalls nicht persönlich- zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der Schuldnerin waren. Die seitens des Klägers angeführten Zahlungen seien weder überhöht noch unangemessen gewesen und für die im Oktober 2006 eingetretene Insolvenz der Schuldnerin -insbesondere mit Blick auf den Liquiditätsabfluss zu Gunsten der N- nicht kausal geworden. Aufgrund der ihnen erteilten Beratung u.a. im Gutachten Q vom 22.06.2005 (Anlage B 4) und der geprüften Bilanzen seien sie stets davon ausgegangen, das Unternehmen sei jedenfalls sanierungsfähig.

Der Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, Zahlungen nie persönlich, sondern in seiner Funktion als Partei kraft Amtes entgegengenommen zu haben, er sei daher -persönlich in Anspruch genommen- nicht passivlegitimiert. Auch sei die Klage mangels Gesellschafterstellung ab dem 19.07.2004 bezüglich danach erfolgter Zahlungen unschlüssig. Die behauptete Existenzvernichtungshaftung scheitere des weiteren an dem im Rahmen des Notarvertrages vom 13.09.2005 erklärten Verzicht auf einen großen Teil der Darlehensforderung, da dieser den behaupteten Entzug von Liquidität noch übersteige.

Die Beklagte zu 2) hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen der ihr vorgeworfenen Beteiligung seien nicht dargetan. Etwaige Kenntnisse des Beklagten zu 3) als Mitglied des Gläubigerausschusses seien ihr nicht zuzurechnen. Auch lägen die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nicht vor. Die Pachtzahlungen an den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter seien von diesem nicht an sie "weitergereicht" worden. Vielmehr habe der Beklagte zu 1) so Darlehensverbindlichkeiten der T-Alt bedient. Für die Pachtzahlungen an den Zwangsverwalter gelte grundsätzlich dasselbe. Im übrigen habe sie im Rahmen der Zwangsverwaltung von der eingezogenen Pacht lediglich einen Betrag von 1.046.962,35 € erhalten.

Der Beklagte zu 3) hat eingewendet, es sei dem Klagevortrag nicht zu entnehmen, durch welche Handlungen er an einem etwaigen existenzvernichtenden Eingriff, dessen Voraussetzungen nicht dargetan seien, teilgenommen haben könnte.

5. Die Zahlungsklage ging am 29.12.2010 bei dem Landgericht ein, ein Verrechnungsscheck über die Gerichtskosten lag bei. Die Zustellung an die Beklagten erfolgte, nachdem der Vorsitzende am 28.01.2011 das schriftliche Vorverfahren angeordnet hatte, jeweils am 02.02.2011.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Ein etwaiger Anspruch des Klägers aus § 826 BGB sei jedenfalls verjährt, der maßgebliche Sachverhalt sei der Geschäftsführung der Schuldnerin bereits 2004 bekannt gewesen. Der Wechsel im Konzept der Rechtsprechung des BGH in Fällen des existenzvernichtenden Eingriffes habe auf den Lauf der Verjährungsfrist keinen Einfluss. Die streitgegenständliche Weiterleitung der Mieten stelle zudem keine Pflichtverletzung im Sinne des §§ 60 f InsO dar. Die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung lägen im Verhältnis zur Beklagten zu 2) schon deshalb nicht vor, weil diese weder unmittelbare noch mittelbare Empfängerin der Leistungen der Schuldnerin gewesen sei.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in erster Instanz gewechselten Schriftsätze, die hierzu überreichten Unterlagen und auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

7. Mit der Berufung vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er führt insbesondere aus, der Tatbestand der Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs sei vorliegend eröffnet und dieser Anspruch habe erst seit der TRIHOTEL-Entscheidung des BGH im Jahr 2007 bestanden. Weiter rügt er eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Wenn das Landgericht seinen Vortrag zu den Voraussetzungen der §§ 60 f InsO für nicht ausreichend gehalten habe, hätte es darauf hinweisen müssen. Zudem seien mögliche Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB im Urteil nicht berücksichtigt. Die Anfechtung gegenüber der Beklagten zu 2) sei schon deshalb eröffnet, weil die Immobilie eigenkapitalersetzend und damit unentgeltlich zur Nutzung überlassen war. Zudem liege eine Anweisung auf Schuld vor, die die Beklagte zu 2) auszugleichen habe.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und, entsprechend der in der ersten Instanz gestellten Anträge,

1. a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 4.740.851,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz wie folgt zu zahlen:

aus 221.875,00 € ab dem 18.11.2002aus 989.847,21 € ab dem 13.12.2002aus 221.875,00 € ab dem 15.01.2003aus 221.875,00 € ab dem 06.02.2003aus 80.237,72 € ab dem 28.04.2003aus 81.153,13 € ab dem 05.08.2003aus 65.784,10 € ab dem 16.12.2003aus 65.605,35 € ab dem 15.01.2004aus 63.999,38 € ab dem 13.04.2004aus 24.963,75 € ab dem 10.10.2005aus 24.963,75 € ab dem 19.01.2006aus 26.538,75 € ab dem 17.05.2006aus 26.538,75 € ab dem 27.07.2006aus 208.800,00 € ab dem 12.08.2002aus 104.400,00 € ab dem 06.09.2002aus 104.400,00 € ab dem 04.11.2002aus 104.400,00 € ab dem 10.12.2002aus 104.400,00 € ab dem 16.12.2002aus 104.400,00 € ab dem 09.01.2003aus 104.400,00 € ab dem 07.02.2003aus 104.400,00 € ab dem 30.04.2003aus 104.400,00 € ab dem 04.06.2003aus 104.400,00 € ab dem 12.06.2003aus 104.400,00 € ab dem 17.06.2003aus 104.400,00 € ab dem 08.08.2003aus 104.400,00 € ab dem 11.09.2003aus 104.400,00 € ab dem 13.10.2003aus 104.400,00 € ab dem 29.12.2003aus 104.400,00 € ab dem 05.02.2004aus 104.400,00 € ab dem 09.03.2004aus 104.400,00 € ab dem 15.03.2004aus 30.000,00 € ab dem 01.04.2004aus 81.200,00 € ab dem 11.10.2004aus 76.397,52 € ab dem 18.10.2004aus 70.265,84 € ab dem 19.10.2004aus 70.265,84 € ab dem 21.10.2004aus 151.465,84 € ab dem 22.10.2004;

b) festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die gesamten Verfahrenskosten nach § 54 InsO im Insolvenzverfahren über das Vermögen der T GmbH, Amtsgericht Aachen, Aktenzeichen 92 IN 296/06, zu zahlen;

2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn weitere 1.212.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2007 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Der Beklagte zu 1) sieht weiter keine haftungsbegründende Pflichtverletzung und auch keinen Ansatz für seine persönliche Haftung. Das Sanierungskonzept aus 2005 und das in der Folge von den neuen Gesellschaftern zugeführte Eigenkapital belegten, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt überlebensfähig war.

Die Beklagte zu 2) vertieft ihre Rechtsauffassung, sie sei bezüglich der Pachtzahlungen nicht Zuwendungsempfängerin im Sinne des Anfechtungsrechts. Zudem seien ihr von den Zahlungen, die dem Antrag zu 2) zu Grunde liegen, nur 1.046.962,35 € zugeflossen. Der Differenzbetrag sei an vorrangige Gläubiger gegangen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung lägen zudem nicht vor. Etwaige Kenntnisse des Beklagten zu 3) aus dessen Tätigkeit im Gläubigerausschuss könnten ihr nicht zugerechnet werden.

Der Beklagte zu 3) bekräftigt seine Ansicht, er sei, da nicht Gesellschafter, kein tauglicher Schuldner von Ansprüchen aus Existenzvernichtungshaftung. Zudem habe er als Mitglied des Gläubigerausschusses von T-Alt nach der Veräußerung der Schuldnerin in 2004 auch keinen mittelbaren Einfluss auf die Schuldnerin mehr gehabt.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt sowie mit einer Begründung versehen.

Sie hat jedoch nur im Prozessverhältnis zur Beklagten zu 2) teilweise Erfolg.

A. Antrag Ziffer 1.a) gegen alle Beklagten: Zahlung von 4.740.851,93 €

Soweit die Schuldnerin zwischen dem 18.11.2002 und dem 27.07.2006 Zins- und Tilgungsleistungen und zudem zwischen dem 12.08.2002 und dem 26.10.2004 Pachtzahlungen an den Beklagten zu 1) erbrachte, stehen dem Kläger Ansprüche gegen keinen der Beklagten zu.

1. Haftung des Beklagten zu 1)

Anspruchsgrundlagen, aus denen der Kläger den Beklagten zu 1) persönlich in Anspruch nehmen könnte, sind nicht ersichtlich.

a) Eine Inanspruchnahme des Beklagten zu 1) aus § 826 BGB i.V.m. den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffes kommt nicht in Betracht.

aa) Allerdings ist die Klage insoweit zulässig. Ihr steht nicht entgegen, dass der Kläger u.a. für die hier mitgeteilten Zahlungen Ersatzansprüche auch im Wege der Widerklage im Verfahren bei dem Landgericht Aachen, 10 O 193/08, verfolgt.

Die Widerklage im dortigen Verfahren, das zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung hier noch in erster Instanz anhängig war, richtet sich gegen den Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T-Alt. Während der Beklagte zu 1) hier persönlich in Anspruch genommen wird, richtet sich die Widerklage dort gegen ihn als Partei kraft Amtes. Damit haben die vorliegende Klage und die Widerklage im Verfahren des LG Aachen, 10 O 193/08, verschiedene Beklagte. Es handelt sich mithin um verschiedene Streitgegenstände (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, Einl., Rz. 60 ff. und vor § 322, Rz. 21), die zeitgleich in verschiedenen Prozessen verfolgt werden können

bb) Das Landgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1) auch persönlich haftet, wenn die Voraussetzungen der Haftung wegen eines existenzvernichtenden Eingriffes i.V.m. § 826 BGB gegeben wären.

Bei der Existenzvernichtungshaftung handelt es sich nach der neueren Rechtsprechung des BGH (ausgehend vom Urteil vom 16.07.2007 -II ZR 3/04- TRIHOTEL) um eine Innenhaftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Der Beklagte zu 1) war zwar nicht als Person, sondern nur in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der T-Alt Gesellschafter der Schuldnerin. Das schließt indes seine persönliche Haftung aus § 826 BGB nicht grundsätzlich aus.

Eine deliktische Haftung trifft den Insolvenzverwalter bei unerlaubten Handlungen neben einer etwaigen Haftung der Masse auch persönlich (so für die Haftung wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht: BGH, Urteil vom 17.09.1987 -IX ZR 156/86; allgemein: Sinz in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl. 2010, § 60, Rz. 58 m.w.N.).

Wollte man als Haftungsadressaten des § 826 BGB im Fall der Existenzvernichtungshaftung immer nur den Gesellschafter ansehen, liefe diese Regelung in Konzernrechtsverhältnissen, in denen der Gesellschafter regelmäßig wiederum eine Gesellschaft ist, unter Umständen leer. Die Haftung aus § 826 BGB trifft daher auch diejenigen persönlich, die als Organ des Gesellschafters dessen Pflichten wahrzunehmen haben.

cc) Es fehlt allerdings an den Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten zu 1) wegen eines existenzvernichtenden Eingriffes.

Der BGH hat das Institut der Haftung wegen existenzvernichtender Eingriffe in der TRIHOTEL-Entscheidung auf ein neues dogmatisches Fundament gestellt. Die Voraussetzungen einer Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffes stehen selbständig neben den kodifizierten Schutzvorschriften zu Gunsten des haftenden Eigenkapitals in §§ 30 ff. GmbHG und ergänzen diese (BGH, TRIHOTEL, a.a.O., Rz. 39 f). Die vom Kläger behauptete eigenkapitalersetzende Funktion des Darlehens der T-Alt bzw. der Nutzungsüberlassung an der Betriebsimmobilie würden, wenn sie tatsächlich vorlägen, den Haftungstatbestand des existenzvernichtenden Eingriffes allein noch nicht ausfüllen.

Erforderlich ist vielmehr ein gezielter betriebsfremder Eingriff in das Vermögen oder die Interessen der Gesellschaft ohne Rücksicht auf deren Fähigkeit zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten (Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage 2012, § 13, Rz. 32). Es müssen danach kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein (Lutter/Bayer, a.a.O., Rz. 37 ff.):

(1) die Zahlungen müssten betriebsfremd sein,

(2) die Insolvenz oder deren Vertiefung müsste kausale Folge der Zahlungen sein,

(3) der Beklagte zu 1) müsste in sittenwidriger Weise und

(4) in Bezug auf alle Tatbestandsmerkmale mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt haben.

Diese Voraussetzungen sind sämtlich nicht dargetan.

(1) Unternehmerische Fehlentscheidungen sind ebensowenig ein betriebsfremder Eingriff im Sinne dieses Haftungskonzeptes wie eine Unterkapitalisierung der Gesellschaft (Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013, § 13, Rz. 64; Lutter/Bayer, a.a.O., m.w.N.).

(2) Aus der vom Kläger vorgelegten Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aachen vom 27.06.2011 (Anl. BB1, Bl. 1014 ff.) im Verfahren gegen N3 und N2, 302 Js 945/06, ergibt sich -Bl. 1021-, dass der neue Gesellschafter die Schuldnerin ab Mitte 2005 stark umstrukturierte und Teile des Unternehmens ausgliederte. Der Kläger selbst trägt vor, der spätere Geschäftsführer N2 sei von ihm wegen Ansprüchen "in siebenstelliger Höhe" gerichtlich in Anspruch genommen worden (S. 9 des Schriftsatz vom 06.01.2012, Bl. 739). Inwieweit dann die hier streitgegenständlichen Zahlungen, die im wesentlichen nur bis Ende 2004 erfolgten, für die Insolvenz Ende 2006 ursächlich gewesen sein sollen, ist weder dargelegt, noch ersichtlich.

(3) Das Insolvenzgericht hat im Verfahren der Insolvenz der T-Alt Rechtsanwalt G als Sonderinsolvenzverwalter bestellt. Grund dafür war, dass der hiesige Kläger dem Beklagten zu 1) im Parallelverfahren beim Landgericht Aachen Bilanzmanipulationen in über 80 Fällen vorgehalten hatte. Die Aufgabe des Sonderinsolvenzverwalters bestand darin, zu untersuchen, ob dem Beklagten zu 1) im Verfahren T-Alt die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten vorzuwerfen ist. Er hat dort ein umfassendes Gutachten vorgelegt. Dieses wurde zwar im vorliegenden Verfahren nicht zur Akte gereicht, Kläger und Beklagter zu 1) zitieren Rechtsanwalt G allerdings übereinstimmend dahin (Bl. 315, 652, 760, 1118 f), dass der Beklagte zu 1) im Rahmen der Business K durchweg vertretbare Entscheidungen getroffen habe. Zwar beziehen sich diese Feststellungen nur mittelbar auf das Wirken des Beklagten zu 1) als Gesellschafter der Schuldnerin. Allerdings lassen sie erkennen, dass die Grundentscheidung zur Gründung einer Auffanggesellschaft vertretbar war. Alle hier streitigen Vorgänge beruhen aber auf dieser Grundentscheidung, die der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter der T-Alt getroffen hat.

Diese Entscheidung mag ex post oder sogar ex ante falsch gewesen sein. Dann liegt jedoch allenfalls ein Managementfehler vor. Eine Sittenwidrigkeit, die eine persönliche Haftung des Insolvenzverwalters begründen könnte, kann daraus nicht abgeleitet werden.

(4) Dementsprechend indizieren die vorgetragenen Abläufe auch nicht, dass der Beklagte zu 1) eine zur Insolvenz der Schuldnerin führende sittenwidrige Schädigung dieser Gesellschaft in Kauf genommen hat, mithin mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt hätte.

Die Existenzvernichtungshaftung soll wie eine das gesetzliche Kapitalerhaltungssystem ergänzende, aber deutlich darüber hinausgehende "Entnahmesperre" wirken, indem sie die sittenwidrige, weil insolvenzverursachende oder -vertiefende "Selbstbedienung" des Gesellschafters vor den Gläubigern der Gesellschaft durch die repressive Anordnung der Schadensersatzpflicht in Bezug auf das beeinträchtigte Gesellschaftsvermögen ausgleicht (BGH, TRIHOTEL, a.a.O., Rz. 28).

Der Tatbestand der Existenzvernichtungshaftung ist danach auf einen planmäßigen Entzug vorhandenen Vermögens gerichtet (Fastrich, a.a.O., Rz. 72). Ein solcher Fall ist vorliegend nicht verwirklicht. Eine "Selbstbedienung" des Beklagten zu 1) vor den Gläubigern liegt nicht vor.

Die vom Beklagten zu 1) verwaltete Masse war ja zunächst selbst wesentliche Gläubigerin der Schuldnerin. Der Beklagte zu 1) hat für die von ihm verwaltete Masse im September 2005 zudem auf Darlehensforderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von 5,4 Mio. Euro verzichtet. Auch der Umstand, dass der Pachtzins später reduziert wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass die zunächst vereinbarte Höhe auf sittenwidriger Schädigungsabsicht beruhte, zumal neben der Reduzierung auch rückständige Pachten erlassen wurden.

dd) Da die Voraussetzungen eines Anspruches wegen Existenzvernichtung nicht vorliegen, kann dahinstehen, ob ein solcher Anspruch, wie es das Landgericht angenommen hat, bei Eingang der Klage bereits verjährt war.

Es bedarf deshalb insbesondere keiner Entscheidung, ob dem Kläger vorliegend eine auf § 826 BGB gestützte Klage im Hinblick auf die unklare bzw. zweifelhafte Rechtslage (vgl. dazu BGH, Urteil vom 23.09.2008 -XI ZR 262/07) auch bereits vor der TRIHOTEL-Entscheidung des BGH aus 2007 zumutbar war.

b) Der Beklagte zu 1) haftet auch nicht nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB auf Ersatz des geltend gemachten Schadens.

aa) Auf der Grundlage desselben Sachverhaltes ist daneben die Strafbarkeit als Gesellschafter nach § 266 StGB zu prüfen (BGH, Urteil vom 13.05.2004 -5 StR 73/03 = BGHSt 49, 147 ff. -Bremer Vulkan, Rz. 46). Diesem kann nämlich gegenüber dem beherrschten Unternehmen insoweit eine strafbewehrte Treuepflicht obliegen, als er dem beherrschten Unternehmen nicht Vermögenswerte in einem Umfang entziehen darf, der die Existenzfähigkeit des Unternehmens gefährdet (BGH, a.a.O., Rz. 47; BGH, Beschluss vom 31.07.2009 -2 StR 95/09, Rz. 23 ff.; BGH, Urteil vom 17.09.2001 -II ZR 178/99 = BGHZ 149, 10 ff., LS 2).

bb) Bei Verwirklichung des Tatbestandes des § 266 i.V.m. § 14 Abs. 1 StGB würde der Beklagte zu 1) ebenfalls nach § 823 Abs. 2 BGB persönlich haften. Diese Haftung bestünde auch hier neben einer etwaigen Haftung der von ihm vertretenen Masse aus anderen Rechtsgründen.

cc) Allerdings ist vorliegend der objektive Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB in Gestalt der Treuepflichtverletzung ebenfalls nicht erfüllt. Es fehlt an einem hierfür erforderlichen existenzvernichtenden und treuwidrigen Eingriff in das Vermögen der Schuldnerin. Hierzu wird auf die Ausführungen zu oben a) cc) Bezug genommen. Daneben ist auch der für die Annahme einer Straftat erforderliche Vorsatz des Beklagten zu 1) nicht ersichtlich. Er handelte nicht, um die Schuldnerin zu schädigen.

dd) Da ein auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB beruhender Anspruch sogleich mit der pflichtwidrigen Handlung, hier also spätestens mit der letzten insoweit streitgegenständlichen Zahlung aus Juli 2006, entstand, wäre bei Eingang der Klage Ende 2010 insoweit zudem bereits Verjährung eingetreten.

Anders als im Fall der Haftung aus § 826 BGB war die Rechtslage insoweit seit der Entscheidung des BGH aus 2004 -Bremer Vulkan- geklärt. Auch waren dem seit Sommer 2006 tätigen Geschäftsführer N2 alle für die Prüfung des Sachverhaltes erforderlichen Informationen verfügbar, so dass die maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab Ende 2006 lief und am 31.12.2009 endete.

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung auf die Kenntnis des Geschäftsführers N2 abzustellen. Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken dieses Geschäftsführers mit den Beklagten sind weder schlüssig dargetan, noch ersichtlich. Er war an den betreffenden Zahlungen nicht beteiligt. Die vom Beklagten zu 1) verwaltete Masse der T-Alt war bereits zwei Jahre zuvor vollständig als Gesellschafterin der Schuldnerin ausgeschieden.

Der Umstand, dass der Geschäftsführer N2 nach Darstellung des Klägers im Schriftsatz vom 02.10.2012, S. 13 (Bl. 1296 f), wegen "anderweitiger Zahlungen" in Höhe von 320.000 € zum Nachteil der Schuldnerin rechtskräftig verurteilt wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Um welche konkreten Taten es dabei ging, trägt der Kläger nicht vor. Ein Bezug zu den hier streitgegenständlichen Zahlungen ist nicht dargetan und im Hinblick auf die Zahlungszeitpunkte auch nicht naheliegend.

c) Auch nach §§ 60 f InsO ist eine persönliche Haftung des Beklagten zu 1) für die streitgegenständlichen Zahlungen nicht eröffnet.

Der Kläger macht zuletzt auf S. 22 ff. der Berufungsbegründung geltend, der Beklagte zu 1) habe eine Masseverbindlichkeit der T-Alt nicht erfüllt, weshalb er hierfür nach § 61 S. 1 InsO persönlich hafte. Das Landgericht hätte, wenn es seinen Vortrag hierzu nicht für ausreichend gehalten habe, einen Hinweis erteilen müssen.

Der Senat hat bereits im Beschluss vom 30.08.2012 unter Hinweis auf die Rechtsprechung BGH dargelegt, dass der hier im Raum stehende Anspruch der Schuldnerin gegen die Insolvenzmasse der T-Alt aus § 31 GmbHG analog i.V.m. § 32a GmbHG a.F. als gesetzlicher Anspruch von der Haftung des § 61 InsO nicht umfasst ist. Daran ist festzuhalten:

Nach § 61 InsO haftet der Insolvenzverwalter persönlich für Masseverbindlichkeiten, die aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden können, wenn diese durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind.

Dem liegt der Gedanke zu Grunde, die Interessen von Massegläubigern zu schützen, die auf Grund einer Unternehmensfortführung mit der Masse in Kontakt gekommen sind und deren Vermögen gemehrt oder ihr einen sonstigen Vorteil verschafft haben (vgl. BT-Dr 12/2443, S. 129). Mit der Vorschrift sollen Unternehmensfortführungen erleichtert werden (BT-Dr 12/2443, S. 129). Zu diesem Zweck soll die Bereitschaft, der Masse "Kredit” zu gewähren, dadurch erhöht werden, dass das Ausfallrisiko der Gläubiger durch eine persönliche Haftung des Verwalters gemindert wird. Der Gesetzgeber hat die Interessen der Massegläubiger jedoch nur dann für schutzwürdig gehalten, wenn der Insolvenzverwalter die Masseverbindlichkeit um eines hiervon abhängigen -nicht notwendig gleichwertigen- Vorteils für die Masse willen begründet hat. Der Insolvenzverwalter soll prüfen, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, neue Verbindlichkeiten zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2004 -IX ZR 142/03 = NZI 2005, 155 ff., Rz. 8).

Entsprechend dem Zweck der Vorschrift, die Bereitschaft zur Kreditgewährung an die Masse zu fördern, betrifft § 61 InsO hauptsächlich die Begründung von Masseverbindlichkeiten durch Vertragsschluss und daneben noch die Erfüllungswahl und die unterlassene Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (BT-Dr 12/2443, S. 129 f). Massegläubiger, die für oder im Zusammenhang mit ihrem Anspruch gegen die Masse keine Gegenleistung erbringen, fallen hingegen nicht unter § 61 InsO (BGH, a.a.O., Rz. 9). Die Regelungen in §§ 30 ff. GmbHG begründen dagegen gesetzliche Schuldverhältnisse bzw. Einstandspflichten, die nur mittelbar auf einer Rechtshandlung des Insolvenzverwalters beruhen. Solche werden von § 61 InsO nicht erfasst (BGH, Urteil vom 10.12.2009 -IX ZR 220/08, Rz 7).

2. Haftung der Beklagten zu 2)

Auch die Beklagte zu 2) hat die von der Schuldnerin bis zum 27.07.2006 geleisteten Zahlungen nicht zu erstatten.

a) Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (§ 826 BGB i.V.m. existenzvernichtendem Eingriff oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB) bestehen gegen die Beklagte zu 2) ebenfalls nicht.

Sie bzw. ihre Organe haben die Schuldnerin nicht sittenwidrig geschädigt, ein haftungsbegründender existenzvernichtender Eingriff liegt nicht vor. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. Bezug genommen. Als Täterin einer Untreue zum Nachteil der Schuldnerin kommt die Beklagte zu 2) nicht in Betracht. Sie war weder befugt, über das Vermögen der Schuldnerin zu verfügen, noch oblag ihr gegenüber der Schuldnerin eine besondere Vermögensbetreuungspflicht i.S. des § 266 Abs. 1 StGB.

Einer Haftung als Beteiligte nach § 830 Abs. 2 BGB unterliegt die Beklagte zu 2) schon deshalb nicht, weil es an einem deliktischen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) fehlt.

b) Die Beklagte zu 2) haftet auch nicht nach § 143 InsO auf Rückgewähr von Pachtzahlungen, die der Beklagte zu 1) an sie weiter geleitet hat.

Mit dem Antrag Ziffer 1.a) verfolgt der Kläger nach Bl. 282 der Klageschrift insoweit einen Betrag von 2.263.444,- €. Dies ist die Summe der Nettobeträge der Pachtzahlungen aus dem Zeitraum August 2002 bis Oktober 2004. Diese Zahlungen hatte die Schuldnerin (zzgl. Umsatzsteuer insgesamt 2.625.595,04 €) an den Beklagten zu 1) geleistet.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beklagte zu 2) bezüglich der vom Beklagten zu 1) an sie weiter geleiteten Pachtzahlungen aus dem Zeitraum bis Oktober 2004 als Empfängerin der Zahlungen der Schuldnerin im Sinne des Anfechtungsrechts anzusehen wäre, denn diese Zahlungen werden von den im Gesetz geregelten Anfechtungstatbeständen nicht erfasst.

aa) Eine Anfechtung wegen kongruenter oder inkongruenter Deckung nach §§ 130, 131 InsO scheidet ebenso wie eine Anfechtung wegen unmittelbar nachteiliger Rechtshandlung nach § 132 InsO schon deshalb aus, weil diese Tatbestände nur Rechtshandlungen erfassen, die innerhalb der letzten Monate vor Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen wurden. Insolvenzanträge wurden bezüglich der Schuldnerin ab dem 09.10.2006 gestellt. Die letzte der hier streitgegenständlichen Zahlungen erfolgte jedoch bereits im Oktober 2004.

bb) Das gleiche gilt für eine etwaige Anfechtung nach § 135 Nr. 2 InsO in der bis zum 31.10.2008 geltenden Fassung (nachfolgend: alte Fassung oder a.F.). Diese Fassung ist auf den streitgegenständlichen Sachverhalt anzuwenden, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin vor Inkrafttreten der Gesetzesänderungen durch das MoMiG am 01.11.2008 eröffnet wurde, Art. 103d S. 1 EGInsO. Die hier relevanten Pachtzahlungen erfolgten bereits im Jahr 2004 und damit mehr als 1 Jahr vor dem ersten Eröffnungsantrag.

cc) Eine Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO wäre dagegen in zeitlicher Hinsicht eröffnet, da diese Norm Rechtshandlungen erfasst, die bis zu 4 Jahre vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen wurden.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung unterfallen die Pachtzahlungen der Schuldnerin an den Beklagten zu 1), die dieser dann an die Beklagte zu 2) weiter geleitet hat, jedoch nicht dem Anwendungsbereich des § 134 Abs. 1 InsO:

Der Kläger gelangt zu seiner gegenteiligen Annahme, indem er

- behauptet, dass die Nutzungsüberlassung an die Schuldnerin durch den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter von Beginn an eigenkapitalersetzend war,

- sodann daraus ableitet, dass der Beklagte zu 1) kein Recht hatte, für die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung Pacht geltend zu machen und

- die gleichwohl gezahlten Pachtzinsen rechtsgrundlos erfolgt seien, und weiter

- solche rechtsgrundlosen Zahlungen den unentgeltlichen Zahlungen i.S. des § 134 Abs. 1 InsO gleichstellt und sodann schließlich

- die Anfechtbarkeit des Empfanges dieser Leistungen auch gegenüber der Beklagten zu 2) unterstellt.

Ob die Pachtzahlung auf eine eigenkapitalersatzrechtlich verstrickte Gebrauchsüberlassung rechtsgrundlos erfolgt und ob desweiteren eine solche Leistung im Rahmen des § 134 Abs. 1 InsO einer unentgeltlichen Leistung gleichzustellen wäre (zum Streitstand: Hirte in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage 2010, § 134, Rz. 36, m.w.N.; allgemein: Sprau in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 816, Rz. 16;), bedarf keiner Entscheidung. Allerdings verkennt der Kläger auf S. 11 seines Schriftsatzes vom 18.01.2013 mit dem Hinweis auf das Urteil des BGH vom 02.04.2009 - IX ZR 236/07 = NZI 2009, 429, Rz. 16, dass dort eine andere Konstellation behandelt wird. Im dort entschiedenen Fall geht es um die hier nicht relevante Frage, ob die Leistung eines Gesellschafters, die dieser eigenkapitalersetzend einbringt, in seiner, des Gesellschafters, Insolvenz anfechtbar ist.

Ein Grundpfandrechtsgläubiger (hier: Beklagte zu 2) muss sich Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen Grundpfandrechtsbesteller (hier: T-Alt) und Pächter (hier: Schuldnerin) nur entgegenhalten lassen, soweit diese aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Einwendungen, die der Kläger aus der kapitalersatzrechtlichen Verstrickung der Nutzungsüberlassung ableitet, ist die Beklagte zu 2) daher nicht ausgesetzt (Stodolkowitz/Bergmann in MüKO-InsO, 2. Aufl. 2008, § 135, Rz. 96).

Hinzu kommt, dass die Anfechtbarkeit der Pachtzahlungen gegenüber dem Insolvenzverwalter der T-Alt bei eigenkapitalverstrickter Gebrauchsüberlassung unmittelbar und speziell in § 135 Nr. 2 InsO a.F. geregelt und der dort gegenüber § 134 Abs. 1 InsO wesentlich kürzer bemessenen Jahresfrist unterworfen ist, oben bb).

Aus dieser gesetzlichen Systematik folgt, dass § 135 InsO in seinem Anwendungsbereich als speziellere Norm den § 134 InsO verdrängt. Es entspricht der einhelligen Auffassung in der Literatur, dass das Recht des Insolvenzverwalters, Pachtzahlungen der Schuldnerin auf eigenkapitalverstrickte Nutzungsüberlassungen anzufechten, auf Zahlungen im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag beschränkt ist (W.Henckel in Jaeger, Großkommentar zur Insolvenzordnung, 1. Auflage 2008, § 135, Rz. 8; Kleindiek in Kreft, Insolvenzordnung, 6. Auflage 2011, § 135, Rz. 32; Zeuner in Leonhardt/Smid/Zeuner, Insolvenzordnung, 3. Auflage 2010, § 135, Rz. 39 zu § 135 a.F.; Dauernheim in FK-InsO, 5. Auflage 2009, § 135, Rz. 109 ff., 116; Hueck/Fastrich in GmbHG, 18. Auflage 2006, § 32a, Rz. 70).

Die vom Kläger beantragte Beweisaufnahme dazu, ab wann die Schuldnerin sich in einer Krise i.S. des § 32a Abs. 1 GmbHG a.F. befand und ab wann die Nutzungsüberlassung folglich eigenkapitalersetzend wirkte, ist damit nicht erforderlich.

dd) Auch eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO scheidet für die mit dem Antrag Ziffer 1.a) geltend gemachte Rückzahlung von Pachtzinsen aus.

Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausginge, dass die Schuldnerin bereits seit dem Jahre 2003 insolvenzreif war, gibt es keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten zu 2) dies bekannt war - Erkennbarkeit würde insoweit nicht genügen. Immerhin hat die Schuldnerin auch Ende 2004 in ihrer Bilanz trotz der erbrachten Pachtzahlungen noch Gewinne ausgewiesen. Auch hat der Sachverständige L in seinem im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten (Anlage K 5) nach Auswertung der ihm zur Verfügung gestellten Geschäftsunterlagen erst für März 2005 die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin festgestellt. Mangels Hinweises auf eine Insolvenzreife der Schuldnerin hätte die Beklagte zu 2) im Sommer 2004 aber auch keinen Anlass gehabt, von einer etwa durch die Zahlungen der Schuldnerin auf ihre Pachtschulden drohenden Gläubigerbenachteiligung auszugehen.

c) Ansprüche aus § 812 BGB i.V.m. § 138 BGB kommen ebenfalls nicht in Betracht.

Abgesehen davon, dass Bereicherungsschuldner hier der Insolvenzverwalter der T-Alt wäre, da er die Zahlungen empfangen hat, fehlt es, wie bereits dargelegt, an einem Verstoß gegen die guten Sitten i.S. des § 138 BGB.

3. Haftung des Beklagten zu 3)

Eine Haftung des als Teilnehmer einer behaupteten unerlaubten Handlung der Beklagten zu 1) oder zu 2) in Anspruch genommenen Beklagte zu 3) scheidet bereits deshalb aus, weil eine solche unerlaubte Handlung nicht vorliegt.

B. Antrag Ziffer 1.b) gegen alle Beklagten: Feststellung

Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten auf Schadensersatz bestehen nach den Ausführungen zu A. nicht. Damit sind sie auch nicht verpflichtet, die Kosten des Insolvenzverfahrens der Schuldnerin zu tragen.

Der auf die Feststellung dieser noch nicht bezifferbaren Verpflichtung gerichtete Antrag ist damit ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

C. Antrag Ziffer 2. nur gegen die Beklagte zu 2): Zahlung von 1.212.200 €

Soweit der Kläger die Beklagte zu 2) auf Rückgewähr der von der Schuldnerin zwischen September 2005 und März 2006 an den Zwangsverwalter gezahlten Pachtzinsen von insgesamt 1.212.200 € in Anspruch nimmt, hat die Klage dagegen in Höhe von 696.962,35 € Erfolg.

Der Kläger kann nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO die Rückgewähr des Teils der Zahlungen an die Insolvenzmasse verlangen, der durch anfechtbare Rechtshandlungen aus dem Vermögen der Schuldnerin geleistet wurde.

1. Die hier streitgegenständlichen Pachtzahlungen unterfallen der Insolvenzanfechtung nach § 129 Abs. 1 InsO, denn sie wurden vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet. Sie führten im zuerkannten Umfang auch zu einer Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger der Schuldnerin, denn deren Befriedigung wäre bei einem Unterbleiben dieser Zahlungen anteilig höher ausgefallen (Hirte in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl. 2010, § 129, Rz. 91).

2. Anfechtbar sind nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO nur die Rechtshandlungen, die zu einer Verminderung des Vermögens der Schuldnerin geführt haben.

a) Dies ist bezüglich der am 01.09.2005 geleisteten Zahlung der N in Höhe von 406.000 € an die Beklagte zu 2) nicht der Fall, weil diese nicht aus dem Vermögen der Schuldnerin geleistet wurde.

Die Zahlung erfolgte auf Grund des Treuhandvertrages vom 29.08.2005 (Anlage 4 zu § 1 der Urkunde des Notars W vom 13.09.2005, UrNr. 776/05, Bl. 1360 ff., 1364 ff.).

Die Beklagte zu 2) erhielt diese Zahlung danach zunächst als Treuhänderin und leitete sie an den Zwangsverwalter weiter, der im Wege der Verteilung wiederum den überwiegenden Teil an die Beklagte zu 2) als Gläubigerin auskehrte. Gezahlt wurde dieser Betrag (ungeachtet des Umstandes, dass die Zahlung über ein Konto der Rechtsanwälte T3 Maassen abgewickelt wurde) von der N. Die Zahlung der N bezweckte die Erfüllung eines Teils der offenen Pachtrückstände der Schuldnerin (§ 2 b. des Treuhandvertrages) sowie die Erfüllung der Pachtverbindlichkeiten der Monate August und September 2005 (§ 2 d. des Treuhandvertrages).

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Schuldnerin zum Zahlungszeitpunkt Ende August 2005 gegenüber der N einen Anspruch darauf hatte, dass diese die Pachtverbindlichkeiten der Schuldnerin erfüllt.

Eine Gläubigerbenachteiligung scheidet jedoch aus, wenn ein Gläubiger mit Fremdmitteln, die nicht in das haftende Vermögen des Schuldners gelangt sind, befriedigt wird. Bei einer Zahlung des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten ist zwischen der Anweisung auf Schuld und der Anweisung auf Kredit zu unterscheiden. Im ersten Fall tilgt der Angewiesene mit der Zahlung an den Empfänger eine gegenüber dem Anweisenden bestehende Verbindlichkeit (Habersack in MüKo-BGB, 5. Aufl. 2009, § 787 Rz. 2). Demgegenüber nimmt der Angewiesene im zweiten Fall die Zahlung an den Empfänger ohne eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, so dass er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden wird (Habersack in MüKo-BGB, a.a.O.). Handelt es sich um eine Anweisung auf Schuld, führt die Zahlung durch den Angewiesenen zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung an den Dritten seine Forderung gegen den Angewiesenen verliert (Kirchhof in MüKo-InsO, 2. Aufl. 2008, § 129, Rz. 144). Liegt dagegen eine Anweisung auf Kredit vor, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich aus, weil es durch die Zahlung lediglich zu einem Gläubigerwechsel in der Person des Angewiesenen kommt. Die Belastung der Masse mit dem Rückgriffsanspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld des Zahlungsempfängers ausgeglichen (BGH; Urteil vom 16.10.2008 -IX ZR 147/07, Rz. 9).

Dem steht nicht entgegen, dass die N zugleich Gesellschafterin der Schuldnerin war. Als solche haftete sie für deren Verbindlichkeiten nicht (BGH, a.a.O., Rz. 10). Unerheblich ist auch, dass diese Zahlung später in der Urkunde vom 13.09.2005 auf die dort erst zu Gunsten der Schuldnerin übernommene Finanzierungsgarantie der N angerechnet wurde.

b) Die weitere Teilzahlung der N über 406.000 €, die infolge der Regelung in § 8 des Notarvertrages vom 13.09.2005 (Anl. BB 8, Bl. 1337 ff.) noch im September geleistet wurde, stellt sich dagegen als eine Anweisung auf Schuld dar. Diese Zahlung erfolgte deshalb im Rechtssinne aus dem Vermögen der Schuldnerin. Insoweit hat der Senat im Termin vom 20.12.2012 darauf hingewiesen, dass er an seiner im Beschluss vom 30.08.2012 (Ziffer 2.a.) geäußerten Auffassung nicht festhält. Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Denn im Unterschied zu der auf Grund des Treuhandvertrages von Ende August geleisteten Zahlung hatte die N hier in § 1 Ziffer 1. des Notarvertrages vom 13.09.2005 eine schuldrechtliche Garantieverpflichtung bis zur Höhe von 2,5 Mio. € zu Gunsten der Schuldnerin übernommen. Diese Finanzierungsgarantie sollte nach dem Notarvertrag der Sanierung der Schuldnerin dienen. Zum Zeitpunkt der Zahlung der zweiten 406.000 € hatte die Schuldnerin also, anders als Ende August 2005, einen vertraglichen Anspruch gegen die N auf Bereitstellung dieses Betrages.

c) Die weiteren Zahlungen zwischen Oktober 2005 und März 2006 leistete die Schuldnerin selbst.

3. Die Beklagte zu 2) ist, entgegen der Auffassung des Landgerichts, Empfängerin der Pachtzahlungen i.S. des § 143 Abs. 1 InsO und damit zur Rückgewähr der anfechtbaren Zahlungen verpflichtet. Unerheblich ist, dass die Zahlungen im Rahmen der bestehenden Zwangsverwaltung im Rahmen der Verteilung durch den Zwangsverwalter an sie gelangten.

a) Bezüglich der von N geleisteten Zahlung folgt das bereits daraus, dass die Beklagte zu 2) nach § 8 Ziffer 3. des Notarvertrages das Recht hatte, die Zahlung des Betrages zu verlangen.

b) Aber auch bezüglich der von der Schuldnerin an den Zwangsverwalter geleisteten Zahlungen ist die Beklagte zu 2) Empfängerin im Sinne des Anfechtungsrechts.

Empfänger einer anfechtbaren Leistung ist derjenige, zu dessen Gunsten der Erfolg der konkret angefochtenen Rechtshandlung zu Lasten des Schuldnervermögens eingetreten ist (Kirchhof in MüKo-InsO, 2. Aufl. 2008, § 143, Rz. 5; Hirte in Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 143, Rz. 43; für die Treuhand: BGH, Beschluss vom 12.03.2009, IX ZR 85/06).

Nach Verteilung der vereinnahmten Pachten durch den Zwangsverwalter an die Vollstreckungsgläubiger verbleibt bei diesem kein aus der anfechtbaren Rechtshandlung resultierender Vorteil (so auch Nöll in ZInsO 2007, 1125 ff., 1128). Diesen erlangen vielmehr allein die Gläubiger, hier die Beklagte zu 2). Sie ist deshalb Schuldnerin des aus der Anfechtung erwachsenden Rückgewährsanspruches.

4. Die Pachtzahlungen aus dem Zeitraum September 2005 bis März 2006 sind, soweit sie aus dem Vermögen der Schuldnerin geleistet wurden, allein nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar.

a) Andere Anfechtungstatbestände scheiden aus:

Eine Anfechtung nach §§ 130 - 132 InsO kommt nicht in Betracht, weil die Zahlungen mehr als 3 Monate vor dem Insolvenzantrag erfolgten.

Eine Anfechtung nach § 135 Nr. 2 InsO a.F. scheidet ebenfalls aus, weil eine etwaige Eigenkapitalverstrickung der Nutzungsüberlassung jedenfalls mit der Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung endete (W.Henckel in Jaeger, Großkommentar zur Insolvenzordnung, 1. Auflage 2008, § 135, Rz. 8 m.w.N.). Der die Beschlagnahme nach §§ 146 Abs. 1, 20 ZVG bewirkende Beschluss des Vollstreckungsgerichts wurde vorliegend bereits am 09.06.2005 und damit vor den hier relevanten Zahlungen im Grundbuch eingetragen.

§ 134 InsO kommt schließlich als Anfechtungsgrund ebenfalls nicht in Betracht, weil jedenfalls mit Fortfall einer etwaigen Eigenkapitalverstrickung unter keinen Umständen mehr von einer Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung auszugehen wäre.

b) Die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 InsO liegen vor. Alle hier streitgegenständlichen Zahlungen wurden innerhalb der letzten 10 Jahre vor Stellung des ersten Insolvenzantrages geleistet. Der Umstand, dass es sich bei den Pachtzahlungen evtl. um Bargeschäfte handelte, steht der Vorsatzanfechtung nicht entgegen, § 142 InsO.

aa) Die verantwortlichen Geschäftsführer der Schuldnerin handelten, als sie die Zahlungen jeweils anwiesen, mit dem Vorsatz, die Gläubiger der Schuldnerin zu benachteiligen.

Ausreichend ist dabei, dass der Vorsatz auf die hier gegebene (vgl. oben Ziff. 1.) mittelbare Benachteiligung der Gläubiger gerichtet war (Hirte In Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 133, Rz. 11).

Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge -sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils- erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 S. 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (BGH; Urteil vom 13.04.2006 -IX ZR 158/05 = BGHZ 167, 190 ff., Rz. 14 m.w.N.; vgl. auch Kirchhof in MüKo-InsO, 2. Aufl. 2008, § 133 Rz. 26).

(1) Die vorgetragenen und die aus den vorgelegten Urkunden ersichtlichen Umstände lassen vorliegend zweifelsfrei den Schluss zu, dass die Geschäftsführer der Schuldnerin bereits im Vorfeld des Sanierungsanlaufes im September 2005 von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ausgingen. Das verdeutlicht insbesondere die vom Kläger vorgelegte Korrespondenz:

"Bereits im Januar d. J. haben wir mitgeteilt, dass aufgrund der zu erwartenden Umsatzschätzungen für die Monate Januar - März 2005 wir nicht in der Lage sein werden, die Mieten zu zahlen." (Schreiben der Schuldnerin an Prof. Dr. N4 vom 07.03.2005; Anlage K 75)

"Die rückständigen Zahlungen konzentrieren sich immer mehr auf wenige Lieferanten mit entsprechend größer werdenden Rückstandsbeträgen. Darunter finden sich auch Energielieferanten bzw. Versicherer, bei denen eine Streckung der Zahlung schwierig wird. Es wächst die Gefahr, dass Lieferanten mit rechtlichen Schritten ihre Forderungen eintreiben; dadurch können haftungsrelevante Zahlungen in den nächsten Wochen gefährdet sein." (Email des Leiters der Buchhaltung (E) vom 01.04.2005; Anlage K 76)

"... die wirtschaftliche Lage der T GmbH (neu) hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch verschärft. ... Nach aktuellen Berechnungen ist auf diese Weise ein zusätzlicher Finanzbedarf von 5,1 Mio. € entstanden, der die niederländischen Investoren als neue Gesellschafter der Auffanggesellschaft vor erhebliche Probleme gestellt hat.Die Firma T ist daher wesentlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Insolvenzmasse nicht nachgekommen. Einzelheiten hierzu ergeben sich aus meinem Schreiben an sie Sparkasse B vom 16.03.2005." (Schreiben von Prof. Dr. N4 an Rechtsanwalt T4, Mitglied des Gläubigerausschusses, vom 27.04.2004; Anlage K 81)

"Der verbleibende Betrag von geschätzt 280 Tsd. Ist kaum ausreichend, um alle bis zum Monatsende eingehenden dringenden Mahnungen zu erfüllen." (Email des Leiters der Buchhaltung (E) vom 18.05.2005; Anlage K 80)

"Die von den Hauptgesellschaftern o. g. Maßnahmen werden nicht ausreichen, um die Kosten und Verluste ausreichend zu kompensieren. Daher bitte ich Sie in Ihrer Funktion als Insolvenzverwalter der T GmbH ...und Vorsitzender des Gläubigerausschusses über einen Sanierungsbeitrag in Form eines Forderungsverzichts n Höhe von 6,13 Mio. Euro ... zu entscheiden. ...Nur durch eine zügige Umsetzung der genannten Unternehmensstrategie in Verbindung mit den dargestellten notwendigen Beiträgen ... auch des Gläubigerausschusses werden die Voraussetzungen zu einer nachhaltigen Sicherung der T GmbH geschaffen. Gelingt es nicht, ... ist die Sanierungsstrategie nicht umsetzbar und die T GmbH kurzfristig gezwungen, Insolvenzantrag zu stellen." (Schreiben der Schuldnerin an Prof. Dr. N4 vom 27.05.2005; Anlage K 86)

"Information der Geschäftsführung an die Gesellschafter über die Höhe der überfälligen Forderungen (z. Z. 2,8 Mio. €)" (Protokoll der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin vom 22.06.2005; Anlage K 87)

"Herr O2 ist untersagt, für das Unternehmen beim Amtsgericht Insolvenz zu beantragen." (Beschluss-Entwurf der Gesellschafterversammlung vom 13.07.2005; Anlage K 88)

Mitteilung der Beklagten zu 2) an die Geschäftsführung der Schuldnerin vom 29.07.2005 über eine erfolgte Kontenpfändung (Anlage K 85)

(2) Der Sanierungsversuch aus September 2005 wurde maßgeblich durch die Vereinbarungen in der Notarurkunde vom 13.09.2005 (Anl. BB8, Bl. 1337 ff.) umgesetzt. Auch zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Urkunde war den Beteiligten, und damit auch der Schuldnerin, klar, dass keineswegs sicher war, dass die Maßnahme zur Rettung der Schuldnerin ausreicht. Vielmehr enthält die Urkunde in § 2 Ziffer 3. Regelungen dazu, dass künftig fällige Tilgungsbeiträge eventuell nicht aufgebracht werden können. Tatsächlich wurde im hier maßgeblichen Zeitraum keine einzige der in § 2 Ziffer 2 der Urkunde vom 13.09.2005 ab Oktober 2005 vereinbarten monatlichen Tilgungen von jeweils 50.000 € erbracht, weil jeweils die Liquidität nicht ausreichte (Anl. BB 11, Bl. 1505 ff.).

Diese Umstände waren den verantwortlichen Geschäftsführern der Schuldnerin bekannt und belegen, dass diese auch nach dem Sanierungsversuch im September 2005 wussten, dass Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte oder bereits eingetreten war. Das lässt nach der zitierten Rechtsprechung des BGH zweifelsfrei auf den Benachteiligungsvorsatz zum Zeitpunkt der Erbringung der Pachtzahlungen an den Zwangsverwalter schließen.

bb) Dieser Benachteiligungsvorsatz war auch der Beklagten zu 2) zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt bekannt.

Dies wird nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, weil die Beklagte zu 2) von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der mit den Zahlungen verbundenen Gläubigerbenachteiligung wusste.

(1) Dabei ist der Beklagten zu 2) das Wissen des Beklagten zu 3) zuzurechnen. Als Leiter der Rechtsabteilung der Beklagten zu 2) war der Beklagte zu 3) einer der verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten zu 2), dessen Handeln und dessen Wissen ihr nach § 31 BGB zuzurechnen sind.

Verfassungsmäßig berufene Vertreter im Sinne des § 31 BGB sind nicht nur Personen, deren Tätigkeit in der Satzung der juristischen Person vorgesehen ist; auch brauchen sie nicht mit rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht ausgestattet zu sein. Es braucht sich auch nicht um einen Aufgabenbereich innerhalb der geschäftsführenden Verwaltungstätigkeit der juristischen Person zu handeln. Vielmehr genügt es, dass dem Vertreter durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, dass er also die juristische Person auf diese Weise repräsentiert (BGH, Urteil vom 30.10.1967 - VII ZR 82/65 = BGHZ 49, 19 ff., Rz. 11).

Dies trifft auf den Leiter der Rechtsabteilung zu.

(2) Der Wissenszurechnung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Beklagte zu 3) das relevante Wissen eventuell als Mitglied des Gläubigerausschusses der T-Alt erlangte. Als solches hatte er dort vielmehr gerade die Interessen der Beklagten zu 2) als absonderungsberechtigter Grundpfandrechtsgläubigerin der T-Alt zu vertreten, §§ 67, 68 InsO.

Ihm oblag danach die Unterstützung und Überwachung des Beklagten zu 1) bei dessen Geschäftsführung. Zu diesem Zweck war der Beklagte zu 3) berechtigt, sich über den Gang der Geschäfte zu unterrichten und Bücher und Korrespondenz einzusehen, § 69 InsO. Für den Fall, dass er diesen Pflichten nicht nachkam, haftete er u.a. der Beklagten zu 2) auf Schadensersatz, § 71 InsO. Der Beklagte zu 3) war folglich nicht nur nicht daran gehindert, die Beklagte zu 2) über den Verlauf des Insolvenzverfahrens zu unterrichten, dies gehörte als deren Interessenvertreter vielmehr zu seinen Aufgaben. Einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Beklagten zu 2) oblag er gerade nicht.

Wenn dann die Beklagte zu 2) das so erlangte Wissen nutzte, um sich gegenüber den übrigen Gläubigern einen Vorteil zu verschaffen, ist das allein bei der Prüfung der betreffenden Rechtshandlung zu Gunsten der Beklagten zu 2) zu würdigen. Eben darum geht es bei der hier zu prüfenden Vorsatzanfechtung.

Davon zu trennen ist die hier nicht maßgebliche Frage, ob der Beklage zu 3) bei seiner Tätigkeit im Gläubigerausschuss der T-Alt die Interessen der Beklagten zu 2) in unvertretbarer Weise über die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger der T-Alt gestellt hat (zu dieser Frage: BGH, Beschluss vom 01.03.2007 -IX ZB 47/06, Rz.21 ff.). Dazu ist vorliegend nichts vorgetragen.

(3) Die Beklagte zu 2) hatte daneben auch unmittelbar eigene Erkenntnisse über die Liquiditätslage der Schuldnerin. Dies gilt unabhängig davon, ob sie zu dieser eigene Kreditbeziehungen unterhielt oder nicht. So war sie an der Treuhandvereinbarung vom 29.08.2005 sowie an der weiteren Treuhandvereinbarung gemäß § 8 Ziffer 2. der Urkunde vom 13.09.2005 (Bl. 1372 ff.) selbst beteiligt. Desweiteren führe sie verschiedene Geschäftskonten der Schuldnerin. Ihr war daher insbesondere bekannt, dass der Beklagte zu 1) im Juli 2005 wegen einer Forderung gegen die Schuldnerin von mehr als 8 Mio. € eine Kontopfändung erwirkt hatte (vgl. Anl. K 85).

(4) Die der Beklagten zu 2) danach verfügbaren Informationen belegen in einer Gesamtschau zweifelsfrei, dass die Beklagte zu 2) sowohl von der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Vorfeld des Sanierungsversuches vom September 2005, als auch von der nach September 2005 weiter angespannten Lage der Schuldnerin wusste. Eine Beweisaufnahme war entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) zu diesem Punkt nicht erforderlich, weil sich die maßgeblichen Umstände bereits aus den vorgelegten Unterlagen ergeben.

Bereits der Sanierungsversuch war nur möglich, weil zuvor der Gläubigerausschuss der T-Alt, dem der Beklagte zu 3) angehörte, dem dort vorgesehenen Verzicht des Insolvenzverwalters der T-Alt auf insgesamt immerhin 6,13 Mio. € zugestimmt hatte. In dem betreffenden Beschluss des Gläubigerausschusses vom 08.07.2005 (Anlage zur Vorbemerkung des Notarvertrages vom 13.09.2005, Bl. 1349 ff.) sind für den Forderungserlass Bedingungen genannt, die von der Schuldnerin und der N zu erfüllen waren. Dazu gehört u.a. die Sicherungsübereignung von Warenbeständen durch die Schuldnerin zu Gunsten des Insolvenzverwalters der T-Alt (§ 3 des Notarvertrages) und die Informationsverpflichtung der Schuldnerin gegenüber dem Insolvenzverwalter der T-Alt über die Liquiditätslage der Schuldnerin (§ 2 Ziffer 2 des Notarvertrages).

Das Gesamtkonzept des Sanierungsversuches und die gleichwohl verbleibenden Unwägbarkeiten waren der Beklagten zu 2) damit bekannt.

Die Beklagte zu 2) blieb zudem auch nach September 2005 als wichtige Gläubigerin der T-Alt maßgeblich an der Forderung der Insolvenzmasse T-Alt gegen die Schuldnerin von immer noch 3,15 Mio. € beteiligt. Ihr konnte deshalb nicht verborgen bleiben, dass die im Rahmen des Sanierungsversuches neu vereinbarten Tilgungen durch die Schuldnerin in Höhe von 50.000 € monatlich durchweg ausblieben.

(5) Ebenso war der Beklagten zu 2) die Existenz weiterer Gläubiger der Schuldnerin bekannt. Sie wusste also, dass die über den Zwangsverwalter vereinnahmten Pachten bei der Schuldnerin zur, sei es auch nur anteiligen, Bedienung ihrer sonstigen Gläubiger nicht zur Verfügung standen.

5. Der aus der Anfechtung erwachsene Rückgewährsanspruch des Klägers ist schließlich auch nicht verjährt.

Nach § 146 Abs. 1 InsO gilt insoweit die dreijährige Frist des § 195 BGB. Diese begann erst mit Schluss des Jahres 2007 zu laufen, § 199 Abs. 1 BGB, denn der Anspruch war nicht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 16.01.2007 entstanden (vgl. Hirte in Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 146, Rz. 2a). Bei Eingang der Klage am 29.12.2010 war die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Auf den Tag des Klageeinganges ist nach § 167 ZPO abzustellen, auch wenn die Zustellung erst Anfang Februar 2011 erfolgte, denn diese Verzögerung hatte ihre Ursache im Gerichtsbetrieb und ist vom Kläger nicht zu vertreten. Die Gerichtskosten waren bereits der Klageschrift beigefügt.

6. Die Beklagte zu 2) hat daher nach § 143 Abs. 1 InsO von den nach dem 13.09.2005 an den Zwangsverwalter gezahlten Beträge den Teil an den Kläger zurückzugewähren, der tatsächlich an sie geflossen ist.

In diesem Zeitraum hat die Schuldnerin insgesamt Pacht in Höhe von 806.200 € an den Zwangsverwalter gezahlt. Die Beklagte zu 2) trägt vor, sie habe davon im Wege der Verteilung nur 696.962,35 € erhalten. Der Rest sei an vorrangige Gläubiger wie das Finanzamt oder die Stadt gegangen. Hierzu hat der Kläger sodann Gegenteiliges nicht vorgetragen. Nicht dargetan ist ferner, dass der Differenzbetrag auch Verfahrenskosten enthielt, die die Beklagte zu 2) selbst zu tragen hätte.

Den Umfang des Rückgewähranspruches hat jedoch der Kläger darzulegen, weil es sich dabei um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt. Zuzusprechen ist damit allein der auch von der Beklagten zu 2) bestätigte Betrag von 696.962,35 €.

7. Zinsen stehen dem Kläger hierauf in der geltend gemachten gesetzlichen Höhe seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 16.01.2007 zu, § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht im Prozessverhältnis des Klägers zu den Beklagten zu 1) und 3) auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 ZPO. Im Prozessverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2) beruht sie auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision ist im Prozessverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2) nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, soweit zum Antrag Ziffer 1.a) wegen eines Betrages von 2.263.444 € die Anfechtbarkeit von Pachtzahlungen auf eine eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung auch nach § 134 Abs. 1 InsO in Streit steht.

Im übrigen beruht das Urteil auf einer Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes anhand von Rechtssätzen, die höchstrichterlich bereits geklärt sind.

V.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren wie folgt festgesetzt:

Prozessverhältnis des Klägers zu den Beklagten zu 1) und zu 3):

Zahlungsantrag: 4.740.851,93 €

Feststellungsantrag: 500.000,00 €





Gesamt: 5.240.851,93 €

Prozessverhältnis der Klägers zu der Beklagten zu 2):

Zusätzlich Antrag 2.: 1.212.200,00 €





_

Gesamt: 6.453.051,93 €