BGH, Beschluss vom 23.04.2015 - I ZB 73/14
Fundstelle
openJur 2015, 8950
  • Rkr:
Tenor

Die Erinnerung des Schuldners gegen den Ansatz der Gerichtskosten vom 19. September 2014 (Kostenrechnung vom 30. September 2014, Kassenzeichen 780014142412) wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde des Schuldners durch Beschluss vom 18. September 2014 als unzulässig verworfen. Gegen den Ansatz der Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 30. September 2014 (Kassenzeichen 780014142412) hat sich der Schuldner mit mehreren Eingaben schriftlich gewandt. Der Kostenbeamte hat die Beanstandungen als Erinnerung nach § 66 GKG gewertet und dieser nicht abgeholfen.

II. Die Eingaben des Schuldners vom 5. Oktober und 2. November 2014 sind als Erinnerung gegen den Kostenansatz auszulegen.

1. Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren der Erinnerung gegen den Ansatz der Kosten beim Bundesgerichtshof ist in entsprechender Anwendung von § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG der Senat funktionell zuständig. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.

2. Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die funktionelle Zuständigkeit für Entscheidungen über die Erinnerung gegen den Kostenansatz beim Senat liegt. Zwar sieht § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG vor, dass über die Erinnerung das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Aus dem Umstand, dass § 66 Abs. 6 GKG dem § 568 ZPO nachgebildet wurde (BT-Drucks. 15/1971, S. 157), ergibt sich aber, dass die mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter möglichen Beschleunigungseffekte nur bei den Gerichten genutzt werden sollten, bei denen eine Entscheidung durch Einzelrichter institutionell auch vorgesehen ist. Bei dem Bundesgerichtshof ist die Entscheidung durch Einzelrichter gerichtsverfassungs- und prozessrechtlich jedoch weder vorgesehen noch vorbehalten (vgl. § 139 Abs. 1 gegenüber §§ 75, 122 Abs. 1 GVG) und damit nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584; Beschluss vom 12. März 2007 - II ZR 19/05, NJW-RR 2007, 1148; Beschluss vom 23. Mai 2007 - 1 StR 555/06, juris; Beschluss vom 20. September 2009 - IX ZB 35/07, JurBüro 2008, 43; Beschluss vom 17. August 2010 - I ZB 7/10, juris Rn. 2).

Dieser Rechtsprechung zu einer einschränkenden Auslegung der Vorschrift des § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG haben sich das Dienstgericht des Bundes (Beschluss vom 22. Februar 2006 - RiZ (R) 1/05, NJW-RR 2006, 1003) und der Bundesfinanzhof angeschlossen (Beschluss vom 28. Juni 2005 - X E 1/05, BFHE 209, 422). Demgegenüber sind das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 25. Januar 2006 - 10 KSt 5/05, NVwZ 2006, 479; Beschluss vom 5. Januar 2007 - 8 KSt 16/06, juris Rn. 1) und das Bundessozialgericht (Beschluss vom 29. Dezember 2011 - B 13 SF 3/11 S, juris Rn. 6) davon ausgegangen, dass diese Vorschrift bei allen Kollegialgerichten gilt, auch wenn für das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 10 Abs. 3 VwGO und für das Bundessozialgericht gemäß § 40 in Verbindung mit § 33 SGG institutionell grundsätzlich keine Einzelrichtertätigkeit vorgesehen ist.

3. An der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nicht mehr festgehalten werden, nachdem der Gesetzgeber durch das 2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) mit Wirkung zum 1. August 2013 die Neuregelung des § 1 Abs. 5 GKG eingeführt hat (BFH, Beschluss vom 25. März 2014 - X E 2/14, BFH/NV 2014, 894; Beschluss vom 2. Juni 2014 - XI E 1/14, juris Rn. 12; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, § 1 GKG Rn. 68; Laube in Dörndorfer/Neie/Petzold/Wendtland, Beck'scher Online-Kommentar Kostenrecht, Stand: 15. Februar 2015, § 66 GKG Rn. 155). Danach gehen die Vorschriften des GKG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Diese Regelung dient - ebenso wie die gleichzeitig eingeführten Vorschriften des § 1 Abs. 2 FamGKG (vgl. hierzu Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 1 Rn. 31) und des § 1 Abs. 6 GNotKG (vgl. hierzu Korintenberg, GNotKG, 19. Aufl., § 1 Rn. 29) - nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung, dass der Einzelrichter in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch zuständig ist, wenn eine Einzelrichterentscheidung institutionell nicht vorgesehen ist (BT-Drucks. 17/11471 [neu], S. 243).

4. Da das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz nach seinem Art. 50 ohne Übergangsregelung zum 1. August 2013 in Kraft getreten ist, ist der Einzelrichter zur Entscheidung über Erinnerungen berufen, die sich gegen den Kostenansatz in Rechtsmittelverfahren richten, die nach diesem Zeitpunkt beim Bundesgerichtshof eingeleitet worden sind (§ 71 Abs. 1 GKG). Der zuständige Einzelrichter ist in der senatsinternen Geschäftsverteilung zu bestimmen.

III. Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 66 Abs. 1 GKG) Erinnerung des Schuldners hat keinen Erfolg.

1. Durch die Verwerfung der Rechtsbeschwerde ist die Gebühr nach Nr. 2124 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum GKG) in Höhe von 60 € angefallen. Der entsprechende Kostenansatz wird vom Schuldner auch nicht beanstandet.

2. Soweit der Schuldner mit der Erinnerung geltend macht, die Kostenrechnung hätte - im Original und in der Zweitschrift - unterschrieben werden müssen, kann er damit keinen Erfolg haben. Die Form der Kostenrechnung entspricht den Anforderungen des § 25 Abs. 2 Satz 4 KostVfg. Die Kostenrechnung wurde manuell erstellt und ist in der in der Akte befindlichen Urschrift unterschrieben. Die dem Schuldner übersandte Zweitschrift der Kostenrechnung bedurfte keiner Unterschrift, sondern lediglich des Abdrucks des Dienstsiegels.

IV. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG).

Büscher Koch Löffler Schwonke Feddersen Vorinstanzen:

AG Bremen, Entscheidung vom 27.12.2013 - 244 M 442111/13 -

LG Bremen, Entscheidung vom 04.02.2014 - 2 T 57/14 -