VG Ansbach, Urteil vom 12.02.2015 - AN 6 K 14.00992
Fundstelle
openJur 2015, 8329
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Vereinbarung der Beteiligten vom 17. August 1989 fortbesteht.

2. Die Beklagte hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

3. In Ziff. 2 ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in ... den katholischen Kindergarten ... In einem notariellen Erbbaurechtsvertrag vom 17. August 1989 wurde die Beklagte als Erbbauberechtigte einer Teilfläche von 1.930 qm aus den im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücken FlSt. ... und FlSt. ... an der ... bzw. in der ...eingesetzt. Das Erbbaurecht soll danach am 31. Dezember 2089 enden. Die Beklagte hatte sich im Erbbaurechtsvertrag verpflichtet, auf dem Grundstück „ein für den Betrieb eines Kindergartens geeignetes Gebäude zu errichten, zu haben und zu betreiben“ und in gutem baulichen Zustand dauerhaft zu erhalten. Die Beklagte war weiterhin verpflichtet, dieses zu errichtende Gebäude der Klägerin für den Betrieb eines Kindergartens kostenlos zu überlassen.

In einer gesonderten Vereinbarung gleichen Datums erklärte sich die Klägerin bereit, die Trägerschaft für den Kindergarten zu übernehmen, und die Beklagte sollte nach Bauvollendung das Gebäude mit allen Räumen und Einrichtungsgegenständen der Kirchenstiftung betriebsbereit und unentgeltlich zum Betrieb des Kindergartens zur Verfügung stellen. Die Vertragspartner verpflichteten sich, zur Erfüllung des Vertragszweckes (Betrieb eines Kindergartens) in bestmöglicher Weise und im gegenseitigen Vertrauen nach Maßgabe dieses Vertrages zusammenzuwirken. In § 5 der Vereinbarung übernahm die Beklagte alle notwendigen Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen für das Gebäude, die Räume und die Außenanlagen und trägt die hierfür anfallenden Unterhaltskosten mit Ausnahme von Schönheitsreparaturen. Die Kosten für Strom, Wasser, Heizung einschließlich Wartung der Heizungsanlage, Müllabfuhr und Kosten der Entwässerung sowie die Kosten einer Betriebshaftpflichtversicherung für den Betrieb des Kindergartens übernahm die Kirchenstiftung, die öffentlichen Abgaben, die Kosten der Gebäudebrandversicherung sowie der Haftpflichtversicherung für das Gebäude und die Kosten der Versicherung des Inventars gegen Feuer-, Sturm- und Wasserschäden einschließlich der Hagelversicherung und der Hausratversicherung übernahm ebenso wie die weiteren Betriebskosten gemäß Anlage 3 der 2. Berechnungsverordnung vom 5. April 1984 die Beklagte.

In § 7 wurde geregelt, dass die laufenden Personal- und Betriebskosten durch die gesetzlichen Personalkostenzuschüsse des Staates und der Stadt entsprechend dem Bayerischen Kindergartengesetz sowie durch die laufenden Elternbeiträge und durch eventuelle Zuschüsse Dritter getragen werden. Die Betriebskosten und Personalkosten werden u.a. auch durch den Erbbauzins entsprechend dem Erbbaurechtsvertrag zwischen der Stadt und der Katholischen Pfarrpfründestiftung ... getragen. In Ziffer 3 von § 7 ist geregelt, dass für den Fall, dass trotz des Einsatzes der in Ziffer § 7.1 genannten Einnahmen bei dem Betrieb des Kindergartens ein Defizit entstehe, dieses die Beklagte trage. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass bei dem Betrieb des Kindergartens die Grundsätze der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung für vergleichbare Einrichtungen beachtet würden. Der Haushaltsplan und die Jahresabrechnung (Einnahme/Überschussrechnung) des Kindergartens würden der Stadt auf Verlangen zur Einsichtnahme vorgelegt. In Ziffer 4 verpflichtete sich die Klägerin, aus einem eventuellen Überschuss (Einnahme/Überschussrechnung) des Kindergartens keine Mittel für andere Zwecke als den Kindergarten zu entnehmen.

In § 10 ist geregelt, dass bei Meinungsverschiedenheiten aus dieser Vereinbarung als Schlichter das Landratsamt ... bestellt werde. In § 11 ist die Dauer des Vertrages geregelt. Danach ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und die Vereinbarung kann gemäß Ziffer 2 von der Kirchenstiftung mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kindergartenjahres gekündigt werden. In Ziffer 3 ist geregelt, dass die Vereinbarung von beiden Vertragsteilen ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden könne, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Ein wichtiger Grund sei vor allem dann gegeben, wenn einer der beiden Vertragspartner trotz Aufforderung mit den vereinbarten Leistungen in Verzug gerate und zwar aus Gründen, die er zu vertreten habe und dadurch ein ordnungsgemäßer Betrieb des Kindergartens nicht mehr sichergestellt sei. In § 12 ist geregelt, dass Änderungen dieses Vertrages und Zusätze der Schriftform bedürften, und in § 13, dass, soweit die Vereinbarung auf Grund der Satzung der Katholischen Kirchenstiftung oder auf Grund der Bayerischen Gemeindeordnung einer besonderen Genehmigung bedürfe, diese von jeder Vertragspartei selbst besorgt werde. Als Anmerkung ist nach den Unterschriften, die am 17. August 1989 geleistet wurden, als Hinweis für die Beklagte vermerkt: Genehmigungspflicht nach Art. 72 Abs. 1 Gemeindeordnung.

Die Klägerin trägt vor, dass es im Jahre 2011 erstmals zu einem Defizit aus dem Betrieb des Kindergartens gekommen sei, das sich nach Verrechnung mit verbleibenden Guthaben auf 10.733,41 belaufen habe. Die Klägerin habe bei der Beklagten den Ausgleich dieses Defizits beantragt. Es sei dann im Sommer 2012 zu mehreren Gesprächen mit der Beklagten gekommen, die sich allerdings Ende 2012 auf den Standpunkt gestellt habe, dass eine Defizitübernahme nicht geschuldet sei, da aus Sicht der Beklagten gar kein Defizit entstanden sei. Nachdem die weitere Korrespondenz unergiebig geblieben sei, habe die Beklagte mit Schreiben vom 14. Mai 2013 die Verantwortlichen der kirchlichen Träger von Kindertageseinrichtungen im Gebiet der Beklagten zu einer Besprechung eingeladen, bei der als erster Tagesordnungspunkt die „Kündigung der bestehenden Defizit-Verträge“ festgehalten wurde. Die Klägerin habe bei dieser Besprechung wiederholt darauf hingewiesen, dass sie grundsätzlich ergebnisoffen verhandele, aber auf der Einhaltung der geschlossenen Verträge bestehe, solange nicht einvernehmlich eine Neuregelung vereinbart werde. Am Ende der Besprechung sei Ende Juli 2013 ein weiteres Gespräch ins Auge gefasst worden, das aber nicht stattgefunden habe, da die Klägerin am 21. November 2013 ein Schreiben der Beklagten vom 18. November 2013 erhielt, in dem die Vereinbarung zwischen der Katholischen Pfarrkirchenstiftung ... und der Stadt ... vom 17. August 1989 gekündigt wurde. Es wurde mitgeteilt, dass gemäß Stadtratsbeschluss vom 25. Juli 2013 diese Vereinbarung auf Grund der Forderungen des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes, Forderungen des Landratsamtes ... (Rechtsaufsicht) und Empfehlungen des Bayerischen Gemeindetages gekündigt werde. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass seit Einführung des Bayerischen Kinderbildungsgesetzes (BayKiBiG) das Kindergartenwesen/-recht völlig neu geordnet worden sei, sodass die getroffene Vereinbarung auf Grund der aktuellen Rechtsprechung unwirksam sei. Ein weiteres wichtiges Kriterium sei, dass im Stadtgebiet ... vorhandene Kindergärten künftig gleichbehandelt werden sollen, sodass auch aus diesem Aspekt heraus eine Anpassung erfolgen müsse. Es wurde gebeten, der Kündigung der Vereinbarung schriftlich zuzustimmen. Gleichzeitig unterbreite die Beklagte allen kirchlichen Trägern ein neues Angebot, um den Kindergartenbetrieb künftig zu regeln. Dieses Angebot sei mit gleicher Post abgeschickt worden. In diesem Angebot heißt es, dass die Beklagte auch künftig alle anfallenden Arbeiten/Unterhaltsmaßnahmen und zwar innen und außen entsprechend den Festlegungen der gekündigten bisherigen Vereinbarung übernimmt, sie übernimmt jedoch kein Defizit, dieses habe der Träger selbst zu tragen. Als Ausgleich für den Wegfall der Defizitregelung bietet die Stadt ... folgende Regelung an: Die Katholische Kirchenstiftung erhalte dauerhaft einen freiwilligen Zuschuss von der Stadt ..., zweckgebunden für den katholischen Kindergarten ... Dieser errechne sich wie folgt: Fünf Prozent des anhand der jährlichen Endabrechnung festgestellten kommunalen Zuschusses. Es wurde gebeten, das Angebot zu überdenken und dem zuzustimmen.

Die Klägerin habe dennoch in der Folge weiter die gütliche Einigung gesucht. Ende Januar 2014 sei dann ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten zustande gekommen, bei dem der Bürgermeister der Beklagten zugesagt habe, die Kündigung noch einmal zu überdenken und innerhalb von 14 Tagen Bescheid zu geben. Nicht einmal dies habe der Bürgermeister dann gemacht. Auch auf Nachfrage habe die Klägerin keine Antwort mehr erhalten. Deshalb sei Klage geboten. Es wurde beantragt:

Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 18. November 2013 ausgesprochene Kündigung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 17. August 1989 unwirksam ist und diese Vereinbarung ungekündigt fortbesteht.

Dazu führte die Klägerin aus, die Feststellungsklage sei zulässig, da analog § 256 ZPO für die Klägerin ein wesentliches Interesse an der Feststellung bestehe, dass die Vereinbarung vom 17. August 1989 ungekündigt fortbestehe. In Bayern seien grundsätzlich die Kommunen für die Kinderbetreuung zuständig. Insoweit verpflichte Art. 5 Abs. 1 Bayerisches Kinderbildungsgesetz die Gemeinden, im eigenen Wirkungskreis und in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit ein dem Bedarf entsprechendes Angebot an Betreuungsplätzen vorzuhalten. Damit trügen die Gemeinden grundsätzlich die Planungs- und Finanzierungsverantwortung, wobei die Gemeinden bei der Erfüllung dieser Aufgabe das Subsidiaritätsprinzip zu berücksichtigen hätten. Auch im Verwaltungsrecht habe sich die Beklagte an die von ihr abgeschlossenen Verträge zu halten. Die Vereinbarung vom 17. August 1989 sehe lediglich für die Klägerin ein ordentliches Kündigungsrecht vor, nicht aber für die Beklagte. Der zwischen den Beteiligten geschlossene Vertrag sei ein von beiden Seiten gewolltes Dauerschuldverhältnis gewesen, das grundsätzlich auch von beiden Seiten noch immer so gewollt sei. Die Beklagte wolle sich allerdings der eingegangenen Defizitübernahmeverpflichtung entledigen. Wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 7. Mai 1975 (VIII ZR 210/73) entschieden habe, sei es möglich, das Recht zur ordentlichen Kündigung ohne zeitliche Begrenzung auszuschließen. Der das Schuldrecht bestimmende Grundsatz der allgemeinen Vertragsfreiheit eröffne auch die Möglichkeit, rechtsgeschäftliche Bindungen über einen langen Zeitraum einzugehen. Dies verstoße weder gegen die guten Sitten noch gegen Treu und Glauben. Der Erbbaurechtsvertrag vom 17. August 1989 sei auf 99 Jahre geschlossen worden und in der Vereinbarung sei in § 11 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Voraussetzung für den Abschluss der Vereinbarung der Abschluss des Erbbaurechtsvertrages sei. Damit sollte es der Beklagten für die Dauer des Erbbaurechtsvertrages nicht möglich sein, sich ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin einseitig ohne wichtigen Grund zu entledigen. Außerdem sei die ausgesprochene Kündigung auch deshalb unwirksam, da die Beteiligten in § 10 der Vereinbarung ausdrücklich vereinbart hätten, bei Meinungsverschiedenheiten als Schlichter das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen anzurufen. Die Beklagte habe einen solchen Schlichtungsversuch aber nicht einmal versucht.

Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls wenn man § 10 der Vereinbarung so verstehe, wie die Klägerin. Dort sei geregelt, dass bei Meinungsverschiedenheiten als Schlichter das Landratsamt ... einzuschalten sei. Es sei daher ein Schlichtungsverfahren grundsätzlich vor Erhebung einer Klage zwingend durchzuführen. Allerdings sei die Regelung nicht eindeutig.

Zur Defizitübernahme äußerte sich die Beklagte wie folgt: Erstmalig durch Schreiben vom 7. März 2012 habe die Klägerin einen Antrag auf Übernahme des für das Jahr 2010 entstandenen Defizits in Höhe von behaupteten 15.476,22 EUR gestellt. Begründet wurde dies damit, dass die Ausgaben im Jahr 2010 über den Einnahmen gelegen hätten, dies sei durch Neuanschaffungen bei der Büroausstattung, durch die Anschaffung von Tischen und Stühlen für U3-Kinder, durch die Veränderung der Raumnutzung und dadurch anfallende Kosten für Wickelzimmer und Putzkammer verursacht. In der Folge sei es allerdings nicht zu einem Ausgleich dieses behaupteten Defizits gekommen, da durch die Gewährung eines „U3-Ausstat-tungszuschusses“ in Höhe von 11.200,00 EUR und auf Grund weiterer Einwendungen die Beklagte bereits zu dem Ergebnis gelangt sei, dass tatsächlich bereits gar kein Defizit entstanden sei. Für das Folgejahr 2011 sei dann durch die Klägerin in verschiedenen Gesprächen gefordert und erläutert worden, dass hier ein Defizit entstanden sei in Höhe von 11.110,60 EUR. Durch anwaltlichen Schriftsatz vom 28. November 2012 habe die Klägerin Frist setzen lassen zur Zahlung dieses Defizitbetrages abzüglich eines Restguthabens aus dem Jahre 2010 in Höhe von 377,19 EUR, mithin 10.733,41 EUR.

In der Folgezeit habe sich die Beklagte an verschiedene Stellen gewandt hinsichtlich der Frage, inwieweit insbesondere im Lichte auch des 2005 in Kraft getretenen Bayerischen Gesetzes zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten und anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (BayKiBiG) eine Neubewertung des Vertrages erfolgen müsse bzw. gegebenenfalls eine neue Regelung zu treffen sei. Im Ergebnis habe sowohl der Bayerische Gemeindetag, als auch der Bayerische Kommunale Prüfungsverband und zuletzt auch die Rechtsaufsichtsbehörde von der Beklagten gefordert, dass die Regelung insbesondere im Hinblick auf die Defizitvereinbarung mit der entsprechenden jetzigen Gesetzeslage nicht mehr vereinbar sei und deshalb der Vertrag gekündigt werden müsse. Es sei dringend angeraten bzw. empfohlen worden, wenigstens neue Vereinbarungen (ohne Defizitausgleich) zu schließen. Nach mehrfacher Behandlung im Stadtrat und intensiver Diskussion sei die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass die Defizitvereinbarung zu kündigen sei. Begründet worden sei dies damit, dass die beiden Verträge seit der Einführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, welches das Kindergartenrecht völlig neu geordnet habe, nicht mehr zeitgemäß und überholt seien, sodass seitens der Beklagten ein wichtiger Grund vorliege, die Verträge zu kündigen. Zudem hätten auch der Bayerische Kommunale Prüfungsverband, das Landratsamt ... (Rechtsaufsicht) sowie der Bayerische Gemeindetag die Kündigung der bestehenden Verträge gefordert. Mit Beschluss des Stadtrates vom 25. Juli 2013 sei entschieden worden, die Vereinbarung zu kündigen. Rechtzeitig sei der Klägerin angeboten worden, eine neue Vereinbarung zu schließen. Außerdem habe das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, entschieden, dass es jedenfalls keinen generellen Defizitausgleich auf der Basis des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes gebe.

Die erhobene Feststellungsklage sei zudem unzulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar sei. § 256 ZPO sei auch über § 173 VwGO nicht entsprechend anwendbar, es gelte § 43 VwGO. Nach dieser Vorschrift könne durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung habe. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift könne die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könne oder hätte verfolgen können. Das Ziel der Klägerin könne durch eine Leistungsklage, gerichtet auf Zahlung des Defizitbetrages verfolgt werden. In einem solchen Verfahren würde inzident der Bestand der vertraglichen Vereinbarung und deren Rechtmäßigkeit geprüft werden. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet. Vorab dürfe bereits daran gezweifelt werden, ob überhaupt ein Defizit eingetreten sei. Die Klägerin habe anders als in den Vorjahren (ohne Angabe von Gründen) ihre eigene Bezuschussung des Kindergartens eingestellt. Außerdem beschäftige die Klägerin, was in ihrer Entscheidungshoheit liege und fachlich nicht infrage gestellt werde, Ersatzpersonal für Personalausfälle, was zusätzliche Kosten hervorrufe.

Des Weiteren hätte der Vertrag der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurft, die nie erteilt worden sei.

Schließlich sei durch die Rechtsprechung geklärt, dass es auf der Basis der geltenden Rechtsbestimmungen keinen Anspruch darauf gebe, generell ein Defizit übernommen zu bekommen (Urt. d. VG Ansbach v. 24.1.2013 - AN 14 K 12.01088 -; BayVGH v. 23.10.2013 - 12 BV 13.6050 -).

Außerdem sei die Auffassung der Klägerin, ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagtenseite bestehe nicht, nicht nachvollziehbar. In § 11 Abs. 1 Satz 3 der Vereinbarung heiße es, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sei. Er könne folglich von beiden Vertragsparteien ordentlich gekündigt werden. Lediglich für die Klägerseite sei in Abs. 2 vereinbart, dass das Ende der ordentlichen Kündigungsfrist nur zum Ende des Kindergartenjahres erfolgen könne. Selbst wenn man dies anders sehen sollte, bestehe ein außerordentliches Kündigungsrecht der Beklagten. Auf Grund des Inkrafttretens des BayKiBiG bestehe das Bedürfnis, die vertragliche Regelung auf eine neue Grundlage zu stellen. Diese Überlegung beruhe auf dem Gedanken des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Der Klägerin sei auch ein angepasster Vertrag angeboten worden, diese Anpassung sei rigoros abgelehnt worden. § 313 Abs. 3 BGB, der einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wiedergebe, lasse daher die Kündigung zu.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2014 entgegnete die Klägerin, § 10 der Vereinbarung (Schlichtungsvereinbarung) sei keine Schlichtungsklausel oder gar Schiedsklausel im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 1029 Abs. 1 ZPO, sondern es handele sich um die Einigung auf einen Schlichter für den Fall, dass man bei Meinungsverschiedenheiten aus dieser Vereinbarung eine Schlichtung durchführen wolle. Ein vollständiger Ausschluss des staatlichen Rechtsschutzes sei mit Sicherheit jedenfalls nicht vereinbart worden. Eine Schlichtungsabrede hindere aber nicht die Klageerhebung vor staatlichen Gerichten (dazu werde auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.5.1999 - 9 AZR 682/98 - hingewiesen). Zudem verhalte sich die Beklagte in diesem Fall hinsichtlich der Schlichtungsabrede widersprüchlich. Sie selbst habe - ohne das Landratsamt Weißenburg als Schlichter anzurufen - die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages erklärt und nach Bitten der Klägerin, im Rahmen des Vertrages eine Lösung zu finden, lediglich auf den Ausgang anderer Gerichtsverfahren verwiesen.

Die erhobene Feststellungsklage sei außerdem nicht unzulässig. Der Klägerin gehe es im streitgegenständlichen Fall nicht um die Frage, ob ein mögliches Defizit aus dem Betrieb der Einrichtung von der Beklagtenseite getragen werden müsse oder nicht. Dies ergebe sich aus Sicht der Klägerin sowieso aus dem Vertrag. Im streitgegenständlichen Fall gehe es allein um die Frage, ob die Beklagte sich einseitig ihren vertraglichen Verpflichtungen entziehen könne, indem sie willkürlich eine „Kündigung“ ausspreche und ob der Vertrag aus dem Jahr 1989 jetzt noch fortbestehe oder nicht. Zudem werde auf die Rechtsprechung im Hinblick auf eine teleologische Reduktion des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO hingewiesen. Bei Klagen gegen Hoheitsträger bestehe wohl zwischen Feststellungs- und allgemeiner Leistungsklage ein echtes Wahlrecht. Die Rechtsprechung weise hier darauf hin, dass sich die Behörden rechtstreu verhalten und sich auch ohne vollstreckbaren Leistungstitel an ein Feststellungsurteil halten würden. Im streitgegenständlichen Fall gehe es somit um die Frage, ob der Vertrag vom 17. August 1989 durch die Kündigung wirksam beendet worden sei oder nicht. In dem Vertrag seien viele Punkte geregelt, die im Falle einer wirksamen Kündigung sofort beachtet werden müssten. Außerdem stellten sich erhebliche haftungsrechtliche Fragen. Es gehe also nicht um die Frage, ob ein Defizitausgleich von der Beklagten zu leisten sei oder nicht, sondern ausschließlich um die Frage, ob die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung wirksam sei.

Soweit die Beklagte behaupte, die rechtsaufsichtliche Genehmigung der Vereinbarung sei nicht erteilt worden, sei dies unzutreffend. Gleichzeitig werde der Genehmigungsbescheid des Landratsamtes ... vom 3. Oktober 1989 als Anlage K 7 vorgelegt.

Auch das Argument, der Vertrag sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und folglich von beiden Vertragsparteien ordentlich zu kündigen, sei falsch. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien die Kündigungsmöglichkeiten in beiden Verträgen abschließend geregelt haben. Sie hätten vereinbart, wann eine Kündigungsmöglichkeit bestehe, und dabei die Möglichkeiten einer ordentlichen, wie auch einer außerordentlichen Kündigung berücksichtigt und geregelt. Für die Beklagte sei klar gewesen, dass sie auf ihr ordentliches Kündigungsrecht zumindest für die Dauer des Erbbaurechtsvertrages verzichte. Alles andere ergebe keinen Sinn.

Auch der Hinweis auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB sei nicht zielführend. Zu den Grundgedanken des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zähle sicherlich nicht, dass eine Partei mit dem bestehenden Vertrag nicht mehr zufrieden sei und sich dann jederzeit durch Kündigung dieser Verpflichtung entziehen könne. Zudem gebe eine Störung der Geschäftsgrundlage regelmäßig nur einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages. Die Klägerin habe wiederholt Gespräche angeboten, die einseitig von der Beklagten abgesagt worden seien. Die Klägerin sei grundsätzlich auch zu Modifikationen an der streitgegenständlichen Vereinbarung bereit gewesen, habe allerdings zunächst die angefallenen Defizite geklärt haben wollen. Außer einer strikten Ablehnung sei dazu von der Beklagten nichts vorgetragen worden. Die Beklagte habe auch keinen Anspruch auf Anpassung des Vertrages geltend gemacht, sondern einfach das Vertragsverhältnis gekündigt und angeboten, zu geänderten, schlechteren Konditionen einen neuen Vertrag abzuschließen.

Mit Schriftsatz vom 19. November 2014 teilte die Beklagte mit, aus ihren Unterlagen sei die rechtsaufsichtliche Genehmigung des Landratsamtes ... vom 3. Oktober 1989 nicht erkennbar gewesen. Sie sei weiterhin der Auffassung, dass sie berechtigt gewesen sei, den Vertrag zu kündigen, da die Geschäftsgrundlage aus vielerlei Überlegungen weggefallen sei. Die Beklagte sei außerdem der Auffassung, dass ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechtes nirgends formuliert sei. Insbesondere sei in § 11 Ziff. 2 kein Ausschluss geregelt. Auch für die außerordentliche Kündigung sei dies nicht abschließend normiert. Hier sei lediglich ein Beispielsfall ausdrücklich genannt. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass die ursprüngliche vertragliche Vereinbarung vom 17. August 1989 vorsieht, dass die Kosten für Personal und Betrieb durch den gesetzlichen Personalkostenzuschuss des Staates und der Stadt entsprechend dem Bayerischen Kindergartengesetz sowie durch die laufenden Elternbeiträge und durch eventuelle Zuschüsse Dritter getragen würden. Dies bedeute aber, dass bei Anwendung der Vereinbarung der Klägerin eigentlich nur der Anspruch auf Personalkostenzuschuss entsprechend den Regelungen des Bayerischen Kindergartengesetzes in der damaligen Fassung zustünde. Die „andere Zuwendungsart“ des jetzigen BayKiBiG würde ihr gar nicht zustehen.

Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 betonte der Bevollmächtigte der Klägerin nochmals, dass Streitgegenstand nicht die Frage sei, ob ein Defizitausgleich von der Beklagten zu leisten sei, sondern ausschließlich, ob die Beklagte den Vertrag (fristlos) kündigen konnte. Es wurde vorgetragen, dass mit Schreiben vom 28. Januar 2015 das Landratsamt ...angeschrieben worden sei, über den Streitgegenstand aufgeklärt worden sei und angefragt worden sei, ob das Landratsamt eine Rolle als „Schlichter“ übernehmen wolle. Es wurde nochmals darauf hingewiesen, dass die aufsichtliche Genehmigung der streitgegenständlichen Vereinbarung entgegen der ursprünglichen Auffassung der Beklagten erfolgt sei. Außerdem wurde der Auffassung entgegengetreten, dass die Klägerin nur einen Anspruch auf Personalkostenzuschuss entsprechend den Regelungen des Bayerischen Kindergartengesetzes in der „damaligen Fassung“ gehabt habe. Die streitgegenständliche Defizitregelung sei vielmehr gerade für den Fall getroffen worden, dass die Zuschüsse nicht reichten. Nachdem die Rücklagen der Kirchenstiftung vollständig aufgebraucht gewesen seien und erstmals seit 2010 laufend Defizite aufträten, müsse sich die Beklagte auch an die getroffenen Vereinbarungen halten.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2015 entgegnete der Bevollmächtigte der Beklagten, es sei zutreffend, dass es im Verfahren ausschließlich um die Wirksamkeit der Kündigung vom 18. November 2013 gehe. Im Kern gehe es der Klägerseite aber darum, an dem Vertrag deshalb festzuhalten, da hier ein - jedenfalls in der jetzigen Gesetzesform nicht vorgesehener - umfassender Defizitausgleich festgehalten sei. Sie sei letztendlich nicht bereit, einer entsprechenden Vertragsanpassung auf Grund einer Veränderung der Umstände zuzustimmen. Einen Sinn für ein Schlichtungsverfahren könne die Beklagte nicht erkennen. Klar sei, dass nach den damaligen Regelungen des Bayerischen Kindergartengesetzes (ohne vertragliche Vereinbarung) nur ein Anspruch auf Personalkostenzuschuss bestanden hätte, die Personalkosten hätten von der Klägerin selbst getragen werden müssen. Der Defizitausgleich im Vertrag betreffe nicht nur die Personalkosten, sondern generell sämtliche Kosten, die mit dem Betrieb des Kindergartens zusammenhängen. Dies seien mithin insbesondere neben den laufenden Personalkosten auch die Betriebskosten.

In der mündlichen Verhandlung wies die Beklagtenseite darauf hin, dass die Kündigung die gesamte Vereinbarung umfassen solle und zum Ende des laufenden Kindergartenjahres gedacht gewesen sei. Weiter laufende Zahlungen beruhten darauf, dass die Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag erfüllt werden müssten. Die Sach- und Rechtslage wurde ausführlich erörtert, danach stellte der Klägerbevollmächtigte den Antrag aus der Klageschrift vom 11. Juni 2014, der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte Klageabweisung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Unterlagen der Stadt Pappenheim und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, da eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt. Der Rechtscharakter der gemäß dem Beschluss des Stadtrates der Beklagten vom 25. Juli 2013 gekündigten Vereinbarung vom 17. August 1989 ist zweifelsohne öffentlich-rechtlicher Natur, da hier auf der Grundlage des Erbbaurechtsvertrags vom 17. August 1989 die näheren Umstände eines Betriebs eines Kindergartens gemäß den Bestimmungen des damals geltenden Bayerischen Kindergartengesetzes geregelt sind und der Betrieb dieses Kindergartens Pflichtaufgabe der Beklagten war und ist (Art. 57 Bayerische Gemeindeordnung). So verweist die Vereinbarung immer wieder auf die damals geltenden Bestimmungen des Bayerischen Kindergartengesetzes, regelt die Trägerschaft, die Bedingungen für die Aufnahme von Kindern in den Kindergarten und die Finanzierungsmodalitäten. Gegenstand der Vereinbarung ist somit die Regelung und Übertragung bestimmter öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen der Beklagten auf die Klägerin beim Betrieb des Kindergartens samt dem Zugang zum Kindergarten und der Finanzierung des Kindergartens.

Die Klage ist sowohl zulässig als auch begründet.

Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung wiederholten Klageantrags aus der Klageschrift vom 11. Juni 2014 steht fest, dass mit der erhobenen Feststellungsklage geklärt werden soll, ob die Vereinbarung „ungekündigt“ fortbesteht. Die Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Rechtsverhältnis, das durch die Vereinbarung vom 17. August 1989 zustande gekommen ist, weiterhin trotz der ausgesprochenen Kündigung fortbesteht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwGE 89, 327, 329 f.; BVerwGE 100, 262, 264). Das Klageziel, festzustellen, dass in Folge des Beschlusses des Stadtrates vom 25. Juli 2013 die Vereinbarung vom 17. August 1989 nicht wirksam gekündigt wurde, kann auch nicht auf andere Weise, beispielsweise durch eine Leistungsklage erreicht werden. Entgegen der im Verfahren zunächst vorgetragenen Auffassung der Beklagten ist Streitgegenstand nicht die Frage, ob die in § 7 Ziffer 3 enthaltene Defizitvereinbarung wirksam gekündigt wurde, sondern ob der Vertrag insgesamt weiterhin Bestand hat. Auf Grund einer Vielzahl von Regelungen, die in der Vereinbarung enthalten sind, ist deshalb die Feststellungsklage das geeignete Mittel, um die Klärung der streitgegenständlichen Frage zu erreichen.

Es besteht auch ein Feststellungsinteresse der Klägerin (§ 43 Abs. 1 letzter Halbsatz VwGO), da wegen der zahlreichen Regelungen in der Vereinbarung, die für den täglichen Betrieb des Kindergartens erforderlich sind, und auch wegen der angefallenen Defizite ein berechtigtes Interesse an der baldigen Klärung der Frage besteht, ob die Kündigung den Vertrag aufgelöst hat.

Der Feststellungsklage steht auch § 10 der Vereinbarung nicht im Wege, der bei Meinungsverschiedenheiten aus dieser Vereinbarung das Landratsamt ...als Schlichter bestellt. Dem Wortlaut der Vereinbarung kann nicht entnommen werden, dass sich die vertragsschließenden Beteiligten darüber einig waren, dass bei Meinungsverschiedenheiten in jedem Fall eine Schlichtung durchzuführen ist. Vielmehr kann der Wortlaut nur so verstanden werden, dass bei Meinungsverschiedenheiten und dem übereinstimmenden Wunsch der Beteiligten nach einer Schlichtung eben das Landratsamt ... als Schlichter auftreten sollte. Es liegt somit weder eine Schlichtungsvereinbarung noch eine Schiedsvereinbarung vor. Eine Schlichtungsvereinbarung würde bedeuten, dass im Falle von Meinungsverschiedenheiten vor Klageerhebung zwingend ein Schlichtungsversuch durchgeführt werden müsse, während bei einer Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO der Klageweg ausgeschlossen sein sollte. Weder für eine Schlichtungsvereinbarung noch für eine Schiedsvereinbarung bestehen jedoch ausreichend Hinweise.

Im gerichtlichen Verfahren ist zwischenzeitlich auch geklärt zwischen den Beteiligten, dass die in § 13 der Vereinbarung vom 17. August 1989 vorgesehene Genehmigung durch das Landratsamt ... mit Schriftsatz vom 3. Oktober 1989 erfolgt ist (Anlage K7 zum Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 17. Oktober 2014).

Die Feststellungsklage führt auch zu dem gewünschten Erfolg, da die Kündigung auf Grund des Stadtratsbeschlusses der Stadt ... vom 25. Juli 2013 mit Schreiben an die Klägerin vom 18. November 2013 unwirksam war.

So sind die Kündigungsmodalitäten in § 11 der Vereinbarung abschließend geregelt. In Ziffer 2) dieser Vereinbarung wird darauf hingewiesen, dass eine ordentliche Kündigung nur von der Klägerin mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kindergartenjahres erfolgen kann. Dieser Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Beklagten ist unter Berücksichtigung des Erbbaurechtsvertrages vom 17. August 1989 und der darin zum Ausdruck kommenden Interessenlage der Beteiligten sachgerecht. Die Klägerin hat darin als Eigentümerin von Grundstücken der Beklagten ein Erbbaurecht eingeräumt, damit diese eine gemeindliche Pflichtaufgabe, nämlich den Betrieb eines Kindergartens auf diesem Grundstück erfüllen kann. Die Klägerin hat sich damit für einen langen Zeitraum der Verfügungsmacht über ihre Grundstücke begeben, damit die Beklagte ihre öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erfüllen kann. Die streitgegenständliche zeitgleiche Vereinbarung regelt, dass die erbbauberechtigte Beklagte die Klägerin damit beauftragt, diesen von ihr zu errichtenden Kindergarten zu betreiben. Den Vereinbarungen kann daher entnommen werden, dass die Klägerin ihre Grundstücke nur unter der Voraussetzung der Beklagten zur Verfügung gestellt hat, dass diese wiederum bereit war, die Trägerschaft auf sie zu übertragen. Unter Berücksichtigung dieser Interessenlage erklärt sich daher der im Wortlaut von § 11 Ziffer 2 zum Ausdruck kommende Ausschluss einer ordentlichen Kündigung seitens der Beklagten.

Auch ein wichtiger Grund zur Kündigung der Vereinbarung liegt nicht vor. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die erstmalige Entstehung eines Defizits nach einem jahrelangen defizitfreien Betrieb des Kindergartens keinen Anlass geben kann, eine Defizitvereinbarung zu kündigen. In § 7 Nr. 3 der Vereinbarung ist ausdrücklich geregelt, dass ein Defizit, das sich beim Betrieb des Kindergartens trotz des Einsatzes der in Ziffer § 7.1 genannten Einnahmen ergeben sollte, die Stadt zu tragen hat. Die Vertragsschließenden haben daher erkennbar beim Abschluss der Vereinbarung die Möglichkeit der Entstehung eines Defizits erkannt und entsprechend geregelt. Das tatsächliche Entstehen eines Defizits kann daher keinen Kündigungsgrund darstellen.

Auch das Inkrafttreten des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (BayKiBiG) zum 1. August 2005, mit dem u.a. die Modalitäten der Finanzierung verändert wurden, stellt einen wichtigen Grund im Sinne des § 11 Ziffer 3 nicht dar. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift liegt ein wichtiger Grund vor allem dann vor, wenn einer der beiden Vertragspartner trotz Aufforderung mit den vereinbarten Leistungen in Verzug gerät und zwar aus Gründen, die er zu vertreten hat und dadurch ein ordnungsgemäßer Betrieb des Kindergartens nicht mehr sichergestellt ist. Dem Wortlaut der Vereinbarung lässt sich entnehmen, dass die Beteiligten im Zeitpunkt der Vereinbarung wohl nicht bedacht haben, dass das damals geltende Bayerische Kindergartengesetz (BayKiG) durch eine andere gesetzliche Vorschrift, die auch andere Finanzierungsregelungen enthält, ersetzt werden könnte.

Einen wichtigen Grund zur Kündigung in diesem Sinne könnte eine gesetzliche Neuregelung dabei dann darstellen, wenn in dieser gesetzlichen Neuregelung die Übernahme von Defiziten, auch auf Grund vertraglicher Vereinbarungen, ausgeschlossen worden wäre. Dies ist aber im BayKiBiG nicht der Fall. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Oktober 2013 (12 BV 13.650), in der zwar einerseits festgehalten wird, dass sich aus den neuen gesetzlichen Regelungen, insbesondere aus Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 BayKiBiG, und Art. 83 Abs. 3 BV bzw. Art. 104 a Abs. 1 GG kein Anspruch auf eine Defizitübernahme ergibt. Andererseits lässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aber erkennen, dass auch unter der neuen Rechtslage der Abschluss von Defizitverträgen Verhandlungssache ist, und damit auch unter Berücksichtigung des BayKiBiG, also der aktuellen Rechtslage, Defizitverträge abgeschlossen werden können, wenn sich die Beteiligten darauf einigen. Nach Recherchen des Gerichts handelt es sich dabei im Übrigen nicht nur um eine theoretische Möglichkeit, so berichtet etwa die Frankenpost am 29. Januar 2015 über die Gemeinde ..., die eine Defizitvereinbarung für den evangelischen Kindergarten verlängert hat. Der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs schließt sich die Kammer an und folgert daraus, dass, wenn unter der neuen Rechtslage Defizitverträge auch neu abgeschlossen werden können, es keinen wichtigen Grund für eine Kündigung alter, bestehender Defizitverträge geben kann.

Auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann eine Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dies gilt jedoch nur dann, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dies ist jedoch nach der Überzeugung der Kammer hier nicht der Fall.

Die Kammer nimmt dazu zunächst auch Bezug auf eine Mustervereinbarung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV), die den Gemeinden als Reaktion auf die Gesetzesänderung zum 1. August 2005 empfohlen wurde. Durch die Gesetzesänderung wurde die bisherige Personalkostenförderung nach Art. 24 Abs. 1 BayKiG und der 3. DVBayKiG vollständig aufgehoben. Das bisherige Fördermodell galt im Rahmen einer Übergangsregelung für zum 31. Juli 2005 bestehende, staatlich geförderte Gruppen noch bis zum 31. August 2006 fort. Nunmehr wurde flächendeckend auf die Betriebskostenförderung nach Art. 18 bis 26 BayKiBiG i.V.m. § 18 bis 21 AVBayKiBiG umgestellt. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich pauschale Aussagen über die finanziellen Auswirkungen des neuen Fördersystems nur sehr eingeschränkt treffen lassen. Allerdings würden sich durch die umfassende Änderung des Förderrechts für viele bayerische Kindergärten, unabhängig von ihrer Trägerschaft, teilweise erhebliche Änderungen in ihrer Finanzierungsstruktur ergeben. Die Kammer entnimmt dieser Aussage, dass das neue Förderungsrecht für Kindergärten im BayKiBiG nicht notwendiger Weise zu Auswirkungen führen muss, die für die Beklagte ungünstig wären. Dies zeigt im vorliegenden Fall auch die Entwicklung der Gewinn-/Verlustrechnung des Kindergartens ... der katholischen Kirchenstiftung, wie sie im Schriftsatz vom 28. Januar 2015 dargestellt wird. So ergaben sich noch im Jahre 2008 und 2009, also bereits unter dem Einfluss des BayKiBiG, Gewinne von mehr als 15.000 EUR, während erstmals im Jahre 2010 und im Jahre 2011 Defizite zu verzeichnen waren und im Jahre 2012 wieder ein positives Ergebnis. Dies zeigt zur Überzeugung des Gerichts, dass in der Rechtsbeziehung der Beteiligten bereits eine grundlegende Veränderung der Finanzierungssituation durch das BayKiBiG nicht eingetreten ist. Diese Annahme wird außerdem noch dadurch verstärkt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat vortragen lassen, dass die Entstehung des Defizits im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die Zusatzversorgung für die kirchlichen Mitarbeiter, die bisher von der Diözese übernommen wurde, nicht mehr zur Verfügung stand. Zudem wurde als die Personalkosten erhöhender Faktor genannt, dass im Kindergarten ...in größerer Anzahl ältere Mitarbeiter beschäftigt seien, die eben auf Grund ihrer längeren Zugehörigkeit höhere Gehälter bezögen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Umstände, die zur Grundlage der Vereinbarung vom 17. August 1989 geworden sind, nach Vertragsschluss insbesondere durch das BayKiBiG schwerwiegend verändert haben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beteiligten bei Vertragsschluss die Möglichkeit von Defiziten ins Auge gefasst haben und daher die Beklagte sich bei einer Verwirklichung dieses Risikos nicht einseitig vom Vertrag lösen darf.

Darüber hinaus wäre zudem jedenfalls auf § 12 Ziffer 2 der Vereinbarung vom 17. August 1989 zu verweisen, wonach dann, wenn eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein sollte, dadurch die Geltung des Vertrages im Übrigen nicht berührt wird und die Vertragsparteien eine der unwirksamen Bestimmung dem Sinne nach möglichst nahe kommende andere Bestimmung zu vereinbaren haben. Dies steht einer Veränderung durch einseitige Kündigung der Gesamtvereinbarung, wie hier erfolgt, zusätzlich entgegen.

Ergänzend zu alledem kann noch darauf hingewiesen werden, dass die erwähnte Mustervereinbarung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes empfiehlt, bei Abschluss von Defizitvereinbarungen auf die Einräumung von Zustimmungsvorbehalten für den jährlichen Haushaltsplan, die Öffnungszeiten der Einrichtung sowie von Prüfungsrechten für die örtlichen und überörtlichen Rechnungsprüfungsorgane zu achten. Diese Voraussetzungen dürfte die streitgegenständliche Vereinbarung bereits erfüllen, da in § 7 Ziffer 3 ausdrücklich geregelt ist, dass Voraussetzung für die Defizitübernahme ist, dass bei dem Betrieb des Kindergartens die Grundsätze der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung für vergleichbare Einrichtungen beachtet werden und der Haushaltsplan und die Jahresabrechnung des Kindergartens der Stadt auf Verlangen zur Einsichtnahme vorgelegt werden müssen. Außerdem ermöglicht der in § 8 vorgesehene Kindergartenausschuss, den die Stadt und die Kirchenstiftung gemeinsam bilden sollen, eine weitgehende Einflussnahme der Beklagten und soll bei Meinungsverschiedenheiten helfen. Dabei ist die Kirchenstiftung verpflichtet, von den Empfehlungen des Kindergartenausschusses nur aus wichtigen Gründen abzuweichen. Die Vereinbarung vom 17. August 1989 enthält damit auch für die Beklagte weitgehende Einflussmöglichkeiten, die sie wahrnehmen kann. Falls sich dennoch in der Zukunft herausstellen sollte, dass die Regelungen des BayKiBiG eine Anpassung der Vereinbarung nötig machen sollten, steht den Beteiligten die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens unter der Leitung des Landratsamtes ... zur Verfügung.

Im vorliegenden Klageverfahren ist aber nach alledem festzustellen, dass die Vereinbarung vom 17. August 1989 fortbesteht, weil sie durch die Kündigung auf Grund des Beschlusses des Stadtrates vom 25. Juli 2013 mit dem Schreiben der Beklagten vom 18. November 2013 nicht wirksam beendet worden ist.

Der Klage war stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.