SG Hannover, Urteil vom 26.03.2015 - S 70 AS 3823/14
Fundstelle
openJur 2015, 7769
  • Rkr:
Tenor

Die Bescheide hinsichtlich des Bewilligungszeitraums Januar bis Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2014 werden abgeändert. Den Klägern werden die Kosten der Unterkunft (Grundmiete und Nebenkosten) in Höhe von 447,60 Euro monatlich gewährt.

Der Beklagte wird daher verurteilt, an die Klägerin 111,60 Euro zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger sind vom Beklagten zu erstatten.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II durch den Beklagten unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe.

Nach der Kündigung des Klägers zu 2. zu Dezember 2012 bezogen die Kläger Leistungen nach dem SGB II seit Februar 2013.

Die Kosten der Unterkunft der 79,26 m² großen Wohnung der Kläger belaufen sich ausweislich des Mieterhöhungsschreibens der L. Wohnungsverwaltung Gesellschaft mbH vom 09. Mai 2012 auf eine Wohnungsmiete in Höhe von 428,01 Euro und eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 120,69 Euro monatlich ab August 2012. Die Kosten der Heizung der Kläger belaufen sich ausweislich der Rechnung der e. Contracting GmbH vom 12. September 2012 auf 140,00 Euro monatlich ab Oktober 2012 und ausweislich der Rechnung der e. Contracting GmbH vom 09. September 2013 auf 126,00 Euro ab Oktober 2013. Hinzu treten ausweislich der Rechnung der Stadtwerke Hannover AG vom 05. September 2012 Schmutzwassergebühren in Höhe von 27,00 Euro monatlich ab Oktober 2012 und ausweislich der Rechnung der Stadtwerke Hannover AG vom 04. September 2013 in Höhe von 18,00 Euro monatlich ab Oktober 2013.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2014 gewährte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2014 in Höhe von 702,13 Euro monatlich. Ausweislich des Änderungsbescheids vom 25. Juni 2014 berücksichtigte der Beklagte dabei Kosten der Unterkunft in Höhe von 429,00 Euro monatlich und Kosten der Heizung in Höhe von 126,00 Euro monatlich.

Gegen den erstgenannten Bescheid legten die Kläger mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 03. März 2014 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die vom Beklagten im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angewandten Höchstwerte für Kosten der Unterkunft ergeben sich aus dem Endbericht „Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gem. SGB II und SGB XII für die 21 Kommunen der Region Hannover auf Basis der 21 qualifizierten Mietspiegel 2013“ (im Folgenden: Endbericht SGB II) aus dem September 2013. Hinsichtlich der Methodik der Konzepterstellung wird auf diesen Bericht Bezug genommen. Hinsichtlich der Erstellung des Mietspiegels 2013 wird auf den Methodenbericht „Mietspiegel 2013 für die Region Hannover Qualifizierte Mietspiegel für 21 Kommunen“ (im Folgenden: Methodenbericht Mietspiegel 2013) aus dem Mai 2013 Bezug genommen.

Mit der am 18. August 2014 eingegangen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren gerichtlich fort.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Mietwerterhebung des Beklagten rechtswidrig sei und ihnen daher die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu gewähren seien.

Die Kläger beantragen durch ihren Prozessbevollmächtigten

die Bescheide hinsichtlich des Bewilligungszeitraums von Januar bis Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2014 abzuändern und den Klägern die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass seine Mietwerterhebung in rechtmäßiger Art und Weise zustande gekommen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und die Verwaltungsakten Bezug genommen.

Gründe

I.

Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 31. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2014 ist rechtswidrig.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Den Klägern hätten nicht lediglich Kosten der Unterkunft in Höhe von 429,00 Euro gewährt werden dürfen. Die dieser Gewährung zu Grunde liegende Mietwerterhebung 2013, Vergleichsraum Landeshauptstadt Hannover, stellt kein schlüssiges Konzept im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dar.

Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 22. September 2009, Az. B 4 AS 18/09 R, vom 17. Dezember 2009, Az. B 4 AS 27/09 R, vom 19. Oktober 2010, Az. B 4 AS 50/10 R, vom 20. Dezember 2011, Az. B 4 AS 19/11 R, und vom 13. September 2013, Az. B 4 AS 77/12 R, ist ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch Orts- und zeitbedingte Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgebenden Raum. Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auszugehen, wenn die Datenerhebung ausschließlich in einem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist, eine nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung gegeben ist, der Beobachtungszeitraum angegeben ist, die Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel) festgelegt ist, der Umfangs der eingezogenen Daten repräsentativ ist, die Datenerhebung valide ist, anerkannte mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung eingehalten sind und die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) angegeben sind.

Das Sozialgericht Hannover ist mit den Beschlüssen der 45. Kammer vom 31. März 2014 (Az. S 45 AS 143/14 ER), vom 07. Juli 2014 (Az. S 45 AS 2869/14 ER), der Vorsitzenden der 82. Kammer vom 04. August 2014 (Az. S 70 AS 3428/14 ER) und der 31. Kammer vom 21. Januar 2015 (Az. S 31 AS 5651/14 ER) von der Rechtswidrigkeit der Mietwerterhebung 2013 ausgegangen. (Anderer Ansicht zur Mietwerterhebung 2011: Sozialgericht Hannover, Urteil vom 05. September 2014, Az. S 31 AS 562/12; vom 10. Dezember 2014, Az. S 75 AS 937/13 und Beschluss vom 03. Oktober 2012, Az. S 49 AS 3425/12 ER)

Dieser Ansicht hat sich die 70. Kammer mit Urteilen vom 22. Januar 2015 (Az. S 70 AS 5581/14, S 70 AS 4804/14, S 70 AS 4258/13 und S 70 AS 2053/13) und 26. März 2015 (Az. S 70 AS 3604/14, S 70 AS 3820/14 und S 70 AS 3823/14) angeschlossen. Dabei hat sie insbesondere das Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 03. April 2014, Az. L 7 AS 786/11 berücksichtigt, das seit dem Beschluss des Bundessozialgerichts vom 29. Dezember 2014, Az. B 4 AS 179/14 B, rechtskräftig ist. Die Mietwerterhebung 2013 des Beklagten weist insbesondere zwei wesentliche Fehler auf:

1. Die Angaben über die gezogenen Schlüsse (Kappungsgrenze in Höhe von 33 % der Spanne sämtlicher Mietwerte aus dem Mietspiegel  2013) erweisen sich vor dem Tatbestandsmerkmal „Validität der Datenerhebung“ als unzureichend. Die These des Beklagten, dass der einfache Standard durch die Kappungsgrenze am 33%-Perzentil der Mietpreisspanne abgebildet werden könnte, erweist sich als nicht wissenschaftlich fundiert. (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 7).

a. Es gibt - was der Beklagte selbst erkannt hat (Endbericht SGB II, S. 12 f.) - keine bundeseinheitliche statistische Ableitung für die Festlegung des einfachen Wohnungsstandards (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 8).

b. Allein die Tatsache, dass viele Kommunen das 33%-Quantil für eine sachgerechte Abbildung des einfachen Standards halten, genügt für eine nachvollziehbare Definition nicht (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 8, und Beschluss vom 21. Januar 2015, S 31 AS 5651/14 ER).

c. Auch die Tatsachen des lokalen Wohnungsmarkts machen die These des Beklagten, dass der einfache Standard durch die unteren 33 % der Mietpreisspanne abgebildet werden könne, nicht belastbar (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 8). Es ist nicht feststellbar, zu welchen Anteilen jeweils Wohnungen des einfachen, mittleren und gehobenen Standards in die Datengrundlage eingeflossen sind (SG Hannover, Beschluss vom 07. Juli 2014, Az. S 45 AS 2869/14 ER; vergleiche grundsätzlich: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 03. April 2014 – L 7 AS 786/11 –, insbesondere Rn. 64, juris).

2. Ferner hat der Beklagten nicht regelrecht überprüft, ob zu den als angemessen ermittelten Mietpreisen in ausreichendem Umfang Wohnungen auf dem Angebotsmietmarkt verfügbar sind.

Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, Rn. 32, kann der Nachweis abstrakter Verfügbarkeit durch Betrachtung von Wohnungen „um die 50 qm" geführt werden, da eine Beschränkung auf die Wohnungen, die exakt eine Größe von 50 m² aufweisen, zu einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen führe.

Die Mietwerterhebung 2013 genügt diesem Maßstab nicht. Weder ist die Betrachtung anhand der Spanne von 10 m² unter der maßgebenden Größe bis 10 m² über der maßgebenden Größe erfolgt (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 11 f.). Noch ist die Verfügbarkeitsprüfung in jeder Größenklasse gesondert erfolgt (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 12 f.).

3. Hinsichtlich weiterer Unwirksamkeitsgründe und Problemkreise wird auf das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, verwiesen.

II.

Der vorbenannte Bescheid verletzt die Kläger in ihren Rechten. Den Klägern steht ein weitergehender Anspruch aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in Höhe von 18,60 Euro monatlich bzw. bezogen auf den gesamten Bewilligungszeitraum in Höhe von 111,60 Euro zu.

Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen (Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, Rn. 19, juris).

1. Den Angemessenheitswert auf abstrakter Ebene hat die Kammer durch die Errechnung eines eigenen schlüssigen Konzepts auf der Datenbasis des Beklagten ermittelt.

a. Erst wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf. des Gerichts erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten mehr treffen lassen, somit ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, ist grundsätzlich von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen, die ihrerseits durch die Tabellenwerte zu § 8 bzw § 12 WoGG - jeweils zzgl eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 % (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R -, juris, Rn. 25 ff.) - nach oben begrenzt sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 06. August 2014, B 4 AS 37/13 R, Rn. 22, juris).

Die Kammer konnte sich der vom Beklagten vorgelegten Mietwerte bedienen, da die Datenerhebung unter Wahrung der statistischen Voraussetzungen erfolgt und die Methodik verständlich ist (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 6 und 14). Insbesondere erweist sich die Gewichtung der Mietwerte anhand der Faktoren „Vermietertyp“ und „Wohnlage“ als nachvollziehbar und repräsentativ (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 7).

b. Das Konzept der Kammer beruht auf der Anwendung einer Kappungsgrenze in Höhe des Durchschnitts der Spanne der eingeflossenen Mietwerte.

aa. Die Kammer hält diesen Ansatz aufgrund einer Gesamtschau der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts für fundiert.

(1.) In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Bestimmung der nach dem BSHG angemessenen Unterkunftskosten sind teilweise die Werte der Tabelle zu § 8 WoGG herangezogen worden (Hess. VGH, Beschluss vom 11. August 1994, Az. 9 TG 2099/94; Urteil vom 22. August 1995, Az. 9 UE 2210/93; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Juli 1994, Az. 4 M 3069/94; Beschluss vom 31. Juli 1996, Az. 12 M 4000/96; Urteil vom 26. August 1998, Az. 12 L 3105/98; Beschluss vom 25. Oktober 2001, Az. 4 MB 1798/01; Urteil vom 22. Januar 2004, Az: 12 LB 454/02; OVG NRW, Urteil vom 14. September 2001, Az. 12 A 4923/99; OVG Schlweswig-Holstein, Beschluss vom 28. August 1996, Az. 5 O 28/96).

Die Tabellenwerte zu § 12 WoGG beruhen auf der Kappungsgrenze in Höhe des Durchschnitts der Spanne der eingeflossenen Mietwerte. Die Aussagekraft dieser Werte im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bleibt abzuwägen.

(2.) Gegen die vollständige Übernahme dieses Ansatzes spricht, dass der lokale Mietmarkt nur bedingt wiedergespiegelt wird. Die tatsächlichen Mieten der Wohngeldhaushalte zeigen zwar die bekannten regionalen Muster (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Wohngeld in den Städten und Regionen, S. 8). Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WoGG ist das Mietenniveau die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet. Es liegen daher einerseits eine bundesweite Mietdatenbank und anderseits die lokalen Mietdatenbanken vor, deren arithmetische Mittel sodann in Verhältnis zueinander gesetzt werden. Da die Mietstufen jedoch bundeseinheitlich sind, geht bei Einordnung der lokalen Mieten in das bundesweite Raster die Lokaltypizität verloren (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 13).

Gegenüber dem pauschalierenden Charakter der Wohngeldgewährung kommt es im Rahmen der Grundsicherung aber auf die Besonderheiten des Einzelfalles an, vor allem auf die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs und die örtlichen Verhältnisse (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31. August 2004, Az. 5 C 8/04, Rn. 16 und 18, juris; Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, Rn. 19, juris).

(3.) Aus § 12 Abs. 4 Satz 1 WoGG kann aber die Methodik (Kappungsgrenze in Höhe des Durchschnitts der Mietpreisspanne) entnommen werden.

(a.) Die in die Wohngeldstatistik eingeflossenen Mieten sind vielfach Bestandsmieten. Gerade die große Gruppe der Rentnerinnen und Rentner mit Wohngeldbezug lebt zum Teil schon lange in ihren Wohnungen, so dass es sich häufig um relativ niedrige Mieten aus längerfristigen Mietverhältnissen handeln dürfte. Da das Wohngeld eine staatliche Leistung für Geringverdiener ist, bilden die Mieten der Wohngeldempfänger in den Landkreisen und kreisfreien Städten außerdem tendenziell das preiswerte Wohnungsmarktsegment ab. (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Wohngeld in den Städten und Regionen, S. 9)

Das Mietmarktverhalten der Geringverdiener kann daher mit der Kappungsgrenze in Höhe des Durchschnitts dieser Bestandsmietwerte gut abgebildet werden.

(b.) Dies zeigt auch der Vergleich der Tabellen. Die auf Anordnung der Kammer errechneten Durchschnittswerte und das unter Anwendung der niedersächsischen Wohnraumförderungsbestimmungen maßgebende Produkt ergeben sich aus folgender Tabelle:

PersonenAngemessene WohnflächeKM-MittelKNK-MittelSumme/m²ProduktReg.-H.-K. (33 % BM)WoGG(o. 10 %)1       50    6,14   1,57   7,71   385,5 364     385     2       60    6,02   1,44   7,46   447,6 429     468     3       75    5,99   1,3     7,29   546,75520     556     4       85    6,02   1,33   7,35   624,75589     649     5       95    6,28   1,04   7,32   695,4         737     6       105     6,14   1,04   7,18   753,9                 6 / 4 / 5 + n10    5,96   1,04   7       70    81    88    Der von der Kammer gewählte Ansatz führt überwiegend zu geringeren Werten als die Tabelle zu § 12 WoGG. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Mietspiegel der Region Hannover nur für abgeschlossene frei finanzierte Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern mit mindestens drei Wohneinheiten gelten (Methodenbericht Mietspiegel 2013, S. 2), also insbesondere Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern aus der Erhebung ausgeklammert sind (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 16).

bb. Der Ansatz erweist sich aus weiteren Gründen als valide. Die Höhe der Kappungsgrenze und das Zusammenspiel von Kappungsgrenze und Verfügbarkeitsprüfung entspricht der tragenden Grundannahme der (sozialen) Marktwirtschaft, dass sich aufgrund des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage auf einen Markt ein angemessener Preis für ein Gut bildet (Sozialgericht Aurich, Urteil vom 08. November 2012, Az. S 35 AS 89/12; Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 19). Objektiv kann der regelmäßige Marktpreis mit dem Durchschnittswert abgebildet werden. Eine subjektiv höhere oder geringe Zahlungsbereitschaft ist bei der objektiven Markabbildung unbeachtlich, indem auf den homo oeconomicus abgestellt wird.

Da nach der so erfolgten objektiven Marktabbildung davon auszugehen ist, dass ein Durchschnittsmensch zum (durchschnittlichen) Marktpreis unter regelmäßigen Umständen das Gut erhalten wird, erweist sich der Leitsatz des Urteils des Bundessozialgerichts vom 13. April 2011, Az. B 14 AS 106/10 R, juris, als wegweisend: Wird der Durchschnittswert des Mietspiegels angewandt, kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt.

cc. Die Verfügbarkeit zum Marktpreis ist daher indiziert. Die weitere (abstrakte) Verfügbarkeitsprüfung kann entfallen, soweit nicht Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht (Sozialgericht Aurich, Urteil vom 08. November 2012, Az. S 35 AS 89/12; Sozialgericht Aurich, Urteil vom 07. März 2013, 35 AS 86/10; Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 19 f.).

Bei der Bildung des arithmetischen Mittels muss bloß gewährleistet sein, dass ein einzelner Wert entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt (Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az. B 14 AS 50/10 R, Leitsatz 2 und Rn. 32; Sozialgericht Aurich, Urteil vom 07. März 2013, Az. S 35 AS 86/10; Sozialgericht Hannover, Urteil vom 22. Januar 2015, Az. S 70 AS 5581/14, S. 18), was aufgrund der repräsentativen Datengrundlage der Fall ist.

ee. Die Kammer wendet daher folgende Mietwerttabelle an:

PersonenAngemessene WohnflächeProdukt1       50    385,5 2       60    447,6 3       75    546,754       85    624,754 + n 10    81    Der Erhöhungswert für die Größenklassen ab 95 m² (81 €/10 m²) wendet die Kammer aufgrund der in der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2015 erklärten entsprechenden Bereitschaft des Beklagten an.

2. Auf konkreter Ebene sind besondere Umstände des Einzelfalls nicht ersichtlich. Es bleibt daher bei der entsprechend Nr. 11.2 der Richtlinie über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen für zwei Person maßgebenden Größe von 60 m².

Für die Kläger erweisen sich daher monatliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 447,60 Euro als angemessen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

IV.

Die Berufung war gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.