Bayerischer VGH, Beschluss vom 05.03.2015 - 10 C 14.2245
Fundstelle
openJur 2015, 7434
  • Rkr:

Antrag auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung;Aushändigung und vorübergehende Überlassung des Passes und des elektronischen Aufenthaltstitels Prozesskostenhilfe; hinreichende Aussicht auf Erfolg; maßgeblicher Zeitpunkt; Ausreiseuntersagung; innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland; sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland; Meldeverpflichtung; maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Interessenabwägung

Tenor

I. Vom Verfahren 10 C 14.2245 wird das Verfahren abgetrennt, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, und unter dem Aktenzeichen 10 C 15.524 fortgeführt.

II. Die Verfahren 10 CS 14.2244 und 10 C 14.2245 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

III. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

IV. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

V. Unter Abänderung der Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 wird der Streitwert für das Verfahren M 12 S 14.3778 und das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2244 auf jeweils 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt mit seinen Beschwerden seine in erster Instanz erfolglosen Anträge auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das diesen Bescheid betreffende Eil- und Klageverfahren weiter. Der Bescheid untersagt dem Antragsteller die Ausreise für ein Jahr und verpflichtet ihn für die Dauer des Ausreiseverbots, der Ausländerbehörde alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden.

Der am … 1991 im Bundesgebiet geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er erhielt am 23. Juni 1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis und am 30. Juni 2008 eine Niederlassungserlaubnis.

Am 22. Oktober 2013 flog der Antragsteller mit einem Freund nach Adana in der Türkei. Auf Veranlassung seines Vaters, der befürchtete, sein Sohn könne sich nach Syrien begeben, um dort am Jihad teilzunehmen, wurde er bei der Ankunft am Flughafen in Adana festgenommen. In Begleitung seiner Schwester und seines Schwagers kehrte er am 25. Oktober 2013 in die Bundesrepublik zurück. Bei der Einreise wurden eine gefütterte Flecktarnweste und Bargeld in Höhe von 1.600,- Euro sichergestellt. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am selben Tag gab der Antragsteller an, er und sein Freund seien auf dem Weg nach Syrien gewesen. Grund dafür seien Youtube-Videos gewesen, die das Leid der Frauen und Kinder dort gezeigt hätten. Das Geld für den Flug hätten sie von einem Bekannten erhalten, der ihr Emir sei und seinem Freund außerdem 4.000,- Euro ausgehändigt habe, von denen er und sein Freund jeweils 2.000,- Euro an sich genommen hätten. 400,- Euro davon habe er für den Rückflug nach Deutschland verwendet. In Adana hätten sie vom Flughafen abgeholt werden sollen. Die 4.000,- Euro hätten sie zu den Mujahedin nach Syrien bringen und sich ihnen anschließen wollen. Um welche Gruppierung es sich dabei hätte handeln sollen, sei nicht besprochen worden. Eine Rückkehr nach Deutschland sei nicht geplant gewesen.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2014 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheids (Nr. 1 des Bescheids) und verpflichtete ihn, alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente (einschließlich der ihm während der Dauer der Ausreiseuntersagung ausgehändigten) sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel unverzüglich, jedoch spätestens am Tag nach der Zustellung des Bescheids an die Ausländerbehörde auszuhändigen und dieser für die Dauer der Ausreiseuntersagung vorübergehend zu überlassen (Nr. 2 des Bescheids), unverzüglich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweisersatzes zu stellen (Nr. 3 des Bescheids) und sich ab dem auf die Zustellung des Bescheids folgenden Tag dreimal wöchentlich jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeiinspektion unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden (Nr. 4 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung von Nr. 2 und 4 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 7 des Bescheids).

Gegen den am 26. Juli 2014 zugestellten Bescheid vom 24. Juli 2014 erhob der Antragsteller am 26. August 2014 Klage. Gleichzeitig beantragte er sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und hinsichtlich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen. Schließlich beantragte er, ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seinen Rechtsanwalt beizuordnen.

Mit Beschluss vom 12. September 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Der Bescheid vom 24. Juli 2014 sei voraussichtlich formell und materiell rechtmäßig. Von einer Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Bescheids habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können. Rechtsgrundlage für die Ausreiseuntersagung sei § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Die Ausreise des Antragstellers aus der Bundesrepublik zur Teilnahme am bewaffneten Jihad sei vor dem Hintergrund einer auf Grund der engen Bindungen an Deutschland wahrscheinlichen Rückkehr eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Gerade Personen, die in Syrien ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen hätten, stellten nach einer Wiedereinreise ein besonderes Sicherheitsrisiko dar. Aktivitäten kampferprobter Rückkehrer seien geeignet, die Sicherheit von Einrichtungen des Bundes und der Länder oder von lebenswichtigen Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen in einem über eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit hinausgehenden Maß zu gefährden. Darüber hinaus liege auch eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik vor. Die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad sei geeignet, in erheblichem Maße die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsort ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen würden zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt, zu deren Wahrung die Bundesrepublik völkervertragsrechtlich, gemeinschaftsrechtlich und grundgesetzlich verpflichtet sei. Die Annahme einer solchen Gefährdungslage gründe sich auch auf bestimmte Tatsachen. Der Antragsteller sei der salafistischen Szene zuzurechnen und habe bereits einen vergeblichen Versuch unternommen, nach Syrien auszureisen. Dass er seine jihadistisch-salafistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe, belegten die von ihm ins Internet gestellten und kommentierten Videos, die durch die Unterstützung des Kampfes gegen die Ungläubigen und die Sehnsucht nach dem Märtyrertod gekennzeichnet seien. Die Ausreiseuntersagung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin angesichts der Gefährdung der inneren Sicherheit das öffentliche Interesse an der Ausreiseuntersagung über das Interesse des Antragstellers an einer ungehinderten Ausreise gestellt habe.

Die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung der im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels beruhe auf § 48 Abs. 1 AufenthG und sei zur Sicherung des rechtmäßigen Ausreiseverbots erforderlich und damit bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Meldepflicht sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG. Die Anwendung dieser Regelung sei nicht durch die Regelungen des Passgesetzes ausgeschlossen. Ziel der Meldeauflage sei es zu verhindern, dass der Antragsteller an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme, dabei schwerwiegende Gewaltdelikte und sonstige Straftaten begehe und nach seiner Rückkehr das friedliche Zusammenleben gefährde. Außerdem ermögliche sie die Kontrolle des Ausreiseverbots und diene der Abwehr einer Gefahr, die nicht von der Regelung des Passgesetzes erfasst werde. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller ohne die Meldeauflage an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme. Die Meldeverpflichtung sei schließlich erforderlich. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe habe sowohl für das Eilverfahren als auch für das Hauptsacheverfahren keinen Erfolg.

Seine gegen den Beschluss vom 12. September 2014 erhobene Beschwerde begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass die tatsächlichen Verhältnisse nicht richtig erfasst worden seien. Das Strafverfahren wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auch sei der Antragsteller bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Die Annahme, er wolle sich dem bewaffneten Jihad anschließen, sei nicht durch hinreichende Tatsachen belegt. Der Antragsteller sei im Oktober 2013 nicht auf Grund einer Zwangslage, sondern aus freien Stücken nach Deutschland zurückgekehrt, ohne in Syrien gewesen zu sein. Es gehe um die typische Verfehlung eines Heranwachsenden. Die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, habe der Antragsteller aus Trotz und Verwirrung gemacht. Sein Motiv für die Ausreise sei tatsächlich das Leid der Frauen in Syrien gewesen. Er habe insoweit schlicht mit Geld helfen wollen. Hingegen habe zu keinem Zeitpunkt festgestanden, dass er sich in Syrien den Jihadisten habe anschließen wollen. Auch sei nicht klar gewesen, wie er und sein Freund über die Grenze nach Syrien hätten gelangen sollen. Auch habe der Antragsteller von November 2013 bis Juli 2014 keinen Ausreiseversuch unternommen, obwohl er, hätte er dies gewollt, längst hätte ausreisen können. Die Flecktarnweste, die der Antragsteller bei seiner Ausreise im Oktober 2013 dabei gehabt habe, könne auch als reiner Modegegenstand angesehen werden. Nehme man den Antragsteller persönlich wahr, handele es sich um einen zurückhaltenden jungen Mann, der sich offenbar selbst finden müsse. Eine Gewaltbereitschaft sei nicht erkennbar. Gegenwärtig suche der Antragsteller auch weder die Moschee auf noch beteilige er sich an Aktionen der Gruppe, die er dort kennengelernt habe, oder veröffentliche bei Facebook missverständliche Nachrichten. Es sei unzutreffend, dass er seine salafistisch-jihadistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe. Insbesondere sei der Märtyrertod nicht mit Jihad im Sinne einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Ungläubigen gleichzusetzen.

Da die Voraussetzungen der Ausreiseuntersagung nicht vorlägen, sei auch die Anordnung, sämtliche Ausweisdokumente einschließlich des elektronischen Aufenthaltstitels auszuhändigen, rechtswidrig. Sie sei außerdem unverhältnismäßig, weil nicht ersichtlich sei, wie der Antragsteller mit Hilfe seines elektronischen Aufenthaltstitels ausreisen solle. Es stelle zudem eine Diskriminierung dar, dass der Antragsteller einem neuen Arbeitgeber nur seinen Ausweisersatz vorlegen könne, dadurch in Erklärungsnot gerate und wegen des Anscheins, dass etwas nicht in Ordnung sei, möglicherweise eine Stelle nicht erhalte. Auch die Meldepflicht sei unverhältnismäßig. Eine wöchentliche Meldeverpflichtung sei ausreichend. Der Antragsteller sei an einen bestimmten Meldeort gebunden, so dass es ihm unmöglich sei, eine Arbeitsstelle außerhalb seines Wohnorts anzunehmen und sich frei im Bundesgebiet zu bewegen. Es sei nicht ersichtlich, warum über die Einziehung der Ausweispapiere hinaus eine Meldeverpflichtung erforderlich sein solle.

Einen ausdrücklichen Antrag hat der Antragsteller nicht gestellt. Sinngemäß beantragt er aber,

unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Juli 2014 hinsichtlich Nr. 1 dieses Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen sowie dem Antragsteller für das Eil- und das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm den von ihm benannten Rechtsanwalt beizuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren 10 C 14.2245 nicht geäußert. Im Verfahren 10 CS 14.2244 beantragt sie,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Strafverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, ändere nichts daran, dass der Antragsteller sich intensiv mit dem Thema Jihad auseinandergesetzt habe, dass er bereits einen Ausreiseversuch unternommen habe und dass er nach einer tatsächlichen Teilnahme am Jihad bei einer Rückkehr nach Deutschland eine konkrete Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik darstelle. Die Rückkehr des Antragstellers sei nicht freiwillig erfolgt, sondern aufgrund des schnellen Eingreifens der Familie und der Ingewahrsamnahme durch die türkischen Behörden. Aufgrund der Gesamtumstände dränge es sich insbesondere im Hinblick auf gelöschte Dokumente auf dem vom Antragsteller verwendeten Laptop, die sich mit der Teilnahme am Jihad ohne Zustimmung der Eltern, einer kommenden Armee des Kalifats und der Bildung einer Islamischen Armee in Syrien befasst hätten, geradezu auf, dass der Antragsteller sich am Jihad habe beteiligen wollen. Auch nach seiner Rückkehr aus der Türkei habe sich der Antragsteller weiter mit dem Thema Jihad beschäftigt.

Die Einbeziehung des elektronischen Aufenthaltstitels in die Verpflichtung zur Überlassung von Pässen und Passersatzdokumenten sei verhältnismäßig. Sie solle einem Missbrauch des Aufenthaltstitels als faktisches Legitimationsdokument entgegenwirken. Aufenthaltsrechtlich könne der Antragsteller sich mittels des auf dem Ausweisersatz befindlichen Etiketts legitimieren. Schließlich sei auch die Meldeverpflichtung, die neben der Ausreiseuntersagung möglich sei, verhältnismäßig. Eine Abänderung des Meldeortes sei nach Absprache mit den Behörden denkbar. Erforderlich sei die Meldeverpflichtung deshalb, weil dem Antragsteller die Ausreise zumindest bis zur Grenze der Türkei auf dem Landweg ohne Ausweisdokumente gelingen könne. Bei entsprechender Motivation scheine ein Übertritt über die grüne Grenze in die Türkei und nach Syrien ebenfalls möglich. Die Meldeauflage diene auch der faktischen Überwachung der Ausreiseuntersagung. Einem Versuch des illegalen Grenzübertritts oder des Untertauchens könne durch möglichst rasch eingeleitete Fahndungsmaßnahmen begegnet werden.

Die Landesanwaltschaft beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses an den Verfahren. Sie hat sich im Übrigen aber weder zu den Beschwerden geäußert noch einen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die Abtrennung des Verfahrens, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, von dem Verfahren 10 C 14.2245 beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.

2. Die Verbindung des nach der Abtrennung verbleibenden, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO betreffenden Verfahrens 10 C 14.2245 mit dem Verfahren 10 CS 14.2244 hat ihre Grundlage in § 93 Satz 1 VwGO.

3. Die zulässigen Beschwerden des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Rechtsanwalts für seinen auf die Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 C 14.2245; a) und gegen die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 CS 14.2244; b) sind unbegründet.

a) Dem Antragsteller kann weder nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt (aa) noch nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden (bb).

aa) Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Danach kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe jedoch nicht gewährt werden. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zum für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblichen Zeitpunkt (aaa) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die zulässigen Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2015 (bbb) und auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pass, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel in Nr. 2 des Bescheids (ccc) und der Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids (ddd) unbegründet sind.

aaa) Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist dabei hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Dies folgt daraus, dass der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, der regelmäßig für die Beurteilung der Frage maßgeblich ist, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2013 – 10 C 12.1757 – juris Rn. 25; B.v. 19.3.2013 – 10 C 13.334, 10 C 13.371 – juris Rn. 26 m.w.N.), noch nicht eingetreten ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2013 – 10 C 13.1235 – juris Rn. 3). Denn die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lässt ohne weitere Erhebungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO), wie sie nunmehr im nach § 93 Satz 2 VwGO abgetrennten Verfahren 10 C 15.524 zu erfolgen haben, keine Beurteilung der Frage zu, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

bbb) Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützte Ausreiseuntersagung, die nach § 84 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat, sind nicht erfüllt. Die Ausreiseuntersagung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die in solchen Fällen offener Erfolgsaussichten erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG kann einem Ausländer die Ausreise untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, also bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass er die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Ob diese Voraussetzungen im Falle des Antragstellers vorliegen, ist allerdings offen.

(a) Obergerichtlich nicht geklärt und damit offen ist, soweit ersichtlich, zunächst, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. in diesem Sinne auch VG Aachen, B.v. 26.8.2009 – 8 K 637.09 – juris Rn. 31), wie das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf annimmt, dass es sich bei der Ausreiseuntersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Denn nicht bei allen Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ohne weiteres der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts (vgl. etwa für die Gewerbeuntersagung BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 14; U.v. 14.7.2003 – 6 C 10.03 – juris Rn. 17: Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung). Vielmehr ergibt sich letztlich aus dem materiellen Recht, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, weil dem materiellen Recht nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu entnehmen sind, sondern sich aus ihm auch die Antwort auf die Frage ergibt, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v.15.11.2007 – 1 C 45.06 – juris Rn. 13 m.w.N.). Da bisher, soweit ersichtlich, nicht obergerichtlich entschieden ist, ob nach dem einschlägigen materiellen Recht einschließlich der gegebenenfalls einschlägigen Grund- und Menschenrechte (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 15 ff.) hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts maßgeblich ist, bedarf es aber der weiteren Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren.

(b) Offen ist auch, ob der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht annehmen, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet.

(aa) Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ist enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Mit der inneren Sicherheit, auf deren Gefährdung die Antragsgegnerin die Ausreiseuntersagung allein gestützt hat, werden Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates geschützt. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt oder Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Die innere Sicherheit wird dabei durch die Fähigkeit des Staates bestimmt, sich nach innen gegen Angriffe und Störungen zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24). Bereits die Anwesenheit möglicher ausländischer Helfer terroristischer Gewalttäter beeinträchtigt aber die Fähigkeit des Staates, sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17).

Legt man dies zugrunde, so erscheint es vorbehaltlich einer genaueren Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin annimmt, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn er nach einer Ausreise nach Syrien und einer Teilnahme am bewaffneten Jihad, insbesondere wenn sie auf Seiten einer Terrororganisation wie dem Islamischen Staat (IS) erfolgt, in die Bundesrepublik zurückkehrt, obwohl die Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik in solchen Fällen unmittelbar nicht bereits durch die Ausreise, sondern erst durch die Wiedereinreise des Ausländers und seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verursacht wird.

(bb) Geht man danach bei einer derartigen Konstellation von der Möglichkeit einer Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus, so ist allerdings offen, ob im hier vorliegenden Einzelfall hinreichend bestimmte Tatsachen im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller erneut nach Syrien reisen, dort am Jihad teilnehmen, nach Deutschland zurückkehren und hier durch seine Anwesenheit die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden wird. Die Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen sollen, müssen nach Zeit, Ort und Inhalt so konkret gefasst sein, dass sie einer Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich sind. Eine bloße Möglichkeit, eine reine Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbarer Verdacht genügen hingegen nicht (vgl. OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59.14 – juris Rn. 5; VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 20; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 46 f.; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 - juris Rn. 22).

(aaa) Bestimmte Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass der Antragsteller sich nach Syrien begeben und am Jihad teilnehmen könnte, ergeben sich zunächst daraus, dass der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund am 22. Oktober 2013 nach Adana geflogen ist, sich in seinem Gepäck eine Flecktarnweste und 1.600,- Euro befunden haben und er nach seiner durch seine Familie veranlassten Rückkehr nach Deutschland gegenüber der Polizei am 25. Oktober 2013 angegeben hat, dass er und sein Begleiter nach Syrien hätten reisen wollen, dass sie in Adana am Flughafen hätten abgeholt werden sollen, dass sie das mitgeführte Geld zu den Mujahedin nach Syrien hätten bringen wollen, dass sie sich diesen hätten anschließen wollen und dass eine Rückkehr nach Deutschland nicht geplant gewesen sei. Außerdem sprechen für die Absicht, am Jihad teilzunehmen, die Videos, die der Antragsteller über Facebook ins Internet gestellt oder kommentiert hat und die sich mit dem Jihad und entgegen den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung nicht mit dem Märtyrertod im Allgemeinen, sondern dem Märtyrertod im Jihad befassen, sowie zwei auf dem Laptop des Antragstellers gelöschte Dokumente, von denen das eine den Titel „Fatwa zu der Frage, ob Muslime ohne Zustimmung ihrer Eltern am Kampf gegen die syrische Regierung teilnehmen dürfen“ trägt und das andere 43 Brigaden und Bataillone der kommenden Armee des Kalifats und der Islamischen Armee in Syrien aufzählt. Jedoch ist vor einer weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob diese Tatsachen nach wie vor die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller beabsichtigt, in Syrien am Jihad teilzunehmen, wie es erforderlich wäre, wenn man den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts als für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ansieht.

Der Antragsteller stellt seine Absicht, in Syrien am Jihad teilzunehmen, in der Beschwerdebegründung in Abrede und behauptet, dass er die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, lediglich aus Trotz und Verwirrung gemacht habe und dass tatsächliches Motiv für seine Reise vielmehr gewesen sei, dass ihn das Leid der Frauen und Kinder in Syrien sehr traurig gemacht habe und er schlichtweg mit Geld habe helfen wollen. Hat der Antragsteller damit aber seine Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, die für die Prognose der Gefahr einer Teilnahme des Antragstellers am bewaffneten Jihad in Syrien von erheblicher Bedeutung ist, relativiert, so bedarf es im Hauptsacheverfahren der weiteren Klärung, welchem Zweck die Reise des Antragstellers im Oktober 2013 tatsächlich dienen sollte.

Soweit man wie das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist, stellt sich außerdem die nur im Hauptsacheverfahren zu klärende Frage, ob sich der Antragsteller womöglich inzwischen so weit von seiner bisherigen jihadistisch-salafistischen Haltung distanziert hat, dass eine Teilnahme am bewaffneten Jihad nicht mehr zu erwarten ist. Denn der Antragsteller führt insoweit in seiner Beschwerdebegründung ins Feld, dass er weder in der Zeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24. Juli 2014 einen weiteren Ausreiseversuch unternommen habe noch gegenwärtig die im Bescheid genannte Moschee aufsuche, an Aktionen salafistischer Gruppierungen teilnehme oder missverständliche Nachrichten in Facebook veröffentliche. Darüber hinaus hat der Vater des Antragstellers im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 25. Juli 2014 angegeben, der Antragsteller stehe weniger stark mit der salafistischen Gruppe in Kontakt, weil deren Mitglieder ihm wegen durch die Familie geschickt gestreuter Gerüchte nicht mehr vertrauten. Der Antragsteller wisse gegenwärtig nicht, was er wolle. Die Situation in Syrien, wo sich Jabat und ISIS bekämpften, verwirre ihn. Der Vater habe seinem Sohn im Koran gezeigt, dass es sich dabei nicht um einen Jihad, sondern um einen Bruderkrieg handele, der vom Koran abgelehnt werde.

(bbb) Offen ist schließlich, ob darüber hinaus hinreichend bestimmte Tatsachen für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller im Falle einer Teilnahme am bewaffneten Jihad in Syrien nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik darstellen würde.

Die Antragsgegnerin geht ebenso wie das Verwaltungsgericht insoweit maßgeblich davon aus, dass nach dem Verfassungsschutzbericht 2013 des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz Personen, die ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an paramilitärischen Kampfhandlungen teilgenommen haben, nach ihrer Wiedereinreise nach Deutschland ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen. Zwar sprechen angesichts der Verwurzelung des Antragstellers, der in Deutschland geboren wurde, hier aufgewachsen ist und die Schule besucht hat und dessen Eltern und Geschwister weiterhin in der Bundesrepublik leben, bestimmte Tatsachen dafür, dass der Antragsteller nach einer Teilnahme am Jihad ins Bundesgebiet zurückkehren wird.

Es stellt sich aber die Frage, ob das nach dem von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Verfassungsschutzbericht bestehende besondere Sicherheitsrisiko, das Personen, die im Ausland eine terroristische Ausbildung erhalten oder an Kampfhandlungen teilgenommen haben, allgemein nach ihrer Rückkehr darstellen, für die weitere Annahme ausreicht, der Antragsteller werde nach seiner Rückkehr die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden, oder ob es neben der etwaigen späteren Zugehörigkeit des Antragstellers zur Gruppe der Rückkehrer für diese Annahme weiterer konkreter Tatsachen bedarf, die den Schluss rechtfertigen, dass auch der abgesehen von dem nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bisher offenbar nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Antragsteller persönlich nach seiner Rückkehr eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen wird (vgl. für eine Ausweisung wegen Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG und § 54 Nr. 5a AufenthG BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 25.3.2010 – 10 BV 09.1784 – juris Rn. 38). Die Klärung dieser Frage ist aber weder im Prozesskostenhilfeverfahren noch im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO möglich und muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

(c) Offen ist schließlich, ob das Ausreiseverbot deshalb seine Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG findet, weil der Antragsteller sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin das Ausreiseverbot nicht auf die Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützt hat, bedürfte es insoweit weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.

(aa) Sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland sind solche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines deutschen Landes, die in ihrer Erheblichkeit der inneren und äußeren Sicherheit wenn nicht gleichstehen, so doch nahekommen. Es muss sich um Belange handeln, die so erheblich sind, dass sie der freiheitlichen Entwicklung in der Bundesrepublik aus zwingenden staatspolitischen Gründen vorangestellt werden müssen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1956 – I C 41.55 – juris Rn. 17; BVerfG, U.v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – juris Rn. 38). Danach werden sonstige erhebliche Belange etwa dann als gefährdet angesehen, wenn ein Deutscher oder, was im Hauptsacheverfahren noch zu klären wäre, ein in Deutschland lebender Ausländer sich im Ausland an Gewalttätigkeiten beteiligt, die geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen und unter besonderen Umständen auch das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland zu schädigen (vgl. für Deutsche, die im Ausland Gewalttätigkeiten begehen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 49/14 – juris Rn. 3). Dementsprechend wird die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad im Ausland für geeignet gehalten, die auswärtigen Beziehungen und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, weil durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsgebiet ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen, durch die allgemein anerkannte Schutzgüter wie Leib und Leben sowie die öffentliche Sicherheit bedroht sind, zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt werden, zu deren Wahrung die Bundesrepublik verpflichtet ist (vgl. VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 19; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 45, vgl. für Deutsche, die im Ausland am Jihad teilnehmen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59/14 – juris Rn. 12; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 – juris Rn. 21; VG Hamburg, B.v. 23.11.2012 – 2 E 2951/12 – juris Rn. 14).

Auch wenn man dem folgt, ist aber ohne weitere Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob von einer Ausreise des Antragstellers eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgeht. Denn es bedarf, wie dargelegt, weiterer Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob nach wie vor bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass sich der Antragsteller nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen will.

(bb) Außerdem wäre gegebenenfalls zu klären, ob der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist und in Deutschland bei seinen türkischen Eltern aufgewachsen ist, ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 besitzt und deshalb, wie in der Literatur vertreten wird (vgl. Möller in Hofmann/Hof-mann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 46 Rn. 2), im Hinblick auf die Stillhalteklausel in Art. 13 ARB 1/80 auf ihn § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nicht anwendbar ist, soweit danach die Ausreise wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann. Denn nach dieser Ansicht kommt insoweit nur eine Anwendung von § 19 AuslG 1965 in Betracht, der eine Ausreiseuntersagung wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht vorsah (vgl. Möller a.a.O.).

(d) Offensichtlich rechtswidrig mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre, ist die Ausreiseuntersagung bei summarischer Prüfung auch nicht bereits deshalb, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.

(aa) Geht man davon aus, dass der Antragsteller die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und deshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausreiseuntersagung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 PassG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG erfüllt sind, so wäre das Ausreiseverbot in Nr. 1 des Bescheids vielmehr ohne weiteres geeignet und erforderlich. Denn zum einen fördert es das Ziel, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Zum anderen ist ein gleichermaßen geeignetes Mittel, das den Antragsteller weniger stark belasten würde, nicht ersichtlich.

(bb) Schließlich wäre die Ausreiseuntersagung auch selbst dann verhältnismäßig, wenn man sie nicht lediglich als Beeinträchtigung der von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit, die Bundesrepublik zu verlassen, sondern auch als Beschränkung der Glaubens- und Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ansähe (vgl. zum Schutzbereich dieses als umfassend zu verstehenden einheitlichen Grundrechts BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 37; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 – juris Rn. 85 f.). Denn der mit dem zeitlich begrenzten Ausreiseverbot möglicherweise verbundenen Beeinträchtigung nicht nur der allgemeinen Handlungs-, sondern auch der Glaubens- und Religionsfreiheit, die als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht, das nur Einschränkungen unterliegt, die auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage beruhen und sich aus der Verfassung selbst, insbesondere den Grundrechten Dritter oder Gemeinschaftswerten von Verfassungsrang ergeben (vgl. BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 38; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 – juris Rn. 98), käme deutlich weniger Gewicht zu als dem Ziel, eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge zu verhindern, die Leben und Gesundheit und damit hochrangige, durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Rechtsgüter einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

(2) Ist die Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2014 danach weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage überwiegt und deshalb die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Ausreiseuntersagung nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und nähme der Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit des Ausreiseverbots in Syrien am bewaffneten Jihad teil, so könnte dies bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen zur Folge haben und wäre daher mit deutlich gravierenderen Konsequenzen verbunden, als wenn der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht ausreisen dürfte, die Ausreiseuntersagung sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Freiheit des Antragstellers, das Bundesgebiet zu verlassen, und möglicherweise seiner Glaubens- und Religionsfreiheit wiegt weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ccc) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Aushändigungs- und Überlassungsverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 48 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer verpflichtet, seinen Pass oder Passersatz (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und seinen Aufenthaltstitel (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist. Ob danach die Voraussetzungen für die Anordnung der Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 erfüllt sind, alle im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel der Ausländerbehörde auszuhändigen und ihr vorübergehend für die Dauer der Ausreiseuntersagung zu überlassen, ist aber offen.

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage, ob die Aushändigung und vorübergehende Überlassung der in der Anordnung genannten Dokumente zur Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich war. Denn daran fehlte es, wenn dem Antragsteller die Ausreise nicht hätte untersagt werden dürfen. Die Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung bedarf aber, wie ausgeführt, gerade der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren.

(b) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pässen, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel bei summarischer Prüfung auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Insbesondere ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht nur die vorübergehende Einbehaltung des Passes oder etwaiger Passersatzdokumente, sondern auch die des elektronischen Aufenthaltstitels zur Sicherung des Ausreiseverbots geeignet. Zwar ist es rechtlich ebenso wenig wie ohne Pass möglich, an Stelle des erforderlichen Passes mit einem elektronischen Aufenthaltstitel auszureisen. Jedoch ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, etwaige Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen, zur Sicherung des Ausreiseverbots bereits dann geeignet, wenn sie das mit ihr verfolgte Ziel, die Ausreise des Antragstellers zu verhindern, in irgendeiner Weise fördert. Dies ist aber nicht nur hinsichtlich der Einbehaltung des Passes und etwaiger Passersatzpapiere, sondern auch hinsichtlich der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels der Fall. Denn die Überlassung des elektronischen Aufenthaltstitels an die Ausländerbehörde verhindert etwaige Versuche des Antragstellers, mit Hilfe des elektronischen Aufenthaltstitels, auf dem die Seriennummer seines Passes und dessen Gültigkeitsdauer sichtbar aufgebracht sind (§ 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 und 11 AufenthG), auch ohne den zugehörigen Pass auszureisen und sich dabei mit dem elektronischen Aufenthaltstitel zu legitimieren. Sie vermindert so wie die Einbehaltung des Passes und eventuell vorhandener Passersatzdokumente die Gefahr einer Ausreise des Antragstellers trotz der Ausreiseuntersagung.

(bb) Dementsprechend ist die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nicht nur hinsichtlich der Pässe und Passersatzpapiere, sondern auch insoweit erforderlich, als sie sich auf den elektronischen Aufenthaltstitel des Antragstellers erstreckt. Denn wenn auch die Einbehaltung dieses Aufenthaltstitels das Ziel der Sicherung des Ausreiseverbots fördert, ist eine Verpflichtung, lediglich den Pass und etwaige Passersatzdokumente der Ausländerbehörde auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, kein in gleichem Maße geeignetes Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels.

(cc) Schließlich ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, angesichts der großen Bedeutung der inneren Sicherheit, deren Schutz sie ebenso wie das Ausreiseverbot dienen soll, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht deshalb unangemessen, weil sie ihm wegen der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels die Suche nach einem Arbeitsplatz erschweren würde. Denn der Antragsteller hat an Stelle des elektronischen Aufenthaltstitel einen Ausweisersatz erhalten, aus dem sowohl seine Niederlassungserlaubnis als auch die Zulässigkeit einer Erwerbstätigkeit ohne weiteres hervorgeht, so dass der Antragsteller seinen Aufenthaltstitel und die Berechtigung, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, einem Arbeitgeber gegenüber jederzeit durch Vorlage des Ausweisersatzes nachweisen kann.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, mit Hilfe der betreffenden Dokumente nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad mit der Folge teilzunehmen, dass bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen eintreten könnten, so wäre dies mit deutlich gravierenderen Nachteilen verbunden, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht im Besitz der auszuhändigenden Dokumente befände, die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Möglichkeit des Antragstellers, sich durch die betreffenden Papiere zu legitimieren, wiegt weit weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ddd) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Meldeverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach Art. 7 Abs. 1 LStVG dürfen Anordnungen und Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, nur getroffen werden, wenn die Sicherheitsbehörden durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes dazu besonders ermächtigt sind. Soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in den Vorschriften des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, können die Sicherheitsbehörden nach Art. 7 Abs. 2 LStVG zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall unter anderem nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG) oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG).

(a) Offen ist zunächst, ob Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG, auf den die Antragsgegnerin als Sicherheitsbehörde die Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 gestützt hat, neben den Befugnisnormen zugunsten der Ausländerbehörde nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 PassG und § 48 Abs. 1 AufenthG anwendbar ist.

Zwar ist höchstrichterlich bereits entschieden, dass die Ermächtigung zur Untersagung der Ausreise eines Deutschen in § 10 Abs. 1 PassG die Heranziehung der sicherheits- und polizeirechtlichen Generalklauseln der Länder als Rechtsgrundlage für Meldeauflagen wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen dieser Regelungen nicht ausschließen (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.2007 – 6 C 39.06 – juris Rn. 25 ff.; vgl. auch VGH BW, B.v. 14.6.2000 – 1 S 1271/00 – juris Rn. 14 für das Verhältnis der polizeilichen Generalklausel zur Passversagung und -beschränkung nach § 7 PassG). Auch spricht viel dafür, dass für das Verhältnis von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG und § 48 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG nichts anderes gilt. Denn auch diese Regelungen verfolgen jeweils unterschiedliche Zielrichtungen. Insbesondere erfasst § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nur Gefährdungen für die Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland, während Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG mit der Ermächtigung zur Verhinderung und Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder für im öffentlichen Interesse zu erhaltende Sachwerte auch auf die Abwehr und Beseitigung von Gefahren für andere Schutzgüter zielt. Jedoch fehlt es, soweit ersichtlich, insoweit bisher an einer obergerichtlichen Entscheidung.

(b) Ebenso ist offen, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. in diesem Sinne zu einer auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützten Anordnung zur Durchsetzung der Schulbesuchspflicht BayVGH, B.v. 12.2.2008 – 7 CS 08.187 – juris Rn. 15) oder im Hinblick darauf, dass es sich bei der für die gesamte Dauer des Ausreiseverbots geltenden Meldeverpflichtung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2012 – 10 CS 11.2379 – juris Rn. 29 m.w.N., wo dies für Anordnungen zur Hundehaltung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG offen gelassen wird). Die Frage, ob nach dem, wie bereits ausgeführt, insoweit maßgeblichen materiellen Recht hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts zugrunde zu legen ist, ist aber, soweit ersichtlich, bisher nicht obergerichtlich geklärt und bedarf daher der weiteren Prüfung im Hauptsacheverfahren.

(c) Offen ist vor diesem Hintergrund darüber hinaus, ob eine konkrete Gefahr besteht, dass der Antragsteller Straftaten begehen wird oder durch sein Verhalten das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedrohen wird, wie Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG dies voraussetzt. Zwar wäre dies der Fall, wenn der Antragsteller sich nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen würde. Allerdings bedarf eine entsprechende Gefahrenprognose jedenfalls, wenn man von der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Gerichts ausgeht, einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Denn wie dargelegt, kann nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob der Antragsteller sich im Oktober 2013 tatsächlich nach Syrien begeben wollte, um am bewaffneten Jihad teilzunehmen, und ob er dies auch heute noch beabsichtigt.

(d) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung des Antragstellers, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, auch nicht wegen einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Die Meldeverpflichtung ist vielmehr zunächst geeignet, das Ziel zu fördern, eine Ausreise des Antragstellers zum Jihad nach Syrien zu verhindern und damit der Gefahr entgegenzuwirken, dass er dort Straftaten begeht und das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedroht. Denn soweit der Antragsteller diese Verpflichtung einhält, hindert sie ihn daran, nach Syrien zu reisen. Falls er hingegen gegen die Meldeverpflichtung verstößt, ermöglicht sie es, zeitnah zu reagieren und den Antragsteller etwa durch die Einleitung von Fahndungsmaßnahmen rechtzeitig an der Ausreise zu hindern.

(bb) Die Meldeverpflichtung ist dazu auch erforderlich. Denn die vom Antragsteller für ausreichend erachtete Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden, ist ein weit weniger wirksames Mittel, seine Ausreise und Teilnahme am Jihad in Syrien zu vereiteln, weil ihm dadurch ein längerer Zeitraum für eine unbemerkte Ausreise zur Verfügung stünde.

(cc) Schließlich erscheint die Meldeverpflichtung angesichts der hochrangigen Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit, deren Schutz sie dient, auch nicht unangemessen. Denn die Beeinträchtigung der Lebensführung des Antragstellers, die von dieser Verpflichtung ausgeht, wird dadurch abgemildert, dass dem Antragsteller für die Vorsprache bei der Polizei jeweils ein Zeitraum von 8.00 Uhr bis 21.00 Uhr zur Verfügung steht und dass, wie sich aus den Gründen des Bescheids vom 24. Juli 2014 und der Beschwerdeerwiderung ergibt, eine Anpassung der Meldeverpflichtung vorgenommen werden kann, wenn eine Wahrnehmung des Meldetermins etwa wegen der Aufnahme einer Beschäftigung an einem anderen Ort bei der vorgesehen Polizeidienststelle nicht mehr möglich ist.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung, sich für die Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden, nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad teilzunehmen, so hätte dies deutlich gravierendere Nachteile zur Folge, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung dreimal in der Woche jeweils zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeidienststelle melden müsste, die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beeinträchtigung seiner Lebensführung, insbesondere der Möglichkeit, seinen Wohnort für längere Zeit zu verlassen, als es der Abstand zwischen den Meldeterminen erlaubt, wiegt weit weniger schwer als die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen, die im Falle einer Teilnahme des Antragstellers am Jihad in Syrien droht.

bb) Liegen damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, weil der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so kann dem Antragsteller auch nicht nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO der von ihm benannte und zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beigeordnet werden.

b) Schließlich ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen, unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 12. September 2014. Denn wie oben unter Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe ausgeführt, hat die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung von Nr. 1, 2 und 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen diese Maßnahmen gerichteten Klage überwiegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2245, das die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren M 12 S 14.3778 betrifft, bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).