OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.08.2013 - I-17 U 22/13
Fundstelle
openJur 2015, 7169
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. 11. 2012 verkündete

Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf

abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klageanträge werden abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zu 1) zu 4/5, dem Kläger zu 2) zu 1/5 zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird insoweit zugelassen, als der Senat die Klage der Klägerin zu 1. gegen ihren Ausschluss zurückgewiesen hat.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin zu 1) zu Recht als Gesellschafterin aus der Beklagten ausgeschlossen worden ist und die Beklagte den Kläger zu 2) als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung abberufen durfte.

Die Klägerin, die Inhaberin der Produktions- und Vertriebsrechte für die Merchandising-Artikel von H. weltweit ist, gründete die Beklagte, damit diese im europäischen Markt tätig werden konnte. Sie hielt zunächst - bei einem Stammkapital von 25.000 € - einen Geschäftsanteil von 22.500 €; der Geschäftsführer Herr C. war mit einem Geschäftsanteil von 2.500 € an der Beklagten beteiligt. Weiterer Geschäftsführer wurde - mit Einzelvertretungsbefugnis und weitreichenden Vollmachten - der Kläger zu 2), der zugleich Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ist.

Um Frau A. als weitere Gesellschafterin zu gewinnen, erklärte die Klägerin unter dem 23. August 2011, sie bringe den grundlegenden Vertrag und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten mit der Fa. I. W. S., K., über die Vergabe der exklusiven Merchandising-Rechte von H. Motors für Europa in die Beklagte ein (Anlage B 1). Frau A. leistete (im Gewande eines Darlehens, auf dessen Rückzahlung verzichtet wurde) eine Einlage i.H.v. 300.000 € und erhielt dafür einen Geschäftsanteil von nominell 6.250 €; auf den Gesellschaftsvertrag vom 13. März 2012 (Anlage K 1) wird verwiesen.

In den folgenden Monaten kam es zu unterschiedlichen Auffassungen der Gesellschafter über die Geschäftsführung. Die Klägerin zu 1) lieferte im Frühsommer 2012 an H.-Händler und Distributoren in verschiedenen europäischen Staaten Werbebanner und weiteres Werbematerial im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft 2012, ohne diese Leistungen in Rechnung zu stellen.

Am 06.07.2012 traten die Gesellschafter der Beklagten zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zusammen, verzichteten schriftlich auf die Einhaltung der Form- und Fristerfordernisse und beschlossen, dass die Geschäftsanteile der Klägerin zu 1) eingezogen und der Kläger zu 2) als Geschäftsführer abberufen werde; die Klägerin zu 1) stimmte gegen diese Beschlüsse.

Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 06.07.2012, wonach die Anteile der Klägerin zu 1) an der Beklagten aus wichtigem Grund eingezogen werden, nichtig sei und dass das Geschäftsführerdienstverhältnis des Klägers zu 2) ungeachtet des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 06.07.2012, wonach der Kläger zu 2) mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Beklagten abberufen wird, fortbestehe.

Die ordentlichen Gerichte seien zur Entscheidung berufen, weil die Schiedsklausel in § 18 des Gesellschaftsvertrages unwirksam sei.

Die Beschlüsse seien nichtig. Der Einziehungsbeschluss sei bereits nach § 134 BGB in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG nichtig, weil die Gesellschafter versäumt hätten, neue Anteile zu bilden und die nunmehrige Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile nicht mehr mit dem Stammkapital übereinstimmten.

Die Beklagte könne sich wegen der Abberufung des Klägers zu 2) nicht auf einen wichtigen Grund berufen; die von ihr dazu vorgebrachten Tatsachen ließen sich nicht feststellen. Soweit der Kläger zu 2) als Vertreter der Klägerin zu 1) dadurch in Konkurrenz zu der Beklagten getreten sei, dass er Kfz-Händlern in Europa kostenlos Werbeartikel überlassen habe, handele es sich um einen einmaligen Verstoß, bei dem er keine Kenntnisse von Gesellschaftsinterna oder Geschäftsbeziehungen der Beklagten zum Vorteil der Klägerin genutzt habe. Denn es sei der Kläger zu 2) selbst gewesen, der die guten Geschäftsbeziehungen und Kontakte nach Südkorea und insbesondere zur H.-Group mitgebracht habe. Der Beklagten sei auch keine Geschäftschance entgangen, weil die Werbegeschenke kostenfrei vergeben worden seien.

Nach Erlass des landgerichtlichen Urteils hat der Kläger zu 2) einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffend die Beklagte bei Gericht eingereicht, weil diese nach Verfügungen ihrer verbliebenen Gesellschafter kein Bankguthaben mehr habe.

Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht habe zu Unrecht seine Zuständigkeit angenommen. Die gesellschaftsvertragliche Schiedsklausel sei wirksam, weil die Konzentration aller Streitigkeiten, die dieselben Beschlussmängel Streitigkeiten betreffen, bei einem Schiedsgericht gewahrt sei. Denn in die Schiedsklausel aufgenommen worden sei die Bestimmung, dass Schiedsort Düsseldorf sei; im Übrigen fänden die Vorschriften des 10. Buches der ZPO Anwendung.

Sie macht geltend, das Landgericht habe das Vorliegen eines wichtigen Grundes verkannt. Die Kammer habe die Kontaktaufnahme der Klägerin zu den H. Distributoren nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere nicht erkannt, dass mit dieser Werbung die Stellung der Beklagten als exklusive Ansprechpartnerin in Europa beschädigt werde. Die Kläger hätten ganz bewusst und vorsätzlich ihr, der Beklagten, Konkurrenz gemacht. Die Klägerin zu 1) sei über mehrere Wochen, nämlich während der gesamten Fußballmeisterschaft, als Ansprechpartner und Lieferant gegenüber den Distributoren aufgetreten, habe damit ihr eigenes Image stark aufgewertet und Folgegeschäfte, die sonst der Beklagten zugestanden hätten, vereitelt. Sie behauptet, ihr sei ein Geschäftsgewinn von 50.000 € entgangen.

Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen dazu, dass der Kläger zu 2) im Rahmen von T-Shirt-Bestellungen, der Unterzeichnung eines Darlehensvertrages mit der Beklagten und im Rahmen einer Nötigung zu Überweisungen zu Gunsten der Klägerin zu 1), andernfalls der Nutzungsvertrag gekündigt werde, erheblich gegen seine Treuepflichten verstoßen habe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 29.11.2012 abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie machen geltend, bereits am 13.08.2012 habe der Geschäftsführer der Beklagten an sich sowie an die Gesellschafterin A. ohne ersichtlichen Rechtsgrund Beträge von 15.000 und 252.000 € überwiesen. Der Kläger zu 2) habe deshalb Veranlassung gehabt, Insolvenzantrag zu stellen.

Sie stellen in Abrede, der Beklagten ein exklusives Vertriebsrecht übertragen zu haben. Die Einräumung eines exklusiven Vertriebsrechts habe die Beklagte nicht substantiiert dargestellt und unter Beweis gestellt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Kläger behauptet, der Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer C. sei mit der Verteilung der Werbegeschenke Deko Kits durch die Klägerin zu 1) einverstanden gewesen, weil die Sache eilbedürftig gewesen sei. Der Senat hat den präsenten Zeugen K. dazu gehört (vgl. Sitzungsniederschrift vom 19. 07. 2013).

Die Beklagte bestreitet, dass die Abwicklung des Geschäfts über die Klägerin zu 1) vereinbart worden sei. Der Kläger zu 2) habe sich zu dem von dem Zeugen K. bekundeten Zeitpunkt Mitte April 2012 nicht in Deutschland aufgehalten; dazu legt sie Reiseabrechnungen vor. Tatsächlich habe der Zeuge A. sich noch im Mai 2012 erkundigt, weshalb das im Streit stehende Geschäft nicht abgewickelt werde. Der Zeuge K. habe ihm versichert, das Geschäft sei "vollumfänglich" abgesagt worden.

In keinem Fall sei eine Verständigung ihrer Gesellschafter darüber zustande gekommen, dass die Klägerin zu 1) im eigenen Namen Werbegegenstände an die Distributoren verschicke.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

1.

Die Beklagte hat die Berufung frist- und formgerecht eingelegt und gerügt, die Kammer habe zu Unrecht die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte angenommen.

Damit hat er die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 ZPO erfüllt. Allerdings geht die Berufung auf die landgerichtliche Begründung, weshalb der Gesellschafterausschluss unwirksam sei, nur hinsichtlich einer der beiden Gründe, auf die die Kammer ihre Entscheidung gestützt hat, ein. Dies ist indes - was die Zulässigkeit des Rechtsmittels angeht - unschädlich.

Wäre die Vereinbarung eines Schiedsgerichts wirksam, müsste die Klage gegen den Ausschluss der Klägerin zu 1) als unzulässig abgewiesen werden.

2.

Die Schiedsklausel in § 18 des Gesellschaftsvertrages ist unwirksam, weil sie dem Konzentrationsgebot nicht entspricht. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06. April 2009 (BGHZ 180, 221 ff) sind Beschlussmängelstreitigkeiten auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG grundsätzlich schiedsfähig, sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise ausgestaltet ist.

Die Schiedsabrede muss die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter einhalten. Die mit einer Schiedsklausel getroffene Anordnung des schiedsrichterlichen Verfahrens muss sich dabei am Maßstab des § 138 BGB messen lassen und folgende Mindestanforderungen erfüllen:

Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus.

Jeder Gesellschafter muss - neben den Gesellschaftsorganen - über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten. Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Stellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt. Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden (vgl. BGH a.a.O.).

Die letztgenannte Anforderung wird durch die Regelungen in § 18 GV nicht erfüllt, weil die Gesellschafter keine Verfahrensvorgaben vereinbart haben, die eine Konzentration bei einem Schiedsgericht gewährleisten. Insbesondere reicht es nicht aus, dass als Schiedsort Düsseldorf vorgesehen und die Vorschriften des 10. Buches der ZPO für anwendbar erklärt wurden.

Die Klausel umfasst im Übrigen nicht Streitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der Beklagten.

Die Einziehung des Gesellschaftsanteils der Klägerin zu 1) durch Gesellschafterbeschluss vom 06. 07. 2012 ist wirksam.

a)

Eine Beschränkung der Berufung der Beklagten, die eine vollständige Überprüfung des Gesellschafterbeschlusses durch den Senat hinderte, ist nicht erkennbar. Die Beklagte begehrt die Abweisung beider Klaganträge und verteidigt den Ausschluss der Klägerin zu 1) in der Sache damit, dass diese ihr geschäftlich geschadet habe. Dass die Beklagte sich dabei mit der Regelung des § 5 Abs. 3 GmbHG nicht auseinandersetzt, schränkt ihre Rechtsverfolgung nicht ein.

b)

Die Einziehung erweist sich nicht deshalb als nichtig, weil die Gesellschafter der Beklagten versäumt haben, neue Anteile zu bilden.

Der Mangel, dass die Summe der Nennbeträge der Gesellschaftsanteile den Betrag des Stammkapitals nicht erreicht, kann durch Kapitalherabsetzung, Aufstockung der bisherigen oder Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile behoben werden.

Welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, wenn ein Einziehungsbeschluss gegen § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG verstößt, ist umstritten und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden. Nach überwiegender Auffassung wird die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses im Hinblick auf die Folgen für bereits gefasste Einziehungsbeschlüsse abgelehnt (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 27. 06. 2012 - 1 U 59/11, BeckRS 2013, 11725; OLG Saarbrücken: Urteil vom 01.12.2011 - 8 U 315/10-83, BeckRS 2011, 28439; Stehmann, GmbHR 2013, 574; Wanner-Laufer, NJW 2010, 1499 ff.; Braun, NJW 2010, 2700 f.; Haberstroh, NZG 2010 1094 ff.; Meyer, NZG 2009, 1201 ff.).

Demgegenüber haben das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 15. 11. 2011 - DnotI -Report 2012, 30 in einem obiter dictum), das Landgericht Essen (NZG 2010, 867 ff.) und das Landgericht Neubrandenburg (ZIP 2011, 1214) die Auffassung vertreten, dass angesichts der Regierungsbegründung ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses nach § 134 BGB nach sich ziehe.

Der Senat folgt den letztgenannten Stimmen nicht. Der Ausschluss der Klägerin zu 1) als Gesellschafterin ist nicht deshalb nichtig, weil die beschließenden Gesellschafter gegen § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG verstoßen haben.

Zwar hat die Regierung in ihrer Begründung der Änderung des § 5 Abs. 3 GmbHG zum Ausdruck gebracht, dass auch die Einziehung von Geschäftsanteilen nicht zum Auseinanderfallen der Nennbeträge der Geschäftsanteile und der Stammeinlage führen dürfen, wobei sie allerdings eine Regelung, wie dies erreicht werden soll (Aufstockung bestehender Anteile, Kapitalherabsetzung oder Neuschaffung eines entsprechenden Gesellschaftsanteils), gerade nicht getroffen hat (BT-Drucks. 16/6140). Eine Entscheidung hierüber bleibt auch nach der Begründung der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Ob sie diese mit dem Einziehungsbeschluss verbinden muss, um die Vorgabe des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG einzuhalten, lässt sich der Begründung nicht entnehmen.

Die Annahme, der Einziehungsbeschluss sei nichtig, obwohl die Gesellschafterversammlung unschwer die Divergenz beheben kann, erscheint unverhältnismäßig und weit über die gesetzgeberisch verfolgten Ordnungsziele hinausgehend.

Ein solches Verbot des späteren Auseinanderfallens von Stammkapital und Nennbeträgen der Geschäftsanteile hat in dem Wortlaut der Vorschrift des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr wurde bei der Neuregelung lediglich der Begriff der Stammeinlagen in § 5 Abs. 3 S. 3 GmbHG a. F. durch den des Nennbetrages der Geschäftsanteile ersetzt und blieb im Übrigen unverändert nach Wegfall des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. als neuer S. 2 bestehen. Eine Änderung der bisher bestehenden Auffassung, wonach ein späteres Auseinanderfallen der Summe der Geschäftsanteile und des Stammkapitals lediglich einen "Schönheitsfehler" darstellt (vgl. Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl. 2009, § 34 Rn. 72), lässt sich dem Wortlaut dieser Neufassung nicht entnehmen (vgl. auch OLG Saarbrücken und OLG Rostock, a.a.O.). Vielmehr unterlässt es die Regierungsbegründung klarzustellen, welche Rechtsfolge daraus zu ziehen ist, wenn eine entsprechende Regelung - Kapitalherabsetzung, Aufstockung der Nennbeträge der Geschäftsanteile, Bildung eines neuen Geschäftsanteils - bei Einziehung eines Geschäftsanteils unterbleibt.

Der Normanwender, dem die Gesetzesbegründung regelmäßig nicht zur Verfügung steht, kann allein aufgrund der Wortlautänderung in § 5 GmbHG nicht erkennen, dass die Norm nunmehr einen erweiterten Anwendungsbereich besitzen soll.

Die systematische Stellung des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG spricht dagegen, diese unter der Überschrift "Errichtung der Gesellschaft" enthaltene Regelung im Rahmen des§ 34 GmbHG anzuwenden.

c)

Der Einziehungsbeschluss ist rechtmäßig gemäß § 34 Abs.2 GmbHG, § 5 Gesellschaftsvertrag ergangen.

Der Beschluss ist wirksam zustande gekommen, er leidet insbesondere nicht an einem Abstimmungsmangel, § 47 GmbHG. Da die Einziehung auf einen im Verhalten der Klägerin zu 1) liegenden wichtigen Grund gestützt worden ist, war die Klägerin nicht stimmberechtigt.

Das Landgericht hat zu Unrecht das Vorliegen eines wichtigen Grundes für den Ausschluss der Klägerin zu 1) gemäß § 34 GmbHG, § 5 II lit. c des Gesellschaftsvertrages verkannt.

Der "wichtige Grund” für einen Gesellschafterausschluss kann auf zurückliegende Vorgänge gestützt werden. Die Fortsetzung der Gesellschaft ist aber nur dann unzumutbar, wenn für die Zukunft ein sinnvolles Zusammenwirken der Gesellschafter nicht zu erwarten ist. Diese Feststellung ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände zu treffen, die bei Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung vorliegen (BGH NJW 1998, 146 zur oHG).

Ein solch gravierender Grund liegt vor.

aa)

Die Klägerin zu 1), die über weltweite Produktions- und Vertriebsrechte für Merchandisingartikel von H. verfügt, hat die Beklagte gegründet, um diese Rechte in Europa zu nutzen. Dabei hat sie nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten (Klageerwiderung Seite 2, Bl. 30 GA) keine finanzielle Einlage erbracht. Mit dem Ziel, die Gesellschafterin A. zu einer erheblichen Einzahlung von 300.000,00 € zu bewegen, hat die Klägerin im August 2011 erklärt, sie bringe den grundlegenden Vertrag über die exklusiven Merchandising-Rechte für Europa in die Beklagte ein (Anl. B1). In dem nachfolgenden Nutzungsvertrag vom 01. 01. 2012 (K3) gestattet die Klägerin zu 1) der Beklagten, alle aus dem Merchandisingvertrag in Europa resultierenden Rechte und Pflichten für die Laufzeit des Vertrages unwiderruflich zu nutzen.

Dessen ungeachtet leugnet die Klägerin zu 1) im Rechtsstreit, dass der Beklagten ein exklusives Nutzungsrecht zustehe. Damit zerstört sie die wirtschaftliche Grundlage der Beklagten: Wenn diese die Produktion und den Vertrieb der Merchandising-Artikel für H. Europa nicht geschützt vor der Konkurrenz der Klägerin zu 1) betreiben darf, wird ihr das Geschäftsfeld, für das sie gegründet wurde, genommen. Denn die Geschäftsbeziehungen zu den Kunden kommen von der Klägerin zu 1).

bb)

Die Klägerin zu 1) hat in einer Weise gegen das Wettbewerbsverbot, das auch in § 17 GV ausdrücklich vereinbart ist, verstoßen, die den Ausschluss aus der Beklagten rechtfertigt.

Denn sie hat einer Vielzahl von Distributoren von H. in mehreren europäischen Ländern unentgeltlich Werbemittel (DecoKits) zur Europameisterschaft 2012 übersandt. Diese "Geschenke" hatten einen Wert (zumindest) im hohen fünfstelligen Eurobereich.

Die Einschätzung des Landgerichts, weil es sich um einen zusammenhängenden Sachverhalt handele und der Beklagten durch diese Maßnahme keine Geschäftschance entgangen sei, fehle es an einer hinreichend gewichtigen Konkurrenztätigkeit, erscheint verfehlt.

Der massive und kostspielige Auftritt der Klägerin zu 1) gegenüber den europäischen Distributoren ist dahin zu deuten, dass sie die Geschäfte wieder an sich ziehen und die Beklagte aus dem Markt verdrängen will. Im kaufmännischen Geschäft werden keine kostspieligen Geschenke ohne wirtschaftliche Gegenleistung gemacht. Die Klägerin brachte anlässlich der Europameisterschaft - einer Phase vermehrter Werbung - ihren Namen in Erinnerung, um sich für künftige Geschäfte zu empfehlen.

Ihren Mitgesellschaftern C. und A. ist dieses Wettbewerbsverhalten umso unzumutbarer, als die Klägerin keine geldlichen Mittel in die Beklagte eingebracht hat, sondern allein die Nutzungsmöglichkeiten aus dem Merchandisingvertrag für Europa.

Indem sie eine Vereitlung dieser Nutzungsmöglichkeiten vorbereitet, nachdem die Mitgesellschafter ihre Einlagen geleistet haben, verhält sie sich besonders treuwidrig.

cc)

Die Klägerin zu 1) kann sich nicht darauf stützen, der Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer C. sei im April 2012 mit einem unmittelbaren Versand der Werbegeschenke durch sie einverstanden gewesen.

Dieser Vortrag reicht bereits nicht aus, die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Form eines Beschlusses gemäß § 9 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages darzutun. Denn die im Namen der Klägerin erfolgte kostenlose Verschickung der Deko Kits an die europäischen Distributoren stellt sich als Maßnahme, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgeht, dar.

Aber selbst wenn man ein Einverständnis des Mitgeschäftsführers ausreichen lassen wollte, weil die Sache eilbedürftig war, kann der Senat nicht feststellen, dass C. mit einem Auftreten der Klägerin zu 1) gegenüber den Distributoren einverstanden gewesen wäre.

Zum einen sind die Kläger mit ihrer nachlässig erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgestellten Behauptung ausgeschlossen, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Die Beklagte hat zulässiger Weise ihr Vorbringen mit nachgelassenem Schriftsatz bestritten und Beweis dafür angeboten, dass der Kläger zu 2) Mitte April 2012 nicht in Deutschland gewesen und der Zeuge K. noch im Mai 2012 anderweitige Auskünfte gegeben habe.

Zum anderen vermag der Senat aufgrund der Bekundung des Zeugen K. auch nicht festzustellen, dass der Kläger zu 2) Herrn C. darüber ins Bild gesetzt hat, dass die Klägerin zu 1) den Versand der Werbeartikel im eigenen Namen - ohne Nennung der Beklagten als der für Europa zuständigen Unternehmung - vorhatte.

Der Senat hat bereits im Termin vom 19. Juli 2013 darauf hingewiesen, dass zwar möglicherweise eine unmittelbare Lieferung der Sachen in die einzelnen Länder gerechtfertigt sei, nicht aber die Tatsache, dass dies ohne Nennung der Beklagten erfolgt ist.

3. Abberufung des Klägers zu 2) als Geschäftsführer

Die Abberufung ist gemäß § 9 Abs. 3 und 4 des Gesellschaftsvertrages gerechtfertigt, weil der Kläger zu 2) seine Treuepflichten als Geschäftsführer der Beklagten dadurch massiv verletzt hat, dass er ihr als Organ der Klägerin zu 1) die dargestellte Konkurrenz machte.

Der Senat hat im Termin vom 19. Juli 2013 - ohne Widerspruch der Parteien - darauf hingewiesen, dass er davon ausgeht, dass sich der Kläger zu 2. auch gegen die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Beklagte wendet. Das landgerichtliche Urteil ist in diesem Punkt unklar: einerseits hat es im Tenor das Fortbestehen des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses festgestellt, andererseits befassen sich die Urteilsgründe allein mit der Abberufung des Klägers zu 2. und nicht mit dem Dienstvertrag. Dass die Klage - ungeachtet der Unklarheiten des Klageantrages zu diesem Punkt - auch das Fortbestehen des Dienstverhältnisses betrifft, lässt sich daraus herleiten, dass der Kläger zu 2. sich ersichtlich gegen sämtliche ihn betreffende Maßnahmen laut Gesellschafterbeschluss vom 06.07.2012 wenden wollte, zu denen laut von den Klägern mit der Klageschrift vorgelegten Niederschrift nicht nur die Abberufung (Nr. 2.), sondern auch die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages (Nr. 3) gehörten.

Insoweit war die Kündigung nach dem Vorstehenden jedoch nach § 626 BGB gerechtfertigt.

III.

Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien geben dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 21.250 € festgesetzt.

Dabei entfallen 16.250,00 € - der Nominalwert ihrer Einlage - auf den Klagantrag zu 1. und 5.000,00 € auf den Klagantrag zu 2.

Die Revision wird insoweit zugelassen, als dem Bundesgerichtshof Gelegenheit zu geben ist zu der Frage, ob der Verstoß gegen § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG den Einziehungsbeschluss nichtig macht (B/b des Urteils), Stellung zu nehmen.Im Übrigen besteht kein Anlass für eine Zulassung der Revision.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte