VG Oldenburg, Urteil vom 11.03.2015 - 1 A 156/15
Fundstelle
openJur 2015, 6743
  • Rkr:
Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Februar 2014 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger und gehört dem Clan der … an. Ebenfalls nach eigenen Angaben reiste er Anfang Oktober 2013 über das Mittelmeer nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Eine Entscheidung über den Asylantrag durch die italienischen Behörden sei ihm nicht bekannt.

Am 11. November 2013 reiste der Kläger von Italien aus in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 18. November 2013 (erneut) seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers erbrachte einen Treffer in der europäischen Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken (EURODAC-Treffer 1). Daraufhin richtete das beklagte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-Verordnung an Italien. Eine Antwort der italienischen Behörden innerhalb der insoweit maßgeblichen Frist ging beim Bundesamt nicht ein.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides) und ordnete zugleich die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2 des Bescheides).

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 14. Februar 2014 Klage erhoben und      - hinsichtlich der verfügten Abschiebungsanordnung - zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde durch Beschluss der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 16. Juni 2014 (Az. 12 B 1209/14) abgelehnt. Eine Überstellung des Klägers nach Italien ist in der Folgezeit nicht erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 hat das Bundesamt wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist ihren Bescheid vom 4. Februar 2014 hinsichtlich der Ziffer 2 (Abschiebungsanordnung) aufgehoben, es im Übrigen aber abgelehnt, den Bescheid aufzuheben.

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Zuständigkeit für die materielle Prüfung seines Asylbegehrens sei nach Ablauf der Überstellungsfrist auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Der angefochtene Bescheid vom 4. Februar 2014, der sich nur mit der Frage der Zulässigkeit des Antrages befasse, sei daher aufzuheben.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Februar 2014 hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziffer 1 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert: Ungeachtet dessen, dass die Zuständigkeit für die Behandlung des Asylantrages wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen sei, komme eine Aufhebung der Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides nicht in Betracht. Der Asylantrag des Klägers sei als Zweitantrag im Sinne des § 71 a AsylVfG einzuordnen, weil der Kläger zuvor in Italien einen Asylantrag gestellt hatte. Gründe, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens erfordern würden, seien nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden. Im Übrigen sei der Ausspruch zu Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides in die Ablehnung eines Zweitantrages umzudeuten. Beide Entscheidungen seien auf das gleiche Ziel gerichtet und hätten in gleicher Form erlassen werden können. Sowohl bei einer Ablehnung des Asylantrages aus Zuständigkeitsgründen, als auch bei der Ablehnung des Asylantrages wegen des Fehlens der Wiederaufgreifensvoraussetzungen sei das Ziel des Bescheides die Ablehnung einer materiellen Prüfung des Asylantrages. Eine Anhörung des Asylbewerbers nach den Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes komme erst dann in Betracht, wenn feststehe, dass ein Asylverfahren durchzuführen sei. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn der Zweitantrag zulässig und die Bundesrepublik Deutschland zuständig sei. Im vorliegenden Verfahren sei im Übrigen nicht ersichtlich, warum das Gericht nicht selbst über die Frage der Zulässigkeit eines Zweitantrages entscheiden könne. Insoweit sei das Gericht gehalten, die Sache spruchreif zu machen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Der Asylantrag sei zur Zeit seines Erlasses, aber auch gegenwärtig mangels Darlegung von Wiederaufgreifensgründen unzulässig. Ungeachtet dessen sei dem Kläger Gelegenheit gegeben worden, schriftlich Wiederaufgreifensgründe vorzutragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Das Verfahren war hinsichtlich der Entscheidung unter Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides (Abschiebungsanordnung nach Italien) einzustellen, weil die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben (§§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO, 161 Abs. 1 und 2 VwGO).

Die Klage hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes vom 4. Februar 2014, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig und begründet.

Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage ist statthaft. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass gegen Entscheidungen des Bundesamtes, die Durchführung eines Asylverfahrens nach Maßgabe von § 27 a AsylVfG abzulehnen, eine Anfechtungsklage statthaft ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 - juris; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A - juris; BayVGH, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 13 a ZB 14.50068 - juris).

Der Kläger ist bei der vorliegenden Fallkonstellation nicht verpflichtet, seinen Antrag auf eine Verpflichtungsklage umzustellen; vielmehr ist die Beschränkung auf eine Anfechtungsklage zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu dem Fall einer Einstellungsverfügung durch das Bundesamt nach den §§ 32, 33 AsylVfG entschieden, dass die Erhebung einer auf die bloße Aufhebung des Einstellungsbescheides gerichteten Klage zulässig ist mit der Folge, dass die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt vorbehalten bleibt (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 10 C 1.13 -, juris und Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, NVwZ 1996, S. 80). Das Bundesverwaltungsgericht weist insoweit darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zwar grundsätzlich gehalten ist, die Sache spruchreif zu machen, dies aber nicht ausnahmslos gelte. Vielmehr lasse sich der Regelung des § 113 Abs. 3 VwGO der Rechtsgedanke entnehmen, dass die Verwaltungsgerichte auch bei der Kontrolle eines rechtlich gebundenen Verwaltungsaktes nicht in jedem Fall selbst die Spruchreife herbeiführen müssten, sondern bei erheblichen Aufklärungsdefiziten zunächst der Behörde Gelegenheit geben können, eine den Streitstoff erschöpfende Sachentscheidung zu treffen. Die besondere – auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete  - Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz stehe im Falle einer unterbliebenen Sachentscheidung durch das Bundesamt der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, in Betracht komme. Darüber hinaus ginge dem Antragsteller eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien, wie einer persönlichen Anhörung und dem Amtsermittlungsgrundsatz ausgestaltet sei.

Diese Erwägungen lassen sich ohne weiteres auch auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen, weil die Zuständigkeitsprüfung nach der Dublin II- bzw. III-Verordnung der Prüfung des Asylantrages vorgelagert und von dem eigentlichen Verfahren zur inhaltlichen Prüfung des Asylbegehrens zu unterscheiden ist.

Dem Kläger ist auch die Klagebefugnis nicht abzusprechen, weil er geltend machen kann, in seinem subjektiven Recht auf ordnungsgemäße Durchführung eines Asylverfahrens gem. Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 der Dublin II- bzw. III-Verordnung verletzt zu sein.

Die danach zulässige Anfechtungsklage ist auch begründet. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist gem. § 77 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. AsylVfG der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. In diesem Zeitpunkt erweist sich der Bescheid des Bundesamtes vom 4. Februar 2014 als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Zwar verkennt das Gericht nicht, dass der angefochtene Bescheid des Bundesamtes zunächst rechtmäßig gewesen sein dürfte, weil bei seinem Erlass gemäß Art. 20 Abs. 1 c der Dublin II-VO die Zuständigkeit Italiens für die Behandlung des Asylantrages gegeben war. Der Bescheid ist jedoch objektiv rechtswidrig geworden, nachdem die Überstellungsfrist von 6 Monaten nach Art. 19 Abs. 3 der Dublin II-VO abgelaufen und die Zuständigkeit nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist. Von diesem Übergang der Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland geht im Übrigen auch das beklagte Bundesamt selbst aus.

Entgegen der Ansicht des Bundesamtes kann die ursprünglich getroffene Entscheidung, mit der die Unzulässigkeit des Asylantrages wegen der Unzuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens festgestellt wurde, auch nicht in eine rechtmäßige Ablehnung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG umgedeutet werden.

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenen Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und –form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes dürfen zwischen der umgedeuteten und der durch die Umdeutung erzeugten Regelung keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede bestehen, d. h. der neue Verwaltungsakt muss die gleiche materiell-rechtliche Tragweite besitzen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1975 – IV C 30.73 – juris, Rdnr. 27 m.w.N.).

Danach kommt hier eine Umdeutung nicht in Frage, weil zum einen für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates im Rahmen des Dublin-Verfahrens, die der Entscheidung des Bundesamtes in Ziffer 1 des Bescheides vom 4. Februar 2014 zugrunde lag, andere Verfahrensbestimmungen gelten als für die Prüfung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG, in den die ursprüngliche Entscheidung umgedeutet werden soll und zum anderen die Ablehnung der Prüfung eines Zweitantrages eine weitergehende rechtliche Tragweite entfaltet, als die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene reine Zuständigkeitsentscheidung.

Zunächst scheitert somit eine Umdeutung des Bescheides an den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen. Für den durch die Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen nämlich keine Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten worden sind. Die Verfahrensbestimmungen für die Ablehnung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Kläger wurde zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrages (materielle Fluchtgründe) und zu den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht persönlich angehört, wie dies nach § 71 a Abs. 2 S. 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 1 S. 3 AsylVfG vorgeschrieben ist. Zwar kann nach § 71 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG von der Anhörung abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. Eine Anhörung ist in Fällen der vorliegenden Art jedoch notwendig, weil die Beklagte mangels weiterer Angaben noch nicht einmal entscheiden kann, ob Wiederaufnahmegründe vorliegen, wenn – wie hier - nicht bekannt ist, welche Gründe der Kläger in seinem Erstverfahren in Italien vorgebracht hat. Der Kläger wurde bislang weder nach § 25 AsylVfG angehört, noch wurden konkrete Feststellungen zum Vorbringen und zum Abschluss des Asylverfahrens in Italien getroffen. Mangels asylbezogener Anhörung im Bundesgebiet ist ein ermessensfehlerfreies Absehen von einer Anhörung nach § 71 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG praktisch kaum vorstellbar. Darüber hinaus dürfte eine tragfähige Beurteilung möglicher Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ohne Kenntnis über den Verfahrensabschluss schwerlich möglich sein. Den Abschluss des in Italien begonnenen Verfahrens hat das Bundesamt bislang lediglich angenommen. Ein dahingehender Nachweis fehlt jedoch. Damit ist auch ungeklärt, ob überhaupt ein Zweitantrag im Sinne von § 71 a AsylVfG vorliegt oder ein in Italien begonnenes Asyl(erst)verfahren, welches in der Bundesrepublik Deutschland fortzuführen sein könnte.

Die Entscheidung nach § 71 a Abs. 1 AsylVfG weist zudem eine weitergehende Tragweite auf als die Entscheidung nach § 27 a AsylVfG, auch wenn beide Entscheidung in ihrem Tenor die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig beinhalten können. Deshalb scheitert die von der Beklagten vorgenommene Umdeutung der Ziffer 1 des Bescheides auch an der fehlenden Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses. Denn die Frage nach dem für die Prüfung des Asylverfahrensgesetzes zuständigen Mitgliedsstaates ist der Prüfung des Asylantrages vorgelagert und betrifft nicht das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ein abgeschlossenes (Asyl)Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen ist. Zuständigkeitsprüfung und inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens sind unterschiedliche, voneinander getrennte Verfahren (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 6. November 2014 – 13 LA 66/14 -, juris). Die Entscheidung im Dublin-Verfahren erschöpft sich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für die Entscheidung nach § 27 a AsylVfG kommt es demnach allein darauf an, ob die Beklagte nach den Vorschriften der Dublin-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder nicht. Demgegenüber hat die Ablehnung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG eine entscheidend andere Rechtswirkung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Falle der Ablehnung eines Zweitantrages keine Abschiebungsanordnung in den zuständigen EU-Mitgliedsstaat, sondern regelmäßig eine Abschiebungsandrohung in den jeweiligen Herkunftsstaat gem. § 36 AsylVfG ergeht. Die Beklagte müsste somit im Rahmen des Zweitantrages, für den sie i.S. des § 71 a AsylVfG zuständig ist, nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gem. § 71 a Abs. 2 S. 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen.

Der danach objektiv rechtswidrige Verwaltungsakt verletzt den Kläger auch in seinen Rechten. Zwar begründet der Ablauf der Überstellungsfrist für sich betrachtet grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Insoweit handelt es sich vielmehr um objektives Recht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2014, a.a.O.). Denn der Unionsgesetzgeber hat die Fristenregelungen der Dublin II bzw. –III-VO erlassen, um im Interesse der Verfahrensbeschleunigung die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrages zuständigen Staates zu erhöhen. Einer der Hauptzwecke des Dublin II- bzw. III-VO besteht somit in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmungen des für die Prüfung zuständigen Mitgliedsstaates, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und gleichzeitig das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 -, juris). Vor diesem Hintergrund wollte der Unionsgesetzgeber einem Asylbewerber nach der Dublin II bzw. III-VO nicht die weitergehende Rechtsposition vermitteln, seinen Asylantrag in einem ganz bestimmten Mitgliedsstaat, in der er einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat, prüfen zu lassen.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn durch den Übergang der Zuständigkeit auf den prüfenden bzw. ersuchenden Mitgliedsstaat infolge Ablaufs der Überstellungsfrist und nunmehr fehlender Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedsstaates die Gefahr besteht, dass der Asylantrag des Asylbewerbers in keinem Staat inhaltlich geprüft wird. Durch den Übergang der Zuständigkeit infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist ohne fortbestehende Übernahmebereitschaft des zunächst zuständigen Mitgliedsstaates ist die Rechtstellung des Asylbewerbers insoweit betroffen als mit dem Zuständigkeitsübergang das Rechtsregime der Dublin II bzw. III-VO endet und ihm mit dem Übergang ins nationale Verfahren eine Behandlung seines Asylantrages nach dem Asylverfahrensgesetz zusteht. Die Beklagte verweigert jedoch eine ordnungsgemäße Behandlung des Asylantrages des Klägers, indem sie den ursprünglichen Bescheid mit dem Ausspruch der Unzulässigkeit des Asylantrages wegen fehlender Zuständigkeit der Bundesrepublik in rechtswidriger Weise in eine Entscheidung über einen Zweitantrag umdeuten will. Der Kläger ist somit in seinem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens gem. Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 der Dublin II bzw. III-VO verletzt (ebenso VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Januar 2015 – 11 B 454/15 -, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 16. Februar 2015 – 5 A 248/14 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 30. Januar 2015 – 2 a K 3534/14 A.- juris; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015 – W 3 K. 14.30092 – juris und VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 – AN 14 K 14.50166 – juris).

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes war somit mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils der Klage beruht auf § 161 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.