VG Karlsruhe, Urteil vom 19.02.2015 - 9 K 842/14
Fundstelle
openJur 2015, 6717
  • Rkr:

1. Die systematische Abfrage eines (Teil-)Verzichts auf Reisekosten, um eine außerunterrichtliche Veranstaltung zu ermöglichen, ist geeignet, bei einem Lehrer einen erheblichen Interessen- und Loyalitätskonflikt auszulösen, und stellt damit eine qualifizierte Verletzung der Fürsorgepflicht dar.

2. Dem Dienstherrn ist es daher nach den Grundsätzen der unzulässigen Rechtsausübung verwehrt, sich auf den (Teil-)Verzicht auf Reisekosten zu berufen.

Tenor

1.Der Beklagte wird verpflichtet, auf den Antrag des Klägers vom 12. November 2013 ihm weitere Reisekosten in Höhe von 109,54 Euro zu gewähren. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2014 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.2.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.3.Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der im Dienstverhältnis eines beamteten Lehrers zum Beklagten steht, begehrt die Erstattung von Reisekosten.

Mit einem Antrag auf Genehmigung einer Dienstreise – außerunterrichtliche Veranstaltung – vom 13. Mai 2013 beantragte der Kläger die Genehmigung einer Abschlussfahrt nach Berlin in der Zeit vom 3. bis 7. Juni 2013. Unter Nummer 5, „Erklärungen“, heißt es in dem Antragsformular:

„Mir ist bekannt, dass ich einen Anspruch auf Reisekostenvergütung habe, auf den ich aber ganz oder teilweise verzichten kann. Außerdem ist mir bekannt, dass ein solcher Verzicht von mir nicht erwartet wird, eine Verzichts- oder Teilverzichtserklärung aber bei bereits verbrauchten Reisekostenmitteln die Veranstaltung ermöglichen kann, auch in diesen Fällen Anspruch auf beamtenrechtliche Unfallfürsorge beziehungsweise Unfallversicherungsschutz besteht.In Kenntnis dieser Sachlage erkläre ich: Verantwortliche/r Lehrer/in[  ] Ich werde die volle Reisekostenvergütung beantragen.[x] Ich verzichte auf den 88,00 € übersteigenden Betrag.[  ] Ich verzichte auf Reisekostenvergütung.“

Hinsichtlich des Verzichtsbetrags ließ der Kläger die Lücke zum Eintrag des maßgeblichen Betrags zunächst leer. Sie wurde erst im Nachgang durch die Schulleiterin mit dem Betrag von 88 Euro ausgefüllt.

Am 17. Mai 2013 wurde die Dienstreise als notwendig wie beantragt von der Schulleitung genehmigt.

Mit Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 wurde auf den Antrag des Klägers vom 1. Juli 2013 seine Reisekostenvergütung von an sich 197,54 Euro auf Grundlage des Teilverzichts auf 88 Euro festgesetzt. Dieser Bescheid wurde dem Kläger über das Kundenportal des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg bekannt gegeben, ohne dass aus den Akten das Datum der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2013, beim Staatlichen Schulamt Mannheim am 19. Dezember 2013 und am 3. Januar 2014 beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg eingegangen, erhob der Kläger gegen die Reisekostenabrechnung Widerspruch.

Zur Begründung führte er aus, er beantrage die vollen Reisekosten trotz der abgegebenen Verzichtserklärung unter Verweis auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. August 2007 – 14 B 04.3576 –, nach dem trotz Verzichtserklärung Reisekosten erstattet werden müssten.

Mit Widerspruchsbescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 20. Februar 2014, dem Kläger am 22. Februar 2014 übergeben, wies es den Widerspruch zurück.

Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe auf seinen Rechtsanspruch auf Reisekostenvergütung verzichtet. Er sei im Rahmen seines Antrags auf Genehmigung der außerunterrichtlichen Veranstaltung unter Nummer 5 des Antragsformulars ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass von ihm kein Verzicht erwartet werde, aber gegebenenfalls nur dadurch die geplante Veranstaltung ermöglicht werden könne. Nur unter der Voraussetzung der vom Kläger freiwillig gemachten Erklärung sei die genannte Veranstaltung überhaupt genehmigt worden. Da die Genehmigung einer Dienstreise Voraussetzung für die Gewährung von Reisekostenvergütung gemäß § 2 Abs. 2 LRKG sei, müsse die Abrechnung von Seiten des Landesamts immer entsprechend den darin gemachten Erklärungen erfolgen. Das bedeute, dass es als Abrechnungsstelle nicht von dem in der Genehmigung erklärten Teilverzicht abweichen und dem Kläger nachträglich die volle Reisekostenvergütung erstatten könne. Zudem hätten Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis in Baden-Württemberg.

Der Kläger hat am 20.03.2014 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Er beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, auf seinen Antrag vom 12. November 2013 ihm weitere Reisekosten in Höhe von 109,54 Euro zu gewähren und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2014 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogene Akte (1 Band) verwiesen.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.).

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 erhoben.

Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gewahrt.

Der Bescheid vom 15. November 2013 wurde dem Kläger über das Kundenportal des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg bekanntgegeben. In seiner Rechtsbehelfsbelehrung heißt es hierzu, dass die Widerspruchsfrist mit dem Ablauf des dritten Tages beginnt, nachdem der Bescheid im Kundeportal eingestellt wurde. Dieser Tag ist jedoch in den Akten nicht vermerkt. Da aber das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 7. Dezember 2013 datiert, ist davon auszugehen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt dem Kläger der angefochtene Bescheid bekanntgegeben wurde (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 LVwVfG). Das beweispflichtige Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 LVwVfG) hat zum Zeitpunkt des Zugangs insoweit nichts anderes dargelegt oder nachgewiesen. Indem der Widerspruch vom Staatlichen Schulamt Mannheim dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg zugeleitet wurde und dort am 3. Januar 2014 einging, wurde die am 7. Januar 2014 endende Widerspruchsfrist gewahrt.

2. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf weitere Reisekosten in Höhe von 109,54 Euro zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Dem Grunde nach ergibt sich der Anspruch aus § 3 Abs. 1 Landesreisekostengesetz (LRKG). Danach hat der Dienstreisende Anspruch auf Reisekostenvergütung zur Abgeltung der dienstlich veranlassten Mehraufwendungen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

aa) Der Kläger ist Dienstreisender.

Nach § 2 Abs. 1 LRKG sind Dienstreisende im Sinne dieses Gesetzes die in § 1 Abs. 1 LRKG genannten Personen, die eine Dienstreise oder einen Dienstgang ausführen. Der Kläger ist in seiner Eigenschaft als beamteter Lehrer eine in § 1 Abs. 1 LRKG genannte Person. Die Abschlussfahrt nach Berlin war auch eine Dienstreise. Dienstreisen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LRKG Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb des Dienstortes, die von dem zuständigen Vorgesetzten – wie hier – schriftlich genehmigt worden sind.

bb) Der Kläger hat mit seinem am 12. November 2013 eingegangenen Antrag vom 1. Juli 2013 auch die maßgebliche sechsmonatige Frist zur Geltendmachung der Reisekosten gewahrt (vgl. § 3 Abs. 5 Satz 1 LRKG).

cc) Der vom Kläger im Antrag auf Genehmigung einer Dienstreise – Außerunterrichtliche Veranstaltung – erklärte Teilverzicht auf Reisekosten steht dem Anspruch auf weitere Reisekosten nicht entgegen. Auf ihn kann sich das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg nicht berufen.

?) Die Möglichkeit, dass der Dienstreisende auf die Erstattung seiner Reisekosten ganz oder teilweise verzichtet, sieht das Gesetz lediglich in § 3 Abs. 4 LRKG für eine auf Verlangen der zuständigen Behörde wahrgenommene Nebentätigkeit vor. Nach dieser Vorschrift hat der Dienstreisende bei Dienstreisen und Dienstgängen für eine auf Verlangen der zuständigen Behörde wahrgenommene Nebentätigkeit nach diesem Gesetz nur soweit Anspruch auf Reisekostenvergütung, wie nicht die Stelle, bei der die Nebentätigkeit ausgeübt wird, Auslagenerstattung für dieselbe Dienstreise oder denselben Dienstgang zu gewähren hat; das gilt auch dann, wenn der Dienstreisende auf seinen Anspruch gegen die Stelle verzichtet hat. Eine entsprechende gesetzliche Regelung für das Hauptamt betreffende Dienstreisen fehlt dagegen.

Im LRKG fehlt darüber hinaus eine Bestimmung wie beispielsweise in § 3 Abs. 8 Satz 3 des Gesetzes über die Reisekostenvergütung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter Nordrhein-Westfalen, nach der Dienstreisende vor Antritt einer Dienstreise oder eines Dienstganges schriftlich erklären können, dass sie keinen Reisekostenerstattungsantrag stellen.

?) Die Frage, ob bereits das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage der Annahme der Wirksamkeit eines Verzichts auf Reisekostenvergütung entgegensteht, muss an dieser Stelle nicht vertieft werden. Denn jedenfalls steht der Berufung des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg auf den vom Kläger abgegebenen Verzicht der Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.

Eine solche liegt vor, wenn die Berufung eines Beteiligten auf eine bestimmte Rechtsposition bzw. Rechtseinwendung nach den geltenden Bestimmungen zwar an sich (formalrechtlich) eröffnet ist, aber nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalles als Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) erscheint und aus diesem Grunde (in dem betreffenden Fall) unzulässig ist. Diese aus dem Grundsatz von Treu und Glauben als allgemeinem Rechtsprinzip abzuleitende, allen Rechten immanente und deshalb auch im öffentlichen Recht entsprechend anwendbare Inhalts- bzw. Ausübungsbegrenzung greift unter anderem dann ein, wenn dem Berechtigten seinerseits eine grobe bzw. schwerwiegende Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. November 2012 – 1 A 1579/10 –, DÖD 2013, 70).

Für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung muss ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn vorliegen, das zwar nicht schuldhaft zu sein braucht, das aber nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalles den Einwand, der Beamte habe auf einen Anspruch verzichtet, als gegen Treu und Glauben verstoßend und damit als unzulässig erscheinen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 – 2 C 32.81 –, BVerwGE 66, 256, und vom 15. Juni 2006 – 2 C 15.05 –, IÖD 2007, 7; Bay. VGH, Urteil vom 2. August 2007 – 14 B 04.3576 –, RiA 2007, 285). Dies ist vorliegend der Fall.

Das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten stellt sich als beamtenrechtliches Dienst- und Treueverhältnis dar. Ausfluss dieses Verhältnisses ist die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als eine durch Art. 33 Abs. 4 GG vorgegebene Hauptpflicht. Ein Aspekt dieser Fürsorgepflicht ist die Verpflichtung des Dienstherrn, den Beamten in bestimmten Grenzen von finanziellen Belastungen freizustellen, die auf einer dem Bereich des Dienstherrn zuzurechnenden Maßnahme beruhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1983 – 6 C 62.79 –, juris), und – konkret mit Blick auf Dienstreisen – seinen Bediensteten notwendige dienstlich veranlasste Reisekosten abzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1982 – 6 C 194.80 –, BVerwGE 65, 14, und vom 10. November 1992 – 10 C 2.91 –, BVerwGE 91, 160).

Diese Fürsorgepflicht wird in qualifizierter Weise verletzt, wenn – wie hier – im Antragsformular für die Genehmigung von Dienstreisen für außerschulische Veranstaltungen bei den Lehrkräften systematisch ein (Teil-)Verzicht auf Reisekosten abgefragt wird.

Die qualifizierte Fürsorgepflichtverletzung ergibt sich unter dem Aspekt des schwerwiegenden Interessen- und Loyalitätskonflikts. Der Auftrag der Schule bestimmt sich nach § 1 Abs. 1 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg aus der durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Baden-Württemberg gesetzten Ordnung, insbesondere daraus, dass jeder junge Mensch ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung hat und dass er zur Wahrnehmung von Verantwortung, Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft sowie in der ihn umgebenden Gemeinschaft vorbereitet werden muss.

In der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport vom 6. Oktober 2002 (vgl. K. u. U. 2002, S. 324) heißt es zu außerunterrichtlichen Veranstaltungen der Schulen:

„Bei der Erfüllung der erzieherischen Aufgaben der Schule kommt außerunterrichtlichen Veranstaltungen besondere Bedeutung zu. Sie dienen der Vertiefung, Erweiterung und Ergänzung des Unterrichts und tragen zur Entfaltung und Stärkung der Gesamtpersönlichkeit des einzelnen Schülers bei.

Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltungen eröffnen vielfältige Möglichkeiten einer vertieften Begegnung von Lehrern und Schülern innerhalb einer Gemeinschaft. Für den Lehrer bietet sich dabei die Chance, sich dem einzelnen Schüler noch stärker persönlich zuwenden zu können. Gleichzeitig kann er die Schüler nach ihren besonderen Interessen und Fähigkeiten an der Gestaltung wesentlich mitarbeiten lassen. Auf diesem Wege vermag der Lehrer die Beziehung zu seinen Schülern enger zu gestalten, die für erfolgreiche pädagogische Arbeit wichtige Vertrauensbasis zu festigen und zu verbessern und darüber hinaus das Selbstverständnis der Schüler sowie ihr Selbstvertrauen zu fördern.

Die Schüler haben bei der Planung und Durchführung solcher Veranstaltungen Gelegenheit, ihre unterschiedlichen Interessen einzubringen, ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entfalten und dabei Anerkennung und Ansporn für weiteren persönlichen Einsatz zu finden, Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu entwickeln und ihre Bereitschaft zum mitverantwortlichen Handeln in einer Gemeinschaft zu stärken. Die außerunterrichtlichen Veranstaltungen leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Entfaltung der gesamten Persönlichkeit des Schülers.“

In Umsetzung dieser Vorgaben wird demnach von den Lehrkräften einer Schule ein entsprechend abwechslungsreich gestalteter Unterricht erwartet, wozu auch die Unternehmung von reisekostenrelevanten Ausflügen mit den Schülern gehört. In diesem Fall sieht sich ein Lehrer auf der Grundlage der in dem Antragsformular angelegten Verwaltungspraxis aber mit der Frage konfrontiert, ob er bereit ist, auf die Erstattung von Reisekosten ganz oder zum Teil zu verzichten, wenn ausreichende finanzielle Mittel zum Ersatz dieser Kosten nicht mehr zur Verfügung stehen und nur durch den (Teil-)Verzicht die außerschulische Veranstaltung ermöglicht werden kann. Zwar können sich die Lehrkräfte dazu entscheiden, keine Reisekosten auslösenden außerschulischen Veranstaltungen durchzuführen, um zu verhindern, die Kosten ganz oder teilweise selbst tragen zu müssen. Diese Entscheidung dürfte aber regelmäßig die Missbilligung der Schüler und deren Eltern nach sich ziehen, insbesondere wenn andere Schulklassen Ausflüge und Reisen unternehmen, weil die Lehrer dieser Klassen zu einem (Teil-)Verzicht bereit sind.

Mit Blick hierauf erscheint es auch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass ein Lehrer, der nicht zu einem Verzicht auf die Erstattung der Reisekosten bereit ist und daher keine reisekostenrelevanten Veranstaltungen mit seinen Schülern durchführt, negative Konsequenzen im Rahmen der dienstlichen Beurteilung erfährt.

Dieser Interessen- und Loyalitätskonflikt kann eine Verschärfung noch dadurch erfahren, dass das Verhalten der Lehrkraft Probleme innerhalb des Kollegenkreises auslöst. Entscheidet sich ein Lehrer, entgegen der im Antragsformular vorgesehenen (Teil-)Verzichtsmöglichkeit, die Erstattung der vollen Reisekosten zu verlangen, sind außerschulische Veranstaltungen anderer Lehrer mangels hinreichender finanzieller Mittel in Gefahr. Es liegt auf der Hand, dass dies zum Vorwurf unkollegialen Verhaltens führen kann.

Den Lehrkräften wird es damit im Ergebnis zugemutet, durch einen (Teil-)Verzicht außerschulische Veranstaltungen aller Lehrkräfte zu ermöglichen, obwohl es Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers ist, für eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Schulen zu sorgen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger im vorliegenden Fall zunächst den Teilverzicht lediglich dem Grunde nach abgegeben hatte, um dessen Höhe in das Ermessen der Schulleitung zu stellen.

All dem steht nicht entgegen, dass das Formular für den Antrag auf Genehmigung einer Dienstreise – außerunterrichtliche Veranstaltung – deutlich auf den fakultativen Charakter einer (Teil-)Verzichtserklärung hinweist. Insoweit mag sich der vorliegende von den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. Urteil vom 2. August 2007 – 14 B 04.3576 –, RiA 2007, 285) und dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. Urteil vom 14. November 2012 – 1 A 1579/10 –, DÖD 2013, 70) entschiedenen Fällen unterscheiden. Dennoch ist die vorformulierte Verzichtserklärung auch in ihrer gewählten „weichen“ Formulierungsform geeignet, den bei einem Lehrer beschriebenen Interessen- und Loyalitätskonflikt auszulösen.

b) Der Anspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Als erstattungsfähigen Betrag hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg ausweislich seiner tabellarischen Übersicht (vgl. Bl. 15 d. A.) 197,54 Euro errechnet, jedoch mit Blick auf den Teilverzicht lediglich 88 Euro ausbezahlt. In Höhe der Differenz – 109,54 Euro – stehen dem Kläger weitere Reisekosten zu. Gegen die Höhe der Rechnungspositionen haben die Beteiligten im Einzelnen nichts erinnert.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wird gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO abgesehen.

III. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 109,54 Euro festgesetzt.

Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.