KG, Urteil vom 11.02.2014 - 6 U 64/12
Fundstelle
openJur 2015, 5997
  • Rkr:

1. Die Rspr. des BGH zum vorläufigen Deckungsschutz in der Kaskoversicherung bei Aushändigung einer sogen. Versicherungsdoppelkarte (VersR 1999, 1274 Rz. 7 f.), wonach sich dieser ohne einen ausdrücklichen und eindeutigen Hinweis auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflichtversicherung auch auf die Kaskoversicherung erstreckt, wenn eine solche gewünscht war, gilt auch nach Einführung der elektronischen Versicherungsbestätigung -eVB- . Denn der Ersatz der Doppelkarte durch die eVB ist allein der Tatsache geschuldet, dass auch die Kfz-Zulassungsstellen mittlerweile elektronisch arbeiten.

2. Dies gilt auch dann, wenn der VN die eVB von einem Versicherungsmakler erhält, weil der Versicherungsvertrag bereits mit der eVB zustande kommt und der Makler insoweit also im Aufgabenkreis des VR tätig geworden und aus der Sicht des VN berechtigt ist, den VR durch deren Weitergabe rechtlich wirksam im Rahmen eines vorläufigen Deckungsvertrages zu verpflichten.

3. Dies gilt aber nicht, wenn der Versicherungsmakler vom VN schon damit betraut ist, den passenden Versicherungsschutz auszuwählen und den Versicherungsvertrag abzuschließen, weil er dann auch bei der Erteilung der eVB als Vertreter des VN gegenüber dem VN aufgetreten ist.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 44 des Landgerichts Berlin vom 12. März 2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, wobei der Streithelfer die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen hat.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus einem behaupteten Versicherungsvertrag mit dem Inhalt einer vorläufigen Deckung in der Kaskoversicherung die Zahlung der vereinbarten Versicherungsleistung an die Leasinggeberin wegen eines streitigen Diebstahls des von ihr geleasten Fahrzeugs.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob eine vorläufige Deckungszusage für die Kaskoversicherung von der Beklagten beziehungsweise vom Streithelfer der Klägerin in einer der Beklagten zurechenbaren Weise erteilt wurde.

Die Klägerin war Leasingnehmerin des Pkw Porsche Cayenne GTS mit dem amtlichen Kennzeichen ... . Sie erhielt das Fahrzeug am 19. November 2009.

Bereits am 5. November 2009 hatte der Streithelfer, der als Versicherungsmakler bei der Firma ... Dienstleistungsagentur & ... Finanz- und Versicherungsmakler tätig ist (Bl. I/3 d. A.), mit einer Software der Beklagten, die er genutzt hat, eine elektronische Versicherungsbestätigung mit der Nummer V... bei dieser abgerufen. Mit dem eingegebenen Datensatz, der am 5. November 2009 bei der Zulassungsstelle eingegangen ist (K 3 = Bl. I/ 30 d. A.), ist das Fahrzeug zum Straßenverkehr zugelassen worden. Das Bestehen einer vorläufigen Deckungszusage ab diesem Zeitpunkt für die Kfz- Haftpflichtversicherung ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht - entgegen ihrem vorherigen Vortrag (Bl. I/3, 72 d. A.) - angegeben, dass die Gespräche über die Versicherung des Fahrzeuges von ihrem Ehemann mit dem Streithelfer geführt worden sein sollen (Bl. I/162 d. A.).

Der Streithelfer war zum damaligen Zeitpunkt dazu grundsätzlich befugt, auch für den Kaskobereich elektronisch mit der Software der Beklagten eine vorläufige Deckungszusage abzurufen (Bl. II/8 d. A.). Er hat am 5. November 2009 weder einen schriftlichen Antrag des Ehemannes der Klägerin auf Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung noch einen Antrag auf Abschluss einer Vollkaskoversicherung aufgenommen.

Die Beklagte teilte der Klägerin am 3. Februar 2010 (K 4 = Bl. 31 d. A.) mit, dass zwar bei der Beklagten die Durchschrift der Versicherungsbestätigungskarte für das Fahrzeug ... vorliege, dass sie aber den erforderlichen Antrag der Klägerin auf Abschluss einer Kraftfahrtversicherung bis heute nicht erhalten habe.

Der Streithelfer vervollständigte die Angaben in der Softwaremaske des Programms und übermittelte den Antrag an die Beklagte.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2010 (K 5 = Bl. I/32 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Versicherungsschutz zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung übernehme, den Vertrag über die beantragte Vollkaskoversicherung aber nicht abschließe.

Die Parteien streiten darüber, wann und auf welchem Weg das Schreiben der Klägerin zugegangen ist. Kernpunkt des Streites ist jedoch, ob der Streithelfer bei der Beklagten auf elektronischem Weg auch eine vorläufige Deckung für die Vollkaskoversicherung beantragt hat und ob und wenn ja, welche Rückmeldung er erhalten hat.

Die Parteien streiten weiterhin darüber, ob das Verhalten des Streithelfers der Klägerin oder der Beklagten gegebenenfalls zuzurechnen ist.

Die Klägerin zeigte am 11. Februar 2010 gegen 19.00 Uhr bei der Polizei den Diebstahl ihres Fahrzeuges an (BA/3). Als Tatort gab sie Adresse ... straße ... und als Tatzeitraum die Zeitspanne von 8.00 bis 17.00 Uhr an.

Die Leasinggeberin kündigte in der Folgezeit den Leasingvertrag mit Schreiben vom 15. Februar 2010 (Bl. I/40 d. A. = K 9) und machte mit Schreiben vom 12. Juli 2010 einen Betrag von 95.483,70 EUR brutto als Forderung geltend (K 11 = Bl. I/42 d. A.).

Mit Schreiben vom 18. Februar 2010 meldete sich die Leasinggeberin bei der Beklagten und verlangte unter Hinweis auf einen ausgestellten Sicherungsschein die Zahlung der Entschädigungsleistung aus der Kaskoversicherung an sich (Bl. I/37 d. A.).

Die Beklagte erbrachte keine Leistung.

Zu den Einzelheiten des Sachverhalts im ersten Rechtszug sowie zum Inhalt des streitigen Vorbringens und der vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteils das klageabweisende Versäumnisurteil vom 4. Juli 2011 aufrechterhalten. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, der Vortrag der Klägerin sei nicht ausreichend, um das Zustandekommen einer Vereinbarung über eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung schlüssig darzulegen. Zu den Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Der Streithelfer ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten und greift mit der von ihm eingelegten Berufung das Urteil mit dem Ziel an, dem Klagebegehren zum Erfolg zu verhelfen. Er macht zusammengefasst geltend, der Vortrag zur Beantragung der vorläufigen Deckung durch ihn auch für die Kaskoversicherung auf elektronischem Weg sei schlüssig. Das Landgericht hätte Beweis erheben müssen. Die Klägerin habe im Schriftsatz vom 17. Mai 2001 die Zusammenhänge bei der Beantragung der vorläufigen Deckung im Einzelnen erläutert und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis angetreten (Bl. I/204 d. A.). Sie habe auch die Verfahrensweise im elektronischen Verkehr bei der Anwendung der Software der Beklagten erläutert und für die einzelnen Behauptungen Beweis angetreten (Bl. I/205, 206 d. A.).

Der Streithelfer trägt ergänzend vor, dass der Satzteil im Screenshot K 2 „nur in Verbindung mit vollständiger Tarifierung“ keine Einschränkung der vorläufigen Deckungszusage enthalte. Entscheidend sei, dass das Feld „Fahrzeug-Vollkaskoversicherung“ mit einem Haken versehen gewesen sei (Bl. I/203 d. A.).

Der Streithelfer und die Klägerin beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Porsche Financial Services GmbH, Porschestraße 1, 74321 Bietigheim/Bissingen zum dortigen Aktenzeichen ... 100 EUR 95.440,65 zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2010 zu zahlen,

2. an die Rechtsanwälte ... EUR 2.118,44 zu zahlen, hilfsweise sie von den Gebühren der Rechtsanwälte für ihre außergerichtliche Tätigkeit in der vorgenannten Höhe freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hält an ihrem bisherigen Vorbringen fest. Sie bestreitet, dass die Inhalte des Leasingvertrages überhaupt bei Beantragung der vorläufigen Deckung zur Kenntnis genommen wurden oder sonst wie im Zusammenhang mit einem vermeintlichen Versicherungsvertrag mit der Beklagten eine Rolle gespielt haben (Bl. II/7, 8 d. A.).

Zu den Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 22. Oktober 2013 rechtliche Hinweise erteilt. Auf den Inhalt der Verfügung wird verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben über den Inhalt des Gesprächs zum beabsichtigten Abschluss eines Kraftversicherungsvertrages für den streitgegenständlichen Pkw im Zeitraum bis zum 6. November 2009 sowie zur behaupteten Beantragung der vorläufigen Deckung im Vollkaskobereich durch Vernehmung des Streithelfers als Zeugen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Januar 2014 verwiesen.

Die Klägerin und der Streithelfer haben Gelegenheit erhalten, zum Ergebnis der Beweisaufnahme schriftsätzlich Stellung zu nehmen. Auf die eingereichten Schriftsätze wird verwiesen.

II. Die Berufung ist zulässig. Die vom Streithelfer eingelegte und zunächst auch allein geführte Berufung wirkt für die Klägerin und bringt diese in die Stellung der Rechtmittelklägerin (vgl. Zöller - Heßler, ZPO, 30. Aufl., vor § 511 Rdnr. 24 m. w. Nachw.). Der Beitritt des Streitverkündeten zum Zwecke der Rechtsmitteleinlegung ist zulässig. Die Berufung bleibt aber im Ergebnis ohne Erfolg.

Der Klägerin steht kein vertraglicher Anspruch auf die begehrte Versicherungsleistung wegen der behaupteten Entwendung des von ihr genutzten Fahrzeuges zu. Ihr gelingt der Nachweis nicht, dass ein entsprechender Versicherungsvertrag über eine vorläufige Deckung gemäß § 49 VVG in der Vollkaskoversicherung mit der Beklagten zustande gekommen ist. Ob der Versicherungsfall durch einen Diebstahl des Fahrzeugs eingetreten ist, kann deshalb ungeklärt bleiben.

1) Ein Vertrag über eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung kommt in der Regel auf ein entsprechendes Angebot des zukünftigen Versicherungsnehmers zustande, der sein Fahrzeug zulassen möchte, hierfür eine Versicherungsbestätigung über den Haftpflichtversicherungsschutz benötigt und beim Versicherer entsprechend nachfragt. Äußert er dabei gegenüber dem Versicherer - in welcher Form auch immer -, dass er für sein Fahrzeug auch Versicherungsschutz in der Vollkaskoversicherung wünscht, dann unterbreitet er damit dem Versicherer ein entsprechendes Angebot auf Gewährung einer vorläufigen Deckung auch in der Kaskoversicherung (vgl. BGH NJW 1999, 3560 f. = VersR 1999, 1274 f. - zitiert nach juris: Rdnr. 7 f; OLG Schleswig MDR 2007, 1422 f - zitiert nach juris: Rdnr. 4; OLG Saarbrücken NJW-RR 2006, 1104 ff = VersR 2006, 1353 ff - zitiert nach juris: Rdnr. 25; OLG Karlsruhe NJW-RR 2006, 1540 f - zitiert nach juris: Rdnr. 18). Es ist nicht erforderlich, dass der Versicherungsschutz für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und Fahrzeugversicherung gleichzeitig beantragt wird. Es ist auch nicht erforderlich, dass bei Aushändigung der Doppelkarte bereits ein verbindlicher schriftlicher Antrag auf Abschluss des Hauptvertrages gestellt ist. Es ist vielmehr ausreichend, dass dem Versicherer der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Wunsch nach einer Kaskoversicherung zusätzlich zu der Haftpflichtversicherung als Bestandteil des noch abzuschließenden Hauptvertrages telefonisch oder sonst mündlich mitgeteilt hat (BGH a. a. O; OLG Karlsruhe, a. a. O. - zitiert nach juris: Rdnr. 18 m, w. Nachw.). Ein Versicherungsnehmer, der in dieser Weise eine vorläufige Deckung auch für den Vollkaskoschutz beantragt, muss bei der Erteilung der elektronischen Versicherungsbestätigung vom Versicherer eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen werden, wenn der Versicherer die vorläufige Deckung für den Kaskobereich nicht vereinbaren will (vgl. Stadler, in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB B Rdnr. 7 m. w. Nachw.). Die Rechtsprechung zur Aushändigung einer Doppelkarte ist insoweit übertragbar.

Die Klägerin muss deshalb nur beweisen, dass ihr Ehemann den Versicherungsschutz auch in der Kaskoversicherung gegenüber der Beklagten beantragt hat (vgl. Stadler, a. a. O. - AKB B Rdnr. 9; Knappmann, in Prölls/Martin, VVG, 28. Aufl., AKB 2008, B.1, B.2 Rdnr. 8). Für das Gewähren einer vorläufigen Deckung genügt es gemäß B. 2.1 der AKB 2008, dass dem Versicherungsnehmer die Versicherungsscheinbestätigungsnummer anschließend vom Versicherer genannt wird (vgl. dazu auch Stadler, a. a. O. - AKB B Rdnr. 25).

Demzufolge hängt der Abschluss eines Vertrages über eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung davon ab, in welcher Art und Weise der Streithelfer hier tätig geworden ist.

Hat der Ehemann der Klägerin gegenüber dem Streithelfer den Wunsch nach einer Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug geäußert und war der Streithelfer berechtigt, über die ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellte Software eine elektronische Versicherungsbestätigung auch im Bereich der Vollkaskoversicherung abzurufen, dann wäre mit der Mitteilung der Nummer der Versicherungsbestätigung eine entsprechende Deckungszusage von der Beklagten erteilt worden, weil sie sich zumindest nach Rechtsscheingrundsätzen das Handeln des Streithelfers zurechnen lassen müsste.

Hat der Streithelfer dagegen als Bevollmächtigter der Klägerin für diese die Verhandlungen mit der Beklagten geführt, ist ein Vertrag über eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung zustandegekommen, wenn er über die Software der Beklagten einen entsprechenden Antrag gestellt hat und darauf ohne weitere Hinweise auf einen abweichenden Willen eine elektronische Versicherungsbestätigung abgerufen werden konnte. Beide Varianten sind hier von der Klägerin nicht nachgewiesen.

2) Die Beklagte muss sich das Handeln des Streithelfers hier nicht zurechnen lassen. Es kommt nicht darauf an, ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein Versicherer grundsätzlich das Handeln eines Versicherungsmaklers zurechnen lassen muss; denn hier ist der Streithelfer nicht als Bevollmächtigter der Beklagten gegenüber der Klägerin oder deren Ehemann aufgetreten. Vielmehr hat er als deren Vertreter gegenüber der Beklagten gehandelt.

Die Beweisaufnahme konnte dem Senat nicht die Überzeugung davon vermitteln, dass der Ehemann der Klägerin in einem Gespräch mit dem Streithelfer - die Klägerin selbst hat nach ihrem eigenen Vorbringen überhaupt nicht mit dem Streithelfer über die Vereinbarung einer vorläufigen Deckung in der Vollkaskoversicherung gesprochen - den Wunsch auf den Abschluss einer Vollkaskoversicherung für das hier in Rede stehende Fahrzeug äußerte und diesen Versicherungsschutz zeitgleich mit der Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr, also zeitgleich mit der vorläufigen Deckung in der Haftpflichtversicherung, erhalten wollte. Der Streithelfer hat auch nicht durch das Abrufen einer elektronischen Versicherungsbestätigung mit der Software der Beklagten und die kommentarlose Mitteilung der vergebenen Nummer gegenüber dem Ehemann der Klägerin den Anschein erweckt, es sei auch ein Vertrag über eine vorläufige Deckung im Bereich der Vollkaskoversicherung abgeschlossen worden. Ein derartiger Sachverhalt ist nicht nachgewiesen.

Der Streithelfer hat bei seiner Zeugenaussage zwar angegeben, dass in Gesprächen mit dem Ehemann der Klägerin oder dem Sekretariat seiner Firma besprochen worden sei, dass das Fahrzeug vollkaskoversichert werden sollte. Der Streithelfer wusste jedoch nicht mehr, mit wem er gesprochen haben will. Er gab auf Nachfrage an, dass es Ende 2009 viele Gespräche gegeben habe. Es sei um zwei zu versichernde Fahrzeuge gegangen, wovon eines für den Bruder des Ehemannes der Klägerin versichert werden sollte. Der Streithelfer konnte sich auch nicht mehr erinnern, ob der Auftrag zum Abschluss einer Versicherung für das hier in Rede stehende Fahrzeug bei einem Gespräch in der Firma des Ehemannes der Klägerin erteilt worden sei. Er erwähnte auf Nachfrage ein Telefonat, an dessen Inhalt er sich ebenso wenig erinnern konnte wie an den konkreten Gesprächspartner. Die Angaben des Streithelfers vermitteln dem Senat die Überzeugung davon, dass er sich an konkrete Gespräche im Vorfeld der Beantragung einer elektronischen Versicherungsbestätigung für die Haftpflichtversicherung des hier in Rede stehenden Fahrzeuges nicht erinnern kann.

Der Streithelfer hat bei seiner Vernehmung als Zeuge weiter ausgesagt, dass ihm von der Familie Werner eine Vollmacht zum Abschluss von privaten Versicherungen und vom Ehemann der Klägerin auch für Firmenangelegenheiten erteilt gewesen sei. Er hat dementsprechend am Beginn seiner Aussage geschildert, dass er für ein neues Fahrzeug eine „passende Deckungskarte“ bei der Beklagten vorbereiten sollte. Er sollte die „passende“ Versicherung finden und will dazu Unterlagen von bereits früher versicherten Fahrzeugen herangezogen haben. Dies zeigt, dass er den genauen Inhalt der Versicherung bestimmen, die Konditionen als Bevollmächtigter für die Klägerin aushandeln und die entsprechende(n) Versicherung(en) als deren Vertreter abschließen sollte. Der Streithelfer ist damit als Vertreter der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgetreten. Dessen Wissen muss sich die Klägerin zurechnen lassen, einen Rechtsschein für die Beklagte hat er nicht gesetzt. Der vom Senat seinem Hinweis zu Grunde gelegte mögliche Sachverhalt, wonach der Streithelfer als Bevollmächtigter der Beklagten gegenüber der Klägerin beziehungsweise deren Ehemann aufgetreten sein könnte, indem er mit spezieller Software der Beklagten eine elektronische Versicherungsbestätigung bei dieser abrief und der Klägerin beziehungsweise deren Ehemann mitteilte, dass das Fahrzeug nun umfassend versichert sei, liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor.

3) Der Klägerin gelingt ebenfalls der Nachweis nicht, dass der Streithelfer am 5. November 2009 auf elektronischem Weg auch die vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung beantragte und dass die Beklagte darauf ohne einschränkende Zusätze eine elektronische Versicherungsbestätigung erteilte.

Der Streithelfer hat zwar bei seiner Zeugenvernehmung angegeben, dass er am 5. November 2009 auch die vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung beantragt habe. Der Streithelfer will sich auch sicher sein, bei der Beantragung der elektronischen Versicherungsbestätigung das „Häkchen“ in der Softwaremaske für die Beantragung der vorläufigen Deckung auch im Bereich der Vollkaskoversicherung gesetzt zu haben. Die Beweisaufnahme konnte dem Senat jedoch nicht die Überzeugung von der Richtigkeit dieser Angaben vermitteln. Der Streithelfer hat zwar den Kern des Beweisthemas bestätigt. Die gesamte Aussage war jedoch von Erinnerungslücken geprägt. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen. Zum Randgeschehen waren die Angaben so vage, dass die Aussage insgesamt nicht überzeugend ist.

Die von der Klägerin als Anlage K 2 vorgelegte Kopie eines Ausdrucks der Softwaremaske des verwendeten Programms hat keinen Beweiswert. Auch als Indiz für die Richtigkeit des klägerischen Vortrages eignet sie sich nicht. Der Streithelfer hat selbst eingeräumt, dass „die Maske“ von ihm erst im Jahr 2010 erstellt wurde. Der Ausdruck trägt auch ein Vorgangsaktenzeichen, das sich auf den 23. Dezember 2009 bezieht. Zu diesem Zeitpunkt will der Streithelfer den Vorgang bearbeitet haben. Damit lässt sich der Ausdruck Vorgängen am 5. November 2009 nicht zuordnen, ohne dass es auf die von der Beklagten behauptete Abweichung bei der Nummer der Versicherungsbestätigung und der Nummer in der „Maske“ ankommt.

Der Streithelfer hat unstreitig eine elektronische Versicherungsbestätigung am 5. November 2009 mit dieser Software bei der Beklagten abgerufen. Diese Bestätigung war jedoch die öffentlich-rechtlich vorgesehene Erklärung des Versicherers über das Bestehen des gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungsschutzes für das Fahrzeug, das zugelassen werden sollte. Es handelt sich grundsätzlich um kein Vertragsdokument (vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Auflage 2009, B.2.2. Beginn des Vertrags und vorläufiger Versicherungsschutz, Rdnr. 20). Der Streithelfer, der als Versicherungsmakler vertraglich auch an die Beklagte gebunden war, wusste um diese Bedeutung einer elektronischen Versicherungsbestätigung genauso wie von dem Willen der Beklagten, eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung nur gesondert zu vereinbaren. Dies ergibt sich aus der Softwaremaske (Anlage K 2), wonach eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung „nur in Verbindung mit vollständiger Tarifierung“ gewährt werden sollte. Der Streithelfer hat jedoch unstreitig am 5. November 2011 der Beklagten keinen vollständigen Antrag auf Abschluss einer Vollkaskoversicherung übermittelt oder aufgenommen, weil er die maßgeblichen Tarifmerkmale noch nicht angeben konnte. Unstreitig hat er einen vollständigen Antrag auf Abschluss einer Vollkaskoversicherung erst am 5. Februar 2010 gefertigt und an die Beklagte übermittelt. Der Streithelfer hat selbst darauf hingewiesen, dass in dem Ausdruck des Computerbildes (K 2) deswegen der „Zahlbetrag: 0,00 EUR“ erscheine, weil eben noch keine weiteren Tarifmerkmale in das System eingegeben worden seien. Er hat weiter ausgesagt, dass der ursprüngliche Beitrag von jährlich ca. 4.000,- EUR sich unter anderem durch die Angabe weiterer Tarifmerkmale schließlich auf 819,- EUR vierteljährlich reduziert habe.

Hat der Streithelfer jedoch ohne die vorgesehenen Angaben zur vollständigen Tarifierung der Vollkaskoversicherung nur mit den Angaben zu Versicherungsnehmer, Halter, Typennummer und Herstellernummer des Fahrzeugs eine elektronische Versicherungsbestätigung bei der Beklagten abgerufen, so konnte es sich nur um die Versicherungsbestätigung zum Nachweis der Haftpflichtversicherung handeln. Dieser Umstand spricht gegen die Richtigkeit der Angaben des Streithelfers, er habe das „Häkchen“ für eine vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung gesetzt. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Streithelfers sind auch deswegen angebracht, weil sie dem eigenen Vortrag widersprechen. Der Streithelfer hat in der Berufungsbegründung auf den Seiten sieben und acht (Bl. I/204, 205 d. A.) auf den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Mai 2011 verwiesen und sich auf diesen gestützt. Dies ist verständlich, denn die Klägerin kann die angebliche Funktionsweise der vom Streithelfer verwendeten Software nur von diesem in Erfahrung gebracht haben. Auf Seite 2 des genannten Schriftsatzes (Bl. I/98 d. A.) hat die Klägerin vorgetragen, dass zunächst sowohl eine Tarifauskunft als auch ein Angebot bearbeitet werden müssen, bevor das Fenster für die Beantragung der elektronischen Versicherungsbestätigung geöffnet werden kann. Im Widerspruch dazu hat der Streithelfer bei seiner Vernehmung angegeben, weder eine Tarifauskunft noch ein Angebot eingeholt zu haben. Dies zeigt, dass der Streithelfer widersprüchliche und abweichende Angaben zur Funktionsweise der Software macht.

Nach dem weiteren Vortrag der Klägerin auf Seite 3 des genannten Schriftsatzes (Bl. I/99 d. A.) soll der Streithelfer aus dem Softwareprogramm der Beklagten einen Tarif entnommen haben, bei dem zunächst individuelle Tarifmerkmale nicht berücksichtigt waren. Nach der Eingabe der Personendaten der Klägerin habe er den Antrag auf Erteilung einer elektronischen Versicherungsbestätigung bearbeiten können. Dies macht insofern Sinn, als dann eine Tarifierung auch in der Vollkaskoversicherung vorgelegen hätte. Tarifmerkmale will der Streithelfer jedoch ausweislich seiner Aussage nicht eingegeben haben, weil ansonsten oben in der Maske nicht „Zahlbetrag: 0,00 EUR“ gestanden hätte (S. 4 der Sitzungsniederschrift). Die Angaben des Streithelfers in seiner Aussage können damit nicht zutreffen. Denn nach seinem eigenen Vortrag hätte dann keine elektronische Versicherungsbestätigung für die Vollkaskoversicherung abgerufen werden können. Hat er keine Tarifmerkmale in das Computerprogramm eingegeben, dann konnte er auch keine vorläufige Deckung für den Bereich der Vollkaskoversicherung beantragen. Der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens bedarf es nicht. Der Vortrag der Klägerin kann als wahr unterstellt werden; denn die Aussage des Streithelfers zeigt, dass er sich nicht entsprechend diesem Vortrag verhalten hat. Dieser Umstand - der Widerspruch zwischen der Aussage des Streithelfers und dem eigenen Vortrag - nimmt der Aussage jegliche Überzeugungskraft, soweit er dabei angegeben hat, er sei sich sicher, das „Häkchen“ im Feld für das Beantragen einer vorläufigen Deckung in der Vollkaskoversicherung am 5. November 2009 gesetzt zu haben. Ob er dies zu einem späteren Zeitpunkt getan hat, kann dahinstehen, denn einen späteren und damit isolierten Antrag auf vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung hat die Beklagte nicht angenommen. Jedenfalls am 23. Dezember 2009 fehlten dem Streithelfer nach seiner Aussage noch einige (Tarif)Daten von der Klägerin, um den Antrag auf Abschluss einer Vollkaskoversicherung abzusenden.

Bei der Würdigung der Aussage des Streithelfers kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass er als Streithelfer der Klägerin ein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, weil er befürchten muss, von dieser in Regress genommen zu werden. Auch die Beklagte hat ihm zwar den Streit verkündet und will gegen ihn im Falle eines Unterliegens im hiesigen Rechtsstreit Rückgriffsansprüche geltend machen, diese hält er jedoch für unberechtigt. Zudem ist er für die beklagte Versicherung nach eigenen Angaben nicht mehr tätig, so dass bei ihm auch aus Gründen der Loyalität keine Versuchung besteht, auf deren Interessen bei der Aussage Rücksicht zu nehmen. Der Streithelfer war auch erkennbar bemüht, darzutun, dass er für seine Kunden in deren Interesse zuverlässig alles richtig macht, so dass er subjektiv nicht bereit war, einen eventuellen Fehler zuzugeben. Er hatte, was die Ereignisse im Vorfeld der Beantragung der elektronischen Versicherungsbestätigung anbetrifft, nach der Überzeugung des Senat keine konkrete Erinnerung. Es ist nicht plausibel, dass er sich - bei einem alltäglichen Vorgang wie dem Abrufen einer elektronischen Versicherungsbestätigung - exakt daran erinnern können will, auch eine solche Deckung in der Vollkaskoversicherung mit dem Setzen eines „Häkchens“ in der Softwaremaske der Beklagten beantragt zu haben. Im Widerspruch zu seiner angeblich sorgfältigen Vorgehensweise im Interesse seiner Kunden steht auch sein Unterlassen, mit der Software nachzuprüfen, ob tatsächlich vorläufige Deckung in der Vollkaskoversicherung beantragt wurde. Dies hätte nach der eigenen Angabe des Streithelfers durch das Aufrufen und den Ausdruck der „alten Doppelkarte“ geschehen können, weil bei dieser zu erkennen sei, in welchem Umfang Versicherungsschutz im System gespeichert ist. Dies ist dem Streithelfer nach eigenen Angaben als „Papierverschwendung“ erschienen.

4) Dem Beweisantritt, die im letzten Schriftsatz benannten Vorstandsmitglieder der Beklagten dazu zu vernehmen, dass der Antrag vom 5. November 2009 elektronisch mit dem „Häkchen“ bei der Vollkaskoversicherung bei der Beklagten zugegangen ist, war nicht nachzugehen. Der Beweisantritt ist verspätet, denn er hätte bereits im ersten Rechtszug erfolgen können, weil die Vorstandsmitglieder bekannt waren, und hätte auch erfolgen müssen, weil dies einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung im Sinne des § 282 Abs. 1 ZPO entsprochen hätte. Die Parteien dürfen Beweismittel nicht zurückhalten und abwarten, ob der Beweis mit einem benannten Zeugen, der noch dazu der Streithelfer der beweisbelasteten Partei ist, gelingt. Spätestens nach dem Hinweis des Senats über die beabsichtigte Beweisaufnahme hätte der Beweisantritt erfolgen müssen, um in dem anberaumten Termin, in dem die Durchführung der Beweisaufnahme angekündigt war, eine Vernehmung gegebenenfalls durchführen zu können. Der Beweisantritt ist gemäß den § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.

5) Da der Klägerin der geltend gemachte Klageanspruch zu 1) nicht zusteht, bleibt die Klage auch hinsichtlich der begehrten Freistellung von den zur Durchsetzung dieses vermeintlichen Anspruchs entstandenen außergerichtlichen Gebühren der beauftragen Rechtsanwälte ohne Erfolg.

6) Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Dadurch, dass sich die Klägerin dem Antrag des Streithelfers angeschlossen hat, ist sie selbst bei erfolgloser Berufung kostenpflichtig (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 30. Aufl., vor § 511 Rdnr. 24 m. w. Nachw.).

Die Revision ist nicht zugelassen worden, da die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil es um die Würdigung des Sachverhalts nach Beweisaufnahme im Einzelfall geht. Der Senat hat die Rechtsprechung anderer Gerichte zitiert und weicht von den dort vertretenen Rechtsauffassungen nicht ab. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deshalb eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ebenfalls nicht erforderlich.