LG Bochum, Urteil vom 08.05.2014 - 1 O 271/13
Fundstelle
openJur 2015, 5644
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.938,81 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.9.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der N im Nennwert von 30.000 € mit der Anteilsnummer 20630 an die Beklagte.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der angebotenen Übertragung der klägerischen Beteiligung an der N im Nennwert von 30.000 € in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 12.11.2003 mit einer Einlage von 30.000,00 € an der N.

Einen Betrag von 16.800 € nebst Agio in Höhe von 504 € erbrachte der Kläger aus Eigenmitteln, 13.200 € finanzierte der Kläger konzeptionsgemäß über eine Inhaberschuldverschreibung gegenüber der Beklagten.

Für beide Verträge vereinbarten die Vertragsparteien die Geltung deutschen Rechts.

Der Kläger wurde mit dem ausgehändigten Fondsprospekt über ein Widerrufsrecht für Verbraucherdarlehensverträge belehrt. In der Belehrung heißt es u.a. wie folgt: "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung...". Im Übrigen ist die Belehrung nicht wortgleich zu dem Muster der BGB-InfoVO.

Die Beklagte hatte im Fondskonzept neben der Finanzierung der Beteiligungsbeiträge die Sicherung der von der Fondsgesellschaft und einer Lizenznehmerin vereinbarten festen Lizenzzahlungen durch eine Schuldübernahme gegen Entgelt gestellt.

Die Anleger erhielten konzeptionsgemäß im ersten Jahr erhebliche steuerwirksame Verlustzuweisungen, der Kläger im ersten Jahr in Höhe von 30.438,73 €, im zweiten Jahr von weiteren 500 €. In den Folgejahren bis 2012 sind dem Kläger Gewinne in Höhe von zusammen 24.648,19 € zugewiesen worden. Die Finanzverwaltung hatte in der Zwischenzeit Zweifel an der Richtigkeit dieser Verlustzuweisungen bekommen. Inzwischen sind die Steuervorteile zugunsten der Fondsgesellschaft vom Finanzamt vollständig anerkannt worden.

Die Finanzierung wurde bis Ende 2009 vollständig aus Fondsausschüttungen zurückgeführt.

Weitere Ausschüttungen an den Kläger erfolgten in Höhe von 9.078,91 €.

Mit Schreiben vom 14.1.2013 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Finanzierungsvertrages gerichtete Erklärung gegenüber der Beklagten.

Neben Ansprüchen aus dem erfolgten Widerruf macht der Kläger eine Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten aus dem Finanzierungsvertrag und Prospekthaftung der Beklagten geltend.

Die Beklagte beruft sich auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts und erhebt die Einrede der Verjährung. Sie macht ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche des Klägers gegen Dritte im Zusammenhang mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Anlage geltend.

Die Beklagte macht hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht geltend, da der Kläger die zurückzugewährenden Anteile nicht hinreichend bezeichnet habe, und wegen eines Anspruches auf Abtretung sämtlicher etwaiger Schadensersatzansprüche gegen Dritte im Zusammenhang mit dem Erwerb der in Rede stehenden Beteiligung.

Der Kläger meint, der Prospekt kläre über die konkrete Verwendung der Anlegergelder und über die steuerlichen Risiken nicht ausreichend auf. Insbesondere werde verschleiert, dass ein erheblicher Teil der Anlegergelder nicht für die Herstellung der Filme, sondern für die Zahlung des Schuldübernahmeentgelts an die Beklagte verwendet worden sei.

Die Beklagte sei wegen eines Überschreitens ihrer Kreditgeberrolle und wegen eines konkreten Wissensvorsprunges insoweit aufklärungspflichtig gewesen.

Der Kläger hat zunächst beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.509,36 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.9.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der N im Nennwert von 30.000 € an die Beklagte.

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der angebotenen Übertragung der klägerischen Beteiligung an der N im Nennwert von 30.000 € in Annahmeverzug befindet.

Nachdem der Kläger im Januar 2014 weitere Ausschüttungen in Höhe von 4.264,47 € erhalten hat, hat er die Klage insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen,

und im Wege der Hilfswiderklage für den Fall, dass eine Rückabwicklung der Fondsbeteiligungen dem Grunde nach ausgeurteilt wird und das Gericht eine Anrechnung der erzielten Steuervorteile im Wege des Vorteilsausgleichs nicht vornehmen möchte,

festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, sämtliche Steuervorteile, die er im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der N (HL-Fonds Nr.143) erzielt hat, an die Beklagte auszukehren, sobald und soweit über diese Steuervorteile bestandskräftige Steuerbescheide vorliegen und soweit ihm die Steuervorteile nach Abzug einer etwaigen Besteuerung von Beträgen, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zugesprochen werden sollten, verbleiben.

Der Kläger beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die erteilte Widerrufsbelehrung sei ausreichend gewesen, jedenfalls genieße die Beklagte wegen der ohne wesentliche Änderung übernommenen Belehrung aus der BGB-InfoVO Vertrauensschutz. Der erst Jahre nach vollständiger Rückführung der Inhaberschuldverschreibung entsprechend dem im Fondsprospekt dargestellten Verlauf erklärte Widerruf sei verwirkt.

Der Kläger müsse sich die erzielten außerordentlichen Steuervorteile aus der Beteiligung anrechnen lassen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Wesentlichen begründet, die Hilfswiderklage ist zulässig, aber unbegründet.

A. Klage

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 3.938,81 € aus §§ 358 Abs.2 Satz 1, 358 Abs.4, 346 BGB aufgrund des erklärten Widerrufs des Finanzierungsvertrages. Mit dem wirksamen Widerruf des Vertrages mit der Beklagten ist der Kläger zugleich nicht mehr an den Fondsbeitritt gebunden und kann dessen Rückabwicklung von der Beklagten verlangen, die im Verhältnis zum Kläger in die Rechte und Pflichten des Unternehmers des verbundenen Geschäftes eingetreten ist. Von ihr kann er daher auch die Rückzahlung seiner für den Beteiligungserwerb aufgewandten Eigenmittel verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 10.3.2009, AZ: XI ZR 33/08).

I. Der Kläger hat seine auf Abschluss des Finanzierungsvertrages mit der Beklagten gerichtete Erklärung mit Schreiben vom 14.1.2013 nach § 495 Abs.1, 355 BGB wirksam widerrufen.

1. Das Widerrufsrecht war nicht infolge Zeitablaufs erloschen, denn mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen, § 355 Abs.2 Satz 1 BGB.

Die Widerrufsfrist beginnt nach § 355 II 1 BGB mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Nach der Rechtsprechung des BGH muss die Widerrufsbelehrung umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können (BGH, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08, Rz. 14 m.w.N.).

Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht nicht den Anforderungen des § 355 II 1 BGB. Die Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" informiert den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 II BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und die zeitlichen Grenzen des Widerrufsrechts, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen kann, der Beginn des Fristlaufs also noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche etwaigen Umstände es sich dabei handelt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 02.02.2011 - VIII ZR 103/10, Rn 14; BGH, Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, Rn 34).

2. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die Vorschriften der BGB-InfoV (in der Fassung vom 05.08.2002) berufen.

Ein Unternehmer kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB-InfoV nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 12.04.2007, VI ZR 122/06, Rz. 12; BGH, Urteil vom 09.12.2009, VIII ZR 219/08, Rz. 20; BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10, Rz. 10).

Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Zum einen ist als Widerrufsadressatin die B als Empfangsbotin der Beklagten angegeben. Zum anderen weist die maßgebliche Widerrufsbelehrung auch in sprachlicher Hinsicht Abweichungen von dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I BGB-InfoV auf. So heißt es unter anderem in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte": "Widerrufen Sie die in der Beitrittsvereinbarung enthaltenen, auf die Aufnahme der Fremdfinanzierung gerichtete Willenserklärung an den Treuhänder/Verwalter, so sind Sie gleichzeitig auch nicht mehr an Ihre sonstigen in der Beitrittsvereinbarung enthaltenen, auf den Beitritt zur N (die "Fondsgesellschaft") bzw. auf Ihre auf den Abschluss eines Treuhand- und Beteiligungsverwaltungsvertrages gerichteten Willenserklärungen (insbesondere die erteilten Vollmachten und Aufträge) gebunden". In dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV heißt es demgegenüber: "Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden...".

Ob mit den Abweichungen von der Musterbelehrung eine inhaltliche Änderung verbunden ist oder ob sich die Abweichung für den Verbraucher nachteilig darstellt, ist unerheblich. Nach der Rechtsprechung des BGH ist maßgebend, ob der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entspricht. Sobald der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht mehr berufen. Dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10, Juris Rn. 39).

Der Umstand, dass die Belehrungen hinsichtlich des Fristbeginns ("Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung") dem damals gültigen Muster der BGB-InfoV entsprachen, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

Der Auffassung der Beklagten, dass eine auf der Basis der Musterbelehrung erteilte Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist des § 355 II BGB nur dann nicht in Gang setzen soll, wenn sich der Mangel der Musterwiderrufsbelehrung im konkreten Fall ausgewirkt hat - was vorliegend nicht der Fall sei -, ist nicht zu folgen. Zwar ist zutreffend, dass das verbraucherkreditrechtliche Widerrufsrecht nicht dazu dient, als Vehikel zur Vertragsreue missbraucht zu werden. Die Vorschrift des § 355 II BGB stellt jedoch nicht auf Erfordernisse zur Kausalität zwischen einem Belehrungsmangel und der Versäumung der Widerrufsfrist ab, sondern alleine darauf, ob die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2009 - XI ZR 156/08, Tz 25: "für den Lauf der Widerrufsfrist nach § 355 BGB kommt es nicht auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall an"; OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2012, 31 U 97/12).

II. Die Beklagte kann der Geltendmachung der Ansprüche aufgrund Widerrufs nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne einer Verwirkung des Widerrufsrechtes nach § 242 BGB entgegenhalten.

Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, sowie Urt. v. 18.10.2004, II ZR 352/02, Rz. 23; Urt. v. 14.06.2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, jeweils m. w. Nw.). Die erforderliche Zeitdauer, die seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts verstrichen sein muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. § 242 Rn. 93 m. w. Nw.). Zu berücksichtigen sind vor allem die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von dem Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahekommt, mindert die erforderliche Zeitdauer (BGH, Urteil vom 16. März 1979 - V ZR 38/75, WM 1979, 644, 647). Die Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten wird wesentlich bestimmt durch den Umfang seiner Vertrauenssituation und seinen Informationsstand (BGHZ 21, 83; OLG Köln, Urteil vom 25.1.2012, 13 U 30/11).

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Fall unterscheidet sich dabei auch von dem durch das OLG Köln in dem vorgenannten Urteil zu entscheidenden.

Nach dem gesamten Verhalten des Klägers durfte sich die Beklagte nicht darauf einrichten, dass dieser von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würde.

Aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass der Kläger Kenntnis von einem fortbestehenden Widerrufsrecht hatte. Denn der Kläger ist auf ein befristetes Widerrufsrecht hingewiesen worden, das wegen der fehlerhaften Belehrung tatsächlich nicht befristet war. Er konnte also - ohne rechtliche Beratung - nicht davon ausgehen, dass sein Widerrufsrecht tatsächlich auch noch nach Ablauf von 2 Wochen bestand.

Zwar erfolgte die vollständige Rückführung der vom Kläger aufgenommen Finanzierung am 20.12.2009 und die Widerrufserklärung damit erst mehr als 3 Jahre später. Hierüber wurde der Kläger, der unstreitig niemals einen Kontoauszug erhalten und die Rückführung nicht selbst vorgenommen hatte, nicht ausdrücklich informiert. Er konnte auf eine Rückführung der Finanzierung nur durch erneutes Studium der Beitrittsunterlagen unter Berücksichtigung des Umstandes schließen, dass der Fonds offenbar prospektgemäß lief und er keine gesonderte Zahlungsaufforderung erhielt.

Die Rückführung der Finanzierung an sich konnte daher noch keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten schaffen. Aber auch die Untätigkeit des Klägers in den Folgejahren kann eine Verwirkung nicht begründen.

Denn durch eine Reihe von Urteilen des BGH aus dem Jahr 2009 war bekannt, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung zum Fristbeginn die verwendete Widerrufsbelehrung unwirksam machen konnte und sich hieraus ein Rückabwicklungsanspruch auch hinsichtlich der Fondsbeteiligung ergeben würde (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 13.1.2009, XI ZR 54/08 und vom 10.3.2009, XI ZR 33/08). Entsprechend ist die Beklagte wegen verschiedener von ihr finanzierter Beteiligungen an Montranus-Fonds von den Prozessbevollmächtigten des Klägers Ende 2009/Anfang 2010 mit Widerrufserklärungen und Rückabwicklungsansprüchen konfrontiert worden, wie durch den von der Klägerseite als Anlage K 18 und K 19 vorgelegten Schriftverkehr belegt.

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte tatsächlich darauf vertraut hat, dass eben erst zurückgeführte Finanzierungsverträge nicht mehr widerrufen werden würden.

III. Die Fondsbeteiligung und der Finanzierungsvertrag waren verbundene Geschäfte nach § 358 Abs.3 BGB. Der Finanzierungsvertrag diente ausschließlich und konzeptionsgemäß dem Erwerb der Beteiligung. Beide Verträge bildeten eine wirtschaftliche Einheit.

IV. Der Kläger kann die Erstattung seiner Bareinlage zzgl. Agio von der Beklagten verlangen. Auf diese 17.305 € hat er sich die erhaltenen Ausschüttungen anrechnen zu lassen. Nach der substantiierten Darlegung der Beklagten in der Klageerwiderung, der der Kläger nicht mehr entgegengetreten ist, hat er vor Klageerhebung Ausschüttungen in Höhe von 9.078,91 € erhalten. Nach Klageerhebung erhielt er weitere Ausschüttungen in Höhe von 4.264,47 €. Es verbleibt ein Anspruch von 3.938,81 €.

V. Auf diesen Anspruch muss sich der Kläger keine Steuervorteile anrechnen lassen.

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Vorteilsausgleich bei Ansprüchen auf Rückabwicklung einer Kapitalanlage im Wege des Schadensersatzanspruches sind auf Ansprüche aufgrund Widerrufs finanzierter Beteiligungsmodelle entsprechend anwendbar (BGH, Urteil vom 24.4.2007, XI ZR 17/06). Danach kommt eine Anrechnung von bleibenden Steuervorteilen in Betracht. Der Widerrufende solle nach der Rückabwicklung nicht besser stehen, als er ohne die Beteiligung gestanden hätte.

Bei der Beurteilung, ob Steuervorteile im Einzelfall anzurechnen sind, kann daher auf die Rechtsprechung des XI. Senats des BGH zu Schadensersatzansprüchen zurückgegriffen werden.

Dabei kann dahinstehen, ob der allein aufgrund des Widerrufs in Anspruch genommene insoweit gegenüber dem Schadensersatzpflichtigen besser zu stellen ist, als ihm gegenüber Steuervorteile in jedem Fall anzurechnen sind und nicht nur, wenn diese eine besondere Größenordnung erreichen. Denn jedenfalls besteht keine Veranlassung, dem aufgrund Widerrufs in Anspruch genommenen die Vorteile zuzubilligen, die sich durch Veränderungen der persönlichen Steuermerkmale oder durch Steuersatzänderungen ergeben.

Dann verbleiben aber im vorliegenden Fall keine ausgleichspflichtigen Steuervorteile. Zu betrachten sind dabei nicht nur die anfänglichen Verlustzuweisungen, sondern auch die späteren Gewinnzuweisungen. Übersteigen die Verlustzuweisungen die Gewinnzuweisungen, wie hier (bisher) um 6.290,54 €, so schlägt sich dies in der Regel in einem negativen Kapitalkonto des Gesellschafters nieder. Wird er hiervon durch Rückgabe der Anlage an die in Anspruch genommene Bank gegen Zahlung einer Entschädigung befreit, realisiert sich insoweit ein steuerpflichtiger Gewinn, soweit es sich wie hier um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt (vgl. BGH, Urteil vom 28.1.2014, XI ZR 42/13). Bleibende Steuervorteile beim Kläger können danach nicht festgestellt werden.

VI. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 291 BGB.

VII. Dem Anspruch des Klägers steht der im Antrag bereits berücksichtigte Anspruch der Beklagten auf Übertragung der streitgegenständlichen Beteiligung gegenüber. Dass der Kläger die Beteiligungsnummer in den Anträgen nicht genannt hat, ist jedenfalls schon deshalb unschädlich, da er sie später mitgeteilt hat, die Beklagte aber gleichwohl weiter Klageabweisung beantragt hat, so dass auch der Feststellungsantrag begründet ist. Im Übrigen bestehen gegen die Begründetheit des Feststellungsantrages aber auch deshalb keine Bedenken, da der Kläger nur die eine Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds hält; sein Angebot auf Übertragung daher ausreichend ist.

VIII. Der Beklagten steht kein weitergehendes Zurückbehaltungsrecht zu. Dass der Kläger wegen der Fondsbeteiligung Ansprüche gegen Dritte hat, deren Abtretung die Beklagte verlangen könnte, ist bereits nicht substantiiert dargelegt. Mangels Darlegung kann auch nicht beurteilt werden, ob es sich nicht um Ansprüche handelt, die bereits nach 426 Abs.2 BGB auf die Beklagte übergehen.

B. Hilfswiderklage

Die Hilfswiderklage ist in zulässiger Weise unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt worden.

Sie ist indes unbegründet. Nach dem oben gesagten sind bleibende Steuervorteile der Kläger nicht dargelegt. Insoweit kann zudem auf die Rechtsprechung des BGH zu Schadensersatzansprüchen verwiesen werden, deren Begründung nicht in spezifischen Aspekten des Schadensersatzrechtes wurzelt und daher auf Ansprüche aufgrund Widerrufs übertragbar ist. Eine spätere genaue Abrechnung der steuerlichen Vor- und Nachteile würde dem Zweck der pauschalisierenden Betrachtungsweise, dem Zivilgericht unter Außerachtlassung der vielfältigen Besonderheiten der konkreten Besteuerung zu ermöglichen, einmalig und abschließend über den Ersatzanspruch zu entscheiden, zuwiderlaufen. Die Herausgabe dieser Vorteil durch den Anleger hätte insbesondere steuerrechtliche Auswirkungen, die wiederum zivilrechtlich nachvollzogen werden müssten. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger in Zukunft noch derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielen wird, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (BGH aaO.). Dafür ist indes nichts vorgetragen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.2 Nr.1, 91a ZPO. Danach hat die Beklagte auch hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage die Kosten zu tragen, da die Klage insoweit bis zum erledigenden Ereignis zulässig und begründet war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.