LG Duisburg, Urteil vom 19.12.2014 - 10 O 433/13
Fundstelle
openJur 2015, 21491
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 4 U 18/15
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits

zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin

wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung

i. H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages

abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i. H.v.

110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Der Klägerin verlangt von der Beklagten Versicherungsleistung.

Im August 2013 war der N mit dem amtlichen Kennzeichen ... bei der Beklagten gegen Vandalismusschäden versichert. Versicherungsnehmerin war die Klägerin. Die Klägerin und der Zeuge M sind verlobt. Sie nutzen beide dieses Fahrzeug. Es ist auf die Klägerin zugelassen.

Am 28. August 2008 wies dieser N Beschädigungen auf, wie sie im Gutachten der E von diesem Tag entsprechend der Anlage zur Klageschrift festgestellt worden sind. Nach diesem Gutachten sind für Reparaturen 7.813,12 € zuzüglich Umsatzsteuer, mithin 9.297,61 € aufzuwenden. Das Gutachten selbst stellte die E mit 143,35 € brutto in Rechnung.

Die Klägerin meldete der Beklagten einen Vandalismusschaden und unterschrieb deren Fragebogen vom 25. September 2013 wie Anlage zur Klageschrift. Sie macht die Bruttoreparaturkosten zuzüglich der Sachverständigenvergütung geltend, ohne einen Selbstbehalt in Abzug zu bringen.

Die Klägerin behauptet, der N sei am 25. August 2013 auf einem Grundstück in E2 für etwa 2 Stunden abgestellt worden. Am nächsten Tag seien von ihr und dem Zeugen M die in dem E-Gutachten erwähnten Beschädigungen erstmals festgestellt worden. Am 25. August 2013 sei auf dem Gelände, auf dem der N abgestellt worden sei, auch ein weiteres Fahrzeug beschädigt worden. Für die Klägerin ergibt sich in diesem Zusammenhang, dass der N am 25. August 2013 von Vandalen beschädigt worden sei.

Ausdrücklich lässt sie die Rechtsansicht vortragen, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sei anerkannt, dass ein Geschädigter die Erstattung der Mehrwertsteuer auf die Reparaturkosten auch dann ersetzt verlangen kann, wenn er den Schadensumfang nur gutachtlich feststellen lässt, auf eine Reparatur allerdings verzichte oder diese von privater Hand durchführen lässt, die Mehrwertsteuer also nicht tatsächlich anfallen sondern auf Grundlage des Gutachtens nur fiktiv abgerechnet werde.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 9.440,96 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11. November 2013 zu zahlen sowie sie von außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 887,03 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, dass innerhalb der versicherten Zeit ein Versicherungsfall, insbesondere ein Vandalismusschaden entstanden sei. Sie hält dies für vorgetäuscht, wofür sie verschiedene Indizien anführt, zu deren Einzelheiten auf die Klageerwiderung verwiesen wird. Auch geht sie davon aus, wegen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei geworden zu sein. Zudem bestreitet sie die Aktivlegitimation der Klägerin.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung eines Zeugen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift zur Sitzung vom 28. November 2014 (Bl. 92 ff.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n gs g r ü nd e

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus dem Versicherungsvertrag ein Anspruch gegen die Beklagte zu. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein Versicherungsfall vorliegt. Im Weiteren kann daher offen bleiben, ob und gegebenenfalls welche Versicherungsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sind, ob eine Obliegenheitsverletzung vorliegt und gegebenenfalls der Zeuge M Eigentümer des N ist. Im einzelnen gilt folgendes:

Für eine Haftung der Beklagten müsste ein Vandalismusschaden vorliegen, die Beschädigungen müssten mithin durch mutwillige oder böswillige Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen, hervorgerufen worden sein. Beweispflichtig ist insoweit die Klägerin. Ihr kommen aber Beweiserleichterungen zu, wonach es grundsätzlich ausreicht, Umstände darzulegen und zu beweisen, die auf einen solchen Vandalismusschaden hindeuten. Erst wenn diese Beweisanzeichen wiederum von seitens der Beklagten darzulegenden und zu beweisenden oder sonst unstreitigen Umständen erschüttert werden, trifft die Klägerin die volle Beweislast.

Nachfolgende Umstände belegen, dass die Annahme eines versicherten Schadens nicht nahe liegt; sie widerlegen die Annahme, es seien die äußeren Umstände für einen Vandalismusschaden festzustellen, so dass die Klägerin die volle Beweislast für einen solchen trifft. Diesen Beweis hat sie bereits nicht angetreten.

Der Zeuge M ist nicht glaubwürdig. Seine Angaben können der Entscheidung nicht zugunsten der Klägerin zugrunde gelegt werden. Wie noch weiter ausgeführt wird (s. u.), hat der Zeuge widersprüchliche Angaben gemacht; zudem liegen erhebliche Indizien dafür vor, dass seine Angaben lediglich einen versicherten Schaden vortäuschen sollen.

Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass innerhalb der Versicherungszeit oder gar am 25. August 2013 der N beschädigt worden ist. Denn eine Vielzahl von Umständen weist darauf hin, dass es sich lediglich um einen vorgetäuschten Vandalismusschaden handelt.

Es kann bereits nicht festgestellt werden, zu welcher Zeit der N beschädigt worden ist. Die Klägerin selbst hat hierzu keine konkreten Angaben machen können; sie hat lediglich aus dem angeblichen Zeitpunkt der Schadensentdeckung am 26. August 2013 rückgeschlossen, es müsse der Vortag gewesen sein. Im Hinblick auf die Beschädigungen und den von der Klägerin selbst angegebenen Verschmutzungsgrad des N ist dies nicht zwingend.

Nach dem Vortrag der Klägerin und dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass die von der E festgestellten Beschädigungen am 25. August 2013 entstanden sind. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder sind die dort markierten Beschädigungen überwiegend unauffällig, jedenfalls nicht zwingend ohne genauere Betrachtung des N erkennbar. Gerade wenn die Klägerin in der Sitzung angibt, das Fahrzeug sei an diesem Tag verschmutzt gewesen, so dass man diese Beschädigungen nicht habe erkennen können, wird deutlich, dass sie an diesem Tage nicht unbedingt entstanden sein müssen. Ob und wann sie zu einem früheren Zeitpunkt entstanden sind, bleibt unklar.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf den weiteren Umstand, am 25. August 2013 sei auf dem Gelände, auf dem der N abgestellt worden sei, ein weiteres Fahrzeug beschädigt worden. Nähere Einzelheiten zu der Beschädigung des anderen Autos hat die Klägerin nicht vorgetragen. Nach den Angaben des Zeugen M soll an dem anderen Auto ein Scheibenwischer abgebrochen und ein Rücklicht beschädigt worden sein. Auch habe ein Spiegel auf dem Boden gelegen. Gerade wenn diese Angaben zutreffen, wäre die Annahme, die Person, die diese Schäden verursacht hat, habe auch gleichzeitig die Beschädigungen am N vorgenommen, denkbar unplausibel. Die Art der Beschädigungen weicht deutlich voneinander ab. Ein Schädiger, der einem Kraftfahrzeug grobe Schäden zufügt wird kaum die - wie sogleich ausgeführt wird - nahezu filigranen Beschädigungen am N hervorrufen.

Gegen einen Vandalismusschaden spricht, wie die Stellungnahme Anl. B2 zur Klageerwiderung für die Kammer überzeugend ausführt, dass die Beschädigungen für einen Vandalismusschaden untypisch sind. Nicht nur wäre es aufwändig, als Vandale diese Schäden zu verursachen. Vielmehr scheinen die verschiedenen Schadensstellen so ausgewählt, dass bei möglichst geringem Beschädigungs- ein hoher Reparaturaufwand entsteht, sofern der Wagen in einer Fachwerkstatt repariert wird. Dies legt eine entsprechende Absicht bei der Beschädigung nahe. Nur einzelne Bauteile weisen mehr als eine Beschädigung auf, viele wiederum jeweils nur eine einzelne. Es ist wenig nachvollziehbar, dass ein Schädiger solche Schäden an unterschiedlichen Stellen und unterschiedlichen Höhen am Fahrzeug verursacht.

Gegen die Lauterkeit des Zeugen M und der Klägerin spricht, dass beide bei ihren Angaben gegenüber einer Frau T vom Versicherungsbüro widersprüchliche Angaben gemacht haben. Auf die Frage, ob und inwieweit dieses Formular eine Belehrung enthält kommt es nicht an. Während dort erwähnt ist, die Klägerin habe ursprünglich das Fahrzeug geparkt, soll nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Zeugen in der mündlichen Verhandlung allein der Zeuge am 25. August 2013 gefahren sein. Auch sind die Angaben zu Schäden nicht richtig. Während dieses Fahrzeug tatsächlich im Jahr 2012 in mehrere Verkehrsunfälle verwickelt war und dabei Beschädigungen wie in der Klageerwiderung Seiten 4 und 5 dargestellt erlitten hat, haben die Klägerin und der Zeuge übereinstimmend nur angegeben es habe 2 Kotflügel Schaden rechts und einen Schaden an einer Tür rechts gehabt. Weder die Klägerin noch der Zeuge haben plausible Angaben dazu machen können, wie es zu diesen falschen Angaben ohne eine entsprechende Täuschungsabsicht gekommen sein kann.

Der Zeuge M war im Jahr 2012 mit diesem Auto bereits viermal in einen Verkehrsunfall verwickelt, der jeweils auf Gutachtenbasis abgerechnet werden sollte. Hinzu kommt, dass dem Zeugen eine Werkstatt bekannt ist, die solche Unfallschäden ohne die Berechnung von Umsatzsteuer beseitigt, was er jeweils in Anspruch genommen hat. Es ist nicht erkennbar, warum die vom Zeugen benannte Firma T2 in E2 von der Verpflichtung zur Entrichtung von Umsatzsteuer bei Ausführung der Aufträge vom Zeugen ausgenommen sein soll. Dieser Umstand in der Zusammenschau mit den weiteren weckt Zweifel an dem Vortrag der Klägerin.

Zwischen den Parteien ist weiter unstreitig, dass der Zeuge M bereits mit einem anderen Fahrzeug der Klägerin in den Jahren zuvor in mindestens 3 weitere Unfälle verwickelt war. Die Häufung dieser Unfälle im Zusammenhang mit den weiteren dargestellten Umständen spricht gegen die Annahme eines versicherten Schadens.

Unklar bleibt weiter, wie die Klägerin zu der Ansicht gelangen kann, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei die Umsatzsteuer auch bei Nichtdurchführung der Reparatur erstattungsfähig. Eine entsprechende Bestimmung in den Versicherungsbedingungen gibt es nicht. Im sonstigen Schadensrecht wäre § 249 Abs. 2 S. 2 BGB zu beachten. Insoweit ist die Klage schon unschlüssig, ohne dass es auf oben dargestellte Umstände ankommt.

Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache scheidet auch eine Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich der vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten aus.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709, 711 ZPO.

Streitwert: bis 10.000,00 €

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