VG Würzburg, Urteil vom 10.02.2015 - W 4 K 13.1015
Fundstelle
openJur 2015, 7484
  • Rkr:
Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet, Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 3. September 2013 wie folgt neu zu fassen:

„Es wird festgestellt, dass die durch die Fa. A... bewirkte freiwillige Rücknahme von Alttextilien unabhängig davon, ob diese Alttextilien aus dem Gebrauch von der Fa. A... selbst hergestellter oder vertriebener Alttextilien herrühren, in Wahrnehmung der Produktverantwortung erfolgt“.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die in ihren Filialen durchgeführte freiwillige Rücknahme von Alttextilien nicht dem Kreislaufwirtschaftsgesetz unterfalle bzw. jedenfalls hierfür ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid zu erteilen sei.

1.

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Kinder-, Damen- und Herrenmode mit Sitz in 6... H..., das seine Produkte (Anteil von 90%) sowie Fremdprodukte in Deutschland in 139 Modemärkten (Stand 2012) vertreibt. Zusammen mit der Firma I... (Schweiz) führt sie seit dem Jahre 2009 ein Kooperationsmodell durch, mit dem den Kunden die Möglichkeit gegeben wird, gebrauchte Kleidung gegen einen Rabattgutschein im Wert von 1,00 EUR bis 3,00 EUR pro mit Alttextilien gefüllter Tüte abzugeben. Die zurückgenommenen Alttextilien werden von den Filialen zu zentralen Sammelpunkten gebracht und von dort zu der der S...Gruppe, der auch die I... angehört, betriebenen Sortieranlage in W... transportiert, dort von Schadstoffen befreit und sortiert. Nicht mehr tragfähige Kleidung wird werkstofflich verwertet und die gebrauchsfähige Second-Hand-Ware weltweit exportiert.

2.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 wandten sich die Bevollmächtigten der Klägerin an das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) mit dem Antrag, festzustellen, dass die Klägerin freiwillig die Rücknahme von Textilien in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung nach § 23 Abs. 1 und 2, Nr. 5 KrWG durchführe, dass durch die Rücknahme die Kreislaufwirtschaft gefördert werde, weil die angenommenen Textilien der Wiederverwendung und einer stofflichen Verwertung zugeführt würden und dass die umweltverträgliche Verwertung durch die Unternehmen I... und S... sichergestellt werde. Zur Begründung wurde vorgebracht, dass sich das gesamte Rücknahmesystem außerhalb der Geltung des Abfallrechts abspiele, da es sich bei der zurückgenommenen Ware mangels Entledigungswillens der Kunden nicht um Abfall handele. Wenn man jedoch die Rücknahmeaktion der Geltung des Abfallrechts unterstellen wolle, erfolge sie in Wahrnehmung der der Klägerin obliegenden Produktverantwortung, weshalb gebeten werde, einen Freistellungsbescheid gemäß § 26 Abs. 6 KrWG zu erteilen, um eine einheitliche rechtliche Wertung der Rücknahmeaktion in der Bundesrepublik sicherzustellen.

Mit Bescheid vom 3. September 2013 traf das LfU die Feststellung, dass die durch die Klägerin bewirkte freiwillige Rücknahme von Abfällen, die aus dem Gebrauch von der Klägerin selbst hergestellter oder vertriebener Textilien herrührten, in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 23 KrWG erfolge. Diese Feststellung gelte nur unter der Bedingung, dass die weitere Entsorgung der zurückgenommenen Abfälle in der Sortieranlage der Firma S... mbH, H... in 0...W... als erster Entsorgungsanlage erfolge (Ziffer 1, Satz 1 und 2). Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs (Ziffer 2), eine eventuelle Beendigung der Durchführung des Verfahrens zur freiwilligen Rücknahme der gebrauchten Textilien sei dem LfU unverzüglich anzuzeigen (Ziffer 3). Für den Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 616,00 EUR erhoben (Ziffer 4).

Zur Begründung wurde ausgeführt: Auch ein Hersteller oder Vertreiber, der nicht gefährliche Abfälle wie Alttextilien freiwillig zurücknehme, könne einen Feststellungsbescheid analog § 26 Abs. 6 KrWG beantragen, damit bei einer solchen Rücknahme dieser Abfälle aus privaten Haushalten die Überlassungspflicht des Abfallerzeugers gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KrWG entfalle. Das LfU habe sich davon überzeugt, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs. 6 i.V.m. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfüllt seien. Analog § 26 Abs. 6 KrWG i.V.m. § 26 Abs. 3 KrWG dürfe der Feststellungsbescheid nur für die freiwillige Rücknahme solcher Abfälle erlassen werden, die aus dem Gebrauch von Erzeugnissen herrührten, die von der Klägerin als Adressatin des Feststellungsbescheids selbst hergestellt oder vertrieben worden seien. Der Widerrufsvorbehalt stelle sicher, dass der Bescheid erforderlichenfalls an eine geänderte Rechtslage, an neue Rechtsauslegungen oder Rechtsprechungen und an eventuell neue Umstände im Rahmen der Feststellungsvoraussetzungen angepasst werden könne. Die Auflage diene dem Vollzug des Überwachungsauftrages der zuständigen Behörden bei der Abfallentsorgung (§ 47 Abs. 3 und 4 KrWG), falls die freiwillige Rücknahme der gebrauchten Textilien in der dargestellten Form nicht mehr stattfinde.

3.

Am Montag, den 14. Oktober 2013, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben mit den

Anträgen:

Es wird festgestellt, dass die von der Klägerin in ihren Filialen durchgeführte Rücknahme von Alttextilien gegen Gewährung einer Einkaufsgutschrift nicht dem Regelungskreis des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz v. 24.2.2012, BGBl I S. 212 - nachstehend „KrWG“) unterfällt.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Klägerin zur Rücknahme von Alttextilien gegen Gewährung einer Einkaufsgutschrift in ihren Filialen in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 KrWG berechtigt ist, ohne dass hier zuvor ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid nach § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 KrWG zu erteilen ist,

weiter hilfsweise, die Beklagte wird verpflichtet, Ziffer 1 des Bescheids vom 3. September 2013 wie folgt neu zu fassen: „Es wird festgestellt, dass die durch die Fa. A... bewirkte freiwillige Rücknahme von Alttextilien unabhängig davon, ob diese Alttextilien aus dem Gebrauch von der Fa. A... selbst hergestellter oder vertriebener Alttextilien herrühren, in Wahrnehmung der Produktverantwortung erfolgt.“

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht:

Der Hauptantrag sei zulässig, insbesondere stehe die begehrte Feststellung nicht im Widerspruch zu dem Umstand, dass die Klägerin einen Antrag beim LfU nach § 26 Abs. 6 KrWG gestellt habe. Denn dieser sei nur vorsorglich, wegen der vom Beklagten geäußerten Auffassung, dass die zurückgenommenen Altkleider als Abfälle zu qualifizieren seien, gestellt worden, um so das eingeführte Modell rechtlich abzusichern. Erloschen sei damit keineswegs ihr Feststellungsinteresse, auch wenn für den Fall des Obsiegens sich der Bescheid der Beklagten erledige, weil die zurückgebrachten Textilien nicht als Abfälle anzusehen seien. Die gleichen Erwägungen müssten gelten hinsichtlich des Hilfsantrags 1, der ebenfalls als Feststellungsklage zulässig sei.

Der Hauptantrag sei auch begründet. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse daran, dass festgestellt werde, dass von ihr zurückgenommene Alttextilien nicht als Abfälle i.S.v. § 3 KrWG anzusehen seien und daher das durch das KrWG geschaffene besondere „Rechtsverhältnis“ für diese Materialien nicht bestehe. Die Klägerin habe diese Frage dem renommierten Wirtschaftsrechtsexperten Prof. Dr. M... P... vorgelegt, der in seinem Gutachten, das sich die Klägerseite zu eigen mache, zu dem Ergebnis komme, dass die von den Kunden der Klägerin zurückgebrachten Gebrauchttextilien vor allem deswegen keinen Abfall darstellten, weil sich die Kunden dieser nicht entledigen wollten. Ausschlaggebend sei v.a. der entgeltliche Charakter des Erwerbsgeschäfts, mit dem der Kunde die Vorstellung verbinde, dass es sich bei den von ihm veräußerten Textilien nicht um wertlosen, unbrauchbaren Müll handele. Die restriktiv angelegte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu unentgeltlich veranstalteten Textilsammlungen in Altkleidercontainern stehe dem nicht entgegen. Es handele sich bei dem Abtransport der Kleidung aus den Filialen um einen Vorgang, der der Abfallvermeidung diene und deshalb nicht dem Abfallrecht unterfalle.

Jedenfalls sei die Klage aufgrund des Hilfsantrages 1 begründet. Denn die Rechtsauffassung des Beklagten im Bescheid vom 3. September 2013, dass ein Feststellungsbescheid „analog“ § 26 Abs. 6 KrWG zu beantragen gewesen sei, sei ersichtlich unzutreffend, weil es im vorliegenden Fall für eine Analogie keinen Raum gebe. Da nämlich die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Satz 1 KrWG – ausweislich der Gesetzesmaterialien – nur für gefährliche Abfälle geschaffen worden seien, fehle es im Hinblick auf ungefährliche Abfälle an einer „planwidrigen“ Regelungslücke. Die Rücknahme von nichtgefährlichen Abfällen bedürfe deshalb keines Bescheids nach § 26 KrWG, um einen Ausschluss der Überlassungspflichten nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 KrWG herbeizuführen.

Auch der Hilfsantrag 2 sei – falls über ihn überhaupt entschieden werden müsse – zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Bescheid sei in zwei Punkten rechtswidrig. Zum einen sei die Beschränkung auf „selbst hergestellte oder vertriebene Textilien“ nicht mit den Bestimmungen des KrWG, die eine freiwillige Produktrücknahme im Rahmen der Wahrnehmung der Produktverantwortung für zulässig erachteten, in Einklang zu bringen. Man berufe sich zunächst auf ein Gutachten des renommierten Experten Prof. Dr. K... F..., der zum Ergebnis komme, dass insoweit auch Fremderzeugnisse zurückgenommen werden dürften. Zum anderen sei es der Klägerin praktisch unmöglich, jedes einzelne Kleidungsstück daraufhin zu überprüfen, ob es von ihr vertrieben worden sei. Die vom Beklagten angestellte Auslegung des Gesetzes könne nicht überzeugen. Zum anderen sei auch die von dem Beklagten gesetzte Bedingung, dass eine Verwertung nur in Wolfen erfolgen dürfe, rechtswidrig. Aus § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 KrWG ergebe sich hierfür keine Rechtsgrundlage, die Voraussetzungen des § 36 VwVfG seien ebenfalls nicht erfüllt. Aus einer früheren Zustimmung der Klägerin lasse sich keine Befugnis zum Erlass einer entsprechenden Bedingung ableiten; eine solche Beschränkung sei auch unverhältnismäßig.

4.

Das LfU stellte für den Beklagten den Antrag,

die Klage im Hauptantrag wie auch in den Hilfsanträgen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen:

Die Klageanträge erwiesen sich als auslegungsbedürftig. So habe der Hauptantrag ausschließlich die genannte Feststellung zum Gegenstand und enthalte keine Anfechtung des Bescheids vom 3. September 2013, so dass im Falle des Erfolgs des Hauptantrags die beantragte Feststellung neben dem dann bestandskräftigen Bescheid – und im Widerspruch zu diesem – stehe. Ein solcher Widerspruch ergebe sich auch im Falle des Erfolgs des Hilfsantrags 1. Der Hilfsantrag 2, der sich als Verpflichtungsklage verstehen lasse, sei aber nicht mit dem Antrag vom 5. August 2013 identisch.

Der Hauptantrag sei als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO bereits unzulässig, weil die Klägerin ihre Klage grundsätzlich durch eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 3. September 2013 verfolgen könne und ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung fehle, da der Antrag dem eigenen Verhalten und den eigenen Erklärungen im Verwaltungsverfahren widerspreche. Der Hauptantrag sei jedenfalls unbegründet, weil es sich bei der von der Klägerin vorgenommenen Tätigkeit um die Rücknahme und Sammlung von Abfällen i.S.d. § 3 Abs. 1 bis 3 KrWG handele. Denn bei den zurückgebenden Kunden stehe die Entledigungsabsicht im Vordergrund. Für die Sammlung von Altkleidung habe das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 19. November 1998 festgestellt, dass gesammelte Altkleidung dem Abfallrecht unterfalle. Dies müsse auch für Rücknahmesysteme gelten, jedenfalls wenn Alttextilien unabhängig von Marke und Zustand zurückgenommen würden. Für die Abfalleigenschaft spreche auch, dass die zurückgegebenen Textilien vor einer etwaigen weiteren Verwendung sortiert und von Schadstoffen befreit werden müssten und dass nicht mehr alle Alttextilien für ihren ursprünglichen Zweck genutzt werden könnten. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass den Kunden für die Rückgabe eine (geringe) Vergütung gewährt werde. Die Schlussfolgerung des Gutachtens von Herrn Prof. Dr. P... sei nicht überzeugend.

Der vorrangige Hilfsantrag sei bereits unzulässig, weil es der Klägerin an einem berechtigten Interesse nach § 43 Abs. 1 VwGO fehle, nachdem sie im Verwaltungsverfahren ausdrücklich um die Erteilung eines Feststellungsbescheids nach § 26 Abs. 6 KrWG ersucht habe. Unabhängig davon sei die mit dem Hilfsantrag verfolgte Feststellungsklage jedenfalls unbegründet, weil nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG für die Freiheit von der Überlassungspflicht ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid nach § 26 Abs. 3 bzw. Abs. 6 KrWG zwingend erforderlich sei. Ein solcher Bescheid müsse wirksam vorliegen, bevor eine Ausnahme nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG zum Tragen komme. Ein Feststellungsbescheid könne nach § 26 Abs. 6 KrWG ausdrücklich für eine „angezeigte“ freiwillige Rücknahme von gefährlichen, aber auch von nicht gefährlichen Abfällen erklärt werden. Eine andere Auslegung führe zu Wertungswidersprüchen und werde der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht gerecht.

Der weitere Hilfsantrag der Klägerin müsse ebenfalls erfolglos bleiben, denn eine im Rahmen der Produktverantwortung durchgeführte freiwillige Rücknahme von Abfällen, die Voraussetzung für einen Feststellungsbescheid nach § 26 Abs. 6 KrWG sei, beschränke sich nach dem Wortlaut und nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auf selbst hergestellte bzw. selbst vertriebene Erzeugnisse des zurücknehmenden Herstellers oder Vertreibers. Soweit der Hilfsantrag gegen die Bedingung gerichtet sei, dass die Verwertung nur in der Anlage in Wolfen erfolgen dürfe, sei die Klage unzulässig, weil die Klägerin nicht beschwert sei, da sie im Verwaltungsverfahren dieser Beschränkung des Verwertungswegs ausdrücklich zugestimmt habe. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, weil die Bedingung erforderlich sei, um die dauerhafte Einhaltung der Voraussetzungen für die Feststellung nach § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 KrWG sicherzustellen. Hiernach komme es auf die Gewährleistung der umweltverträglichen Verwertung und Beseitigung der Abfälle an.

5.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Behörden- bzw. Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag sowie im Hilfsantrag zu 1. unzulässig, bezüglich des Hilfsantrags zu 2. teilweise zulässig und insoweit auch begründet.

I.

Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die von ihr in ihren Filialen durchgeführte Rücknahme von Alttextilien gegen Gewährung einer Einkaufsgutschrift nicht dem Regelungskreis des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – „KrWG“) unterfällt.

1.

Eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist zwar statthaft, da das Bestehen eines Rechtsverhältnisses geklärt werden soll. Denn der Subsumtion eines Vorgangs unter das Regelungsregime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes folgen unmittelbar bestimmte Rechte und Pflichten der Beteiligten. Insofern handelt es sich nicht bloß um eine nicht feststellungsfähige Vorfrage eines Rechtsverhältnisses (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 Rn. 13).

Die Klägerin kann unter diesem Gesichtspunkt auch ein berechtigtes Interesse geltend machen, da die Rechtslage unklar ist. Der Klägerin ist daran gelegen, die Reichweite ihrer abfallrechtlichen Verpflichtungen zu klären. Insbesondere ist es ihr nicht zuzumuten, etwaige Sanktionen (Ordnungswidrigkeiten nach dem KrWG; vgl. § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG) abzuwarten.

2.

Die Feststellung kann jedoch nach § 43 Abs. 2 VwGO nicht begehrt werden, soweit die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungsklage verfolgen kann. Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage ist vorliegend nicht gewahrt, da die Klägerin vorrangig den Bescheid des Bayer. Landesamts für Umwelt vom 13. September 2013 hätte anfechten müssen.

2.1.

Dies gilt grundsätzlich auch in dem Fall, in welchem der Kläger zunächst eine Genehmigung beantragt, obwohl er der Ansicht ist, eine solche nicht zu benötigen. In dieser Situation ist eine Anfechtungsklage nicht per se aussichtslos, da weder die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO noch das Rechtsschutzinteresse fehlt (vgl. VG Darmstadt, U.v. 11.3.2004, 3 E 815/01[4] – juris Rn. 24; VG Würzburg, U.v. 5.7.2012, W 5 K 11.255 – juris Rn. 17; VG Frankfurt (Oder), U.v. 10.9.2014, 5 K 577/11 – juris Rn. 24).

Zwar ist es zutreffend, dass die Klagebefugnis grundsätzlich eine Belastung des Klägers voraussetzt. Daran kann man vorliegend insofern zweifeln, als die Klägerin einen positiven Feststellungsbescheid im Sinne des § 26 Abs. 6 KrWG erhalten hat. Ungeachtet dessen ist es anerkannt, dass die Frage der Begünstigung bzw. der Belastung durch einen Verwaltungsakt im Einzelfall angesichts der Interessen des Klägers in der konkreten Situation beurteilt werden muss (Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 76). Eine Betrachtung der Interessen der Klägerin zeigt, dass sie den Feststellungsbescheid quasi „unter dem Druck der Umstände“ (Kopp/Schenke, a.a.O.) beantragt hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin in dem Schreiben vom 6. Juni 2013 an das Bayer. Landesamt für Umwelt (vgl. Bl. 1 bis 12 der Behördenakte). In einem solchen Fall entfällt die Klagebefugnis nicht. Gleiches gilt für das Rechtsschutzinteresse, soweit die Klägerin geltend macht, den Antrag nur zu stellen, um drohende Schwierigkeiten zu vermeiden, obwohl die Handlung, für die die „Genehmigung beantragt wurde, nach Auffassung der Klägerin nicht genehmigungspflichtig ist“ (so Kopp/Schenke, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 43). In diesem Fall kann ihr ein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung des Bescheids nicht abgesprochen werden.

Die Erteilung einer Erlaubnis bzw. Genehmigung kann zum einen zur Folge haben, dass unmittelbar oder mittelbar mit ihr Belastungen verbunden sind, die der Genehmigungsadressat ohne die erteilte Genehmigung nicht zu tragen hätte. Weiterhin erweckt die Existenz einer erteilten Genehmigung den Anschein, als ob das dem Verwaltungsakt zugrundeliegende tatsächliche Geschehen auch genehmigungsbedürftig sei. Der Adressat einer ihm erteilten „aufgedrängten“ Genehmigung hat im Hinblick auf die in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit die Befugnis, diese Genehmigung vor den Verwaltungsgerichten mit der Begründung, er bedürfe ihrer von Rechts wegen nicht, anzufechten. Der Kläger kann auch nicht auf die Möglichkeit der Erhebung einer Klage auf Feststellung verwiesen werden. Eine erfolgreiche Feststellungsklage hätte nämlich nicht zur Folge, dass die als „aufgedrängt“ empfundene Genehmigung beseitigt würde (vgl. VG Darmstadt, a.a.O.; VG Würzburg, a.a.O.; VG Frankfurt (Oder), a.a.O.).

2.2.

Eine andere Beurteilung wäre nur dann veranlasst, wenn durch die Feststellungsklage Rechtsschutz in gleichem Umfang und in gleicher Effektivität wie durch eine Gestaltungsklage zu erlangen ist. Diesbezüglich sind für bestimmte Fallgestaltungen Ausnahmen vom Grundsatz des § 43 Abs. 2 VwGO anerkannt. So ist es beispielsweise möglich, direkt eine Feststellung zu begehren, wenn der Kläger Rechte gerade ohne Rücksicht auf eine mit der Verpflichtungsklage verfolgbare behördliche Gestattung zu haben behauptet (Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 29). Vorliegend scheidet diese Möglichkeit aus, da ein Feststellungsbescheid schon erlassen ist und in der Folge auch Tatbestandswirkung entfaltet. Die Tatbestandswirkung stünde der beantragten Feststellung widersprüchlich gegenüber.

Des Weiteren ist der Weg zur Feststellungsklage nicht verschlossen, wenn das Klageziel durch Anfechtung nicht erreicht werden kann. Dies kommt in Betracht, wenn es um den Inhalt und die Auslegung eines Verwaltungsakts geht oder wenn ein Streit darüber besteht, ob sich ein Verwaltungsakt erledigt hat. Hält der Kläger jedoch einen feststellenden Verwaltungsakt für rechtswidrig und begehrt eine positive, nicht durch Verwaltungsakt erfolgende Feststellung, so muss er die Anfechtungsklage mit der Feststellungsklage kombinieren (Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 26. EL. 2014, § 43 Rn. 47; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2014, § 43 Rn. 24).

Die Feststellungsklage bietet auch nicht den effektiveren Rechtsschutz (vgl. hierzu die st. Rspr. des BVerwG, z.B. U.v. 21.2.2008, 7 C 43/07 – juris Rn. 10 m.w.N.). Im Zuge der Anfechtungsklage kann nämlich eine abschließende Klärung der Frage herbeigeführt werden, ob die von der Klägerin durchgeführte Sammlung von Alttextilien unter das Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fällt. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine Vorfrage (so etwa BayVGH, U.v. 10.7.2006, 22 BV 05.457 – juris Rn. 34), sondern eine zentrale Feststellung, die Gegenstand der materiellen Rechtskraft eines entsprechenden Urteils wäre.

Bestätigt wird das Ergebnis, die Zulässigkeit der Feststellungsklage aufgrund von § 43 Abs. 2 VwGO scheitern zu lassen, auch durch die Überlegung, dass die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts unzulässig ist (Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rn. 31). Daneben bestünde die Gefahr der Umgehung der besonderen Sachurteilsvoraussetzungen für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen, insbesondere die Fristbindung durch § 74 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Zulassung einer Feststellungsklage in der hier gegebenen Situation würde es der Klägerin ermöglichen, zeitlich unbegrenzt gegen die Feststellung im Bescheid vom 3. September 2013 vorzugehen. Daher ist die Subsidiaritätsklausel auch im vorliegenden Fall strikt zu handhaben (allgemein hierzu BeckOK, VwGO, Stand 10/2014, § 43 Rn. 14).

II.

Die Klage ist zudem unzulässig, soweit die Klägerin im ersten Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass sie zur Rücknahme von Alttextilien in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG berechtigt ist, ohne dass zuvor ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid nach § 26 Abs. 6 KrWG zu erlassen ist. In diesem Zusammenhang kann umfänglich auf die Ausführungen zu I. verwiesen werden.

Die gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Feststellungsklage scheitert an § 43 Abs. 2 VwGO, da vorrangig eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage zu erheben ist.

III.

Die Klage ist hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags, mit dem die Klägerin eine Neufassung der Ziffer 1 des Bescheids vom 3. September 2013 fordert, nur zum Teil zulässig, im Übrigen aber begründet.

1.

Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin eine Neufassung von Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 3. September 2013 mit der Feststellung fordert, dass die durch die Firma Adler bewirkte freiwillige Rücknahme von Alttextilien unabhängig davon, ob diese Alttextilien aus dem Gebrauch von der Firma Adler selbst hergestellter oder vertriebener Alttextilien herrühren, in Wahrnehmung der Produktverantwortung erfolgt.

1.1.

Eine Auslegung des Antrags (§ 88 VwGO) ergibt, dass sich die Klage zum einen gegen die Beschränkung im Bescheid auf von der Klägerin selbst hergestellte oder vertriebene Waren, zum anderen aber auch gegen die Beschränkung auf eine Entsorgung in der Sortieranlage der Firma S... mbH in ...W... richtet. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich hierbei nicht um selbständig anfechtbare Nebenbestimmungen im Sinne von Art. 36 BayVwVfG, sondern um eine Inhaltsbestimmung (Ziffer 1 Satz 1) bzw. um eine sog. modifizierende Auflage (Ziffer 1 Satz 2). Diese Beschränkungen stehen inhaltlich in einem untrennbaren Zusammenhang zur Hauptregelung des Verwaltungsakts und können somit nicht isoliert angefochten werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 36 Rn. 5, 63).

1.2.

Der Hilfsantrag zu 2. ist daher als Antrag im Rahmen einer Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, gerichtet auf eine Neufassung der Ziffer 1 des Bescheids vom 3. September 2013, zu interpretieren.

Die Verpflichtungsklage erweist sich im Übrigen als überwiegend zulässig. Die Klägerin ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO), da sich die Möglichkeit eines entsprechenden Anspruchs auf Neufassung der Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 3. September 2013 aus § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 KrWG ergibt. Die Klage ist auch rechtzeitig gemäß § 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO erhoben. Der streitgegenständliche Bescheid ist den Bevollmächtigten der Klägerin am 12. September 2013 zugegangen. Die Klageerhebung am Montag, den 14. Oktober 2013, erfolgte gemäß §§ 74 Abs. 1 und 2, 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB fristgemäß.

1.3.

Unzulässig ist der Verpflichtungsantrag aber insoweit, als sich die Klage auf eine Neufassung des Bescheids ohne Beschränkung auf eine Entsorgung in der Sortieranlage der Firma S... mbH in ...W... richtet (Ziffer 1 Satz 2 des Bescheids). Diesbezüglich fehlt der Klägerin die Klagebefugnis, jedenfalls aber das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren ihren Antrag vor Erlass des Feststellungsbescheids auf Nachfrage des Beklagten ausdrücklich auf den im Bescheid genannten Verwertungsweg beschränkt (vgl. Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin vom 5. August 2013, Bl. 26 der Behördenakte). Es liegt innerhalb der Dispositionsbefugnis des Antragstellers (vgl. § 26 Abs. 6 KrWG), den Antrag bezüglich einzelner Anforderungen inhaltlich einzuschränken (bezüglich der Verwertungswege vgl. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrWG). Der Antrag bestimmt insofern den Verfahrensgegenstand (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 21). Diesbezüglich hat sich die Klägerin ihrer materiellen Rechte begeben, was bereits die Klagebefugnis entfallen lässt. Jedenfalls aber hat sie damit den Rechtsschutz und damit das Rechtsschutzbedürfnis bezüglich einer über den Antrag hinausgehenden Feststellung im Bescheid verwirkt (Kopp/Schenke, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 53).

2.

Die Verpflichtungsklage ist begründet, soweit der angegriffene Bescheid in Ziffer 1 eine Beschränkung der Produktverantwortung auf von der Klägerin selbst hergestellte oder vertriebene Alttextilien enthält. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Abänderung und Neufassung der Regelung in Ziffer 1 Satz 1 des streitgegenständlichen Bescheids durch Wegfall der Beschränkungen der Produktverantwortung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

2.1.

Das Regelungsregime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes findet auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung. Alttextilien, die im Rahmen des von der Klägerin installierten Systems zurückgenommen werden, erfüllen den Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 KrWG.

Zutreffend legt die Klägerin dar, dass eine pauschale Aussage zu der Frage der Abfalleigenschaft von Alttextilien nicht möglich ist. Vielmehr ist die konkrete Ausgestaltung der Rücknahme von Textilien zu betrachten, die von der Abgabe an Second-Hand-Läden mit Sichtung eines jeden Einzelstücks bis zur Containersammlung die verschiedensten Ausgestaltungen erfährt (vgl. Gruneberg/Pieck, AbfallR 2013, 213 ff.). Vorliegend können die Kunden gebrauchte Textilien gegen Rabattgutscheine in Filialen der Klägerin abgeben. Dabei werden pro Tüte Gutscheine im Wert von 1,00 EUR bis 3,00 EUR ausgegeben.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG fallen unter den weiten Abfallbegriff alle Stoffe, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

Durch die Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft über die Textilien entledigt sich ihr Besitzer gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG und zwar unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 2 KrWG. Indem die Klägerin in ihren Filialen keine individualisierte Annahme von Kleidungsstücken unter Kontrolle des Zustands durchführt sowie keine Garantie einer unmittelbaren Weiterverwendung als Kleidung abgibt, wie das etwa in Second-Hand-Läden üblich ist, ist für den Kunden kein konkreter weiterer Verwendungszweck ersichtlich. Es entfällt jedenfalls für einen beachtlichen Zeitraum jede weitere Zweckbestimmung der Textilien. Insofern sind auch die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 19. November 1998 (7 C 31/97 – juris, Rn. 10) zur Abfalleigenschaft von gebrauchten, vom bisherigen Besitzer nicht mehr verwendeten und an eine Sammel-Organisation abgegebenen Kleidungsstücken übertragbar: „Die im Betrieb der Klägerin eingehende sog. Original-Sammelware ist Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 KrW-/AbfG. […] Der Besitzer hat sich dieser beweglichen Sachen durch Aufgabe der Sachherrschaft unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung entledigt.“ (vgl. mit weiteren Hinweisen zur Rspr. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 276).

Daneben greift auch der Tatbestand des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 sowie Satz 2 KrWG, wonach jedenfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ein Entledigungswille des Besitzers der Textilien festgestellt werden kann. Ein Wille zur Entledigung im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Mit der Verpackung und der Abgabe der Textilien an die Klägerin durch den Kunden entfällt die ursprüngliche Zweckbestimmung der Kleidung und der Stoffe. Ein neuer Verwendungszweck ist zunächst nicht ersichtlich. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der Containersammlung. Es kommt zu einer Vermischung der Stoffe, da anders als etwa im Second-Hand-Laden keine Inaugenscheinnahme der Textilien stattfindet. Die Erwartung des Kunden, dass die Stoffe weiter als Bekleidung oder zu einem entsprechenden Zweck genutzt werden, ist nicht begründet, sondern stellt lediglich ein Motiv dar (vgl. OVG NRW, B.v. 20.1.2014, 20 B 331/13; VG Cottbus, B.v. 5.6.2014, 3 L 78/14 – jeweils juris; Gruneberg/Pieck, AbfallR 2013, 213, 216). Eine Entledigung bzw. der Entledigungswille entfällt auch nicht dadurch, dass ein Rabatt im Rahmen eines Gutscheinsystems gewährt wird. Abgesehen davon, dass im allgemeinen Bewusstsein mittlerweile die Wertigkeit von „Abfällen“ verankert ist und die Verwertung von Abfällen unzweifelhaft Teil des Wirtschaftsgeschehens ist (BVerwG, U.v. 19.11.1998, 7 C 31/97 – juris Rn. 13), ist aufgrund der Ausgestaltung der Annahme der Textilien ausgeschlossen, dass der Kunde den Rabatt als „Entgelt“ für eine Ware interpretiert: Die Annahme erfolgt nicht individuell bezogen auf die einzelne Sache, sondern nach Gewicht bzw. Größe des Sammelbehältnisses. Es findet keine Sichtung der übergebenen Teile statt. Es werden pauschal Gutscheine zu einem bestimmten (geringen) Wert ausgegeben. All dies lässt den Schluss zu, dass für den Kunden ersichtlich nur ein Anreiz geschaffen werden soll, Alttextilien bei einem bestimmten Händler und nicht in einem Container abzugeben, und dass die Kundenbindung der eigentliche Sinn eines Gutscheinsystems ist (so auch VG Cottbus, B.v. 5.6.2014, 3 L 78/14 – juris Rn. 13).

Schließlich entledigt sich der Kunde der Alttextilien dadurch, dass er sie einem Verwertungsverfahren zuführt (§ 3 Abs. 2 Alt. 1 KrWG). Indem die Textilien ohne Eingangskontrolle und -sortierung angenommen werden, müssen sie vom weiterverarbeitenden Betrieb zunächst einer Sichtung und einer Sortierung unterzogen werden. Über die Einordnung dieses Vorgangs besteht keine Einigkeit. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, es handele sich um eine Maßnahme der Abfallvermeidung gemäß § 3 Abs. 20 KrWG oder eine Maßnahme der Wiederverwendung gemäß § 3 Abs. 21 KrWG, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Maßnahmen, die die Abfalleigenschaft eines Stoffes per se ausschließen würden, sind abzugrenzen von Maßnahmen der „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ nach § 3 Abs. 24 KrWG. Dabei handelt es sich um Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei denen Erzeugnisse, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren. Ein Blick auf die Gesetzesmaterialien zum neuen KrWG und die Entstehungsgeschichte zeigt, dass der Gesetzgeber Vorgänge im Sinn hatte, die der hier gegebenen Konstellation genau entsprechen. So ist der Begriff der „Vorbereitung der Wiederverwendung“ dadurch gekennzeichnet, dass Erzeugnisse oder deren Bestandteile nur durch „wenig materialintensive Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung und Reparatur“ so vorbereitet werden können, dass sie für ihren ursprünglichen Zweck wiederverwendet werden können (BT-Drs. 17/6052, S. 75). Unabhängig, für welchen Zweck Alttextilien und Stoffe letztlich vorgesehen sind, müssen sie diesen Prozess zwingend durchlaufen. Da die gesammelten Materialien daher zu Abfall geworden sind, scheidet der Tatbestand der „Vermeidung“ gemäß § 3 Abs. 20 KrWG von vornherein aus. Dasselbe gilt für eine „unmittelbare“ Wiederverwendung (§ 3 Abs. 21 KrWG), selbst bei einer hohen Wiederverwendungsquote. Der Unmittelbarkeitszusammenhang ist durch die Zwischenschaltung eines Verwertungsverfahrens unterbrochen.

2.2.

Ferner besteht ein Bedürfnis der Klägerin auf eine Neufassung von Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 3. September 2013, da die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 KrWG nur dann entfällt, wenn die Klägerin Abfälle in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 KrWG freiwillig zurücknimmt und hierfür ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid nach § 26 Abs. 3 oder Abs. 6 KrWG erteilt worden ist. Der Ansicht der Klägerin, dass dies nach der aktuellen Fassung des KrWG nur für gefährliche Abfälle gilt, ist nicht zu folgen.

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG besteht die Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 KrWG freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Freistellungs- oder Feststellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder Absatz 6 erteilt worden ist. Dabei ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG die Voraussetzungen einer freiwilligen Rücknahme in Ausübung der Produktverantwortung abschließend geregelt hat. Zwar scheidet die Erteilung eines Freistellungsbescheids nach § 26 Abs. 3 KrWG an die Klägerin aus, da sie keine gefährlichen Abfälle zurücknimmt und daher nicht von Pflichten der Nachweisführung gemäß § 50 KrWG über die Entsorgung gefährlicher Abfälle betroffen ist. Möglich ist aber die Erteilung eines Feststellungsbescheids nach § 26 Abs. 6 KrWG.

Anders als die Klägerin meint, bedeutet der Verweis in der Vorschrift auf eine „angezeigte Rücknahme von Abfällen“ nicht zwingend, dass ein Fall des § 26 Abs. 2 KrWG gegeben sein muss, nämlich das Vorliegen gefährlicher Abfälle. Es muss der Klägerin vielmehr mit Blick auf die freiwillige Rücknahme ungefährlicher Abfälle in Wahrnehmung der Produktverantwortung und mit Blick auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG möglich sein, auch für diesen Fall eine Feststellung durch die zuständige Behörde zu erreichen (so auch Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 26 Rn. 43; Schink/Versteyl, KrWG, 2012, § 26 Rn.14; Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl. 2012, § 26 Rn. 24). Bei anderer Ansicht würde die vom Gesetzgeber wohl nicht beabsichtigte Folge eintreten, dass eine freiwillige Rücknahme im Kontext der Produktverantwortung bei ungefährlichen Abfällen ausscheidet (so ausdrücklich Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 26 Rn. 18, mit Verweis auf den „unglücklichen“ Wortlaut der Vorschrift). Eine andere Ansicht wäre im Hinblick auf die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG und die Ausnahme in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG auch nicht praktikabel. Zudem hat der Gesetzgeber die Beantragung eines Feststellungsbescheids nach § 26 Abs. 6 KrWG für ungefährliche Abfälle durchaus bedacht, wie ein Blick in die Begründung zum Gesetzentwurf des KrWG zeigt (BT-Drs. 17/6052). Dort ist unter Punkt VI. 2. a) ee), S. 64, ausgeführt, dass § 26 Abs. 6 KrWG ein Verfahren festlegt, „durch welches Hersteller und Vertreiber, die nicht gefährliche Abfälle zurücknehmen, die Feststellung beantragen können, dass die Rücknahme der Abfälle in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 23 erfolgt. Soweit die entsprechende Feststellung erfolgt, gilt für diese Rücknahme auch die Privilegierung nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 (Ausnahme von der Überlassungspflicht).“

2.3.

Erfolgreich ist die Verpflichtungsklage, soweit die Klägerin die Neufassung der Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 3. September 2013 ohne die Beschränkung auf die Rücknahme selbst hergestellter oder vertriebener Alttextilien begehrt. Die Klägerin hat einen Anspruch aus § 26 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 KrWG auf Feststellung durch den Beklagten, dass die freiwillige Rücknahme der Alttextilien in Wahrnehmung der Produktverantwortung und unabhängig davon erfolgt, ob die Textilien von der Klägerin selbst hergestellt oder vertrieben wurden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

2.3.1.

Der Begriff der „Produktverantwortung“ nach der Konzeption des KrWG ist im Gesamtzusammenhang der §§ 23 ff. KrWG zu sehen. Bei einer Auslegung des Begriffs stehen sich zwei unterschiedliche Ansätze gegenüber: die Position des Beklagten, der von einer engen Auslegung des Begriffs (so auch Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall – LAGA) unter der Prämisse ausgeht, dass eine Verantwortlichkeit eigenes vorangegangenes Tun voraussetzt, sowie andererseits die Ansicht der Klägerin, dass die Produktverantwortung im Zusammenhang des KrWG im Sinne eines „Gruppenlastprinzips“ ausgestaltet ist. Das bedeutet, dass Hersteller und Vertreiber in einer Verantwortungsgemeinschaft für Waren der betreffenden Gattung vereint sind (vgl. im Ergebnis Feststellungsbescheid der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und Hansestadt Hamburg vom 25. März 2013 gegenüber der Fa. H...).

2.3.2.

Die Wortlautauslegung im Rahmen des § 26 KrWG ist wenig ertragreich. Die Beklagtenseite verweist darauf, dass „Rücknahme“ im Sinne des § 26 Abs. 6 KrWG bedeuten müsse, dass Abfälle vom entsprechenden Hersteller oder Vertreiber selbst in den Verkehr gebracht worden seien. Auch spreche die Formulierung in § 26 Abs. 3 KrWG, vgl. „von ihm hergestellte oder vertriebene Erzeugnisse“, dafür, dass der Begriff der Produktverantwortung eng auszulegen ist.

Diese Schlussfolgerung überzeugt jedoch nicht (vgl. etwa die weite Auslegung des Begriffs der „Rücknahme“ in § 23 Abs. 2 Nr. 5 KrWG; hierzu Schink/Versteyl, KrWG, § 23 Rn. 73). Insbesondere die restriktive Interpretation des Begriffs der Produktverantwortung in § 26 Abs. 3 KrWG, beschränkt auf „von ihm hergestellte oder vertriebene Erzeugnisse“, lässt auch den gegenteiligen Schluss zu. Wenn der Gesetzgeber in einer Vorschrift die Besonderheit einer engen Auslegung eines Begriffs betont, spricht das eher dafür, dass der Begriff im Übrigen weit ausgelegt werden kann.

2.3.3.

Da auch die historische Auslegung des Begriffs der „Produktverantwortung“ mangels klarer Hinweise in den Gesetzesmaterialien zum KrWG nicht zielführend ist, ist auf den systematischen Zusammenhang sowie auf Sinn und Zweck der freiwilligen Rücknahme von Abfällen nach § 26 Abs. 6 KrWG abzustellen.

Auch diesbezüglich treffen zwei differierende Ansichten aufeinander (vgl. oben unter 2.3.1.): zum einen der Ansatz, der den Begriff der Produktverantwortung über das Verursacherprinzip als tragenden Grundsatz des KrWG interpretiert. Demnach weist die Rechtsordnung Verantwortung nur dann zu, wenn jemand durch eigenes Handeln hierfür den Anlass gegeben hat. Zu einer „Gruppenverantwortlichkeit“ kann es nach dieser Ansicht ausnahmsweise dann kommen, wenn der Gesetz- und Verordnungsgeber es ausdrücklich normiert hat. Beispiele finden sich im Elektro- und Elektronikgerätegesetz, im Batteriegesetz oder in der Verpackungsverordnung. Auf der anderen Seite argumentiert die Klägerin mit Blick auf § 1 KrWG und eine größtmögliche Förderung der Kreislaufwirtschaft für eine weite Auslegung des Begriffs der Produktverantwortung.

Bei einer Gesamtbetrachtung sprechen die besseren Argumente für eine weite Auslegung. Indiz hierfür ist die Konzeption der Kreislaufwirtschaft nach der Vorstellung des Gesetzgebers. Ziel ist nicht die Abfallbeseitigung, sondern die Bewirtschaftung von Abfällen im Sinne der Abfallvermeidung und Abfallverwertung (vgl. Jarass/Petersen, KrWG, § 1 Rn. 12 ff.). Dabei stellt die Produktverantwortung (§§ 23 ff. KrWG) eine tragende Säule dar. § 23 Abs. 1 Satz 1 KrWG verweist hierauf: „Wer Erzeugnisse entwickelt, herstellt, be- oder verarbeitet, trägt zur Erfüllung der Ziele der Kreislaufwirtschaft die Produktverantwortung. […]“ Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass die Produktverantwortung in der Kreislaufwirtschaft einen beachtlichen Raum einnimmt, was eher für eine extensive Interpretation des Begriffs spricht. Diese Auslegung wird unterstützt durch die Formulierung in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (ABl. EG Nr. L 312, S. 3, ber. ABl.EG 2009 Nr. L 127, S. 24). Art. 8 Abs. 1 der Abfallrahmenrichtlinie definiert zwar den Begriff der Herstellerverantwortung nicht konkret, geht aber ausdrücklich von einer „erweiterten Herstellerverantwortung aus“ und ermächtigt die Mitgliedstaaten, in großem Umfang die Verantwortlichkeiten der Hersteller auszugestalten. Eine Einschränkung auf eine Einzelverantwortung oder verpflichtende Systeme ist nicht erkennbar. Auszugehen ist vielmehr von einem weiten Handlungsspektrum für die Mitgliedstaaten.

Ferner ist die Produktgruppen- bzw. Produktartverantwortung kein neues Prinzip; sie wird in bereits bestehenden Rücknahmesystemen praktiziert. Der Gesetz- und Verordnungsgeber ist hier ohne weiteres von einer Ausdehnung der Rücknahmepflichten auf Fremdprodukte ausgegangen, indem er die Ermächtigungen des KrW-/AbfG (§ 24) und des KrWG (§ 25) umgesetzt hat: vgl. § 9 Abs. 1 BattG oder §§ 6 ff. VerpackV. Bezüglich einer Erstreckung der Rücknahmepflicht auf Fremdgeräte im Bereich des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes führt das Bundesverwaltungsgericht aus (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2009, 7 C 20/08 – juris Rn. 20 f.):

„[…] Die Hersteller können zudem freiwillig individuelle oder kollektive Rücknahmesysteme errichten und betreiben (§ 9 Abs. 8 ElektroG). Sie sind überdies von den Kosten der Sammlung der Altgeräte freigestellt, denn die Einrichtung und der Betrieb der Sammelstellen obliegt nach § 9 Abs. 3 und 4 ElektroG den öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgern. In Anbetracht dieser Gesamtumstände und im Hinblick auf die Gruppenverantwortung der Hersteller ist es auch nicht unzumutbar, dass die Hersteller auch die Entsorgung von Fremdgeräten finanzieren müssen. Für die Neu-Altgeräte folgt dies schon daraus, dass in der Kostenbelastung wegen der Unwägbarkeit des Fortbestehens der jetzigen Marktteilnehmer im künftigen Zeitpunkt des Abfallanfalls lediglich eine Art Vorausfinanzierung zu sehen ist. Hinsichtlich der historischen Altgeräte ist die Kostenbelastung für die aktuellen Marktteilnehmer dagegen Ausdruck eines Generationenvertrages zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt.

b) Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sich ebenfalls keine durchgreifenden Einwände gegen die im Elektro- und Elektronikgerätegesetz niedergelegten Abhol-, Bereitstellungs- und Entsorgungspflichten. Soweit die Klägerin auch zur Rücknahme und Entsorgung von Fremdgeräten verpflichtet ist und diese Kosten mittragen muss, ist dies bei kollektiven Sammelsystemen, für die die Klägerin sich entschieden hat, systemimmanent. Aus den bereits genannten Gründen ist auch keine Ausweitung der Sammelgruppen in § 9 Abs. 4 Satz 1 ElektroG geboten, um eine schärfer am Verursacherprinzip orientierte Zuordnung von Altgeräten an den entsorgungspflichtigen Hersteller zu gewährleisten. Eine willkürliche Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte verbindet sich mit den in § 9 Abs. 4 Satz 1 ElektroG vorgegebenen Sammelgruppen nicht. Der Gesetzgeber ist auch durch den Gleichheitsgrundsatz nicht daran gehindert, aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen und sich mit einer Typengerechtigkeit zu begnügen (BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 1971 – 1 BvL 7, 8/69 – BVerfGE 31, 119 <131 ff.>).“

Die zitierte Entscheidung geht von Prämissen aus, die insgesamt bei der Auslegung des Begriffs der „Produktverantwortung“ Anwendung finden müssen: Zum einen ist ausdrücklich von einer „Gruppenverantwortung der Hersteller“ die Rede, zum anderen von einem Generationenvertrag zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt. Das zeigt, dass diese Grundsätze der gesetzgeberischen Konzeption der Produktverantwortung nicht fremd sind und dementsprechend auch im Rahmen freiwilliger Rücknahmesysteme Geltung beanspruchen können. Darüber hinaus verdeutlicht das BVerwG, dass das Verursacherprinzip zwar ein tragendes Prinzip des Abfallrechts und der Kreislaufwirtschaft ist, dieses aber nicht statisch ist, sondern insbesondere unter dem Eindruck eines kollektiven Sammelsystems Einschnitte zulässt.

So war es schon unter Geltung des § 24 Abs. 1 KrW-/AbfG anerkannt, dass grundsätzlich das Verursacherprinzip gilt, jedoch Ausnahmen im Sinne einer Gruppenverantwortung möglich sein müssen, wenn eine Rückverfolgbarkeit nicht möglich ist und Produkte nicht mehr klar einem Hersteller oder Vertreiber zuordenbar sind (vgl. etwa Kaßmann/Frenz, Grundlagen der Verpackungsverordnung, 2008, S. 25 f. m.w.N. zum Meinungsstand). Damit ist mit der Praktikabilität ein weiterer wesentlicher Aspekt angesprochen. Die Einrichtung freiwilliger Rücknahmesysteme, die sowohl vom europäischen als auch vom deutschen Gesetzgeber vorgesehen sind, liefe bei Massenartikeln praktisch leer, wollte man strikt dem Verursacherprinzip folgen. Auch bei Alttextilien wird es nahezu unmöglich sein, diese immer einem bestimmten Hersteller zuzuordnen. Daher ist es zwar nötig, dass der Hersteller oder Vertreiber einen Verursachungsbeitrag für das Entsorgungsproblem gesetzt hat, nicht aber, dass er das konkret zur Verwertung anstehende Produkt in den Wirtschaftskreislauf gebracht hat.

Schließlich ist das Argument der Bewahrung einer „inneren Konsistenz der Einzelbestimmungen der Produktverantwortung“ (so das Gutachten von Prof. Dr. K... F..., S. 11, Bl. 96 der Gerichtsakte) nicht von der Hand zu weisen. Geht man im Rahmen der pflichtigen Rücknahme nach § 25 KrWG von einer Verpflichtung auch hinsichtlich von Fremdprodukten aus, so kann für die freiwillige Rücknahme nach § 26 KrWG nichts anderes gelten. Zumindest ist eine derartige Unterscheidung nicht offensichtlich vom Gesetzgeber im KrWG angelegt.

Soweit der Beklagte geltend macht, eine derart weitgehende Auslegung würde im Widerspruch zu dem austarierten System von Überlassungspflichten (vgl. §§ 17 und 18 KrWG) stehen, das zwischen den Interessen der entsorgungspflichtigen Körperschaften und der privaten Abfallwirtschaft ausgleicht, kann dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG anerkannt, dass die freiwillige Rücknahme in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 KrWG einen Ausnahmetatbestand von der allgemeinen Überlassungspflicht darstellt. Diese spezielle Regelung geht auch der Ausnahme für gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vor (Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 130). Dies macht in Zusammenschau mit den Vorschriften der §§ 23 ff. KrWG und vor allem § 26 KrWG, die die Bedeutung des Kooperationsprinzips im KrWG betonen (Jarass/Petersen, KrWG, § 26 Rn. 1, 45), deutlich, dass der Gesetzgeber das System der Produktverantwortung alternativ neben dem System der §§ 17 und 18 KrWG gesehen hat. Insofern haben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sowie gewerbliche und gemeinnützige Sammler aufgrund der gesetzlichen Konzeption Einschnitte hinzunehmen.

2.3.4.

Die Klägerin hat demnach einen Anspruch auf eine Neuformulierung der Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 3. September 2013, da eine Beschränkung auf von der Klägerin selbst hergestellte oder vertriebene Alttextilien nicht mit dem Begriff der Produktverantwortung in den §§ 26 Abs. 6 i.V.m. 23 KrWG vereinbar ist. Satz 2, der die „Bedingung“ regelt, dass die weitere Entsorgung der zurückgenommenen Abfälle in der Sortieranlage der Fa. S... mbH, H... in 0...-W... als erster Entsorgungsanlage erfolgt, bleibt hiervon unberührt. Diesbezüglich war die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. oben Punkt III.1.).

IV.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

V.

Die Berufung war gem. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 i.V.m. 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).