Bayerischer VGH, Urteil vom 03.12.2014 - 4 N 14.2046
Fundstelle
openJur 2015, 3304
  • Rkr:

Es ist prinzipiell zulässig und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn eine Gemeinde den Vorsitzenden der Ratsfraktionen und ihren Stellvertretern eine Aufwandsentschädigung gewährt, deren Höhe sich an der Fraktionsgröße orientiert.Normenkontrolle gegen Entschädigungssatzung; Aufwandsentschädigung für Fraktionsvorsitzende; Begriff der „ehrenamtlichen Tätigkeit“; gemeindliche Förderung der Ratsfraktionen; Verbot einer verdeckten Parteifinanzierung; streng formale Gleichbehandlung von Mandatsträgern; zulässige Differenzierung nach der Fraktionsstärke; Kumulationswirkung mehrerer Fördermaßnahmen; unzulässige echte Rückwirkung

Tenor

I. § 2 der Zweiten Satzung zur Änderung der Satzung über die Entschädigung für Aufwand und Zeitversäumnis der ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder vom 24. Juli 2014 wird für unwirksam erklärt. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner neun Zehntel, die Antragsgegnerin ein Zehntel der Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten des Verfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Streitparteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Streitpartei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller sind Vorsitzende bzw. stellvertretende Vorsitzende von drei im Augsburger Stadtrat vertretenen kleineren Fraktionen mit jeweils drei bzw. vier Stadtratsmitgliedern. Sie wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen Änderungen der städtischen Aufwandsentschädigungssatzung (AES), wonach die Zulagen für Fraktionsvorsitzende und deren Stellvertreter nicht mehr wie bisher für alle Fraktionen in gleicher Höhe, sondern gestaffelt nach Fraktionsgröße gewährt werden sollen.

Nach § 1 Abs. 1 der auf Art. 20a GO gestützten Satzung über die Entschädigung für Aufwand und Zeitversäumnis der ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder in der Fassung vom 5. Mai 2009 (ABl. S. 99) steht den ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern zur Deckung der ihnen entstehenden Ausgaben eine monatliche Entschädigung von 1.272,00 Euro zu (Satz 1), die sich jeweils um den gleichen linearen Vom-Hundert-Satz und zeitgleich wie die Grundgehälter der Beamten der Besoldungsgruppe A 16 erhöht (Satz 2 und 3). Nach der ursprünglichen Regelung erhielten die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen für ihre erhöhten Aufwendungen den doppelten Betrag der den Stadtratsmitgliedern gewährten Entschädigung (Satz 4 a. F.), die ersten Stellvertreter einen um 50 v.H. und die zweiten Stellvertreter einen um 25 v.H. erhöhten Betrag (Satz 5 a. F.), wobei im Falle von zwei bzw. drei gleichberechtigten Stellvertretern jedem ein um 37,5 v.H. bzw. 25 v.H. erhöhter Betrag zustand (Satz 6 a. F.).

Nach § 1 der vom Stadtrat der Antragsgegnerin am 24. Juli 2014 beschlossenen Zweiten Änderungssatzung lautet § 1 AES in den Sätzen 4 bis 6 nunmehr wie folgt:

4 Die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen erhalten für ihre erhöhten Aufwendungen neben dem Grundbetrag aus Satz 1 zusätzlich eine erhöhte Entschädigungsleistung bei bis zu einschließlich 5 Fraktionsmitgliedern in Höhe von 75 v.H., bei bis zu 10 Fraktionsmitgliedern 100 v.H., bei bis zu 15 Fraktionsmitgliedern 125 v.H., bei bis zu 20 Fraktionsmitgliedern 131,5 v.H. und ab 20 Fraktionsmitgliedern 137,5 v.H. des Betrags der den ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern gewährten Entschädigung. 5 Die Zahl der für eine erhöhte Entschädigungsleistung zu berücksichtigenden Stellvertreter des Fraktionsvorsitzenden richtet sich nach der Stärke ihrer Fraktion, wobei je angefangenen fünf Mitgliedern einer Fraktion ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender bis maximal vier stellvertretende Vorsitzende zusteht; diese erhalten bei einer Fraktionsgröße von bis zu einschließlich 5 Personen zusätzlich 25 v.H. der den ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern gewährten Entschädigung und ab 6 Fraktionsmitgliedern jeweils 37,5 v.H. der den ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern gewährten Entschädigung pro Person und Monat. 6 Die erhöhte Entschädigung kann unter mehreren Personen aufgeteilt werden.

Die geänderten Vorschriften sind nach § 2 der Änderungssatzung vom 24. Juli 2014 mit Wirkung zum 1. Mai 2014 in Kraft getreten.

Gegen die im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 29. August 2014, S. 208, bekanntgemachte Neuregelung erhoben die Antragsteller am 18. September 2014 eine Normenkontrollklage. Sie beantragen,

§ 1 Satz 4 und 5 der Satzung über die Entschädigung für Aufwand und Zeitversäumnis der ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder in der Fassung der Zweiten Änderungssatzung vom 24. Juli 2014 für unwirksam zu erklären,

hilfsweise: § 2 der Zweiten Änderungssatzung vom 24. Juli 2014 für unwirksam zu erklären.

Bisher habe jede Fraktion größenunabhängig eine Gesamtzulage von 175 v.H. erhalten (Vorsitzender: 100 v.H., Stellvertreter: 50 + 25 v.H.). Die von den großen Fraktionen CSU (23 Mitglieder) und SPD (13 Mitglieder) initiierte Änderung führe dazu, dass nunmehr die CSU-Fraktion insgesamt 287,5 v.H. (+113), die SPD-Fraktion 237,5 v.H. (+63), die Fraktion der Grünen 175 v.H. (+/-0) und die drei Fraktionen der Antragsteller jeweils 100 v.H. (-75) erhielten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach einer vom Stadtrat beschlossenen Regelung den in den Ausschüssen vertretenen Fraktionen, Ausschussgemeinschaften und Wählergruppen eine personelle Ausstattung bzw. ein Personalkostenersatz ebenfalls nur gestuft nach ihrer Größe zustehe, nämlich bei 3 Mitgliedern eine 0,5 Teilzeitstelle, bei 4 bis 6 Mitgliedern eine Vollzeitstelle, bei 7 bis 9 Mitgliedern 1,25 Vollzeitstellen, bei 10 bis 20 Mitgliedern 2,5 Vollzeitstellen und ab 20 Mitgliedern 3 Vollzeitstellen, wobei sich die Vergütung bei Fraktionen mit bis zu 10 Mitgliedern – entsprechend den Gehaltsstufen für Beamte – für den Geschäftsführer nach A 14 und für die weiteren Mitarbeiter nach A 8 bestimme, während die Einstufung bei größeren Fraktionen nach A 15 bzw. A 9 erfolge.

Die Antragsteller seien antragsbefugt, da die Neuregelung unmittelbar und rückwirkend zu einer Verringerung ihrer Aufwandsentschädigung als Vorsitzende bzw. stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktionen führe, so dass sie möglicherweise in ihrem Recht auf angemessene Entschädigung und in ihrem Anspruch auf formelle Gleichbehandlung verletzt seien. Der Normenkontrollantrag sei begründet, da die angegriffenen Bestimmungen gegen höherrangiges Recht verstießen. Die Antragsgegnerin habe den bei der Entschädigungshöhe nach Art. 20a GO bestehenden Beurteilungsspielraum schon deshalb überschritten, weil sie gegen den aus Art. 38 Abs. 1 i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BV abzuleitenden und auf Stadtratsmitglieder zu übertragenden Grundsatz der strengen und formellen Gleichheit verstoßen habe. In früheren Entscheidungen zur Überlassung von Sachmitteln und zur Aufwandsentschädigung für Gemeinderatsmitglieder habe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auf den Grundsatz der formellen Gleichheit der Abgeordneten abgestellt, der eine grundsätzlich gleich hoch bemessene Entschädigung für die Abgeordnetentätigkeit unabhängig von der individuellen Höhe des finanziellen Aufwands gebiete. Ein zwingender Grund für eine Durchbrechung dieses Grundsatzes bestehe zwar, soweit den Fraktionsvorsitzenden und ihren Stellvertretern für finanzielle Mehraufwendungen und eigene Mühewaltung eine Zulage gewährt werde. Für eine Ungleichbehandlung der Fraktionsvorsitzenden untereinander sei ein solcher zwingender Grund aber nicht erkennbar.

Unabhängig von der Anwendbarkeit des strengen und formalen Gleichbehandlungsgrundsatzes im kommunalen Bereich verstoße die angegriffene Neuregelung jedenfalls gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV. Mit der Aufwandsentschädigung solle der mit der ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied verbundene materielle und zeitliche Aufwand ausgeglichen werden. Die Entschädigung müsse als Pauschalentschädigung für alle gleich sein, soweit sie dasselbe Amt ausübten. Die Antragsgegnerin dürfe nicht ohne sachliche Rechtfertigung einem Teil der Mandatsträger bessere Arbeitsbedingungen oder eine bessere finanzielle Ausstattung zukommen lassen als einem anderen Teil. Eine Erhöhung sei grundsätzlich nur für Personen gerechtfertigt, die über das Ehrenamt hinausgehende zusätzliche Aufgaben wahrnähmen. Danach sei eine Abstufung der Zuschläge nach der Fraktionsgröße nicht zu rechtfertigen. Die Aufgaben eines Fraktionsvorsitzenden seien ungeachtet der Fraktionsgröße überwiegend deckungsgleich, nämlich Bearbeitung von Fraktionspost, Bürger-anfragen und Verwaltungsvorlagen, Auswertung sämtlicher Anträge und Ausschuss-unterlagen, Vorbereitung eigener Fraktionsanträge, Vorbereitung und Leitung der Fraktionssitzungen, Auswertung der Rückläufe aus der Stadtverwaltung auf Anfragen und Anträge, Repräsentation der Fraktion bei Einladungen und paritätische Beteiligung im Ältestenrat. Die Antragsgegnerin habe diesen Sachverhalt bei dem Satzungsbeschluss unvollständig ermittelt und damit ihren Einschätzungsspielraum fehlerhaft ausgefüllt. Dem möglichen Einwand, dass in größeren Fraktionen ein höherer Abstimmungsbedarf bestehe, sei deren bessere Personalausstattung und die höhere Zahl der Stellvertreter entgegenzuhalten. Die Vorsitzenden der kleineren Fraktionen hätten zudem Sonderlasten zu tragen; sie müssten sich z. B. in die Sitzungsvorlagen und Beschlüsse jener Ausschüsse einarbeiten, in denen ihre Fraktion nicht vertreten sei. Auch repräsentative Aufgaben träfen die Vorsitzenden der kleinen Fraktionen härter als die Vorsitzenden der „Regierungsfraktionen“, die sich durch eine Mehrzahl von Stellvertretern vertreten lassen könnten.

Selbst wenn eine Differenzierung dem Grunde nach gerechtfertigt werden könnte, hätte die Antragsgegnerin jedenfalls bei der konkreten Ausgestaltung ihren Beurteilungsspielraum überschritten. Wenn das Argument zutreffe, dass mit zunehmender Fraktionsgröße auch der Arbeitsaufwand des Vorsitzenden erheblich ansteige, lasse sich ein Anstieg von nur 12,5 Prozentpunkten zwischen dem Vorsitzenden einer Fraktion von mehr als 10 Mitgliedern (125 v.H.) und einer Fraktion von mehr als 20 Mitgliedern (137,5 v.H.) nicht erklären, wenn man zugleich im Blick habe, dass der Vorsitzende einer Fraktion mit 5 Mitgliedern (75 v.H.) im Vergleich zum Vorsitzenden einer etwas mehr als doppelt so großen Fraktion von 11 Mitgliedern (125 v.H.) nur die Hälfte bekomme. Aus den gleichen Erwägungen verstoße auch die Abstufung der Entschädigungen für die Stellvertreter der Fraktionsvorsitzenden gegen den strengen und formalen Gleichheitssatz, jedenfalls aber gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Einführung eines „Stellvertreters 1. Klasse“ bei Fraktionen ab 6 Mitgliedern (Zulage 37,5 v.H) und eines „Stellvertreters 2. Klasse“ bei kleineren Fraktionen (Zulage 25 v.H.) sei nicht zu rechtfertigen. Dass die Anzahl der Stellvertreter von der Fraktionsgröße abhänge, werde nicht beanstandet; die Norm des § 1 Satz 5 AES sei allerdings nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB nicht teilbar.

Im Ergebnis benachteilige die Antragsgegnerin die kleinen Fraktionen in fünffacher Weise, nämlich durch die Staffelung der Zulage für die Fraktionsvorsitzenden, die geringere Zahl von Stellvertretern, deren geringere Zulagen, die schlechtere Personalausstattung nach Köpfen und die Eingruppierung der Mitarbeiter in eine geringere Entgeltgruppe. Diese unterschiedliche Behandlung sei vor dem Grundsatz der (auch monetären) Gleichbehandlung der Mandatsträger und der Chancengleichheit der Fraktionen im politischen Wettkampf nicht zu rechtfertigen. Gerade im Falle einer sog. Großen Koalition komme den kleinen Fraktionen eine besondere Verantwortung bei der Kontrolle der Arbeit von Stadtregierung und Stadtverwaltung zu; dem könnten sie nur gerecht werden, wenn sie die notwendigen Mittel erhielten.

Hilfsweise werde ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot geltend gemacht, da die am 24. Juli 2014 ausgefertigte und am 29. August 2014 bekanntgemachte Neuregelung nach § 2 der Änderungssatzung rückwirkend zum 1. Mai 2014 in Kraft gesetzt worden sei. Im Zeitraum vom 1. Mai 2014 bis zum 29. August 2014 sei der Tatbestand für die Aufwandsentschädigung nach der früheren Fassung der Vorschrift bereits erfüllt gewesen, so dass in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen werde. Darin liege eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung und damit ein Verstoß gegen das im Rechtsstaatsgebot verankerte Rückwirkungsverbot.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der bei der Bemessung der Abgeordnetenentschädigung zu beachtende strenge und formelle Gleichheitssatz (Art. 38 Abs. 1 i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) sei auf Entschädigungen von Gemeindevertretern nicht übertragbar. Es handle sich im Gegensatz zu einer Abgeordnetenentschädigung um keine Entschädigung mit Einkommenscharakter; der Gemeinderat sei auch kein Parlament, sondern ein kollegiales Exekutivorgan. Die Aufwandsentschädigung nach Art. 20a Abs. 1 Satz 1 GO solle den durch das Ehrenamt entstehenden Zusatzaufwand an Zeit und Mühe sowie die Mehrkosten der Lebensführung abgelten, nicht jedoch einer verdeckten Vergütung für die Gemeinderatstätigkeit gleichkommen. Jedenfalls auf die Entschädigung der Fraktionsvorsitzenden sei das Gebot formaler Gleichbehandlung nicht übertragbar. Der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, der Differenzierungen nur aus zwingenden Gründen zulasse, setze sich nach der Wahl zwar im Grundsatz der strengen Gleichbehandlung der Abgeordneten und Mandatsträger fort, deren Rechtsstellung und Mitwirkungsbefugnisse deshalb ebenfalls im streng formalen Sinne gleich sein müssten. Dies sei aber nicht auf Fraktionen übertragbar, da sich deren Rechtsstellung nicht unmittelbar auf die Wahl zurückführen lasse. Zwar handle es sich bei der Entschädigung für Fraktionsvorsitzende nicht um eine Zuwendung an die Fraktion selbst; die zusätzliche Entschädigung habe aber ihre Grundlage nicht unmittelbar im Stadtratsmandat, sondern in einem daneben bestehenden Amt, das auf eine eigene Wahl bzw. einen internen Bestellungsakt zurückzuführen sei.

Bei der Bemessung der Entschädigung sei zwar der allgemeine Gleichheitsgrundsatz zu beachten; der Normgeber müsse für Differenzierungen einen vernünftigen, sich aus der Natur der Sache ergebenden oder sonstwie einleuchtenden Grund angeben. Mit der Zulage für Fraktionsvorsitzende werde deren erhöhter Aufwand im Vorfeld von Gemeinderats- oder Ausschusssitzungen und bei der ratsinternen Abstimmung abgegolten. Der Mehraufwand eines Fraktionsvorsitzenden bei einer konkret aus 23 Mitgliedern bestehenden Fraktion sei ungleich höher als für einen Vorsitzenden mit nur zwei weiteren Fraktionsmitgliedern. So erübrigten sich dort etwa die Fraktionsvorstandssitzungen. Schwerpunkt der Arbeit der Fraktionsvorsitzenden sei die Koordination des Austauschs von Sachinformationen und Meinungen und das Finden von Problemlösungen. Selbst wenn größere Fraktionen mehrere stellvertretende Fraktionsvorsitzende hätten, resultiere aus einer zunehmenden Fraktionsgröße generell ein Mehr an Koordinations- und Motivationsaufwand. Dass die Fraktionsvorsitzenden der kleineren Fraktionen wegen der notwendigen Einarbeitung in Sitzungsvorlagen und Ausschussbeschlüsse Sonderlasten zu tragen hätten, sei nicht zutreffend, da diese Aufgaben jeden Fraktionsvorsitzenden beträfen. Es werde nicht verkannt, dass den Fraktionen ein Aufwand unabhängig von ihrer Größe entstehe, so dass eine proportionale Verteilung nach der Fraktionsstärke nicht gleichheitsgemäß wäre. Bei den Berechnungen der Entschädigungen für Fraktionsvorsitzende sei man deshalb von einem Sockelbetrag von 500,00 Euro ausgegangen. Zusätzlich habe man den Fraktionsvorsitzenden einen Steigerungsbetrag proportional zur Fraktionsgröße gewährt, wobei den ersten 15 Fraktionsmitgliedern innerhalb der Staffelung eine stärkere Gewichtung zukomme als den nachfolgenden Mitgliedern (degressiv-proportionale Abstufung). So erhielten die Fraktionsvorsitzenden bis jeweils 5 Fraktionsmitglieder 75 v.H. der Grundentschädigung mit einer anschließenden Steigerung um 25 v.H. pro weitere 5 Mitglieder, ab 16 Fraktionsmitglieder mit einer Steigerungsrate von 6,5 v. H. pro weitere 5 Mitglieder und ab 21 Fraktionsmitglieder mit einer Steigerung von 6 v.H. Insgesamt betrage der Differenzierungskorridor 62,5 v.H., so dass selbst bei einem Mehrfachen der Fraktionsgröße der Unterschied zwischen der ab 3 Mitgliedern zu leistenden Entschädigung von derzeit 1.057,50 Euro und der bei über 21 Mitgliedern zu leistenden Entschädigung von derzeit 1.938,75 Euro weniger als 100 Prozent betrage. Dieser Unterschied sei vertretbar und gerechtfertigt; eine Benachteiligung könne darin schon dem Grunde nach nicht gesehen werden.

Geschütztes Vertrauen werde durch die Neuregelung nicht verletzt, da zu Beginn einer Wahlperiode auch mit einschneidenden Änderungen gerechnet werden müsse. Bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung für Fraktionsvorsitzende müsse der verfassungsrechtlich gewährleistete Minderheitenschutz nicht berücksichtigt werden, da die Entschädigung nicht den Fraktionen oder Parteien zugutekommen, sondern die Übernahme eines öffentlichen Amts erleichtern solle. Bei den Entschädigungen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende sei unter Berücksichtigung eines geringeren Zeitaufwands ein Sockelbetrag von 250,00 Euro festgelegt worden, wobei nur eine Steigerung des Erhöhungsbetrags ab einer Größe von 5 Fraktionsmitgliedern stattfinde. Damit erhielten die stellvertretenden Vorsitzenden einer Fraktion mit bis zu 5 Mitgliedern einen Zuschlag in Höhe von 25 v.H., ab 6 Mitgliedern in Höhe von 37,5 v.H. der Grundentschädigung. Dies sei im Rahmen des Ermessensspielraums der Kommune zulässig. Der geringere Zuschlag für die stellvertretenden Vorsitzenden der kleinen Fraktionen rechtfertige sich daraus, dass die Delegation von Aufgaben auf die Stellvertreter hier nur minimal sein könne und eine „Selbstverwaltung der Stellvertreter“ vermieden werden solle.

Zu dem Hilfsantrag sei festzustellen, dass schon mit einem Antrag vom 7. Mai 2014 vorgeschlagen worden sei, die Entschädigung nach der Fraktionsgröße zu bemessen Deshalb sei zweifelhaft, ob die Fraktionsvorstände auf den Fortbestand der bisherigen Entschädigungsregelungen hätten vertrauen können. Spätestens mit dem gemeinsamen Antrag der CSU und der SPD habe sich eine systemändernde Neuregelung abgezeichnet, so dass von einem gesicherten und schutzwürdigen Vertrauen nicht mehr habe ausgegangen werden können. Insoweit fehle es bei Stadtratsmitgliedern auch an einer dem Bürger vergleichbaren Schutzbedürftigkeit. Während ein außenstehender Dritter grundsätzlich erst ab Bekanntmachung der Norm mit einer belastenden Regelung zu rechnen habe, fehle es den Fraktionsvorständen bzw. Stadtratsmitgliedern, die an der Entstehung einer neuen Satzung mitwirkten, an einem entsprechenden Vertrauensschutz.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und auf die Akten zum Normaufstellungsverfahren verwiesen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat nur zum geringeren Teil Erfolg.

1. Der Antrag, verschiedene Regelungen der Zweiten Änderungssatzung vom 24. Juli 2014 zur Satzung über die Entschädigung für Aufwand und Zeitversäumnis der ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder (Aufwandsentschädigungssatzung – AES) für unwirksam zu erklären, ist zulässig. Bei den angegriffenen Bestimmungen handelt es sich im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Abs. 1 AGVwGO um im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO wurde mit dem am 18. September 2014 eingegangenen Normenkontrollantrag gewahrt.

Die Antragsteller sind von der Satzungsänderung unmittelbar rechtlich betroffen und daher gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die angegriffene Rechtsänderung, wonach ihnen als Vorsitzende bzw. stellvertretende Vorsitzende kleinerer Stadtratsfraktionen mit Wirkung ab 1. Mai 2014 nur noch eine geringere Zulage als den Vorsitzenden größerer Fraktionen zusteht, in ihrem verfassungsmäßigen Recht auf Gleichbehandlung sowie in dem rechtsstaatlich verankerten Anspruch auf Vertrauensschutz verletzt zu sein.

2. Der Normenkontrollantrag ist bezüglich des Hauptantrags auf Unwirksamerklärung des § 1 Satz 4 und 5 AES unbegründet. Dass die Entschädigungszulagen für die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen abhängig von der jeweiligen Fraktionsgröße gewährt werden, ist mit höherrangigem Recht grundsätzlich vereinbar. Die von der Antragsgegnerin getroffene Regelung geht auch in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht über das zulässige Maß hinaus.

a) Die als Teil der Zweiten Änderungssatzung vom Stadtrat der Antragsgegnerin als dem zuständigen Organ (Art. 29, Art. 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GO) beschlossenen und im Amtsblatt vom 29. August 2014 ordnungsgemäß bekannt gemachten (Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO) Vorschriften über die Entschädigung der Fraktionsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter beruhen auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung. Diese ergibt sich allerdings – entgegen der Rechtsauffassung der Beteiligten – nicht aus der speziellen Bestimmung des Art. 20a GO über die Entschädigung ehrenamtlich tätiger Personen, sondern aus der allgemeinen Regelungskompetenz des Art. 56 Abs. 2 GO.

Die Vorschrift des Art. 20a Abs. 1 GO, die für ehrenamtlich Tätige einen gesetzesunmittelbaren Anspruch auf angemessene Entschädigung begründet (Satz 1), über dessen genaue Höhe die Gemeinde durch Satzung zu bestimmen hat (Satz 2), ist auf das „Amt“ des Vorsitzenden oder stellvertretenden Vorsitzenden einer Stadt- oder Gemeinderatsfraktion nicht anwendbar, da es sich dabei nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne der Vorschrift handelt. Art. 20a GO steht in engem Zusammenhang mit den vorangehenden Bestimmungen über die Verpflichtung zur Übernahme gemeindlicher Ehrenämter (Art. 19 GO) und über die Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht ehrenamtlich tätiger Personen (Art. 20 GO). Die Entschädigungsregelung des Art. 20a GO kommt daher, auch wenn dies aus dem Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich hervorgeht, nur bei „gemeindlichen Ehrenämtern“ gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GO zur Anwendung (Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Art. 20a GO Anm. 2). Die Bestimmungen gelten somit nicht für jeden, der sich in der Gemeinde in irgendeiner Form ehrenamtlich engagiert (z. B. für eine politische Vereinigung oder einen Sportverein), sondern nur für Personen, die von einem Gemeindeorgan beauftragt worden sind, eine gemeindliche Verwaltungstätigkeit unentgeltlich auszuüben (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, GO, Art. 19 Rn. 5; Hölzl/Hien/Huber, GO, Art. 19 Anm. 1.1.; Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O., Art. 19 Anm. 2). Den Fraktionsvorsitzenden und ihren Stellvertretern steht, da ihr Amt nicht auf einem gemeindlichen Auftrag beruht, keine Entschädigung nach Art. 20a GO zu (ebenso Hölzl/Hien/Huber, a.a.O., Art. 20a Anm. 2.3.1; Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O., Art. 20a Anm. 2, Art. 33 Anm. 3.5; vgl. auch BayVGH, B.v. 18.10.1989 – 4 N 88.2271BayVBl 1990, 372; a. A. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, GO, Art. 20a Rn. 7; unklar Wachsmuth in Schulz/Wachsmuth/Zwick u.a., Kommunalverfassungsrecht Bayern, GO, Art. 33 Anm. 3.1). Auf die Besetzung von Fraktionsämtern haben die Gemeindeorgane keinen Einfluss; die Fraktionsvorsitzenden sind auch nicht (unmittelbar) für die Gemeinde tätig, sondern handeln (zunächst) nur für ihre jeweilige Partei oder Wählergruppe. Da dementsprechend weder eine Verpflichtung zur Amtsübernahme nach Art. 19 GO noch eine Bindung an den Pflichtenkatalog des Art. 20 GO besteht, müssen die betreffenden Funktionsträger auch nicht zwingend aus gemeindlichen Haushaltsmitteln für ihren Mehraufwand entschädigt werden. Für eine planwidrige Regelungslücke ist insoweit nichts ersichtlich, so dass eine analoge Anwendung des Art. 20a GO ebenfalls ausscheidet.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Gemeinden kraft Gesetzes gehindert wären, den durch die Tätigkeit der Fraktionsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter zusätzlich entstehenden Aufwand zu ersetzen. Die Bestimmung des Art. 20a GO regelt zwar abschließend, für welche Art ehrenamtlicher Tätigkeit ein gesetzlicher Anspruch auf Aufwandsentschädigung gegenüber der Gemeinde besteht. Sie lässt aber das Recht der Gemeinden unberührt, auch sonstige ehrenamtliche Tätigkeiten, an deren Ausübung ein öffentliches Interesse besteht, unter Einhaltung der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zu fördern. Eine ausreichende gesetzliche Grundlage dafür bietet die in Art. 56 Abs. 2 GO festgelegte Verpflichtung der Gemeinden, „für den ordnungsgemäßen Gang der Geschäfte zu sorgen“. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nicht nur die generelle Befugnis, Störungen der kommunalen Verwaltungstätigkeit abzuwehren (z. B. durch die Ausübung des Hausrechts), sondern ebenso das Recht, die gemeindeinternen Verfahrensabläufe durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen und zu beschleunigen.

Die Gemeinden dürfen danach auch die Arbeit ihrer Stadt- bzw. Gemeinderatsfraktionen durch Sach- oder Finanzzuwendungen in angemessenem Umfang fördern (Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O., Art. 33 Anm. 3.5; Bauer/Böhle/Ecker, a.a.O., Art. 20a Rn. 3; Wachsmuth, a.a.O., Art. 33 Anm. 3.1; Wegmann, KommPr BY 1995, 12). Denn die Fraktionen sind nicht lediglich private Zusammenschlüsse gleichgesinnter Mandatsträger, sondern der „organisierten Staatlichkeit“ zuzurechnende Teile der Vertretungskörperschaft, die durch die jeweilige Geschäftsordnung anerkannt und mit eigenen Rechten ausgestattet sind (vgl. BVerfG, U.v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65BVerfGE 20, 56/104; U.v. 10.12.1974 – 2 BvK 1/73, 2 BvR 902/73BVerfGE 38, 258/273f.). Sie steuern und erleichtern in gewissem Grade den Meinungsbildungsprozess im jeweiligen Stadt- bzw. Gemeinderat, indem sie eine Arbeitsteilung unter ihren Mitgliedern organisieren, gemeinsame Initiativen vorbereiten und koordinieren sowie eine umfassende Information der Fraktionsmitglieder unterstützen; auf diese Weise fassen sie unterschiedliche politische Positionen zu handlungs- und verständigungsfähigen Einheiten zusammen (vgl. BVerfG, U.v. 13.6.1989, – 2 BvE 1/88BVerfGE 80, 188/231; BVerwG, U.v. 5.7.2012 – 8 C 22/11BVerwGE 143, 240 Rn. 19 m.w.N.). Zur Förderung dieser wichtigen Vorbereitungsfunktion dürfen die Gemeinden den Fraktionen grundsätzlich sowohl die benötigten Sachmittel wie z. B. Sitzungsräume, Fachliteratur und Bürobedarf unmittelbar zur Verfügung stellen (BayVGH, B.v. 12.10.2010 – 4 ZB 10.1246BayVBl 2011, 269) bzw. die dafür anfallenden Kosten pauschal erstatten (BayVGH, U.v. 16.2.2000 – 4 N 98.1341BayVBl 2000, 467) als auch den einzelnen Fraktionsmitgliedern Sitzungsgelder und Fahrtkostenentschädigungen für die Teilnahme an Fraktionsbesprechungen zahlen (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.1989 – 4 N 88.2271BayVBl 1990, 372; Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O., Art. 20a Anm. 2; Hölzl/Hien/Huber, a.a.O., Art. 20a Anm. 2.3; Nr. 5 der StMI-Bek. v. 21.12.2000, IB2-0041-28, AllMBl 2001, S. 3, geändert durch Bek. v. 14.5.2013, AllMBl S. 215).

Auf der gleichen Rechtsgrundlage können auch den Vorsitzenden der Ratsfraktionen und ihren Stellvertretern Entschädigungen für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen materiellen und insbesondere zeitlichen Aufwand gewährt werden (Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O.; Hölzl/Hien/Huber, a.a.O.). Derartige Zuwendungen dürfen allerdings – ebenso wie alle sonstigen Fraktionsfördermaßnahmen – weder den fraktionsbedingten Mehraufwand übersteigen, worin ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO) und vor allem eine unzulässige (verdeckte) Finanzierung der „hinter“ den Fraktionen stehenden Parteien und Vereinigungen läge (vgl. BVerfG, U.v. 19.7.1966 - 2 BvF 1/65 - BVerfGE 20, 56/105; BVerwG, B.v. 20.2.1976 – VII B 34.75 – juris Rn. 3; Wegmann, KommP BY 1995, 12), noch dürfen dadurch einzelne Mandatsträger – über Art. 20a GO hinaus – aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse zusätzlich alimentiert werden (s. BVerwG, U.v. 5.7.2012, a.a.O.). Im Übrigen steht aber den Gemeinden bei der Festlegung der Höhe und des Verteilungsmaßstabs der Zuwendungen ein weiter Bewertungs- und Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 29 f.; BayVGH, B.v. 12.10.2010 – 4 ZB 10.1246BayVBl 2011, 269 Rn. 4).

b) Die Antragsgegnerin hat mit den angegriffenen Bestimmungen, die eine nach der Fraktionsgröße gestaffelte Entschädigung der Fraktionsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter vorsehen, von ihrer Regelungsbefugnis nach Art. 56 Abs. 2 GO rechtmäßig Gebrauch gemacht.

aa) Es ist nicht ersichtlich, dass die Entschädigungen den mit den Leitungs- und Koordinierungsaufgaben des Fraktionsvorstands verbundenen Zusatzaufwand übersteigen würden, so dass ein Teil der Zuwendungen für reine Parteiarbeit unabhängig von der Mandatstätigkeit übrig bliebe.

Zwar können sich die Zahlungen bei Fraktionen mit über 20 Mitgliedern im Maximalfall (ein Vorsitzender, vier Stellvertreter) auf das annähernd Dreifache (287,5 v.H.) des jedem einzelnen Ratsmitglied zustehenden Entschädigungsbetrags summieren. Um innerhalb eines so großen Kreises von Mandatsträgern möglichst einheitliche Positionen zu allen vom Stadtrat und seinen Ausschüssen zu behandelnden Beratungsgegenständen zu erarbeiten, muss die Fraktionsführung aber einen ganz beträchtlichen Aufwand an internen Planungen, Besprechungen und Abstimmungen betreiben. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin die zeitliche Beanspruchung aller Vorstandsmitglieder bei Fraktionen dieser Größe insgesamt mit dem beinahe Dreifachen des für die einfache Mandatsausübung Erforderlichen veranschlagt. Dies gilt zumindest dann, wenn es wie hier um die Fraktionsarbeit innerhalb einer kreisfreien Stadt geht, da in diesem Falle neben den spezifisch gemeindlichen Aufgaben (Art. 7, Art. 8 GO) auch die den Landkreisen obliegenden Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises sowie die den Kreisverwaltungsbehörden zugewiesenen ursprünglich staatlichen Aufgaben (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 GO) zu erfüllen sind. In Anbetracht dieses weiten Zuständigkeitsbereichs und der daraus resultierenden Fülle möglicher Sachthemen sind insbesondere bei Städten mit hoher Einwohnerzahl und einer entsprechend großen Vertretungskörperschaft (im Falle der Antragsgegnerin bei ca. 278.000 Einwohnern 60 Ratsmitglieder, Art. 30 Abs. 2 Satz 2 GO) intensive Vorberatungen gerade innerhalb der größeren Fraktionen praktisch unverzichtbar, um den Willensbildungsprozess in den nachfolgenden Rats- oder Ausschusssitzungen innerhalb eines angemessenen Zeitraums zum Abschluss bringen zu können.

Für den (ersten) Vorsitzenden einer Fraktion kann die inhaltliche Vorbereitung und organisatorische Leitung der internen Diskussions- und Abstimmungsprozesse – je nach Zahl der Fraktionsmitglieder – sogar einen höheren Zeitaufwand erfordern als die eigentliche Ausübung des Mandats als einfaches Ratsmitglied. Es begegnet daher in Bezug auf eine mögliche Überförderung keinen rechtlichen Bedenken, dass die Antragsgegnerin in den angegriffenen Bestimmungen die Zusatzentschädigung für Vorsitzende einer mehr als 20-köpfigen Fraktion auf das 1,375-fache der Grundentschädigung (bei bis zu 20 Mitgliedern auf das 1,315-fache, bei bis zu 15 Mitgliedern auf das 1,25-fache, bei bis zu 10 Mitgliedern auf das 1,00-fache und bei bis zu 5 Mitgliedern auf das 0,75-fache) festgesetzt hat. Auch der Entschädigungszuschlag für die maximal vier stellvertretenden Vorsitzenden jeweils in Höhe des 0,375-fachen (bzw. des 0,25-fachen bei nicht mehr als fünf Mitgliedern) übersteigt nicht die zeitliche Zusatzbelastung, die durch ihr Mitwirken in der Fraktionsführung entstehen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der einzelnen Gemeinde hinsichtlich der Frage, inwieweit die Entscheidungsabläufe im Rat durch Förderung der vorbereitenden Fraktionstätigkeiten verbessert und beschleunigt werden können und sollen, eine aus ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV) abzuleitende Einschätzungsprärogative zusteht. Ob die gewährten Zuwendungen nach Art und Umfang notwendig und angemessen sind, bestimmt sich nicht allein nach rechtlichen Kriterien und unterliegt daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die bayerischen Gemeinden sind auch nicht gehindert, die Fraktionsvorsitzenden durch pauschale Zuwendungen zu entschädigen; sie müssen also zur Ermittlung des anfallenden zeitlichen Mehraufwands weder zunächst eine Bedarfsanalyse erstellen (vgl. BVerwG, U.v. 05.7.2012 – 8 C 22/11BVerwGE 143, 240 Rn. 29) noch eine nachträgliche Kontrolle anhand von Verwendungsnachweisen vornehmen (so aber § 56 Abs. 3 Satz 3 GemO NRW, § 57 Abs. 3 Satz 2 NKomVG, § 36a Abs. 4 Satz 3 HGO, § 35a Abs. 3 Satz 3 SächsGemO; dazu Brockmann, NWVwBl 2004, 449/455).

Die von der Antragsgegnerin festgelegten Entschädigungen für Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertreter sind ihrem (absoluten) Betrag nach nicht so hoch bemessen, dass sie zu der geförderten Tätigkeit außer Verhältnis stünden und damit als eine verdeckte Parteienfinanzierung angesehen werden müssten. Sie sind nach Art einer prozentual bemessenen Funktionszulage gekoppelt an die jedem einfachen Stadtratsmitglied zustehende Grundentschädigung (§ 1 Satz 1 bis 3 AES), die der Gehaltsentwicklung der Besoldungsgruppe A 16 folgt und derzeit 1.410 Euro beträgt. Danach stehen z. B. bei einer großen Fraktion (mehr als 20 Mitglieder) dem Vorsitzenden gegenwärtig 1.938,75 Euro und jedem seiner maximal vier Stellvertreter 528,75 Euro zu, so dass die fünfköpfige Fraktionsführung monatlich über einen Betrag von insgesamt 4.053,75 Euro verfügen kann, um ihren zusätzlichen Aufwand abzudecken. Diese Summe erscheint angesichts des Schwierigkeitsgrads und der zeitlichen Belastung, die mit den Leitungs- und Koordinierungsaufgaben in einer Stadtratsfraktion dieser Größe typischerweise verbunden sind, nicht als unangemessen und jedenfalls als zu gering, um einen objektiven Anreiz dafür zu bieten, Teile der Entschädigungsleistung an die „hinter“ der Fraktion stehende Partei oder politische Gruppierung abzuführen.

bb) Die Antragsgegnerin hat mit den angegriffenen Vorschriften nicht gegen ein zwingendes Gleichheitsgebot verstoßen.

(1) Der von den Antragstellern vorrangig geltend gemachte, aus der verfassungsrechtlich garantierten Wahlrechtsgleichheit (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BV) abzuleitende Grundsatz der streng formalen Gleichbehandlung, der Differenzierungen nur aus zwingenden Gründen zulässt (BVerfG, U.v. 5.11.1975 – 2 BvR 193/74BVerfGE 40, 296/317 f.), ist hier nicht unmittelbar einschlägig. Zwar gilt dieses Verfassungsgebot nicht allein für den Wahlvorgang, sondern erstreckt sich auch auf die gewählten Mandatsträger, so dass deren Rechtsstellung und Mitwirkungsbefugnisse innerhalb der Vertretungskörperschaft sowie die ihnen gewährte Entschädigung ebenfalls in einem streng formalen Sinne gleich sein müssen (vgl. BVerfG, U.v. 21.7.2000 – 2 BvH 3/91BVerfGE 102, 224/238 f.; VerfGH, E.v. 15.12.1982 – Vf. 22-VII-80 – VerfGH 35, 148/163). Daraus lässt sich jedoch, wie das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich klargestellt hat, für die Rechte von Ratsfraktionen nichts gewinnen. Denn diese leiten ihre Stellung im Unterschied zu den gewählten Ratsmitgliedern nicht unmittelbar aus der vorangegangenen Wahl ab, sondern aus dem Selbstorganisationsrecht der gewählten Vertretung (BVerwG, a.a.O., Rn. 19; vgl. auch OVG NRW, U.v. 14.6.1994 – 15 A 2449/91NVwZ-RR 1995, 105). Da aus der formalen Gleichheit der Mandatsträger keine ebenso formale Gleichheit der von ihnen gebildeten Fraktionen folgt, gilt der strenge Gleichbehandlungsgrundsatz auch nicht für deren finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand; ebenso wenig lässt sich daraus folgern, dass sich die Finanzierung der Fraktionen allein an der Zahl ihrer Mitglieder auszurichten hätte (BVerwG, a.a.O.). Die von der Antragsgegnerin an die Fraktionsvorsitzenden und deren Stellvertreter gezahlten zusätzlichen Entschädigungen, die kein gemeindliches Ehrenamt im Sinne von Art. 20a GO betreffen, sondern zur allgemeinen Fraktionsförderung nach Art. 56 Abs. 2 GO gehören, sind demnach nicht an dem für das einzelne Ratsmitglied geltenden streng formalen Gleichheitssatz zu messen.

Der Grundsatz der Wahlgleichheit kann allerdings durch mittelbare Auswirkungen der Fraktionsfinanzierung auf andere – fraktionslose oder fraktionsangehörige – Mandatsträger berührt werden, wenn die Gewährung von Finanzmitteln an Ratsfraktionen dazu führt, dass die darin zusammengeschlossenen Mandatsträger bei der Wahrnehmung ihres Mandats gegenüber fraktionslosen Mandatsträgern ungleich bevorzugt werden oder wenn durch die Zuwendungen bei einem Vergleich von Mitgliedern großer mit Mitgliedern kleiner Fraktionen die grundsätzliche Gleichheit der Mandatswahrnehmung beeinträchtigt wird (BVerwG, a.a.O., Rn. 20; vgl. BVerfG, U.v. 13.6.1989 – 2 BvE 1/88 - BVerfGE 80, 188/231 f.). Im vorliegenden Fall sind solche mittelbaren Folgen aber nicht ersichtlich. Die Gewährung der mit der Fraktionsgröße ansteigenden Entschädigungen für die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter führt nicht dazu, dass die Angehörigen der kleineren Fraktionen oder (etwaige) fraktionslose Ratsmitglieder nicht mehr in gleicher Weise im Stadtrat und seinen Ausschüssen mitwirken können wie ihre Kollegen aus den größeren Fraktionen. Dass durch die gestaffelte Förderung der Fraktionsvorstände gerade die Ratsfraktionen mit vielen Mitgliedern in besonderer Weise unterstützt werden bei den Bemühungen, ihre inhaltlichen Positionen schon vorab intern festzulegen und damit in den kommunalen Vertretungsorganen möglichst „mit einer Stimme zu sprechen“, schmälert nicht die Teilhabemöglichkeiten der kleineren Gruppierungen oder der zu keiner Fraktion gehörenden Mandatsträger.

(2) Die von der Antragsgegnerin getroffene Entschädigungsregelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), der als Bestandteil des allgemeinen Rechtsstaatsgebots auch Geltung für die Rechtsbeziehungen zwischen einer Gemeinde und den Ratsfraktionen beansprucht (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 15).

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu behandeln. Der Normgeber muss für seine Unterscheidungen und Nichtunterscheidungen einen vernünftigen, sich aus der Natur der Sache ergebenden oder sonstwie einleuchtenden Grund angeben können (BVerwG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Verboten ist auch ein durch Sachgründe nicht gerechtfertigter und daher gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss (BVerfG, U.v. vom 17.4. 2008 – 2 BvL 4/05 –- BVerfGE 121, 108/119 m.w.N.). Mit der Gewährung monatlicher Entschädigungsleistungen an die Fraktionsvorsitzenden und ihre Stellvertreter will die Antragsgegnerin den durch die Wahrnehmung dieser Funktionen entstehenden zusätzlichen Aufwand insbesondere zeitlicher Art ausgleichen. Die hierfür vorgesehenen Finanzmittel müssen daher nach einem Maßstab verteilt werden, der sich an dem für die Führung einer Fraktion erforderlichen tatsächlichen oder zu erwartenden Bedarf orientiert (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 17). Differenzierungen nach der Anzahl der Fraktionsmitglieder sind also nur zulässig (und ggf. geboten), soweit sich aus der unterschiedlichen Fraktionsgröße ein verschieden hoher (Zeit-) Aufwand für die jeweilige Vorstandstätigkeit ableiten lässt.

Diesen gleichheitsrechtlichen Anforderungen wird die angegriffene Regelung gerecht. Die Antragsgegnerin hat überzeugend dargelegt, dass sich mit zunehmender Größe einer Ratsfraktion der Leitungs- und Koordinierungsbedarf tendenziell erhöht, so dass die zeitliche Inanspruchnahme des jeweiligen Fraktionsvorsitzenden und seiner Stellvertreter entsprechend ansteigt. Es gehört zu den zentralen Aufgaben eines Fraktionsvorstands, den internen Meinungsbildungsprozess zu allen im Stadtrat und seinen Ausschüssen zu behandelnden Angelegenheiten voranzutreiben und dabei auf ein geschlossenes Auftreten der Fraktion hinzuwirken, was sich nur durch einen fortlaufenden Meinungs- und Informationsaustausch mit allen übrigen Fraktionsmitgliedern erreichen lässt. Dass dieser leitungsspezifische Kommunikationsbedarf, der vor allem in Gruppensitzungen und Einzelgesprächen zum Ausdruck kommt, im Regelfall umso mehr zunimmt, je mehr Personen der jeweiligen Fraktion angehören, lässt sich nicht bestreiten. Zwar dürfte insoweit kein lineares Verhältnis bestehen, da z. B. die Dauer von Fraktionssitzungen nicht proportional zur Teilnehmerzahl ansteigt. Es liegt aber auf der Hand, dass aus einer größeren Gruppe von Mandatsträgern typischerweise mehr Diskussionsbeiträge und Beschlussvorschläge kommen als aus einer kleineren Gruppe; dementsprechend höher ist dort der zur Sitzungsvorbereitung erforderliche sachliche Abstimmungsbedarf. Mit einer größeren Zahl von Fraktionsmitgliedern geht meist auch eine fachliche Spezialisierung durch Bildung fraktionsinterner Arbeitskreise einher, so dass sich die Vorsitzenden der großen Fraktionen besonders intensiv auch in Detailfragen einarbeiten müssen, wenn sie ihrer Leitungsfunktion gerecht werden wollen. Die notwendige Verständigung innerhalb der Fraktionsführung, z. B. im Rahmen regelmäßiger Vorstandssitzungen, wird bei größeren Zusammenschlüssen ebenfalls zeitaufwändiger sein als bei kleineren, die auf eine solche organisatorische Zwischenebene leichter ganz verzichten können, etwa wenn der Fraktion wie im Fall der Antragsteller lediglich drei oder vier Mandatsträger angehören.

Neben ihrer Inanspruchnahme durch die spezifischen Leitungsaufgaben, die mit zunehmender Gruppengröße typischerweise einen steigenden Zeitaufwand erfordern, obliegen den Fraktionsvorsitzenden und ihren Stellvertretern allerdings auch verschiedene fraktionsstärkeunabhängige Aufgaben, für deren Erledigung nur ein für alle Fraktionen gleicher Zeitanteil angesetzt werden kann. Dazu gehören etwa die Bearbeitung der an die Fraktion oder deren Führung gerichteten Anfragen, die Stellungnahme zu Themenvorschlägen und Anträgen der anderen Fraktionen oder Gruppierungen, die Repräsentation der Fraktion bei offiziellen Terminen sowie die paritätische Beteiligung im Ältestenrat. Der hierfür entstehende „fixe“ Zeitaufwand muss als so beträchtlich angesehen werden, dass eine rein proportionale Verteilung der Fördermittel nach der jeweiligen Fraktionsgröße einen Gleichheitsverstoß darstellen würde (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 21 ff.). Andererseits kommt aber diesem zeitlichen Sockelbedarf, der für jede Fraktionsführung in vergleichbarem Umfang anfällt, kein so maßgebendes Gewicht zu, dass jede Differenzierung der Entschädigungsleistungen gemäß der Fraktionsgröße unzulässig wäre. Die zeitliche Beanspruchung eines Fraktionsvorsitzenden, der eine mehr als 20-köpfige Gruppe von Mandatsträgern zu leiten und zu koordinieren hat, muss, wie oben dargelegt, im Normalfall als erheblich höher angesehen werden als die des Vorsitzenden einer Gruppierung, die mit drei oder vier Mitgliedern soeben den Fraktionsstatus erreicht. Dass nach außen hin beide Funktionsträger als ebenbürtig wahrgenommen und in protokollarischer Hinsicht gleichbehandelt werden, steht dem nicht entgegen.

Die Antragsteller können ihr Begehren auf eine gleich hohe Förderung auch nicht damit begründen, gerade sie als Vertreter kleiner Fraktionen hätten „Sonderlasten“ zu tragen, weil sie sich auch in Unterlagen jener Ausschüsse einarbeiten müssten, in denen ihre Fraktion nicht vertreten sei, und weil sie sich bei Repräsentationsaufgaben nicht so leicht vertreten lassen könnten wie die Vorsitzenden größerer Fraktionen. Diese Argumentation verkennt, dass die Zuwendungen an die Fraktionsvorstände weder zum Ziel noch zur Folge haben dürfen, dass die auf dem Wählervotum beruhenden Größenunterschiede der Parteien und Wählergruppen, die sich in der Sitzverteilung im Rat und in den Ausschüssen widerspiegeln (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO), faktisch beseitigt werden und sich damit kleineren Fraktionen Wirkungsmöglichkeiten eröffnen, die sie ohne die finanzielle Unterstützung nicht hätten. Dass nach der derzeitigen kommunalpolitischen Konstellation im Stadtrat der Antragsgegnerin ein Dreierbündnis der großen Fraktionen mit 43 von 60 Sitzen eine klare Mehrheit besitzt und den von den Antragstellern vertretenen Fraktionen damit die Rolle der Opposition zugewachsen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Einen speziellen „Oppositionszuschlag“, wie er für die Fraktionsförderung im parlamentarischen Bereich häufig vorgeschrieben ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayFraktG; § 50 Abs. 2 AbgG; StGH Bremen, U.v. 5.1.2004 – St 3/03NVwZ 2005, 929), sieht das Gesetz für die kommunalen Volksvertretungen nicht vor.

Der Antragsgegnerin durfte demnach – ebenso wie bei ihren sonstigen Sach- und Geldleistungen an die Ratsfraktionen (dazu BayVGH, U.v. 16.2.2000 – 4 N 98.1341NVwZ-RR 2000, 811/813; OVG NRW, U.v. 8.10.2002 – 15 A 4734/01NVwZ-RR 2003, 376/377; NdsOVG, U.v. 9.6.2009 – 10 ME 17/09DVBl 2009, 917; OVG SH, B.v. 20.12.2007 – 2 LA 85/07 – juris Rn. 5 ff.; Lange, Kommunalrecht, 2013, 303 Rn. 57) – auch bei der Bemessung der Funktionszulagen für die Fraktionsvorsitzenden und deren Stellvertreter eine Staffelung nach der Fraktionsgröße vornehmen. Sie konnte dabei im Rahmen ihres weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums von einer degressiv proportionalen Zunahme des für die Fraktionsführung erforderlichen Zeitaufwands bei steigender Fraktionsmitgliederzahl ausgehen und den Verteilungsmaßstab für die gewährten Fördermittel hieran ausrichten. Das in den angegriffenen Bestimmungen verwirklichte 5-Stufen-Modell, wonach der Gesamtbetrag der Zulagen für Fraktionen bis 5 Mitglieder das 1,00-fache, bis 10 Mitglieder das 1,75-fache, bis 15 Mitglieder das 2,375-fache, bis 20 Mitglieder das 2,815-fache und ab 20 Mitglieder das 2,875-fache der Grundentschädigung beträgt, ist trotz der damit unvermeidbar verbundenen Sprünge beim Übergang von der einen zur nächsten Stufe noch von der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Satzungsgebers gedeckt.

Dass der Degressionseffekt, der den Anstieg der Entschädigungen bei zunehmender Fraktionsgröße begrenzt, vergleichsweise gering ausfällt, ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Antragsgegnerin den Fraktionen – ohne spezielle satzungsrechtliche Grundlage – noch eine Reihe sonstiger Leistungen gewährt (Sachmittelpauschale, Zuwendungen für das Fraktionspersonal etc.), die sich ebenfalls nach der Fraktionsstärke bemessen und damit wiederum den größeren Fraktionen in höherem Maße zugutekommen als den kleineren. Eine Zusammenschau dieser weiteren Förderungen mit den streitgegenständlichen Entschädigungen für die Fraktionsvorstände könnte zwar zu der Bewertung führen, dass die größeren Fraktionen im Verhältnis zu den kleineren Gruppierungen insgesamt unverhältnismäßig begünstigt werden. Dies gilt insbesondere bei Berücksichtigung des bislang praktizierten Systems der Personalkostenzuschüsse, wonach Fraktionen ab 10 Mitgliedern den Aufwand für zweieinhalb (ab 20 Mitglieder: drei) Vollzeitstellen mit einer Vergütung entsprechend den Besoldungsstufen A 15 (eine Stelle) und A 9 (zwei Stellen) von der Antragsgegnerin erstattet erhalten, während Fraktionen mit vier bis sechs Mitgliedern lediglich eine (bei drei Mitgliedern sogar nur eine halbe) Vollzeitstelle entsprechend der Besoldungsstufe A 14 zugestanden wird. Unabhängig von der bisher nicht abschließend geklärten Frage, inwieweit derartige Zuwendungen für hauptamtliches Fraktionspersonal überhaupt zulässig, also insbesondere mit dem Grundgedanken eines ehrenamtlichen Kommunalmandats und dem Verbot einer verdeckten Parteienfinanzierung vereinbar sind (krit. Meyer, DÖV 1991, 56; ders., VBlBW 1994, 337; Rothe, DVBl. 1993, 1042; allg. Brockmann, NWVBl 2004, 449/453 f.; vgl. auch BT-Drs. 17/2397 zu dem derzeit vor dem BVerfG anhängigen Organklageverfahren Az. 2 BvE 4/12), drängt sich hier der Schluss auf, dass so hoch bezahlte und entsprechend qualifizierte Mitarbeiter nicht bloß technische Hilfsleistungen für die Fraktion erbringen, sondern als deren Geschäftsführer oder in ähnlicher Funktion auch inhaltliche Koordinierungsarbeiten leisten und damit den Fraktionsvorstand ganz wesentlich entlasten. Die daraus abzuleitende Folgerung, dass gerade die Vorsitzenden der größeren Fraktionen und ihre Stellvertreter für ihre Leitungsaufgaben in der Praxis deutlich weniger Zeit aufwenden dürften als oben angenommen, führt aber nicht dazu, dass die angegriffenen Entschädigungsvorschriften rechtlich zu beanstanden wären. Denn die Rechtmäßigkeit solcher Satzungsregelungen bestimmt sich allein nach ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und hängt nicht davon ab, ob das damit verfolgte Regelungsziel zusätzlich durch andere, auf keiner satzungsrechtlichen Grundlage beruhenden Maßnahmen erreicht wird. Ergibt sich ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erst durch die Kumulation einer gesetzlich vorgesehenen mit einer freiwillig gewährten Förderung, so kann daher nur letztere als rechtswidrig beanstandet werden.

3. Hinsichtlich des Hilfsantrags hat der Normenkontrollantrag Erfolg. Die Vorschrift des § 2 der Änderungssatzung vom 24. Juli 2014, wonach die in § 1 der Satzung enthaltenen Änderungen mit Wirkung zum 1. Mai 2014 in Kraft treten, verstößt gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Rückwirkungsverbot.

Da aufgrund der genannten Inkrafttretensregelung die bisherigen Bestimmungen über die monatlich zu zahlenden Aufwandsentschädigungen nachträglich für einen Zeitraum vor der Bekanntmachung der Satzung geändert und – für die Vorsitzenden kleinerer Fraktionen – gekürzt wurden, handelt es sich um eine echte Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG, B.v. 17.12.2013 – 1 BvL 5/08NVwZ 2014, 577 Rn. 41 m.w.N.). Den betroffenen Fraktionsvertretern werden damit als Ausgleich für ihren zusätzlichen Zeitaufwand im Nachhinein geringere Beträge gewährt als ihnen nach den zum Zeitpunkt ihrer Tätigkeit geltenden Vorschriften zustanden. Wenn der Normgeber in dieser Weise die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und die betroffenen Grundrechte einer besonderen Rechtfertigung (vgl. BVerfG, B.v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02 u.a. – BVerfGE 127, 1 Rn. 55 m.w.N.). Dies muss auch für die an Mandatsträger gezahlten Entschädigungen gelten, wenn diese wie hier in das Privatvermögen der Empfänger übergehen.

Besondere Gründe, die eine rückwirkende Kürzung des Entschädigungsanspruchs rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich und von der Antragsgegnerin auch nicht vorgetragen worden. Der bloße Umstand, dass über eine mögliche Neugestaltung des Entschädigungssystems schon seit Beginn der Amtszeit des derzeitigen Stadtrats öffentlich diskutiert wurde, ließ den Vertrauensschutz der betroffenen Fraktionsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter nicht entfallen, solange noch kein entsprechender Satzungsbeschluss vorlag (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.2003 – 9 CN 2/02NVwZ-RR 2003, 522/523). Denn für sie war weder hinreichend sicher absehbar, dass es zu einer solchen rückwirkenden Neuregelung kommen würde, noch ließ sich der Umfang der Kürzung aus damaliger Sicht abschätzen. Sie konnten sich daher nicht schon im Vorhinein auf die nunmehr getroffene Regelung einstellen. Da die Antragsteller als (einzig) nachteilig Betroffene der Neuregelung stets widersprochen und der Satzungsänderung nicht zugestimmt haben, kann ihnen auch nicht entgegengehalten werden, sie hätten an der rückwirkenden Verschlechterung ihrer Rechtsposition als Mitglieder des Stadtrats selbst mitgewirkt und könnten sich daher nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.

Der festgestellte Verstoß gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot hat zur Folge, dass § 2 der Änderungssatzung unwirksam ist (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO). Für die in § 1 der Satzung enthaltenen Bestimmungen gilt demzufolge der in Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GO genannte Zeitpunkt als Termin des Inkrafttretens (vgl. BayVGH, B.v. 6.6.1988 – 4 N 88.0032 – FSt 1988 Nr. 263; Hölzl/Hien/Huber, a.a.O., Art. 26 Anm. 1; Wachsmuth, a.a.O., Art. 26 Anm. 3.).

Die Antragsgegnerin hat die Entscheidungsformel hinsichtlich der für unwirksam erklärten Rechtsvorschrift in derselben Weise zu veröffentlichen wie die Vorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt

52 Abs. 1 GKG).