OLG München, Beschluss vom 03.02.2015 - 31 Wx 12/14
Fundstelle
openJur 2015, 3285
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempten - Registergericht - vom 3.12.2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Eintragung der von ihm errichteten „Tierarztpraxis Dr. P. (UG (haftungsbeschränkt)“ in das Handelsregister. Ziffer 2 des für die Gründung der Einpersonengesellschaft verwendeten Musterprotokolls nennt als Gegenstand des Unternehmens „tierärztliche Behandlung“. Der Gesellschafter, der zugleich zum Geschäftsführer bestellt wurde, ist approbierter Tierarzt.

Das Registergericht hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Führung der Tierpraxis in der zur Eintragung angemeldeten Rechtsform gegen Art. 18 Abs. 1 BayHKaG verstößt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass die Ablehnung seines Antrags im Hinblick auf Regelungen in anderen Bundesländern, nach denen die Führung einer Tierpraxis in Form einer juristischen Person des Privatrechts zulässig ist, gegen das Gleichheitsgebot gemäß Art. 3 GG bzw. Art. 18 BayHKaG in seiner Ausgestaltung „Tierarztpraxis“ gegen das Willkürverbot verstößt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend ist das Registergericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Eintragung der Gesellschaft nicht vorliegen.

1. Das Registergericht war im Rahmen des Eintragungsverfahrens befugt zu prüfen, ob die Errichtung der Gesellschaft im Einklang mit Art. 18 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 BayHKaG steht.

a) Nach § 9c GmbHG hat das Registergericht die Ordnungsgemäßheit der Errichtung und Anmeldung einer Gesellschaft auch in materieller Hinsicht zu prüfen. Die Rechtsmäßigkeitskontrolle erstreckt sich darauf, dass die zwingenden gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an die Gründung eingehalten und die notwendigen Gründungsakte nicht ganz oder teilweise wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften nichtig sind (vgl. § 9c Abs. 2 Nr. 2 und 3 GmbHG). Demgemäß umfasst die Prüfung auch, ob der Gesellschaftszweck (§ 1 GmbHG) oder der Unternehmenszweck (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) gegen ein gesetzliches Verbot mit der Folge der (teilweisen) Nichtigkeit der Satzung verstoßen (§ 134 BGB). Dabei braucht wegen derselben Rechtsfolge nicht zwischen Zweck und Gegenstand unterschieden werden (OLG Düsseldorf NZG 2007, 190, 191). Das Registergericht darf eine Gesellschaft mit einer - teilweisen - nichtigen Satzung nicht eintragen (vgl. OLG Schleswig OLGR 2005, 787 m.w.N.).

b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat das Registergericht zu Recht die Eintragung der Unternehmensgesellschaft im Sinne des § 5a GmbHG abgelehnt, da deren Unternehmensgegenstand die „tierärztliche Behandlung“ ist. Die Führung einer tierärztlichen Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person ist gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 BayHKaG nicht zulässig. Demgemäß ist das Musterprotokoll in Ziffer 2 nichtig im Sinne des § 134 BGB und kann damit nicht Grundlage für die erstrebte Eintragung in das Handelsregister sein.

2. Die Regelung des Art. 18 Abs. 1 Satz 2 i.V.m Art. 51 Abs. 1 BayHKaG verletzt den Antragsteller nicht in seinen Grundrechten.

a) Das darin angeordnete Verbot des Führens eine tierärztlichen Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person des privaten Rechts verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 101 BV.

aa) Insoweit hat der BayVerfGH in Bezug auf (Human-)Mediziner bereits entschieden, dass es sich bei Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayHKaG nicht um eine Berufszulassungsschranke für den einzelnen Arzt, sondern um eine Berufsausübungsregelung handelt, für die dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (BayVerfGH NJW 2000, 3418). Insoweit liege auch gegenüber juristischen Personen des Privatrechts, denen das Grundrecht der Berufsfreiheit jedenfalls insoweit zusteht, als sie in gleicher Weise wie eine natürliche Person tätig werden können, mit den Verbot, eine ärztliche Praxis zu führen, eine Berufsausübungsregelung vor, da diese Tätigkeit für sie nur eine Facette des Berufs „Arzt“ darstellt. Das Verbot der Praxisführung durch eine juristische Person lasse sich durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls rechtfertigen. Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayHKaG liege das gesetzgeberische Ziel zugrunde, den „praxisführenden Arzt“ als freien Beruf zu fixieren und zu erhalten. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BayVerfGH NJW 2000, 3418, 3419 ff.).

bb) Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für Tierärzte. Auch diese üben einen ärztlichen Beruf (vgl. BVerfGE 33, 125, 154; Maunz in: Maunz/Dürig GG <Lfg. 23> Art. 74 Rn. 214) in freiberuflicher Weise aus. Insofern nimmt die Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zu § 18 Abs. 1 Satz 2 BayHKaG nicht nur auf das Berufsbild von Ärzten und Zahnärzten Bezug, sondern schließt auch das von Tierärzten ausdrücklich mit ein (vgl. LT-Drs. 12/10455 vom 9.3.1993 S. 14/15).

Demgemäß ist es aus verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass Art. 51 Abs. 1 BayHKaG grundsätzlich in Bezug auf die Berufsausübung von Tierärzten auf die Vorschriften betreffend Ärzte verweist und somit auch Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayHKaG sinngemäß anwendbar ist.

b) Die Vorschrift verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV.

aa) Die Regelung in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayHKaG verletzt in seiner gemäß Art. Art. 51 Abs. 1 BayHKaG sinngemäßen Anwendung auf „Tierärzte“ nicht Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV in seiner Ausgestaltung als Willkürverbot.

Ein solcher Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt (vgl. BVerfG NvWZ 2004, 846, 848; VGH München, Urteil vom 27.11.2014 - 14 BV 13.470 - juris Tz. 24). Dies ist hier in Bezug auf das Verbot der Ausübung des Berufs als Tierarzt in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nicht der Fall.

Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung (vgl. LT-Drs. 12/10455 vom 9. März 1993 S. 14) verträgt sich die „gemeinsame“ Praxisführung in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nicht mit dem persönlich-freiberuflichen Charakter der von niedergelassenen Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten eigenverantwortlich zu erbringenden heilkundlichen Dienstleistungen. Bei Zulassung dieser Formen könnten nicht nur - zum Nachteil der Patienten - die Bindungen an die staatlichen Gebührenordnungen für diese Heilberufe und deren unbegrenzte haftungsrechtliche Verantwortlichkeit, sondern auch wesentliche berufsrechtliche Verpflichtungen, so vor allem das berufstypische Werbeverbot, umgangen werden. Nach der gesetzgeberischen Intention soll aber der praxisführende Arzt, Zahnarzt wie auch Tierarzt als freier Beruf erhalten werden (vgl. dazu BayVerfGH NJW 2000, 3418, 3419 ff.). Demgemäß liegt der Regelung des Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayHKaG wie auch dessen sinngemäße Anwendung auf Tierärzte gemäß Art. 51 Abs. 1 BayHKaG ein sachlich nachvollziehbarer Grund zugrunde.

bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nicht dadurch verletzt, dass in anderen Bundesländern nach den dort geltenden Kammergesetzen für Heilberufe i.V.m. den jeweiligen Berufsordnungen der Tierärztekammern (vgl. zB Land Niedersachsen: § 32 HKG i.V.m. § 19 Berufsordnung der Tierärztekammer Niedersachsen; Land Hessen: §§ 24, 25 HeilBerG i.V.m. § 25 Berufsordnung der Tierärztekammer Hessen) die Führung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich gestattet ist.

Nach gefestigter Rechtsprechung ist im Verhältnis zwischen den verschiedenen Normsetzungsebenen - etwa des Bundes, der Länder, der Kommunen - der Gleichheitssatz generell nicht geeignet, einen Normgeber zu verpflichten, seine Regelungen denen anderer Normgeber anzugleichen; dasselbe gilt unter verschiedenen Normgebern derselbe Ebene (vgl. BVerfG NJW 2013, 2498, 2501 Tz. 62; BVerfGE 10, 354, 371; 93, 319, 351; BayVerfGH FamRZ 2014, 38, 39 m.w.N.). Unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern sind verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips. Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Einwohner seines Landes im Vergleich zu anderen Bundesländern belastet werden (BVerfG NJW 2013, 2498, 2501 Tz. 62; BVerfGE 93, 319, 351). Insoweit hat der Freistaat Bayern von der ihm gemäß Art. 30, 72 Abs. 2, 74 Nr. 19 GG zugewiesenen ausschließlichen Zuständigkeit zur Regelung der Berufsausübung der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte in Form des HKaG Gebrauch gemacht. Außerdem können gesetzliche Verbote zur Gründung oder Beteiligung an einer GmbH auch durch Landesrecht statuiert werden (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG 20. Auflage <2013> § 1 Rn. 15). Daraus resultiert keine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit der Tiermediziner aus Art. 11 Abs.1 GG. Denn die Regelung des Art. 18 Abs.1 Satz 2 HKaG hat - wie bereits dargelegt - keine freizügigkeitsregelnde, sondern (nur) eine berufsausübungregelnde Tendenz (vgl. dazu Durner in Maunz/Dürig, GG <Lfg.66> Art.11, Rn.116).

III.

Der Beschwerdeführer hat kraft Gesetzes (§ 22 Abs. 1 GNotKG) die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (Festgebühr gemäß GNotkG KV Nr. 19112).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, da der Senat von keiner obergerichtlichen Entscheidung abweicht. Eine besondere Bedeutung der Angelegenheit über den hierzu entscheidenden Einzelfall hinaus ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

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