VG Berlin, Urteil vom 05.06.2014 - 2 K 252.13
Fundstelle
openJur 2015, 2984
  • Rkr:

Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG sind nur solche Amtsträger, die mit einem bestimmten Vorgang befasst gewesen sind bzw. an ihm mitgewirkt haben.

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2013 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Zugang zur Diensttelefonliste des Beklagten (Stand: 22. August 2013) neu zu bescheiden, soweit die Liste Mitarbeiter betrifft, denen in dieser Liste Bedarfsgemeinschaftsnummern zugewiesen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Klägerin und Beklagter dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin erstrebt Zugang zu der Diensttelefonliste des beklagten Jobcenters.

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Mit Telefax vom 22. August 2013 forderte sie den Beklagten auf, ihr „Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste zu gewähren“. Sie teilte hierbei mit, sie sei eine „Rechtsanwaltskanzlei, die sich schwerpunktmäßig mit dem SGB II“ befasse. Der Zugang zur Diensttelefonliste würde ihr „die Arbeit erleichtern“. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. August 2013 und - nachdem die Klägerin hiergegen widersprochen hatte - mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2013 wegen zu schützender personenbezogener Daten der Mitarbeiter ab.

Mit ihrer am 20. November 2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren teilweise - bezogen auf die Durchwahlnummern von Mitarbeitern, die „in amtlicher Tätigkeit Kontakt zum Bürger (Außenkontakt) haben“ - weiter.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 27. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2013 zu verpflichten, ihr Zugang zu der Diensttelefonliste des Beklagten, Stand: 22. August 2013, mit den Durchwahlnummern derjenigen Mitarbeiter zu gewähren, die in amtlicher Tätigkeit Kontakt zum Bürger (Außenkontakt) haben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages bezieht er sich auf die Gründe der ergangenen Bescheide.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung durch Befragung des Beklagtenvertreters aufgeklärt, welche Angaben die beim Beklagten vorhandene Telefonliste im Einzelnen enthält. Danach sind dort neben den Namen und den Telefonnummern sog. Bedarfsgemeinschaftsnummern als Zuständigkeitsmerkmal für die Sachbearbeitung aufgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Angaben des Beklagtenvertreters wird auf die Sitzungsniederschrift vom 5. Juni 2014 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Die betreffenden Akten haben vorgelegen und ihr Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur zum Teil Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Zugang zur der Diensttelefonliste des Beklagten in der Fassung, die dort zum Zeitpunkt der Stellung des Informationsantrags - am 22. August 2013 - vorhanden war, soweit die Liste Mitarbeiter des Beklagten betrifft, denen in ihr Bedarfsgemeinschaftsnummern zugewiesen sind. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Ob die Klägerin Zugang zu der genannten Diensttelefonliste des Beklagten erhält, hängt allein vom Ergebnis einer vom Beklagten noch durchzuführenden Beteiligung der vom Informationsantrag der Klägerin betroffenen Mitarbeiter des Beklagten ab. Soweit ein solches Beteiligungsverfahren bisher unterblieben ist, ist der Bescheid des Beklagten vom 27. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2013 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); mangels Spruchreife kann das Gericht nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO allerdings nur die Verpflichtung des Beklagten aussprechen, den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Informationszugang neu zu bescheiden.

Grundlage des Neubescheidungsanspruchs der Klägerin ist § 1 Abs. 1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

1. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 IFG liegen vor. Die Klägerin ist informationsberechtigt im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG („jeder“), da ihr als Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Recht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zusteht (vgl. Schoch in: IFG, 2009, Rn. 56 zu § 1). Das beklagte Jobcenter ist anspruchsverpflichtet im Sinne von § 1 Abs. 1 IFG. Zwar handelt es sich bei ihm nicht um eine Behörde des Bundes bzw. um ein sonstiges Bundesorgan bzw. eine sonstige Bundeseinrichtung, sondern gemäß § 6d SGB II um eine gemeinsame Einrichtung im Sinne von § 44b SGB II (vgl. hierzu Art. 91e GG). Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber dem Jobcenter richtet sich jedoch gleichwohl nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Denn insoweit wird die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes von § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II ausdrücklich angeordnet.

Bei der in Rede stehenden Diensttelefonliste handelt es sich um amtliche Informationen. Nach § 2 Nr. 1 IFG ist amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Die Diensttelefonliste gehört hierzu, weil sie die (interne) Erreichbarkeit der Mitarbeiter des Beklagten sicherstellen soll.

Die Diensttelefonliste existiert beim Beklagten auch gerade in der durch das Klagebegehren eingeschränkten Form der Mitarbeiter mit Außenkontakt. Diese lassen sich nämlich durch in der Liste selbst enthaltene Angaben (Zuweisung von Bedarfsgemeinschaftsnummern) ohne Weiteres - insbesondere ohne Sonderwissen eines mit dem Informationsantrag der Klägerin befassten Mitarbeiters des Beklagten - von den übrigen Mitarbeitern abgrenzen. Die von der Klägerin mit der Klage begehrte Liste kann durch bloße Herausnahme der vom Informationsbegehren nicht erfassten Mitarbeiter ohne Außenkontakt und damit durch Teilschwärzung der vorhandenen Liste erfolgen. Eine noch nicht existierende neue Information muss insoweit - die Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes überschreitend - nicht erstellt werden. Dabei kann die Klägerin mit der Klage nur den Zugang zu der Liste mit dem Stand 22. August 2013 erreichen. Denn der auf bloße Teilhabe am Informationsbestand des Beklagten gerichtete Informationsantrag der Klägerin vom 22. August 2013 kann vom Standpunkt eines verständigen Erklärungsadressaten (§§ 133, 157 BGB) nur so verstanden werden, dass er sich auf die zum fraglichen Zeitpunkt dort vorhandene Liste bezog. Sollte die Liste mit dem zwischenzeitlich voraussichtlich überholten Stand vom 22. August 2013 - etwa in Form von Ausdrucken - beim Beklagten nicht mehr existieren, ist der Beklagte insoweit verpflichtet, sie wiederherzustellen. Bezieht sich das Informationsbegehren nämlich auf Informationen, die bei Eingang des Antrags auf Informationszugang bei der Behörde vorhanden sind, von dieser aber in Kenntnis des beantragten Informationszugangs und vor Informationsgewährung aus der Hand gegeben werden, so ist die Behörde nach dem Prinzip von Treu und Glauben verpflichtet, die betreffenden Informationen wiederzubeschaffen, sofern ihr dies rechtlich und tatsächlich möglich ist (vgl. zum IFG Bln OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. März 2010 - OVG 12 B 41.08 -, juris Rn. 22 f. m.w.N.; vgl. ferner - zum IFG Bund - OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. März 2012 - OVG 12 B 27.11 -, juris Rn. 42). Letzteres ist hier der Fall: Sollten beim Beklagten insoweit keine informationstechnischen „backups“ mit dem fraglichen Stand existieren, ließe sich die entsprechende Liste jedenfalls durch Heranziehung der aktuellen Liste und Abgleich mit Informationen der Personalabteilung wiederherstellen.

2. Gründe, den von der Klägerin mit der Klage begehrten Informationszugang insgesamt zu versagen, liegen derzeit nicht vor. Ob dem Informationsbegehren der einzig in Betracht kommende Ausschlussgrund des § 5 IFG entgegensteht, kann vom Gericht vielmehr zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht entschieden werden, weil die Sache noch nicht spruchreif ist. Zwar ist das Gericht bei rechtlich gebundenen Entscheidungen - wie der vorliegenden - grundsätzlich zur Herstellung der Spruchreife verpflichtet. Jedoch ist das Gericht hier aus materiell-rechtlichen Gründen gehindert, die Spruchreife herbeizuführen. Denn die Vorschrift des § 5 IFG i.V.m. § 8 IFG setzt zwingend die vorherige ordnungsgemäße Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens voraus, das das gerichtliche Verfahren nicht ersetzen kann. Vom Ausgang dieses Verfahrens hängt es ab, ob der Klägerin der begehrte Informationszugang zu gewähren ist.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Bei den von der Klägerin begehrten Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten (a.), wobei das Informationsinteresse der Klägerin das schutzwürdige Interesse der betroffenen Mitarbeiter am Ausschluss des Informationszugangs nicht überwiegt (b.). Da der Informationszugang jedoch unabhängig von der vorzunehmenden Interessenabwägung zu gewähren ist, wenn die betroffenen Mitarbeiter einwilligen, muss der Beklagte deren mögliche Einwilligung im Verfahren nach § 8 IFG feststellen (c.).

a. Die streitgegenständliche Diensttelefonliste des Beklagten betrifft personenbezogene Daten. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§ 3 Abs. 1 BDSG). Gerade solche Daten enthält die von der Klägerin begehrte Diensttelefonliste. Denn in ihr werden die Namen von bestimmten Personen und die ihnen zugeordneten Diensttelefonnummern aufgeführt.

b. Das Informationsinteresse der Klägerin überwiegt nicht das schutzwürdige Interesse der Betroffenen am Ausschluss des Informationszugangs.

20aa. Zugunsten eines überwiegenden Informationsinteresses der Klägerin streitet in diesem Zusammenhang insbesondere nicht die Vorschrift des § 5 Abs. 4 IFG. Zwar sind nach § 5 Abs. 4 IFG Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Bürotelekommunikationsnummer von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Bei den in der Diensttelefonliste aufgeführten Mitarbeitern des Beklagten handelt es sich jedoch nicht um „Bearbeiter“ in diesem Sinne. Denn hierunter fallen nicht alle Amtsträger bzw. alle Amtsträger, die Tätigkeiten nach außen entfalten (a.A. z.B. VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013 - 5 K 981.11 -, juris Rn. 35 ff.; VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014 - 4 K 2911/13.Gi -). Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG sind vielmehr nur solche Amtsträger, die mit einem bestimmten Vorgang befasst gewesen sind bzw. an ihm mitgewirkt haben (so auch VG Braunschweig, Urteil vom 26. Juni 2013 - 5 A 239.10 -, juris Rn. 22; Schoch, IFG, 2009, Rn. 70 ff. zu § 5; Eichelberger, K & R 2013, 211 [212] m.w.N.; wohl auch OVG Nordrhein-Westf., Urteil vom 15. Januar 2014 - 8 A 467.11 -, juris Rn. 119 [„jedenfalls“]; noch enger wohl OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - OVG 12 N 20.10 -, juris Rn. 14: nur der primär zur Entscheidung über einen konkreten Vorgang berufene Amtsträger). Dies ergibt sich aus einer Auslegung des § 5 Abs. 4 IFG nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck.

21Schon dem Wortlaut nach genügt die Zugehörigkeit zu einer Stelle der öffentlichen Verwaltung nicht, um bezogen auf eine bestimmte Person von einem „Bearbeiter“ zu sprechen. Der Begriff „Bearbeiter“ setzt vielmehr voraus, dass die betreffende Person mit einer bestimmten Angelegenheit befasst war. Denn dem allgemeinen Sprachverständnis nach ist „Bearbeiter“ nur jemand, der etwas bearbeitet hat (vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/Bearbeiter). Angesichts dessen überzeugt es nicht, wenn von den Vertretern eines weiten Verständnisses des Begriffs „Bearbeiter“ die Forderung, der betreffende Mitarbeiter müsse sich mit einem Vorgang befasst haben, als „einschränkende Auslegung“ bezeichnet wird (vgl. etwa VG Leipzig, a.a.O., Rn. 37). Vielmehr überschreitet die Annahme, jeder Mitarbeiter mit Außenkontakt sei „Bearbeiter“ im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG den natürlichen Wortsinn des fraglichen Rechtsbegriffs.

Die systematische Auslegung des § 5 Abs. 4 IFG spricht ebenfalls für das Erfordernis einer Befassung mit einer bestimmten Angelegenheit. Während nämlich § 5 Abs. 1 IFG allgemein für personenbezogene Daten gilt, treffen die Absätze 2 und 3 des § 5 IFG vorgangsbezogene Sonderregelungen für bestimmte Konstellationen. Denn sie betreffen „Informationen aus Unterlagen“ bzw. Personen, die eine „Stellungnahme in einem Verfahren“ abgegeben haben. Dies spricht dafür, auch den § 5 Abs. 4 IFG vorgangsbezogen in dem Sinne zu verstehen, dass Bearbeiter nur derjenige ist, der mit einem bestimmten Vorgang befasst gewesen ist.

Ein im Rahmen der systematischen Auslegung vorzunehmender Blick auf § 11 IFG bestätigt dieses Ergebnis. In § 11 IFG hat der Gesetzgeber geregelt, welche Informationen die vom Informationsfreiheitsgesetz betroffenen Behörden allgemein veröffentlichen sollen. Obwohl dies nach Auffassung der Klägerin dem Gebot der Transparenz entspräche und der Mitarbeiterschutz dem nicht entgegenstünde sowie sie - die Richtigkeit der Annahmen der Klägerin unterstellt - systematisch dorthin gehörten, hat der Gesetzgeber Diensttelefonlisten dort nicht aufgeführt. Vielmehr hat er personenbezogene Daten in § 11 Abs. 2 IFG bei den dort erwähnten Organisations- und Aktenplänen sogar ausdrücklich ausgeklammert und in der Gesetzesbegründung ausgeführt, Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummern und Aufgabenbereiche der einzelne Mitarbeiter enthielten, unterlägen nicht der (allgemeinen) Offenlegungspflicht. Sie seien als sonstige amtliche Information „vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände“, also - so ist zu ergänzen - auch des § 5 Abs. 1 IFG, nur auf Antrag mitzuteilen (vgl. BT-Drs. 14/4493, S. 16).

Auch der Sinn und Zweck des § 5 Abs. 4 IFG und des Informationsfreiheitsgesetzes allgemein sprechen dafür, unter einem „Bearbeiter“ im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG nur den Amtsträger zu verstehen, der sich mit einem bestimmten Vorgang befasst hat. Dem Gesetzgeber ging es mit dem Informationsfreiheitsgesetz nämlich darum, dem Bürger einen Anspruch auf Zugang zu Sachinformationen zu verschaffen, ihm mithin „Sachkenntnisse“ zu vermitteln, um auf diese Weise die Transparenz behördlicher Entscheidungen zu verbessern und die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern (vgl. BT-Drs. 14/4493, S. 6). Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 IFG hat vor diesem Hintergrund den Zweck, den ohne sie stets anfallenden Schwärzungsaufwand im Rahmen eines Begehrens auf Zugang zu bestimmten Sachinformationen zu vermeiden. Denn sie bestimmt, dass der Bearbeiter des die Sachinformation enthaltenden Vorgangs grundsätzlich nicht anonymisiert werden muss.

Soweit die Vertreter eines weiten Bearbeiterbegriffs auf die gesetzliche Begründung zu § 2 Nr. 2 IFG und zu § 5 Abs. 4 IFG verweisen und darauf abstellen, dass dort der Begriff Amtsträger genannt wird, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Die Verwendung des Wortes Amtsträger in der gesetzlichen Begründung lässt nicht den Schluss zu, dass Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG jeder Amtsträger ist. Vielmehr zeigt der Umstand der Verwendung des Begriffs „Amtsträger“ in der gesetzlichen Begründung, dass dem Gesetzgeber dieser Begriff neben dem Begriff „Bearbeiter“ bekannt war. Der Umstand, dass im Gesetzestext der engere Begriff des „Bearbeiters“ verwendet worden ist, kann vor diesem Hintergrund nicht durch einen bloßen Hinweis auf die Gesetzesbegründung ignoriert werden. Vielmehr ist von einer bewussten Wahl des engeren Begriffes „Bearbeiter“ auszugehen. Daran ändert auch eine von der Klägerin vorgenommene Eingrenzung des betroffenen Mitarbeiterkreises auf Amtsträger mit Außenkontakt nichts. Sie vermag nicht zu überzeugen, weil auch Amtsträger ohne Außenkontakt im natürlichen Wortsinn Angelegenheiten „bearbeiten“, indem sie sich mit ihnen befassen.

26Unter den Begriff des „Bearbeiters“ fiele im vorliegenden Zusammenhang nach allem nur ein (etwa) in der Diensttelefonliste genannter Ersteller der Liste. Die in der fraglichen Liste zusammengeführten Mitarbeiter des Beklagten, auch soweit sie Außenkontakt haben, sind demgegenüber keine Bearbeiter der Telefonliste.

bb. Die danach gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG vorzunehmende Abwägung des Informationsinteresses der Klägerin gegen das Interesse der Mitarbeiter am Ausschluss des Informationszugangs geht zu Lasten der Klägerin aus. Das Informationsinteresse der Klägerin vermag sich gegenüber dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 19. Juni 2013 - BVerwG 20 F 10.12 -, juris Rn. 13) als überwiegend vermuteten Interesse an der Geheimhaltung der personenbezogenen Daten von Behördenmitarbeitern nicht durchzusetzen. Denn die Klägerin verfolgt eigenen Angaben zufolge lediglich private Interessen. Ein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu den in Rede stehenden Informationen besteht insoweit nicht. Insbesondere geht es der Klägerin vorliegend nicht um eine Kontrolle staatlichen Handelns. Sie hat nämlich lediglich ausgeführt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 IFG), sie habe allgemein ein Interesse an der Förderung der Transparenz. Außerdem benötige sie als Gesellschaft von Rechtsanwälten, die mit Verfahren aus dem Bereich des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch befasst sind, die in Rede stehenden Informationen, um in bestimmten Fällen nicht über das Servicecenter des Beklagten, sondern unmittelbar Kontakt mit dem jeweiligen Sachbearbeiter aufnehmen zu können. Diesen privaten Interessen ist zwar ein gewisses, aber kein allzu hohes Gewicht beizumessen. Soweit die Klägerin allgemein an einer Behördentransparenz interessiert ist, verfolgt sie lediglich das allgemeine Informationsinteresse. Das berufliche Interesse der Klägerin an Kontaktaufnahme geht zwar über das allgemeine Informationsinteresse hinaus. Diesem Interesse kann jedoch auf die vom Beklagten vorgesehene Weise der Einschaltung des Servicecenter ausreichend Rechnung getragen werden. Soweit in Einzelfällen ein besonderes Eilbedürfnis besteht, kann dieses dort vorgetragen werden; insoweit ist es Sache des Beklagten, auf geeignete Weise - etwa Dienstanweisungen - dafür Sorge zu tragen, dass in derartigen Fällen der zuständige Sachbearbeiter zügig informiert wird und sich ggf. zeitnah bei der Klägerin meldet. Hierfür bedarf es keiner Bekanntgabe der Durchwahlnummern aller Sachbearbeiter des Beklagten. Ein Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin bzw. der an ihr beteiligten Rechtsanwälte liegt in der Geheimhaltung der Durchwahlnummern mangels berufsregelnder Tendenz nicht. Eine Verletzung des Rechts auf freie Berufsausübung durch das Unterbleiben der Veröffentlichung der Diensttelefonliste könnte nur gegeben sein, wenn Rechtsanwälte die Veröffentlichung zu beanspruchen hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1980 - BVerwG I C 52.75 -, juris Rn. 19 f.). Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr steht der Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG unter dem Vorbehalt, dass kein Ausnahmetatbestand gegeben ist, was hier gerade geprüft werden soll.

Das Interesse der Mitarbeiter des Beklagten am Schutz ihrer personenbezogenen Daten ist demgegenüber durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 i.V.m. Art. 2 GG) grundrechtlich geschützt. Der Umstand, dass Behördenmitarbeiter in Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und somit in ihrer Eigenschaft als Amtswalter tätig werden, ändert nichts daran, dass personenbezogene Angaben wie Namen und Telefonnummern vom Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts erfasst werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013, a.a.O., Rn. 10; a.A. offenbar BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008 - BVerwG 2 B 131.07 -, juris Rn. 8). Wenn auch diesen Informationen bei Amtsträgern wegen ihres dienstlichen Bezuges (ebenfalls) kein hoher Schutz zuzuerkennen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008, a.a.O.), ist das Interesse nach der gesetzlichen Regelung doch oberhalb des vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 4 IFG als unerheblich bewerteten Geheimhaltungsinteresses von „Bearbeitern“ einzuordnen. Die oben dargestellten privaten Interessen der Klägerin können sich hiergegen nicht durchsetzen. Sie haben allenfalls das gleiche Gewicht wie die Geheimhaltungsinteressen der Mitarbeiter des Beklagten. Dies genügt nach der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht, um der Klägerin Zugang zu den in Rede stehenden Informationen zu gewähren.

c. Überwiegt das Informationsinteresse der Klägerin nach allem das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Mitarbeiter nicht, hängt der Anspruch der Klägerin auf Informationszugang allein vom Vorliegen einer Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter ab. An einer solchen Einwilligung fehlt es bisher. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Klage abzuweisen. Vielmehr ist der Beklagte nach § 8 Abs. 1 IFG verpflichtet, vor einer abschließenden Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Zugang zu den hier umstrittenen Informationen die betroffenen Mitarbeiter anzuhören und ihnen hierdurch die Möglichkeit zu geben, sich mit der Informationsgewährung einverstanden zu erklären (vgl. Urteil der Kammer vom 11. November 2010 - VG 2 K 35.10 -, juris Rn. 47 ff.). Darauf, dass ihm die Durchführung des Beteiligungsverfahrens wegen der Menge der zu beteiligenden Mitarbeiter unzumutbar sei, kann sich der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Gründe, die die Annahme rechtfertigen könnten, das Beteiligungsverfahren begründe für den Beklagten einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand i.S. von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG sind dem Vorbringen des Beklagten nämlich nicht zu entnehmen und auch im Übrigen nicht ersichtlich. Der Umstand, dass mehrere hundert Personen befragt werden müssen, genügt hierfür nicht, zumal eine solche Befragung leicht durch eine E-Mail zu bewältigen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquote ergibt sich aus dem wechselseitigen Grad des Obsiegens bzw. Unterliegens.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

Die Berufung und die Sprungrevision sind wegen grundsätzlicher Bedeutung der Auslegung des § 5 Abs. 4 IFG und der Rechtsfragen zuzulassen, ob eine Wiederherstellungspflicht bezogen auf nach Antragstellung weggegebene oder veränderte Informationen besteht (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzw. § 134 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).