VG Berlin, Beschluss vom 27.08.2014 - 23 L 410.14
Fundstelle
openJur 2015, 2983
  • Rkr:

1. Steuerschulden in Höhe von 531.981,13 Euro begründen schon für sich genommen die Annahme eines subjektiven Steuerfluchtwillens.

2. Die spezialgesetzlichen Regelungen des § 19 Abs. 3 PassG über die örtliche Zuständigkeit der Passbehörde sind nicht abschließend, wenn die anderenfalls eintretende Zuständigkeitslücke dazu führen würde, dass wegen des Untertauchens eines Passinhabers trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine Passentziehung keine Passbehörde diese Maßnahme treffen könnte. Trifft § 19 Abs. 3 PassG für einen solchen - vom Gesetzgeber übersehenen Fall keine Regelung, ist auf die allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit nach § 3 VwVfG zurückzugreifen.

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1954 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofort vollziehbare Entziehung seines Reisepasses und die Beschränkung seines Personalausweises.

Mit Urteil vom 28. Januar 2009 (24 KLs 616 Js 17935/08) verurteilte das Landgericht Mannheim den Antragsteller wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen, der versuchten Steuerhinterziehung in zwei Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Nachdem die Restfreiheitsstrafe im April 2010 zur Bewährung ausgesetzt wurde, meldete sich der Antragsteller zunächst in Mannheim an. Nach fünf Monaten meldete er sich in die Niederlande ab. Seit seiner Haftentlassung betreibt der Antragsteller unter dem Aliasnamen „Re... Me...“ ein Unternehmen, das mit der Übernahme von Punkten wirbt, die für Verkehrsverstöße beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg eingetragen werden; für den tatsächlichen Fahrer fingiert der Antragsteller hierzu eine dritte, tatsächlich nicht existierende Person, die sich wahrheitswidrig des Verkehrsverstoßes bezichtigt und die Punkte auf diesem Wege „übernimmt“. Für diese entgeltliche Tätigkeit hat der Antragsteller bislang keinerlei Umsatzsteuer abgeführt.

Seit dem 21. Dezember 2011 ist der Antragsteller im Besitz eines vom Land Berlin ausgestellten Reisepasses mit der Nr. C3..., der bis zum 20. Dezember 2021 gültig ist. Der Reisepass wurde ihm seinerzeit – ebenso wie zeitgleich ein Personalausweis mit der Nr. L3...- ausgestellt, weil er unter der Adresse Ro... in 1... Berlin angemeldet war. Am 30. April 2012 meldete sich der Antragsteller ab und gab als künftigen Wohnsitz Polen an. Tatsächlich hielt sich der Antragsteller wohl im Raum Berlin, München und Mannheim auf.

Am 10. März 2013 ging beim das Finanzamt Mannheim- Neckarstadt eine E-Mail einer Person ein, die sich als „Ma... Lö...“ bezeichnete. Sie beschrieb ausführlich und unter Angabe detaillierter Einzelheiten das im Internet unter den Adressen „www.p...“ und „www.p...“ abrufbare Geschäftsmodells des Antragstellers. Danach soll der Antragsteller im Durchschnitt einen Gewinn pro Fall von 500,- Euro erzielen, was bei geschätzten 500 Fällen im Jahr zu Einnahmen von 250.000,- Euro führe.

Mit Schreiben vom 22. August 2013 wandte sich das Finanzamt Ma... an das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten und bat darum, den Reisepass des Antragstellers zu entziehen und die sofortige Sicherstellung anzuordnen. Zur Begründung führte die Behörde aus, dass der Antragsteller dem Land Baden-Württemberg als Steuerpflichtiger einen Betrag von 326.039,16 Euro schulde. Aus dem Zeitraum von 2003 bis 2007 stammten Verbindlichkeiten wegen nicht gezahlter Einkommenssteuern und Beiträge zum Solidaritätszuschlag i.H.v. 250.099,43 Euro, die zum 8. Oktober 2008 fällig gewesen seien (Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung); ferner habe der Antragsteller aus der Tätigkeit als „Punktevermittler“ vermutlich Umsatzsteuern in den Jahren 2010 bis 2012 in Höhe von 75.939,73 Euro, fällig am 21. Juni 2013, hinterzogen. Diese Tatsachen begründeten die Annahme, dass sich der Antragsteller, der über ein Bankkonto in der Schweiz verfüge, seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehe. Da er auch in der Vergangenheit die Steuerbehörden getäuscht habe, sei zu besorgen, dass er sich ohne die Anordnung leicht ins Ausland absetzen könne.

Mit Bescheid vom 1. April 2014 entzog das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten dem Antragsteller seinen Reisepass. Zudem wurde der Geltungsbereich des Personalausweises dahingehend beschränkt, dass dieser nicht zum Verlassen Deutschlands berechtige. Die Behörde gab dem Antragsteller ferner auf, den Reisepass unverzüglich bei der Behörde abzugeben. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet, soweit sie nicht bereits kraft Gesetzes bestehe. Zur Begründung berief sich die Behörde im Wesentlichen auf das Schreiben des Finanzamtes Ma... vom 22. August 2013. Das darin geschilderte Verhalten zeige, dass der Antragsteller die Absicht habe, sich seinen steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen. Maßgebliches Indiz für den Steuerfluchtwillen sei unter anderem die Höhe der Steuerschuld, die hier erheblich sei. Der Antragsteller habe sich zu keinem Zeitpunkt bemüht, diese Schuld zu reduzieren. Es liege nahe, dass er sich jeweils ins Ausland abgemeldet habe, um sich den noch offenen Forderungen der Steuerbehörde zu entziehen. Die Passentziehung sei nicht unverhältnismäßig. Sie sei gleichermaßen geeignet wie erforderlich, um den Antragsteller zur Begleichung seiner Steuerschulden anzuhalten. Seinem Interesse, sich im Bundesgebiet auszuweisen, werde durch die Beschränkung der Geltung des Personalausweises Rechnung getragen. Von einer Anhörung habe abgesehen werden können, da sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten gewesen sei. An der sofortigen Vollziehung der Einziehung des Reisepasses bestehe ein öffentliches Interesse, da die Bestandskraft des Bescheides nicht abgewartet werden könne. Der Staat sei zur Erfüllung seiner Aufgaben darauf angewiesen, dass die Bürger ihren Steuerpflichten nachkämen. Damit dienten die pass- und ausweisbeschränkenden Maßnahmen der unverzichtbaren Beschaffung staatlicher Mittel. Da der Behörde kein aktueller inländischer Wohnsitz des Antragstellers bekannt war und sie ihn in Thailand vermutete, stellte sie den Bescheid durch öffentliche Zustellung mit Aushang vom 1. April 2014, abgenommen am 17. April 2014, zu. Zugleich wurde die Bundespolizei gebeten, die Passentziehung im Grenzfahndungsbestand auszuschreiben.

Am 15. April 2014 reiste der Antragsteller aus Thailand kommend auf dem Luftweg nach Berlin ein. Ausweislich seines Einreisestempels war er am 22. Februar 2014 nach Thailand eingereist. Der Bescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 1. April 2014 wurde dem Antragsteller übergeben und sein Reisepass sichergestellt. Gegen diesen Bescheid legte der anwaltlich vertretene Antragsteller am 29. April 2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte der Bevollmächtigte unter dem 19. Juni 2014 aus, die Voraussetzungen für eine Entziehung des Reisepasses und eine Beschränkung des Personalausweises lägen nicht vor. Zwar sei zutreffend, dass er Steuerschulden beim Land Baden-Württemberg habe. Er verfüge aber nicht über ausreichende Geldmittel, um die Forderung zu begleichen, weshalb sie vom Finanzamt vorläufig niedergeschlagen worden sei. Die Auslandsaufenthalte hätten auch nicht dazu gedient, sich den steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen. Vielmehr seien diese dem Bemühen geschuldet gewesen, sich im Ausland neue Erwerbsquellen zu erschließen bzw. angesichts der mangelnden Ressourcen die niedrigeren dortigen Preise zu nutzen. Die Erzwingung eines Aufenthalts im Inland führe nicht dazu, dass die Ansprüche des Landes realisiert werden könnten, da dies nicht zur Vermehrung des vorhandenen Vermögens führen werde. Zudem bestehe die angebliche Umsatzsteuerforderung nicht. Gegen den entsprechenden Festsetzungsbescheid sei Einspruch eingelegt worden. Akteneinsicht sei bis heute nicht gewährt worden. Dies zeige, dass die Steuerbehörden systematisch zu verhindern suchten, dass er sich mit den Forderungen sachlich auseinandersetzen könne. Die Behörde habe die Angaben des Finanzamtes inhaltlich nicht überprüft, die zum erheblichen Teil unrichtig seien. Tatsächlich beruhten die Annahmen des Finanzamtes auf den falschen Angaben einer Person mit dem (falschen) Namen Ma... Lö... Dieser habe in der E-Mail gegenüber dem Finanzamt fälschlich behauptet, dass er – der Antragsteller – im Jahre 2012 Gewinne von mindestens 250.000,- Euro gemacht habe, die er nicht versteuert habe. Die Steuerschätzung sei allein auf dieser Grundlage erfolgt. Bei dem Anzeigenden handele sich richtig um einen Herrn Gr..., der in Thailand lebe. Dieser habe die Anzeige nur erstattet, weil der Antragsteller ihm noch Geld schulde. Mit ihm habe er anfänglich von Anfang 2012 bis Frühjahr 2013 den Handel gemeinsam betrieben. Tatsächlich sei hierbei lediglich ein Betrag von 20.000,- Euro erzielt worden. Die Geschäfte seien aber nicht von Deutschland, sondern von der Schweiz aus betrieben worden. Er sei deshalb nicht in Deutschland steuerpflichtig. Inzwischen habe Herr Gr... das Geschäftsprinzip kopiert und betreibe den „Punktehandel“ ebenfalls. Ihm sei es mit seiner Anzeige insbesondere darum gegangen, mit ihm einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Es gebe daher keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass er im Inland Umsätze oder Erträge erzielt habe. Das Land Berlin sei daher von den Finanzbehörden offensichtlich über das Vorliegen entsprechender Beweise getäuscht worden. Mit der angegriffenen Maßnahme werde er gezwungen, im Bundesgebiet zu leben, ohne dass hierdurch irgendjemand einen Vorteil habe.

Zum Widerspruch befragt, teilte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Ma... unter dem 4. Juli 2014 mit: Tatsächlich schulde der Antragsteller dem Land Baden-Württemberg nunmehr Umsatzsteuern in Höhe von 103.572,80 Euro. Deshalb werde gegen ihn wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Soweit er behaupte, über keine ausreichenden Geldmittel zu verfügen, um die Steuernachzahlung zu begleichen, treffe dies nicht zu. Tatsächlich habe er bei dem Bankinstitut Po... in der Schweiz insgesamt drei Konten eröffnet, über die allein er verfügungsberechtigt sei. Dort seien im Jahr 2011 6.757,44 Euro eingegangen, im darauffolgenden Jahr 327.573,09 Euro und im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 48.664,00 Euro. Als Zahlungsgrund sei bei den meisten Eingängen „MPU- Beratung“ angegeben. Zudem stehe fest, dass der Antragsteller den bereits genannten Betrag von 250.093,43 Euro schulde. Auch diesbezüglich treffe nicht zu, dass der Antragsteller kein Geld habe, um die Schuld zu begleichen. Denn er habe bereits am 15. Juli 2010 ein Girokonto bei der Sparkasse Ma... eröffnet. Dort seien ihm insgesamt Beträge in Höhe von 84.629,54 Euro gutgeschrieben worden. Ferner habe er bei dieser Sparkasse einen Darlehensvertrag über 16.757,66 Euro abgeschlossen. Diesen habe er monatlich mit 335,10 Euro bedient und die restliche Darlehenssumme im November 2012 komplett abgelöst. Es treffe auch nicht zu, dass die Umsatzsteuerforderungen für den Zeitraum von 2010 bis 2012 nicht bestünden. Denn hierüber habe das Finanzamt Ma...am 17. Mai 2013 entsprechende Umsatzsteuerbescheide erlassen. Die Beitreibung der offen stehenden Forderung sei lediglich deshalb vorläufig niedergeschlagen worden, weil eine ladungsfähige Anschrift des Antragstellers nicht bekannt gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 wies das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten den Widerspruch des Antragstellers zurück. Zur Begründung verwies die Behörde im Wesentlichen auf die Gründe des Ausgangsbescheides und insbesondere auf die genannte Stellungnahme des Finanzamtes. Ebenfalls am 15. Juli 2014 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht sowie am 15. August 2014 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen VG 23 K 479.14 anhängig ist. Zur Begründung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen für die Passentziehung lägen nicht vor. Es könne keine Rede davon sein, dass er sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen wolle. Insbesondere sei er nicht in der Lage, diesen Verpflichtungen überhaupt nachzukommen. Voraussetzung sei ohnehin, dass vollstreckbare Steuerbescheide bestünden. Dies sei nicht der Fall. Die Steuerforderungen für die Jahre vor 2008 seien niedergeschlagen worden. Zwar führe dies nicht zu einem Erlöschen der Steuerschuld, an das Vorliegen eines Steuerfluchtwillens seien unter diesen Umständen aber erhöhte Anforderungen zu stellen. Denn einer Forderung, die von der Behörde nicht verfolgt werde, müsse man sich nicht entziehen. Zudem fehle es zwischen dem Kausalzusammenhang zwischen dem tatsächlichen oder beabsichtigten Auslandsaufenthalt und den steuerlichen Zahlungsverpflichtungen. Dies sei schon deshalb nicht der Fall, weil er vermögenslos sei. Er habe deshalb gar kein Motiv, ins Ausland zu gehen. Alleiniges Motiv seien die dortigen niedrigeren Lebenshaltungskosten. Die Maßnahme sei auch unverhältnismäßig. Sie sei nicht geeignet, um die Steuerforderungen zu realisieren. Wenn der einzige nennenswerte Vermögensgegenstand sein Bankkonto in der Schweiz sei, könne darin vollstreckt werden, ohne dass die Anwesenheit seiner Person im Inland zwingend erforderlich sei. Zudem könne der verfolgte Zweck auch durch einen Zugriff auf die Vermögenswerte im Inland gefördert werden. Es stelle sich auch als unzulässige Rechtsausübung dar, wenn er in seinem Bemühen um die Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse gehindert werde, in die vorhandenen Akten Einsicht zu nehmen, andererseits aber massiv in seine Freizügigkeit und seine Reisefreiheit eingegriffen werde.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage VG 23 K 479.14 gegen den Bescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 1. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 15. Juli 2014 anzuordnen bzw. wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft das bisherige Vorbringen und führt ergänzend aus: Das gesamte Verhalten des Antragstellers in der Vergangenheit bis heute sei geprägt davon, dass er sich seinen steuerlichen Verpflichtungen habe entziehen wollen. In diesem Sinne sei auch seine Angabe zu werten, ohne Einkommen und Vermögen zu sein, denn immerhin seien auf seinem Konto von Oktober 2010 bis März 2013 insgesamt etwa 467.000,- Euro eingegangen. Soweit er sich auf die Niederschlagung der Steuerforderung berufe, sei ihm entgegenzuhalten, dass er seiner Verpflichtung nach § 154 Abs. 2 AO nicht nachgekommen sei, die Änderung seiner Vermögensverhältnisse mitzuteilen. Seine tatsächlichen Wohnverhältnisse habe er nach seiner Haftentlassung regelmäßig verschleiert. Zudem habe er seine melderechtliche Verpflichtung zur Anmeldung nicht erfüllt, wenn er keine ladungsfähige Anschrift angebe und behaupte, gezwungen zu sein, ohne festen Wohnsitz bei einer Bekannten zu leben. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass er den „Punktehandel“ aus der Schweiz betrieben habe.

II.

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist er statthaft. Soweit der Antragsgegner wegen der Entziehung des Reisepasses die sofortige Vollziehung angeordnet hat, ist der Eilantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt VwGO auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der zwischenzeitlich unter dem Aktenzeichen VG 23 K 479.14 anhängig gemachten Klage gerichtet; wegen der räumlichen Beschränkung des Personalausweises richtet sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 Abs. 1 1. Alt. VwGO und damit auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung, dass der Ausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt, nach § 30 Personalausweisgesetz (PAuswG9 keine aufschiebende Wirkung zukommt und damit ein Fall von § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Passentziehung durch den Bescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 1. April 2014 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie lässt erkennen, dass der Antragsgegner das öffentliche Interesse an der Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen gegenüber den privaten Interessen des Antragstellers abgewogen und das öffentliche Interesse als vorrangig gegenüber dem Suspensivinteresse angesehen hat.

Das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt das Interesse des Antragstellers, vorerst von der Vollziehung verschont zu bleiben. Bei summarischer Prüfung hat die Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, weil sowohl die Passentziehung als auch die Beschränkung des Personalausweises rechtmäßig sind und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Passentziehung ist § 8 des Passgesetzes (PassG). Danach kann ein Pass dem Inhaber entzogen werden, wenn Tatsachen bekannt werden, welche die Passversagung rechtfertigen würden. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG ist ein Pass zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen will. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Passentziehung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass sich aus vollziehbaren Steuerbescheiden, die nicht offensichtlich rechtswidrig sind, ergibt, dass erhebliche Steuerrückstände bestehen; eine bestands- oder gar rechtskräftige Feststellung ist nicht erforderlich (OVG Bremen, Beschluss vom 25. Januar 2013 - 1 B 297/12, Juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. November 2007 – OVG 5 S 56.07, NJW 2008, 313; VGH München, Urteil vom 26. Juli 1995 – 5 B 94.2279, BayVBl. 1996, 50; OVG Münster, Beschluss vom 2. Januar 1996 – 25 B 3037/95, DVBl. 1996, 576). Dies ist hier der Fall. Unzweifelhaft hat der Antragsteller erhebliche Steuerrückstände. Zum 3. Juli 2014 summierten sich diese auf einen Betrag von insgesamt 531.981,13 Euro (vgl. die Zusammenstellung Bl. 91 des übersandten Verwaltungsvorgangs). Sie setzen sich zusammen aus unstreitig bestehenden Altschulden, betreffend die Einkommenssteuer und Beiträgen zum Solidaritätszuschlag des Antragstellers für die Jahre 2003 bis 2007, sowie aus laufenden steuerlichen Verpflichtungen zu seiner Umsatzsteuer, die teilweise durch nach öffentlicher Zustellung bestandskräftig gewordene Steuerbescheide festgesetzt wurden (jedenfalls für die Jahre 2010 – 2012); selbst wenn hiergegen fristgerecht Einspruch eingelegt worden sein sollte, ändert dies nach oben Gesagtem nichts. Dagegen hat der Antragsteller keine durchgreifenden Einwände erhoben. Auf die zu einem früheren Zeitpunkt ausgesprochene Niederschlagung der erstgenannten Verpflichtung nach § 261 AO kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Danach dürfen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis niedergeschlagen werden, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zu dem Betrag stehen. Eine Niederschlagung begründet aber kein subjektives Recht des Vollstreckungsschuldners auf zeitweiliges oder dauerhaftes Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen. Aus dem verwaltungsinternen Charakter der Niederschlagung folgt vielmehr, dass die Vollstreckung bis zur Verjährung des Steueranspruchs wieder aufgenommen werden kann, sobald die für die Niederschlagung maßgebenden Voraussetzungen (erfolglose Vollstreckungsversuche, voraussichtliche Aussichtslosigkeit weiterer Vollstreckungsmaßnahmen) weggefallen sind (BFH, Beschluss vom 5. August 1998 – IV B 129/97 –, Juris). Das Gericht hat auch keine durchgreifenden Zweifel an der Höhe der Steuerschuld; wegen der Steuerschulden für 2003 – 2007 stellt der Antragsteller dies selbst nicht einmal in Frage. Soweit er behauptet, aus dem „Punktehandel“ bislang nur 20.000,- Euro erzielt zu haben, ist dies nicht ansatzweise glaubhaft; tatsächlich dürften die von dem Informanten „Mario Löscher“ stammenden Angaben, wonach in einem Jahr Einnahmen in Höhe von 250.000,- Euro erzielt wurden, viel eher zutreffen. Dafür spricht nicht nur die Richtigkeit dessen Angaben im Übrigen, sondern auch der beispielhaft als Anlage 4 vom Finanzamt Mannheim-Neckarstadt im seinem Schreiben an den Antragsgegner vom 4. Juli 2014 übersandte Kontoauszug für eines der Schweizer Konten Nr. 91-741133-7 (Bl. 96 f. des Verwaltungsvorgangs). Danach gingen dort allein am 13. November 2012 zwei Zahlungen für „MPU-Beratungen“ in Höhe von 300,- bzw. 530,- Euro ein (Seite 184 des Kontoauszugs), am 17. und 18. Dezember 2012 ausweislich Blatt 200 des Kontoauszugs 550,- und 890,- Euro. Damit erscheint die geschätzte Zahl nicht zu hoch gegriffen zu sein, zumal die Internetseiten „www.p...“ und „www.p...“ weiter aktiv geschaltet sind und, wie zahlreiche dortige Verlinkungen ergeben, die Aktivitäten auch in den Medien breite Beachtung gefunden haben. Ungeachtet dessen käme es hierauf aber auch nicht an, weil die unstreitige Steuerforderung aus den Jahren 2003 – 2007 in Höhe von 250.090,43 Euro für sich genommen die Schwelle der erheblichen Steuerrückstände unschwer übersteigt.

Soweit der Antragsteller überdies behauptet, vollständig vermögenslos zu sein, ist dies angesichts der übersandten Kontoauszüge der Po... für drei dort in der Schweiz geführte Konten, auf denen erhebliche Geldeingänge zu verzeichnen sind (Bl. 84 des Verwaltungsvorgangs) nicht nur völlig unglaubhaft; es ändert auch nichts an der bestehenden Steuerschuld. Zudem hat der Antragsteller über das bei der Sparkasse Ma... geführte Konto ab August 2010 regelmäßige monatliche Einnahmen als Geschäftsführer der CM...B... mbh bezogen. Auch die Behauptung, die Umsatzsteuerbescheide seien schon deshalb unrichtig, weil seine Tätigkeit von der Schweiz aus ausgeübt worden sei, ist nicht ansatzweise überzeugend. Dafür spricht schon, dass er auch in der Vergangenheit zahlreiche Scheinwohnsitze im Ausland begründet hat, um sich seinen Verpflichtungen zu entziehen. Zudem ist er im Zentralen Migrationsinformationssystem der Schweiz nicht erfasst (Bl. 164 VV), so dass er keiner Erwerbstätigkeit von dort aus nachgehen konnte.

Soweit § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG in subjektiver Hinsicht einen Steuerfluchtwillen voraussetzt, ist dieser hier unschwer zu bejahen. Für diese Feststellung genügt zwar nicht schon allein der Wille des Antragstellers, in absehbarer Zeit nicht in die Bundesrepublik zurückzukehren. Vielmehr muss ein Kausalzusammenhang zwischen den steuerlichen Verpflichtungen und dem angestrebten weiteren Aufenthalt im Ausland in dem Sinne bestehen, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Steuerpflichtige wolle sich seinen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt entziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1989 – BVerwG 1 A 110.89, NVwZ 1990, 369). Das gesamte Verhalten und sonstige Umstände müssen bei lebensnaher Beurteilung die Annahme zulassen, dass er in der Absicht handelt, im Ausland zu bleiben, um den Zugriff der Steuerbehörden auf sein Vermögen zu verhindern oder zu erschweren (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 28. November 1988 – 1 S 3045/87, NJW 1990, 660; VGH München, Urteil vom 26. Juli 1995 – 5 B 94.2279, BayVBl. 1996, 50, 51; OVG Münster, Beschluss vom 2. Januar 1996 – 25 B 3037/95, DVBl. 1996, 576). So liegt der Fall aber hier.

23Bereits eine erhebliche Höhe der Steuerrückstände deutet nach ständiger Rechtsprechung auf einen Steuerfluchtwillen hin; dazu genügen schon Steuerrückstände in Höhe von 60.000.- DM (OVG Berlin, Beschluss vom 11. August 2003 – OVG 5 S 25.03–; vgl. ferner OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2007 – OVG 5 S 56.07NJW 2008, 313; ebenso zu einer Steuerschuld von 380.000,- DM OVG Berlin, Beschluss vom 20. August 2002 – OVG 5 N 59.02 –). Angesichts der hier in Rede stehenden und weit darüber hinausgehenden Beträge lässt sich der Steuerfluchtwille des Antragstellers allein daraus bejahen. Ungeachtet dessen kommen im vorliegenden Fall noch zahlreiche weitere Indizien hinzu. Fällt dem Betroffenen nämlich eine Verlegung seines Lebensmittelpunktes in das Ausland leicht und waren die Angaben über seinen Aufenthaltsort in der Vergangenheit zudem widersprüchlich, kann dies ebenfalls ein gewichtiges Indiz für den Steuerfluchtwillen sein (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 25. Januar 2013 – 1 B 297/12, Juris). Durch die Begründung zahlreicher (Schein-) Wohnsitze und Aufenthaltsorte des Antragstellers im In- und Ausland seit 2001 (vgl. hierzu die Aufstellung Bl. 38 des Verwaltungsvorgangs), hinsichtlich derer er zudem seiner Meldepflicht häufig nicht nachgekommen ist, lässt sich der Antragsteller als hochmobile Person charakterisieren, der die situationsbedingte Anpassung (und Verschleierung) ihres Aufenthaltsorts leicht fällt. Selbst im hiesigen Verfahren verweigerte der Antragsteller zunächst die Nennung seines aktuellen Aufenthaltsorts, indem er in der Antragsschrift „zur Zeit unbekannten Aufenthalts“ angab; erst unter Androhung prozessualen Konsequenzen (vgl. § 82 Abs. 2 VwGO) wurde die jetzige Adresse preisgegeben. Zuletzt reiste der Antragsteller überdies aus Thailand ein, wohin er nach den nicht von vornherein unglaubhaften Angaben des Informanten „Ma... Lö...“ sich nunmehr endgültig abzusetzen plant. Dass die Verlegung der Wohnsitze – wie der Antragsteller behauptet - dazu gedient haben soll, Einnahmequellen im Ausland zu erschließen bzw. allein dazu, sich die günstigeren Lebenshaltungskosten zunutze zu machen, wertet die Kammer als unsubstantiierte Schutzbehauptung. Nicht ohne Belang ist in diesem Kontext nicht zuletzt der Umstand, dass der Antragsteller den „Punktehandel“ nicht unter seinem richtigen Namen betreibt, sondern sich hier als „Re...Me...“ bezeichnet; auch dieses unredliche Verhalten erleichtert es, sich steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen.

Ein weiterer erheblicher Anhaltspunkt für den Steuerfluchtwillen des Betroffenen ist darin zu sehen, dass er es an jeglichen Bemühungen fehlen lässt, seine Steuerschulden zu reduzieren oder sonst eine Klärung mit den Steuerbehörden herbeizuführen (vgl. OVG Münster – 25 B 3037/95 – a.a.O.). Dies gilt auch im Fall des Antragstellers. Es ist nicht ersichtlich, dass er nach seiner Haftentlassung Kontakt mit dem Finanzamt Ma... aufgenommen hat, um seine Steuerangelegenheiten zu klären. Insbesondere hätte es sich angesichts der behaupteten Vermögens- und Einkommenslosigkeit aufgedrängt, bei den Finanzbehörden um Ratenzahlung, Stundung oder Teilerlass nachzusuchen sowie gegebenenfalls die wirtschaftlichen Verhältnisse durch Vorlage eines Vermögensverzeichnisses offenzulegen und deren Richtigkeit an Eides statt zu versichern. Dazu bedurfte es auch mitnichten der Einsicht in die aktuellen Steuerakten, die ihm derzeit noch mit Blick auf strafrechtliche Ermittlungen verwehrt wird; jedenfalls zur Klärung der Begleichung der Altschulden ist dies nicht erforderlich. Dass der Antragsteller dies unterlassen hat, lässt keinen anderen Schluss als denjenigen zu, dass er freiwillig seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommen wird und ihnen unter Ausnutzung seines ausländischen Wohnsitzes so weit wie möglich aus dem Wege gehen will (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 21. Mai 2008 – VG 23 A 28.07).

Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Behörde hat ersichtlich das ihr zustehende Ermessen erkannt und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland an der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen gegenüber der Ausreisefreiheit abgewogen, und zu Recht als vorrangig eingeschätzt. An der Eignung des Mittels kann nicht ernstlich gezweifelt werden; zwar behauptet der Antragsteller, bei Entziehung des Passes keine Einnahmen erzielen zu können, die bisher aus der Auslandstätigkeit zugeflossen sind. Dies ist indes unerheblich, weil die Tätigkeit im Inland betrieben werden kann (und höchstwahrscheinlich auch worden ist), zumal es auch um die grundsätzliche und seine Anwesenheit erfordernde Klärung sonstiger Fragen im Zusammenhang mit seiner Steuerschuld geht. Soweit der Antragsteller meint, die Beschränkung sei nicht erforderlich, da die Steuerbehörden auch bei seiner Abwesenheit vollstreckungsweise auf eines seiner Konten in der Schweiz zurückgreifen könnten, geht dies ebenso fehl. Denn in erster Linie dient die Maßnahme der freiwilligen Zahlung durch den Steuerschuldner, ohne dass die Finanzbehörden auf die Ergreifung zwangsweiser Maßnahmen angewiesen sind. Ein milderes Mittel zur Erreichung des Zwecks ist schließlich nicht erkennbar. Damit war nach Überzeugung des Gerichts keine andere als die getroffene Entscheidung möglich und das Ermessen der Behörde so auf Null reduziert.

26Etwaige formelle Bedenken gegen den Bescheid greifen nicht durch. Zwar ist die örtliche Zuständigkeit des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten nicht unproblematisch. Grundsätzlich folgt die örtliche Zuständigkeit der Passbehörde nämlich aus § 19 Abs. 3 PassG, dessen Voraussetzungen hier nicht gegeben waren. Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Passbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Passbewerber oder der Inhaber eines Passes für seine Wohnung, bei mehreren Wohnungen für seine Hauptwohnung, gemeldet ist. Im Ausland ist die Passbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk sich der Passbewerber oder der Inhaber eines Passes gewöhnlich aufhält (Satz 2). Ist hiernach keine Zuständigkeit begründet, so ist die Passbehörde zuständig, in deren Bezirk er sich vorübergehend aufhält (Satz 3). Für den Erlass des Ausgangsbescheides, der zu einem Zeitpunkt erging, als sich der Antragsteller noch in Thailand aufhielt, wäre demnach die Deutsche Botschaft in Bangkok zuständig gewesen. Nachdem zwischenzeitlich unter dem 15. Juli 2014 der Widerspruchsbescheid ergangen ist, kommt es für die örtliche Zuständigkeit allein auf diesen Zeitpunkt an. Der damalige genaue Aufenthaltsort des Antragstellers in Deutschland lässt sich indes nicht ermitteln, da er seiner Meldepflicht seinerzeit nicht nachgekommen und damit unbekannten Aufenthalts war; seine melderechtliche Erfassung in Thüringen erfolgte erst am 4. August 2014. Die spezialgesetzlichen Regelungen des § 19 Abs. 3 PassG über die örtliche Zuständigkeit sind aber dann nicht abschließend, wenn die anderenfalls eintretende Zuständigkeitslücke dazu führen würde, dass wegen des Untertauchens eines Passinhabers trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine Passentziehung keine Passbehörde diese Maßnahme treffen könnte. Trifft § 19 Abs. 3 PassG für einen solchen – vom Gesetzgeber offenbar übersehenen - Fall keine Regelung, spricht vieles dafür, auf die allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit nach § 3 VwVfG zurückzugreifen. Nach dessen S. 1 Nr. 4 ist örtlich zuständig in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, die Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Diese Bestimmung bildet einen auch im hiesigen Fall greifenden Auffangtatbestand. Die Vorschrift ist zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke so auszulegen, dass die Durchsetzung materieller Rechte nicht am Fehlen der örtlichen Zuständigkeit scheitert (OVG Hamburg, Beschluss vom 26. November 2003 - 1 Bs 566/03, NVwZ-RR 2004, 799). Damit spricht alles dafür, dass das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten als diejenige Behörde, in deren Bereich der Reisepass des Antragstellers seinerzeit ausgestellt worden war, örtlich zuständig war. Selbst wenn man dies anders sehen sollte, wäre der Formmangel nach § 46 VwVfG unerheblich. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. So liegt der Fall hier. Die etwaige fehlende örtliche Zuständigkeit des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten führt nicht zu einer Nichtigkeit nach § 44 VwVfG. Da sich das Ermessen der Behörde hier wie ausgeführt auf Null reduziert hatte und jede andere Passbehörde dieselbe Entscheidung hätte treffen müssen, wäre eine Verletzung der Zuständigkeitsbestimmungen schließlich nicht kausal geworden.

Aus der hohen Bedeutung der Steuerpflicht resultiert auch das sofortige Vollziehungsinteresse bezüglich der Passentziehung; denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Antragsteller bei einem Eintritt des Suspensiveffekts unter Gebrauch seines Reisepasses ins Ausland (möglicherweise nach Thailand) absetzt, um sich seinen Steuerpflichten endgültig zu entziehen, ist ausgesprochen hoch.

Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 7 PAuswG, wonach die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 des Passgesetzes im Einzelfall anordnen kann, dass der Ausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt, liegen nach oben Gesagtem ebenfalls vor. Ermessensfehler liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 39 ff., 52 f. GKG.