OLG Hamm, Urteil vom 30.03.2009 - 8 U 107/08
Fundstelle
openJur 2015, 4184
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. März verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Der Kläger verlangt die Zahlung von Schadensersatz (Rückzahlung des Einlagebetrages) wegen behaupteter Täuschungen beim Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1) im Jahre 1999 über den Vermittler C. Diesem übergab er dafür bar 14.000,00 DM. Er erhielt danach eine Empfangsquittung vom 03.01.2002 betreffend seinen Anteilsschein (Nr. ...#) über einen Anlagebetrag von 12.000,00 DM nach vorheriger Rückgabe eines Teils der ursprünglich erworbenen Aktien (Nr. ...-...) und Rückzahlung von 3.500,00 DM. Mit Anwaltschreiben des Klägers vom 27.01.2006 an die Beklagte zu 2) kündigte er den Anlagevertrag und erklärte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.

Der Kläger hat behauptet, der Vermittler C habe ihn zuvor durch unzutreffende Aussagen über die Kapitalanlage zu der Zeichnung veranlasst. C habe unzutreffend erklärt, es handele sich um eine völlig sichere Anlage an der gesamten Firmengruppe mit einer Rendite von 10 -20 % p.a. bei jederzeitiger Rückforderungsmöglichkeit des angelegten Kapitals mit einer Frist von maximal drei Monaten. Auch auf die fehlende Börsennotierung und das Verbot der Rücknahme der Aktien durch die Gesellschaft sei nicht hingewiesen worden. Hierbei habe er als weisungsabhängiger Verrichtungsgehilfe gehandelt. Außerdem seien die Zusicherungen, die C gemacht habe, Teil einer bewussten, von den Organen der Beklagten initiierten und gebilligten Vertriebspraktik gewesen. Die Beklagten haften demnach, so hat der Klä-ger gemeint, wegen Betruges und vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus unerlaubter Handlung. Ferner sei der Schadensersatzanspruch auch deshalb begründet, weil die Beklagte die Anteile unter Verstoß gegen Regeln des Auslandsinvestmentgesetzes und des Kapitalwesengesetzes veräußert habe.

Bei der Beklagten zu 1) handele es sich um eine Briefkastenfirma der Beklagten zu 2). Es habe von Anfang an die Absicht bestanden, das Anlagekapital nicht zurück zu zahlen, dies sei ihm, dem Kläger, aber erst im Januar 2006 durch seinen Prozessbevollmächtigten bekannt geworden.

Die Beklagten haben die internationale Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts und die Anwendung deutschen Rechts gerügt. In der Sache haben sie eine Ersatzpflicht in Abrede gestellt. C habe den Kläger nicht beraten und keine unzutreffenden Aussagen gemacht. Die von dem Kläger behaupteten Aussagen seien auch nicht ursächlich für dessen Anlageentscheidung gewesen. Zudem sei C nicht ihr Verrichtungsgehilfe und nicht zum Vertragsschluss bevollmächtigt gewesen; er habe lediglich das Geld entgegen genommen und quittiert.

Schließlich haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und der Vernehmung des Zeugen C der Klage - bis auf einen Teil der Zinsen - stattgegeben. Zur Begründung hat es Wesentlichen ausgeführt, es sei für die Entscheidung über Ansprüche aus unerlaubter Handlung international zuständig. Der Anspruch des Klägers folge gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 II BGB i. V. m. den Vorschriften des AuslInvestmG und gegen die Beklagten zu 2) aus §§ 826, 31 BGB. Verjährung der Schadensersatzansprüche sei nicht eingetreten, da der Kläger von den anspruchsbegründenden Umständen erst durch die Beratung seines Prozessbevollmächtigten Kenntnis erlangt hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Anträgen, den Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie meinen, die Beklagte zu 1) hafte nicht, weil dass AuslInvestmG nicht anwendbar sei; insbesondere fehle es an der erforderlichen Risikomischung und die Aktien seien nicht öffentlich vertrieben worden. Die Beklagte zu 2) hafte nicht, weil sie an dem Vertrieb nicht beteiligt gewesen sei. Zumindest stehe ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil der Kläger Schadensersatz nur gegen Rückübertragung der Aktie mit der Nr. ...# verlangen könne. Im Übrigen hätte das Landgericht wegen der teilweisen Klageabweisung hinsichtlich der Zinsen die Kosten quotieren müssen.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise Verurteilung Zug um Zug gegen Rückübertragung des Anteilsscheins Nr. ...#.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre in zweiter Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt abändernd zur Abweisung der Klage.

I.

1. Internationale Zuständigkeit und Prüfungsumfang

Die internationale Zuständigkeit ist entgegen der Rüge der Beklagten gegeben.

a. betr. die Beklagte zu 2)

aa.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass im Verhältnis zur Türkei keine vorrangigen Staatsverträge zur internationalen Zuständigkeit bestehen und deshalb diese nach den Vorschriften der ZPO zur örtlichen Zuständigkeit zu beurteilen ist; die örtliche Zuständigkeit indiziert regelmäßig die internationale Zuständigkeit (vgl. BGH FamRZ 2005, 1987; BGHZ 63, 219; Zöller/Geimer, 27. Auflage, IZPR, Rn. 36 d und 37; Thomas/Putzo, 28. Auflage, vor § 1 ZPO, Rn. 6 m. w. N. zur st. Rspr. des BGH).

§ 513 II ZPO kommt nicht zur Anwendung, so dass der Senat von Amts wegen die Prüfung der internationalen Zuständigkeit vorzunehmen hat (vgl. Zöller/Geimer, IZPR, Rn. 38 und 93 f. m. w. N. zur Rspr.).

Die Beklagten haben sich auch nicht rügelos eingelassen (§ 39 ZPO), sondern die internationale Zuständigkeit bereits in erster Instanz gerügt.

bb.

Die internationale Zuständigkeit hat das Landgericht zutreffend für deliktische Ansprüche nach § 32 ZPO bejaht.

Für die Zuständigkeit genügt es, wenn Tatsachen behauptet werden, aus denen bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine unerlaubte Handlung im Gerichtsbezirk folgt (BGH NJW 2005, 1435, 1436; Zöller/Vollkommer, § 32 ZPO, Rn. 19 m. w. N.; Thomas/Putzo, § 32 ZPO, Rn. 8). Das ist hier geschehen. Der Kläger hat - worauf im folgenden näher einzugehen ist - hinreichend vorgetragen, in Hamm auf Veranlassung von C zu Gunsten der Beklagten Aktien gezeichnet und die Klagesumme gezahlt zu haben, wobei er über einzelne Umstände der Anlage getäuscht worden sei. Damit hat er den Tatbestand einer unerlaubten Handlung hinreichend dargelegt mit der Folge, dass das für den Tatort zuständige Gericht auch international zuständig ist.

cc.

Der Kläger hat bereits in erster Instanz seine Forderung auf vertragliche und deliktische Ansprüche gestützt, vertragliche Ansprüche (Verschulden beim Vertragsschluss und positive Vertragsverletzung) hat das Landgericht - auch angesichts der Klagestattgabe aufgrund deliktischer Anspruchsgrundlagen - nicht geprüft. Insbesondere ein Verschulden beim Vertragsschluss wäre nur bei entsprechender Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu prüfen (vgl. BGH NJW 2003, 828, 830; NJW-RR 2005, 581; Zöller/Vollkommer, § 12 ZPO, Rn. 21; vgl. dazu auch Cuypers, Gerichtliche Zuständigkeit bei fehlgeschlagenen Kapitalanlagen, WM 31/2007, 1446 ff.). Diese Frage könnte dahinstehen, wenn die Haftung der Beklagten nach § 823 II BGB oder § 826 BGB bejaht wird; dies ist allerdings nicht der Fall (vgl. die nachfolgenden Ausführungen).

Eine Zuständigkeit für vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) kommt nicht in Betracht:

(1)

Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte im Landgerichtbezirk Dortmund zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (Zöller/Vollkommer, § 21 ZPO, Rn. 6 m. w. N.) eine Niederlassung (zur Definition der Niederlassung vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rn. 6-9) hatte und deshalb der besondere Gerichtsstand nach § 21 ZPO gegeben ist.

(2)

Die Zuständigkeit folgt auch nicht aus § 29 ZPO. Das haben für eine andere türkische Anlagegesellschaft, die D, das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 10.07.2006, 20 U 2973/06) und [Vorinstanz] das Landgericht Landshut (Urteil vom 24.03.2006, 24 O 664/05) zutreffend ausgeführt. Der Erfüllungsort liegt hier am Sitz der Beklagten, also in der Türkei oder auf den British Virgin Islands.

(3)

Die Zuständigkeit folgt auch nicht aus § 29 c ZPO (zur Anwendung auf Verträge, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden vgl. BGH NJW 2003, 1190; Zöller/Vollkommer, § 29 c ZPO, Rn. 5). Der Kläger müsste dafür schlüssig eine "Haustür-Situation" in diesem Sinne dargelegt haben; daran fehlt es.

Nach der st. Rspr. des BGH (zuletzt DStR 2009, 440, 441, Tz. 5) setzt ein Widerrufsrecht im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG voraus, dass der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung oder an seinem Arbeitsplatz zu einer späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war (siehe nur BGH v. 26. 10. 1993, XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 392 f., NJW 1994, 262). Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG und der Vertragserklärung wird für den Nachweis des Kausalzusammenhangs vom Gesetz zwar nicht gefordert (BGH v. 20. 5. 2003, XI ZR 248/02, NJW 2003, 2529). Die von einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung für den Kausalzusammenhang nimmt aber mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen (BGH v. 16. 1. 1996, XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 392, NJW 1996, 926). Welcher Zeitraum hier erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist dabei eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls, die grundsätzlich jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden kann (BGH v. 9. 5. 2006, XI ZR 119/05, NJW 2006, 1419, m. w. N.). Bei längerem zeitlichen Abstand bleibt dem Verbraucher der Nachweis gleichwohl bestehender Kausalität unbenommen (BFH v. 16. 1. 1996, XI ZR 116/95, a. a. O., m. w. N.). Für die Entstehung des Widerrufs gelten im Übrigen die allgemeinen Regeln zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Der Verbraucher hat daher alle Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 HWiG einschließlich des Vorliegens einer Haustürsituation sowie deren Kausalität für den Abschluss darzulegen und zu beweisen (BFH v. 16. 1. 1996, XI ZR 116/95, a. a. O., m. w. N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 312 Rdn. 11; Staudinger/Thüsing, BGB [2005], § 312 Rdn. 71, 125)."

Allein der Vertragsschluss in der Wohnung des Klägers genügt dafür nicht (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 4). Vielmehr ist ein Bestimmen zum Vertrag erforderlich, wobei entscheidend nicht auf den Ort des Vertragsschlusses, sondern auf den des werbemäßigen Ansprechens ankommt mit dem Ziel eines Vertragsschlusses und der Beeinträchtigung ihrer Entschließungsfreiheit (BGH, a.a.O.; BGH NJW 2003, 1190, 1191; Palandt/Grüneberg, § 312 BGB, Rn. 11 ff. m. w. N.).

Nach der Anhörung des Klägers durch das Landgericht und seinem schriftsätzlichen Vorbringen können diese Voraussetzungen nicht angenommen werden. Auch aus der Aussage des vernommenen Zeugen C ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.

(4)

Die Zuständigkeit folgt auch nicht aus §§ 15, 16 EuGVVO, weil die Türkei kein Mitgliedsstaat der EuGVVO ist.

b. betr. die Beklagte zu 1)

Die internationale Zuständigkeit ist auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) zu bejahen.

aa.

Auf den vorliegenden Rechtsstreit findet hinsichtlich der Beklagten zu 1) die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000, ABl. EG 2001 Nr. 12, S. 1 (im Folgenden: EuGVVO) Anwendung. Diese Verordnung ist gemäß Art. 76 am 1. März 2002 für die Mitgliedstaaten der EG mit Ausnahme Dänemarks (vgl. Art. 1 Abs. 3, Erwägungsgründe 21 und 22) in Kraft getreten und gilt gemäß Art. 66 Abs. 1 für alle Klagen, die nach ihrem Inkrafttreten erhoben werden.

Die Klage ist am 06. März 2006 beim Landgericht eingegangen und danach zugestellt worden.

Die Beklagte zu 1) hat ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat, dem Vereinigten Königreich Großbritannien, zu dem auch die British Virgin Islands (britischen Jungferninseln) gehören; dies folgt aus Art. 299 I, III EG-Vertrag i. V. m. dessen Anhang II.

Auch der Kläger hat seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat, nämlich in der Bundesrepublik Deutschland.

Im Übrigen ist der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung nach Art. 1 I und 3 EuGVVO eröffnet.

bb.

Für die Klage ist kein ausschließlicher Gerichtsstand nach Art. 22 EuGVVO gegeben. Insbesondere geht es hier um keinen der in Art. 22 Ziff. 2 EuGVVO genannten Fälle (Gültigkeit, Nichtigkeit oder Auflösung der Beklagten oder von Gesellschafterbeschlüssen), sondern um einen Schadensersatz und den Austritt eines Gesellschafters.

cc.

Die Zuständigkeit ist nicht schon durch rügelose Einlassung gemäß Art. 24 EuGVVO begründet wurde. Sowohl erstinstanzlich als auch in zweiter Instanz (durch die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen) hat die Beklagte zu 1) ausdrücklich die mangelnde örtliche und internationale Zuständigkeit gerügt. Dass sie sich hilfsweise zur Sache eingelassen hat, lässt nicht die Befugnis entfallen, sich auf die Unzuständigkeit zu berufen (EuGH NJW 1984, 2760, 2761; BGH NJW 2006, 1806; Zöller/Geimer, Art. 24 EuGVVO, Rn. 3 m. w. N.; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl. Art. 24 EuGVVO Rn. 10 f m. w. N.).

dd.

Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 EuGVVO fehlt.

ee.

Die internationale Zuständigkeit folgt hier zumindest aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO.

Gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist das Gericht des Ortes international zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der Begriff der unerlaubten Handlung ist autonom auszulegen. Er bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag i.S. von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpfen (EuGH NJW 1988, 3088, 3089; IPrax 2003, 143; Zöller/Geimer, Art. 5 EuGVVO, Rn. 23). Unter den Begriff fällt insbesondere auch eine Schädigung bei der Kapitalanlage (vgl. OLG Köln NJOZ 2005, 2536 = WM 2006, 122; HansOLG Bremen IPRax 2000, 226, 228; Weller, IPRax 2000, 202, 204, 205 m. w. N.).

Der Kläger macht hier auch Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geltend (insbesondere nach §§ 823, 826 BGB). Derartige Ansprüche fallen unter Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (vgl. Saenger, Art. 5 EuGVVO, Rn. 38 m. w. N.; für die gleichlautende Vorschrift des Art. 5 Nr. 3 LugÜ Kiethe NJW 1994, 222, 225).

Der Kläger hat die doppelrelevanten Zuständigkeitstatsachen gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO hinreichend dargelegt (vgl. dazu BGH NJW 1987, 592, 594; Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 5 EuGVVO, Rn. 19). Es reicht nach überwiegender Meinung aus, dass der Kläger die Zuständigkeitstatsachen behauptet, wenn sie mit den klagebegründenden Tatsachen zusammenfallen. Selbst wenn darüber hinaus verlangt wird, dass der vom Kläger behauptete Geschehensablauf stattgefunden hat (so Geimer, a.a.O., Art. 5, Rn. 263 ff), so ergeben sich daraus keine Bedenken gegen die Zuständigkeit. Der Kläger hat hinreichend vorgetragen, in Hamm auf Veranlassung von C zu Gunsten der Beklagten Aktien gezeichnet und die Klagesumme gezahlt zu haben, wobei er über einzelne Umstände der Anlage getäuscht worden sei.

ff.

Ob darüber hinaus die Voraussetzungen des Verbrauchergerichtsstandes nach Art. 15, 16 EuGVVO, insbesondere Art. 15 I c) EuGVVO vorliegen und einen auf vertragliche Anspruchsgrundlagen ausgedehnte Prüfungskompetenz deutscher Gerichte eröffnen oder dies durch die Zuständigkeitsvorschriften der Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO oder Art. 5 Nr. 5 EuGVVO ermöglicht wird, kann hier dahinstehen. Wie nachfolgend ausgeführt, kann der Kläger seinen Anspruch darauf nicht stützen.

2. Anwendbarkeit deutschen Rechts

Die deliktische Haftung der Beklagten unterliegt deutschem Recht.

a.

Die Neuregelung der Art. 38 ff. EGBGB ist erst am 01.06.1999 in Kraft getreten. Es ist zu beachten, dass die Beteiligung des Klägers möglicherweise bereits zuvor erfolgte, der genaue Zeitpunkt des Erwerbs ist nicht vorgetragen. Deshalb ist die Anwendung der Art. 40, 41 EGBGB zweifelhaft. Sollten diese Vorschriften nicht anwendbar sein, so gilt als gewohnheitsrechtlicher Grundsatz nach altem IPR das Tatortprinzip, das mit der Neuregelung lediglich modifiziert worden ist (Palandt/Heldrich, Vorb. zu Art. 38 BGB, Rn. 2). Es wurde danach an den Handlungsort oder den Erfolgsort angeknüpft. Eine Auflockerung des Deliktsstatuts erfolgte ebenfalls (wie nach Art. 41 EGBGB) bei engerer gemeinsamer Beziehung der Beteiligten zu einer anderen Rechtsordnung. Daher gelangt man bei Anwendung des früher geltenden deutschen IPR zu demselben Ergebnis wie nachfolgend zu Art. 40 f. EGBGB ausgeführt.

b.

aa.

Gemäß Art. 40 I 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Kläger hat den Anlagevertrag unstreitig in der BRD (in Hamm) geschlossen, der Handlungsort liegt also hier.

Dies gilt auch, soweit man den Beklagten vorwirft, nicht für eine ausreichende Beratung des Klägers gesorgt zu haben. Beim Vorwurf einer Unterlassung ist der Handlungsort dort, wo gemäß dem am Lageort des zu schützenden Rechtsguts geltenden Recht gehandelt hätte werden müssen (Staudinger/v.Hoffmann, Art. 40 EGBGB, Rn. 22; MüKo/Junker, Art. 40 EGBGB, Rn. 26; Erman/Holoch, Art. 40 EGBGB, Rn. 24). Dieser Ort entspricht in aller Regel dem der Rechtsgutsverletzung (MüKo/Junker Art. 40 EGBGB Rn 26). Die Beklagten können die ordnungsgemäße Beratung der Anleger nur durch Einwirkung auf den in Deutschland tätigen Vermittler sicherstellen und hätte somit in Deutschland handeln müssen (so bereits OLG Stuttgart, WM 2008, 1368, 1369).

Deutsches Recht wäre aber nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB selbst bei Annahme eines Handlungsorts im Ausland anwendbar, weil in Deutschland spätestens mit der Zahlung der Erfolg eingetreten ist und die Kläger sich bereits in der Klagschrift auf deutsches Deliktsrecht berufen haben (so bereits OLG Stuttgart, a.a.O.).

bb.

Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 41 EGBGB, von der nur zurückhaltend Gebrauch zu machen ist, liegen nicht vor. Die Gesamtumstände des Einzelfalles sind zu würdigen; dabei ist mit Hilfe einer Interessenabwägung die Rechtsordnung zu bestimmen, in welcher der betreffende Sachverhalt seinen Schwerpunkt hat (Palandt/Heldrich, Art. 41 EGBGB, Rn. 3 und Art. 40 EGBGB, Rn. 6). Eine Korrektur der regulären Kollisionsnormen kommt nur in Betracht, wenn evident ist, dass die Grundanknüpfungen nicht zum sachverhaltsnächsten Recht führen, weil das Kriterium der stärksten Beziehung eindeutig auf eine andere Rechtsordnung weist (MüKo/Junker, Art. 41 EGBGB, Rn. 9 m. w. N.).

Eine wesentlich engere Verbindung zum Recht der Türkei oder dem Recht der brit. Jungferninseln ist zu verneinen (so auch LG Landshut, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O. betr. die türkischen Anlagegesellschaften D und F).

Zwar erfolgt der Verkauf von Aktien der Beklagten an türkische Staatsangehörige. Insoweit liegen aber keine derart besonderen, über den "Normalfall" einer im Inland geschlossenen Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft hinausgehenden Umstände vor, die die Anwendung der Ausnahmevorschrift rechtfertigen.

Diese Aspekte mögen einen Schwerpunkt für das Vertragverhältnis setzen und schränken auch die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte auf den Deliktsgerichtsstand ein, begründen aber nicht notwendigerweise eine wesentlich engere Verbindung der unerlaubten Handlung zu türkischem oder britischen Recht als zu deutschem Recht. Der Vertrieb der Aktien der Beklagten erfolgte unstreitig hier und auch sonst in großem Umfang in der BRD an dort dauerhaft lebende türkische Staatsangehörige. Die angeblichen Täuschungshandlungen sollen ebenfalls hier erfolgt sein. Der Kläger kann deshalb im Falle einer deliktischen Schädigung berechtigterweise auf den Schutz hiesiger Rechtsnormen vertrauen. Ferner ist keine sonstige besondere rechtliche oder tatsächliche Beziehung der Parteien i. S. v. Art. 41 II Nr. 1 EGBGB ersichtlich, die bei dem Aktienerwerb bereits bestanden hat und eine größere Sachnähe zum ausländischen Recht aufweist. Damit wird die tatsächliche Beziehung zum britischen und türkischen Recht aufgrund der erstgenannten Aspekte derart relativiert, dass jedenfalls keine wesentlich engere Verbindung zu diesen Rechtsordnungen vorliegt. Hinzu kommt, dass der Staatsangehörigkeit angesichts der Regelung in Art. 40 II EGBGB ohnehin keine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. Spickhoff in Beck-Onlinekommentar, Art. 40 EGBGB, Rn. 6). Der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers und der Hauptsitz der Beklagten befinden sich auch nicht in demselben Staat.

Eine am Gesellschaftsstatut orientierte Anknüpfung nach Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB mag für den Beitritt zur Beklagten gelten, nicht aber für ein Fehlverhalten im Vorfeld; die deliktische Haftung der Beklagten folgt aus allgemeinen zivilrechtlichen Erwägungen und nicht etwa aus besonderen gesellschaftsrechtlichen Gründen.

3. Kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger allerdings gegen die Beklagten nicht zu.

a) § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 2, 8 AuslInvestmG

Diese von Klägerseite angesprochene und vom Landgericht bejahte Anspruchsgrundlage greift nicht ein. Bei den von dem Kläger erworbenen Aktien handelt es sich nicht um "ausländische Investmentanteile" i. S. d. § 1 I AuslInvestmG, die entgegen der gesetzlichen Forderung ohne Anmeldung bei dem damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen vertrieben worden sind.

Sofern der Erwerb von Aktien der Beklagten "ausländische Investmentanteile" beträ-fe, wäre ein Verstoß gegen das Verbot des Vertriebs gemäß § 8 AuslInvestmG ohne die nach § 7 AuslInvestmG erforderliche Anzeige an die zuständige Behörde denkbar. Diese heute nicht mehr geltende Vorschrift ist Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB (BGH NJW 2004, 3706).

Ausländische Investmentanteile sind gemäß § 1 Abs. 1 AuslInvestmG Anteile an einem ausländischem Recht unterstehenden Vermögen aus Wertpapieren, Forderungen aus Gelddarlehen, über die eine Urkunde ausgestellt ist, Einlagen oder Grundstücken, das nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist (BFH, IStR 2006, 173, 174; Baur, Investmentgesetze, 2. Auflage, § 1 AuslInvestmG, Rn. 39 ff.). Ziel der Risikomischung ist die Kapitalwertsicherung (BFH, a.a.O.; BVerwG NJW 1980, 2482; Pfüller/Schmitt, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, 2003, § 1 Rn. 45 ff. m. w. N.). Die Gesellschaft will die ihr zufließenden Mittel in einer Vielzahl von Wertpapieren, Grundstücken und/oder sonstigen Vermögensgegenständen i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG anlegen (vgl. BT-Drs. V/3494, S. 17). Erfasst sind auch Erträge aus Anteilen an ausländischen Investmentfonds, die im Inland nicht öffentlich vertrieben werden (BFH, a.a.O.; Brinkhaus/Schmitt, in: Brinkhaus/Scherer, a. a. O., Vor §§ 16 bis 20 AuslInvestmG Rn. 3). Die Legaldefinition der ausländischen Investmentanteile in § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG umschließt nicht auch das Merkmal des Vertriebs im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise. Insgesamt umfasst der weite Gesetzeswortlaut von § 1 Abs. 1 AuslInvestmG auch Strukturen, die dem Bild des klassischen Investmentfonds nicht entsprechen (vgl. BFH, a.a.O.; ferner beispielhaft Brinkhaus, in: Brinkhaus/Scherer, a. a. O., § 18 AuslInvestmG, Rn. 38).

Zwar kommt es demnach auf die Rechtsform nicht an, doch ist entscheidend, dass die Kapitalanlage nach dem Prinzip der Risikomischung erfolgt und nicht lediglich eine Beteiligungsgesellschaft in Form einer Holding vorliegt (Baur, a.a.O., Rn. 47 f.). Während bei der Wertpapier-Investmentgesellschaft die Anschaffung, Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im Vordergrund steht, hat eine Holding als reine Kontrollgesellschaft zum Ziel, einen beherrschenden oder zumindest bedeutenden Einfluss auf die Unternehmen auszuüben, deren Wertpapiere sie besitzt (Baur, a.a.O., Rn. 47 und Einleitung Rn. 67, jeweils m. w. N.; vgl. dazu auch die nicht rechtskräftige Entscheidung des OLG Frankfurt, WM 2008, 2208 ff., Tz. 24-25 -Jurisausdruck anliegend-). Der Kläger hat eine Kapitalanlage nach dem Prinzip der Risikomischung nicht hinreichend dargelegt, wobei der Hinweis auf diverse Beteiligungen angesichts vorstehender Ausführungen nicht genügt; es ist auch nicht ausreichend dargelegt, jedenfalls aber nicht mit geeigneten Mitteln unter Beweis gestellt, dass das Vermögen der Untergesellschaften unmittelbar oder mittelbar nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist (vgl. dazu OLG Koblenz, WM 2007, 742, 743). Vielmehr spricht alles dafür, dass durch die Beklagten unternehmerische Aktivitäten in einem Beteiligungsgeflecht oder Konzern gesteuert und finanziert werden, was charakteristisch für eine Holdinggesellschaft ist. Dies haben die Beklagten hier - anders als in der oben genannten Entscheidung des OLG Frankfurt - ausführlich und zutreffend unter Hinweis auf den objektiven Gesellschaftszweck und die weitestgehende Personenidentität (!) sowie Mehrheitsbeteiligungen dargelegt, zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 10.03.2009 (Bl. 297 ff.), der ihr vorheriges erstinstanzliches Vorbringen konkretisiert und daher nicht an den Voraussetzungen des § 531 II ZPO zu messen ist. Der Kläger bestreitet dies weder konkret noch stellt er seine Behauptungen, soweit sie abweichen, durch geeignete Beweismittel unter Beweis.

b) § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 32 KWG

Auf einen Verstoß gegen Vorschriften des KWG kann der Kläger sein Schadensersatzbegehren ebenfalls nicht mit Erfolg stützen. Dieses Gesetz ist hier nicht anwendbar, weil nicht dargelegt ist, dass die Beklagte Finanzdienstleistungen erbringt (vgl. zur Abgrenzung beim Aktienerwerb § 1 XI Nr. 1 und 2 KWG und Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, Kreditwesengesetz, 3. Auflage, § 1, Rn. 32, 40 sowie Rn. 118, 217 ff.; ferner Freiwald, Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG für grenzüberschreitende Bank- und Finanzdienstleistungen, WM Heft 33/2008, 1537 ff.).

Die Beklagte zu 1) ist nach der Behauptung des Klägers nur eine Briefkastenfirma, erbringt also keinerlei (Finanz-) Dienstleistungen. Nach dem Vorbringen der Beklagten ist sie als Holdinggesellschaft tätig und hat potentiellen Anlegern ihre (eigenen) Aktien zum Erwerb angeboten. Das ist nicht als Finanzdienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 KWG zu bewerten, insbesondere wird die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten (hier Aktien im Sinne von § 2 Abs. 11 KWG) nicht vermittelt.

Gleiches gilt für die Beklagte zu 2), weil diese die Beklagte zu 1) auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers faktisch beherrscht und die Beklagten sogar umgekehrt behaupten, die Beklagte zu 1) sei seit dem Jahr 2000 Alleingesellschafterin der Beklagten zu 2).

c) §§ 823 II, 831 S.1 BGB i. V. m. § 263 StGB

Ein Schadensersatzanspruch aufgrund betrügerischen Handelns, das zu der Anlageentscheidung des Klägers und damit zu einem Vermögensschaden geführt hat, kann nicht festgestellt werden.

aa.

Eine Haftung der Beklagten aus § 831 S.1 BGB käme nur in Betracht, wenn C bei dem Vertrieb der Kapitalanlage als ihr Verrichtungsgehilfe im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hätte. Das setzt voraus, dass er dem Weisungsrecht der Beklagten unterlag, insbesondere auch hinsichtlich Zeit und Umfang der Tätigkeit. Keine Verrichtungsgehilfen sind demgegenüber Personen, die über Zeit und Umfang ihrer Tä-tigkeit selbst bestimmen können (vgl. Palandt-Sprau, 68. Aufl., § 831 BGB, Rn.6 m.w.N.).

Eine entsprechende Weisungsgebundenheit des Vermittlers hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt. Zwar trägt er vor, dass C die Anteilsscheine auf Geheiß und Anweisung der Beklagten vertrieben habe. Zum Umfang des Weisungsrechts, insbesondere bezüglich des Zeiteinsatzes und des Ortes der Tätigkeit, ist jedoch nichts vorgetragen. Zu unbestimmt ist der Vortrag, es sei von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Beklagten und C auszugehen. Auch der Umstand, dass er nach dem Klägervortrag eine Visitenkarte mit dem Logo der Beklagten zu 2) benutzt haben soll, ist insoweit ebenso wenig aussagekräftig wie der Umstand, dass er von der Beklagten zur Verfügung gestellte Formulare verwendete. Diese Unterlagen können ihm auch in anderer Funktion (als Bote oder selbständiger Handelsvertreter) zur schlichten Übergabe oder Verwendung überlassen worden sein. Entsprechendes gilt für die - in zweiter Instanz neue - Behauptung des Klägers, auf Anweisung des Vorstandes seien im gesamten Bundesgebiet Vertreterbüros errichtet worden.

bb.

Ein Schadensersatzanspruch scheitert auch deshalb, weil eine Täuschungshandlung des C gegenüber dem Kläger durch (1) aktives Tun oder (2) Unterlassen nicht festgestellt werden kann.

(1)

Die Zeugenaussage von C vor dem Landgericht ist unergiebig, er bestätigt nicht das Klägervorbringen. Seine erneute Vernehmung ist nach §§ 525, 398 ZPO nicht erforderlich, weil es weder auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen und auf seinen den persönlichen Eindruck ankommt noch den protokollierten Bekundungen eine vom Landgericht abweichende Tragweite oder ein anderes Gewicht gegeben wird.

Auf die Zeugin B hat der Kläger - beschränkt auf die erster Instanz - im Termin vor dem Landgericht ausdrücklich verzichtet. Er benennt die Zeugin in zweiter Instanz nicht erneut, auch nicht durch Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen und nach Erörterung im Senatstermin.

Die Benennung des Zeugen B2 (Bl. 77) für die Behauptung, der Anlagevertrag sei in der Wohnung des Klägers geschlossen worden, beruht - wie die Erörterung im Senatstermin ergeben hat - auf einer fehlerhaften Übertragung eines Textbausteins. Das Landgericht hat dem Beweisangebot deshalb zu Recht keine weitere Beachtung beigemessen.

(2)

Allein das Unterlassen einer umfassenden Aufklärung kann nicht als Grundlage für eine deliktische Haftung der Beklagten herangezogen werden. Als Emittentin ihrer eigenen Aktien war die Beklagte zu 1) und auch die Beklagte zu 2) als nach der Behauptung des Klägers diese faktisch beherrschende Gesellschaft nicht verpflichtet, Zeichnungsinteressenten über die rechtlichen Zusammenhänge, insbesondere die fehlende Börsennotierung und jederzeitige Veräußerbarkeit, aufzuklären.

Für die Vermittlung nicht börsennotierter Aktien ist zwar von mehreren Gerichten und auch vom BGH (II ZR 170/07, DStR 2008, 2277, 2279, Rn. 27) anerkannt, dass der potentielle Käufer auf den Umstand der fehlenden Börseneinführung hinzuweisen ist. Ferner sind nach der Instanzrechtsprechung zusätzlich die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen zu erläutern. Insbesondere gehört dazu die ausdrückliche Information, dass ohne Zulassung der Aktie zu einem Markt, der von staatlich anerkannten Stellen geregelt und überwacht wird (§ 2 Abs. 5 WpHG), die Unternehmensbeteiligung ein über das übliche Kursrisiko hinausgehendes zusätzliche Risiko birgt, wirtschaftlich nicht verwertet werden zu können (LG Hamburg 4. Dezember 1997 - 327 O 143/ 97 - NJW-RR 1999, 556; OLG Oldenburg 6. September 2002 - 6 U 66/ 02 - NJW-RR 2003, 179 = ZIP 2002, 2252; LG Berlin 15. Oktober 2003 - 28 O 588/ 02 - VuR 2004, 20; Hanseatisches OLG Hamburg 16. Januar 2004 - 14 U 135/ 03 - OLGR Hamburg 2005, 109; KG Berlin 20. Dezember 2004 - 8 U 126/ 04 - KGR Berlin 2005, 424; zur Vermittlung von sog. Penny Stocks BGH 22. Januar 1991 - XI ZR 151/ 89 - WM 1991, 315; vgl. auch BAG, Urteil vom 4. 10. 2005 - 9 AZR 598/ 04 betr. einen Arbeitgeber, der den Erwerb noch nicht börsennotierter Aktien der Muttergesellschaft durch die Gewährung von zweckgebundenen Arbeitgeberdarlehen fördert, ist verpflichtet, die Arbeitnehmer über die besonderen Risiken aufzuklären, die mit einem möglichen Scheitern des angestrebten Börsengangs verbunden sind; ferner Palandt/Sprau, § 280 BGB, Rn. 49 a. E.) Allerdings betreffen die Entscheidungen überwiegend Fälle der Anlageberatung oder -vermittlung und die Haftung aus vertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, sie sind daher hier nicht übertragbar, weil die Haftungsvoraussetzungen nach §§ 823 II, 826 BGB andere sind.

d) § 823 Abs.2 BGB i. V. m. § 263 StGB, §§ 830, 31 BGB

Die Beklagten haften auch nicht § 823 Abs.2 i.V.m. § 263 StGB wegen ihnen nach §§ 830, 31 BGB zurechenbarer Täuschungshandlungen von C. Wie bereits vorstehend ausgeführt, kann eine Täuschung durch aktives Tun oder Unterlassen nicht festgestellt werden.

e) § 826 BGB

Aus den vorgenannten Gründen zur fehlenden Haftung der Beklagten nach § 823 II BGB scheidet auch eine Haftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung des Klägers nach § 826 BGB aus.

f. Verschulden beim Vertragsschluss und positive Vertragsverletzung

Gleiches gilt für etwaige vertragliche Ansprüche aus Verschulden beim Vertragsschluss oder positiver Vertragsverletzung. Eine Pflichtverletzung kann nicht festgestellt werden.

Auch nach dem vom Kläger geschilderten Auftreten des Vermittlers C kann zudem im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ein Vertragsverhältnis oder dessen Anbahnung nicht festgestellt werden.

g. §§ 812, 123 BGB

Aus den bereits genannten Gründen kann auch eine arglistige Täuschung nicht festgestellt werden, die zur Nichtigkeit des Vertrages und einem Anspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung führen könnte.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage vertretener und anerkannter Auffassung in der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, und der Literatur getroffen hat. Die Verneinung der Anwendung des AuslInvestmG ist vor dem Hintergrund der klaren Begriffsbestimmungen dieses Gesetzes und dem konkreten Sachvortrag der Beklagte für den konkreten Fall nicht zweifelhaft. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Senat von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte abweicht; diese haben ebenfalls unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien und unter Anwendung der Voraussetzungen des AuslInvestmG im Einzelfall einen Verstoß bejaht oder verneint (vgl. z. B. OLG Frankfurt, WM 2008, 2208 ff. [nicht rkr.] mit Hinweisen auf andere obergerichtliche Entscheidungen am Ende).