OLG Köln, Beschluss vom 20.10.2014 - 19 U 67/14
Fundstelle
openJur 2015, 1631
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 08.04.2014 verkündete Urteil der 32. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 32 O 300/13 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil des Landgerichts Köln vom 08.04.2014 - 32 O 300/13 - und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des erstinstanzlichen Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger war aufgrund des Vertrages vom 24.03./01.04.1992 als selbständiger Versicherungsvertreter für die E Lebensversicherung Vermittlungs-GmbH tätig. Im Vertrag war unter § 5 geregelt, dass der Kläger berechtigt war, die Aufnahme in die Versorgungseinrichtung für den Außendienst gem. § 3 der Versorgungseinrichtung für den Außendienst (VEA) zu beantragen, was auch durch ihn erfolgte. In den Satzungsbestimmungen der Versorgungseinrichtung für den Außendienst (VEA 85), die die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung der Vertreter regeln, findet sich unter § 7 die Bestimmung, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in Höhe des Kapitalwerts der gesamten Versorgungsleistung nicht entsteht.

Mit Verschmelzungsvertrag vom 22.05.2009 wurde die Rechtsnachfolgerin der E Vermittlung GmbH von der B Versicherung AG und der B Lebensversicherung AG übernommen.

Mit Schreiben vom 01.11.2011 wurde der mit dem Kläger geschlossene Agenturvertrag nach zuvor gescheiterten Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag fristgemäß zum 31.12.2012 gekündigt. Der Ausgleichsanspruch des Klägers nach § 89b HGB wurde mit 27.215,66 € ermittelt. Der Kapitalwert der betrieblichen Altersvorsorge des Klägers beträgt zum 65. Lebensjahr 31.297,54 €. Den Ausgleichsanspruch des Klägers hat die Beklagte unter Anrechnung der Versorgungsanwartschaft auf 0,00 € beziffert. Seit Beendigung des Vertretervertrages zahlt der Kläger selbst die Beiträge zur Versorgungseinrichtung.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.12.2012 forderte der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Anrechnungsklausel dazu auf, den Ausgleichsbetrag gem. § 89b HGB an ihn auszukehren. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.2012 ab. Eine erneute klägerische Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung zum 15.01.2013 blieb gleichsam erfolglos.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Regelung des § 7 VEA 85 unwirksam und eine Anrechnung der Versorgungsleistungen auf den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB unbillig sei. Die Aufwendungen für die Altersversorgung seien zudem von ihm selbst erwirtschaftet und von seinen jährlich erbrachten Erträgen entnommen worden.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.215,66 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 31.01.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass die Versorgungsbeiträge auf freiwilliger Basis von ihr erbracht worden seien. Sie hat die Auffassung vertreten, dass es der Billigkeit entspreche, die Versorgungsanwartschaft in voller Höhe anzurechnen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.04.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrages gem. § 89b HGB zustehe. Es entspreche nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien und unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit, dass der in der Höhe unstreitige Barwert der von der Beklagten gewährten Altersversorgung vollständig auf einen Ausgleichsanspruch des Klägers angerechnet werde. Nach ständiger Rechtsprechung seien ausschließlich mit Mitteln des Unternehmers aufgebrachte Versorgungsleistungen aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsanspruch des Vertreters anzurechnen, so dass der in Betracht kommende Ausgleich in Höhe des Kapitalwertes der Versorgungszusage nicht ungekürzt entstehe. Dies gelte auch dann, wenn zwischen der Vertragsbeendigung und dem Eintritt des Versorgungsfalles eine längere Wartezeit liege, sofern dies zwischen den Parteien entsprechend vereinbart worden sei. Es komme auch nicht auf die rechtliche Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung an, weil die Parteien durch ihr Einverständnis mit einer solchen Regelung zum Ausdruck bringen würden, was sie für der Billigkeit entsprechend erachten würden. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei vorliegend davon auszugehen, dass die in § 7 VEA 85 geregelte Anrechnung der Billigkeit entspreche. Außerdem sei nicht festzustellen, dass der Kläger selbst die maßgeblichen Versorgungsbeiträge gezahlt habe. Vielmehr ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass die Beiträge durch die Beklagte bzw. die zu ihren Lasten handelnden Vertragspartner erbracht worden seien und sich lediglich die Beitragshöhe entsprechend § 4 VEA 85 an der klägerischen Produktivität gemessen habe. Dass Abzüge bei dem klägerischen Vertretereinkommen (Provisionszahlungen etc.) vorgenommen worden seien, sei ebenfalls nicht ersichtlich.

Mit seiner am 29.04.2014 bei Gericht eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Ziel weiter. Er meint, dass die Auffassung des Landgerichts einer rechtlichen Prüfung nicht standhalte. Das Landgericht habe übersehen, dass die Bestimmung des § 7 VEA 85 nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unwirksam sei. Entgegen der Meinung des Landgerichts könne auch aus der unwirksamen Anrechnungsvereinbarung nicht geschlossen werden, dass die Parteien mit dieser Vereinbarung zum Ausdruck gebracht hätten, was sie für der Billigkeit entsprechend erachten würden. Die unwirksame Vertragsbestimmung enthalte nicht einmal das Wort "Billigkeit". Zumindest sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass die Klausel so zu verstehen sei, dass ihm in Höhe des Kapitalwertes der Versorgungsleistung kein Ausgleichsanspruch mehr zur Seite stehe. Ein solches Verständnis hätte aber selbst die Beklagte nicht aufgewiesen, was sich aus ihren Ausführungen im Schreiben vom 18.12.2012 ergebe. Unzutreffend sei auch, dass die maßgeblichen Versorgungsbeiträge nicht von ihm, sondern von der Beklagten erbracht worden seien. Vielmehr seien die Versorgungsbeiträge von ihm selbst erarbeitet worden. Diese hätten in direkter Abhängigkeit von seinen Jahresleistungen bei dem O-Neugeschäft gestanden und somit Prämien- bzw. Vergütungscharakter aufgewiesen. Die Beitragszahlungen der Beklagten seien keineswegs freiwillig erfolgt, sondern aus dem vom Kläger erwirtschafteten Gewinn. Hätte er diesen Gewinn nicht erwirtschaftet, hätte er keinen Anspruch auf Zahlung von Versorgungsleistungen der Beklagten gehabt. Außerdem sei in § 8 Abs. 3 VEA 85 ausdrücklich geregelt, dass die Abtretung, Beleihung, Verpfändung oder der Rückkauf der Versorgungsleistungen unzulässig seien. Unter diesen Gesichtspunkten könne die unbegrenzte Zuerkennung des Ausgleichsanspruches nicht unbillig sein, zumal - unstreitig - eine Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausgleichsanspruch und Versorgungsleistungen von 15 Jahren vorliege. Außerdem spreche eine Vermutung dafür, dass der Ausgleich der Billigkeit entspreche, weshalb der Unternehmer, hier die Beklagte, für dem entgegen stehende Umstände beweispflichtig sei. Dies folge auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 17 Abs. 2a der Handelsvertreterrichtlinie (Richtlinie 86/653/EWG). Die Beklagte habe aber keine anspruchsmindernden Umstände substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 08.04.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln - 32 O 300/13 - zu verurteilen, an ihn 27.215,66 EUR nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über die mehrmaligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 1.196,43 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Sie hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Der Kläger ist auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss des Senats vom 14.08.2014 hingewiesen worden.

Der Senat hat im genannten Beschluss folgendes ausgeführt:

"Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Nach den zugrundezulegenden Tatsachen entspricht es der Billigkeit im Sinne von § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB, den Kapitalwert der Altersversorgung in der Weise zu berücksichtigen, dass in korrespondierender Höhe ein Ausgleichsanspruch des Klägers nicht entstanden ist. Das Landgericht hat zu Recht erkannt, dass dies insbesondere aus § 7 VEA 85 folgt, wonach ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in Höhe des Kapitalwerts der gesamten Versorgungsleistung nicht entsteht. Auch wenn diese Regelung wegen Verstoßes gegen § 89b Abs. 4 HGB und 89b Abs. 1 HGB i. V. m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist (vgl. BGH, NJW 2003, 1241; BGH, NJW 2003, 1244), kann aus der Vereinbarung der Anrechnungsklausel geschlossen werden, dass die Parteien es bei Vertragsschluss für billig erachtet haben, den Ausgleichsanspruch in Höhe der Versorgungsleistung nicht entstehen zu lassen. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Urt. vom 17.08.2001 - 19 U 206/00 - VersR 2001, 1377, bestätigt durch den BGH, a. a. O., zu § 89b Abs. 1 Nr. 3 HGB a. F.), können Leistungen des Unternehmers zum Zwecke der Altersversorgung des Vertreters bei der gemäß § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB vorzunehmenden Abwägung von Bedeutung sein, wenn und soweit die ungekürzte Zuerkennung des Ausgleichsanspruches unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles unbillig wäre. Dies beruht auf dem Gedanken der "funktionellen Verwandtschaft" zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung sowie darauf, dass die Altersversorgung den praktischen Zweck einer Ausgleichszahlung übernimmt. Denn der Ausgleichsanspruch hat nicht nur Vergütungscharakter, sondern beinhaltet stets auch ein Element der Versorgung. Die ungekürzte Gewährung des Ausgleichsanspruches kann dann zu einer nicht gerechtfertigten Doppelbelastung des Unternehmers führen (vgl. BGH, NJW 1966, 1962; BGH, NJW 1982, 1814; BGH, NJW-RR 2006, 1542; vgl. auch Senat, Urt. vom 01.08.2003 - 19 U 39/02 - BeckRS 2010, 12407; OLG München, NJOZ 2007, 3872; OLG München, BeckRS 2009, 22694; OLG München, BeckRS 2010, 29115; OLG Celle, NJOZ 2005, 2588).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht zu beanstanden, wenn das Gericht im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung auch eine unwirksame Anrechnungsvereinbarung berücksichtigt, weil die Parteien durch ihr Einverständnis mit dieser Regelung zum Ausdruck gebracht haben, dass sie sie für der Billigkeit entsprechend erachten (vgl. BGH, NJW 2003, 1244). Ebenso ist anerkannt, dass auch eine erhebliche Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung der Anrechnung jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn dies zwischen den Parteien - wenn auch unwirksam - vertraglich vereinbart worden war (vgl. BGH, VersR 1984, 184; OLG München, BeckRS 2010, 29115). Hier schwindet zwar der funktionale Zusammenhang zwischen der Versorgungsanwartschaft und dem Ausgleichsanspruch, weil der Vertreter bei Ausscheiden nicht sofort über das Versorgungskapital verfügen kann, insbesondere, wenn es zudem - wie hier - unveräußerlich ist. Allerdings hat der Vertreter durch die freiwillige Annahme eines solchermaßen unter Anrechnungsvorbehalt stehenden Versorgungsangebotes signalisiert, dass er die Konditionen des Unternehmers akzeptiert und damit gleichsam einen wesentlichen Umstand für die Bejahung der Billigkeit einer Anrechnung gesetzt. In einem solchen Fall sind deshalb ausschließlich mit Mitteln des Unternehmers aufgebrachte Versorgungsleistungen auch bei Fälligkeitsdifferenz aus Billigkeitsgründen regelmäßig auf den Ausgleichsanspruch des Vertreters anzurechnen, so dass der nach der Vorteils- und Verlustprognose in Betracht kommende Ausgleich - soweit der Kapitalwert der Versorgungszusage den Ausgleichsanspruch abdeckt - grundsätzlich nicht ungekürzt entsteht.

Das Landgericht hat die vorgenannten Grundsätze ohne Rechtsfehler auf den vorliegenden Fall übertragen und den Kapitalwert des Versorgungsanrechtes in voller Höhe angerechnet. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils keine Veranlassung.

Dass § 7 VEA das Wort "Billigkeit" nicht erwähnt, ändert nichts daran, dass der Sinn der Klausel nach dem objektiven Empfängerhorizont unzweideutig darin liegt, eine Doppelbelastung der Beklagten zu vermeiden. Mit diesem Verständnis kann mithin auch zwanglos angenommen werden, dass die Parteien bei Abschluss des Vertrages davon ausgegangen sind, dass eine Anrechnung der Billigkeit entspricht. Dass der Kläger die Anrechnungsklausel insoweit missverstanden haben könnte, ist aufgrund der Klarheit ihres Sinngehaltes nicht nachvollziehbar. Dass die Beklagte selbst ein anderes Klauselverständnis aufgewiesen hat, kann dem Schreiben vom 18.12.2012 - worauf der Kläger abstellt - nicht entnommen werden. Die Beklagte hat dort lediglich zum Ausdruck gebracht, dass im Falle eines den Ausgleichswert übersteigenden Kapitalwertes des Versorgungsanrechtes die Zahlung in Höhe des Ausgleichswertes (als Mindestleistung) erst zu einem späteren Zeitpunkt (sprich bei Renteneintritt) erfolgen wird. Damit hat die Beklagte aber gerade deutlich gemacht, dass sie von einer der Billigkeit entsprechenden Anrechnung ausgeht.

Es kann auch keinen Zweifeln unterliegen, dass die Versorgung ausschließlich und auf freiwilliger Basis aus Mitteln der Beklagten erwirtschaftet worden ist. Insofern kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Die Beklagte war von Gesetzes wegen nicht verpflichtet, für den Kläger eine Altersversorgung zu begründen. An dem Charakter der Freiwilligkeit ändert es insofern nichts, dass sie dem Kläger unter § 5 des Vertrages die Möglichkeit eingeräumt hat, die Aufnahme in die Versorgungseinrichtung für den Außendienst zu beantragen (vgl. BGH, BeckRS 2014, 11252, Rn. 27; OLG Celle, NJOZ 2005, 2588). Dass sich die Höhe der Versicherungssumme an der jährlichen Leistung des Klägers (O-Neugeschäft) ausgerichtet hat, ist irrelevant. Die Arbeitsleistung des Klägers bestimmte lediglich die Höhe der Versorgung, nicht aber die Person des Beitragszahlers. Die Versorgungsbeiträge sind unstreitig bis zum 31.12.2012 allein von der Beklagten gezahlt worden.

Nach den vorstehenden Ausführungen bedurfte es keiner weiteren Darlegungen der Beklagten zur Billigkeit der Anrechnung. Welche Folgerungen aus der Rechtsprechung des EuGH zur Handelsvertreterrichtlinie in Bezug auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu ziehen sind, kann deshalb dahinstehen, zumal die Handelsvertreterrichtlinie auf den Versicherungsvertreter ohnehin nicht anwendbar und eine richtlinienkonforme Erstreckung mangels Gleichbehandlungsbedürfnisses zudem nicht geboten ist (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 674)."

Hieran hält der Senat uneingeschränkt fest. Soweit der Kläger mit Schriftsätzen vom 08.09.2014 und 06.10.2014 Einwendungen gegen die Sichtweise des Senates erhebt, werden in der Sache keine entscheidungserheblichen Aspekte oder Fragestellungen aufgezeigt, zu denen der Senat nicht bereits im Hinweisbeschluss vom 14.08.2014 Stellung bezogen hat. Lediglich zur Klarstellung sieht sich der Senat zu folgenden Ausführungen veranlasst:

Die vom Kläger wiederholt bemühte und vom Senat bereits erörterte Unwirksamkeit der in § 7 VEA 85 vereinbarten Anrechnungklausel steht einer Berücksichtigung im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in der vom Senat zitierten Entscheidung vom 20.11.2002 - VII ZR 211/01 - NJW 2003, 1244, 1246 folgendes ausgeführt:

"Auch bei einer Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausgleichsanspruch einerseits und Altersversorgung andererseits von 24 Jahren hat der BGH eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs anerkannt, wenn dies zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden war (BGH, WM 1984, 212 = VersR 1984, 184 unter II 3), während er bei Fehlen einer solchen Vereinbarung bereits bei einer Fälligkeitsdifferenz von 21 Jahren die Nichtanrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch unbeanstandet gelassen hat (Senat, NJW 1994, 1350 = WM 1994, 1118).

Dabei kommt es nicht auf die rechtliche Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung an (vgl. Küstner, BB 1994, 1590, [1591f.]; ders., in: Festschr. f. Trinkner, 1995, S. 193, 210; Graf v.Westphalen, DB 2000, 2255 [2258]). Jedenfalls haben die Parteien durch ihr Einverständnis mit dieser Regelung zum Ausdruck gebracht, was sie für der Billigkeit entsprechend erachten. Diesen Umstand durfte das BerGer. - ... - im Anschluss an OLG Köln (VersR 1997, 615 [616]) im Rahmen der von ihm zu treffenden Billigkeitsentscheidung zum Nachteil des Kl., ..., berücksichtigen."

Von diesen Erwägungen hat sich der Senat in ständiger Rechtsprechung (wie hier OLG Celle, VersR 2002, 976; OLG München, BeckRS 2010, 29115) auch im vorliegenden Fall leiten lassen. Hiervon abzusehen, besteht auch in Ansehung der ergänzenden Ausführungen des Klägers kein Anlass. Entgegen der Meinung des Klägers ist die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch einschlägig. Insofern ist es schlicht unzutreffend, dass der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung über eine inhaltlich völlig andere Vertragsklausel entschieden habe. Auch in der dortigen Sachverhaltskonstellation lag eine Klausel vor, die zum Inhalt hatte, dass ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Altersversorgung nicht entstehen sollte. Sie lautete konkret wie folgt: "In Höhe des ... Barwertes der ... zu gewährenden Versorgungsleistungen entsteht nach dem Grundsatz der Billigkeit kein Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB ...” (vgl. die Ausführungen des BGH in, NJW 2003,. 1244, 1245 e. E.). Dass in der streitgegenständlichen Klausel allein eine Bezugnahme auf "den Grundsatz der Billigkeit" fehlt, ist insofern unerheblich, worauf der Senat ebenfalls bereits im Beschluss vom 14.08.2014 hingewiesen hat. Es kommt nämlich nicht allein auf den Wortlaut der Klausel an, sondern vielmehr darauf, welchen Sinn ihr nach dem objektivierten Verständnis der Vertragsschließenden zukommen soll. Die ist hier unzweideutig das legitime Bestreben, eine Doppelbelastung der Beklagten durch Ausgleichszahlung und Leistung einer überobligatorischen Altersvorsorge zu vermeiden. Einer ausdrücklichen Bezugnahme auf den Grundsatz der Billigkeit bedarf es nicht, weil es durch den in der Vereinbarung der Anrechnungsklausel zum Ausdruck kommenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien auf der Hand liegt, dass sie die Anrechnung jedenfalls für "billig" erachten und diese mithin im Rahmen der Billigkeitsprüfung auch berücksichtigt werden kann.

Maßgeblich ist mithin - um dies für den Kläger nochmals hervorzuheben - folgende Differenzierung: (1) Vereinbaren die Parteien, dass die Altersversorgung auf den Ausgleich anzurechnen ist, steht auch eine erhebliche Fälligkeitsdifferenz einer Anrechnung nicht entgegen. Auch wenn die entsprechende Vereinbarung nach §§ 307 BGB, 89b Abs. 4 HGB unwirksam ist, bringen die Parteien mit ihrem Einverständnis mit der Regelung zum Ausdruck, was sie für der Billigkeit entsprechend erachten. (2) Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, ist unabhängig davon je nach den Umständen des Einzelfalls über die Anrechnung zu entscheiden, wobei der funktionale Zusammenhang zwischen Ausgleich und Altersversorgung schwindet, je länger die Wartezeit ist und damit je nach Einzelfall nur eine anteilige oder auch keine Anrechnung zu erfolgen hat (vgl. OLG München, a. a. O.). Hier ist aber Variante (1) einschlägig, weil die Parteien eine - wenn auch materiell unwirksame - Anrechnung vereinbart haben.

Es hat auch dabei zu verbleiben, dass es sich bei der streitgegenständlichen Altersversorgung um eine freiwillige Leistung der Beklagten handelt. Der verfehlte Ansatz des Klägers wird auch durch seine Wiederholung nicht richtig. Der Senat verweist auch hier auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 14.08.2014. Ergänzend sei nochmals aus der Entscheidung des BGH (NJW 2003, 1144, 1246) zitiert, in der es heißt:

"Der in anderem Zusammenhang vorgebrachte Einwand der Revision, die Altersversorgung werde in Fällen wie dem vorliegenden nicht vom Unternehmer, sondern - über die Kürzung des Ausgleichsanspruchs - vom Vertreter finanziert, geht fehl. Dabei wird übersehen, dass bei einer Finanzierung der Altersversorgung durch den Unternehmer dieser eine dem Handelsvertreter obliegende Aufgabe übernimmt, der anderenfalls die dafür erforderlichen Aufwendungen aus seinem laufenden Einkommen bestreiten müsste. Wenn der Rentenbarwert der Versorgungsleistungen von dem am Ende des Handelsvertreterverhältnisses fällig werdenden Ausgleichsanspruch abgesetzt wird, erfolgt auf diese Weise eine Erstattung der vom Unternehmer gemachten Aufwendungen, so dass im Ergebnis eine Doppelbelastung des Unternehmers vermieden wird...".

Der Charakter der "Freiwilligkeit" entfällt auch nicht - insoweit wiederholt sich der Senat - dadurch, dass der Kläger nach Beitritt zur Versorgungseinrichtung einen vertraglichen Anspruch auf die versprochene Altersversorgung erworben hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof kommt es für eine ausgleichsmindernde Berücksichtigung lediglich darauf an, dass der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Unternehmers aufgebauten Altersversorgung erhalten oder zu erwarten hat. Darauf, ob sich der Unternehmer gegenüber dem Vertreter zum Aufbau einer Altersversorgung vertraglich verpflichtet hat, kommt es hingegen nicht an. Eine derartige Einschränkung ist auch nach Sinn und Zweck der Anrechnungsbestimmungen, eine doppelte Belastung des Unternehmers durch die freiwillige Finanzierung einer Altersversorgung, mit der der Unternehmer eine an sich dem Vertreter obliegende Aufgabe übernimmt, und durch eine Ausgleichszahlung zu vermeiden, nicht geboten. Unter Berücksichtigung dieser Zwecksetzung fällt unter die Anrechnungsbestimmungen auch eine Altersversorgung, die der Unternehmer zwar gegenüber dem Vertreter vertraglich zugesagt hat, zu deren Finanzierung er ursprünglich aber (im Gegensatz zur gesetzlichen AV) nicht verpflichtet war (vgl. BGH, NJW-RR 2014, 928, 929). Die vom Kläger im Schriftsatz vom 06.10.2014 (Bl. 103 GA) hierzu angestellte Kontrollüberlegung ist abseitig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 27.215,66 EUR