FG Hamburg, Urteil vom 07.11.2014 - 4 K 37/14
Fundstelle
openJur 2015, 1102
  • Rkr:
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Tarifierung von Teilen von LCD- Monitoren.

Die Klägerin beantragte die Erteilung von verbindlichen Zolltarifauskünften für zwei von ihr regelmäßig eingeführte Teilkomponenten für LCD-Monitore, die sie in das Armaturenbrett von Kraftfahrzeugen einbaut. Nach Anschluss an das zentrale Steuergerät des Kraftfahrzeugs ist das Bedienteil in der Lage, Navigations-, Bedien- und Informationsdaten sowie Videobildinformationen anzuzeigen. Die Teilkomponenten bestehen aus einem 5,8 Zoll TFT-LCD-Panel bzw. einem 8,0 Zoll TFT-LCD-Panel (WVGA-Auflösung 400 x 240 Pixel bzw. 800 x 480 Pixel) mit berührungsempfindlicher Oberfläche (Touchscreen) und LED-Hintergrundbeleuchtung, verbunden mit einer EEPROM, Microcontroller, Bausteine für Touchscreen, LVDS-Receiver sowie mit weiteren aktiven und passiven Bauelementen bestückten gedruckten Schaltung mit 12 Pin-Stecker für die Stromversorgung und CAN-Schnittstelle sowie LVDS-Schnittstelle und weiteren gedruckten Schaltungen in einem Gehäuse mit Dreh- und Drücksteller sowie Bedientasten, mit der für den Betrieb eines Monitors erforderlichen Signalverarbeitungsgruppe weder verbunden noch gemeinsam gestellt. Die Waren unterscheiden sich lediglich in der Bildschirmgröße und der Auflösung. Sie sind erkennbar ausschließlich für einen LCD-Monitor bestimmt. Die Klägerin schlug die Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 vor, für die eine Zollaussetzung gilt.

Am ... 2012 erteilte der Beklagte die verbindlichen Zolltarifauskünfte Nrn. DE ...0/...-1 und DE ...1/...-1, mit denen die Waren jeweils in die Codenummer 8529 9092 990 eingereiht wurden.

Am 19.12.2012 legte die Klägerin Einspruch gegen die verbindlichen Zolltarifauskünfte ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29.01.2014 zurückwies. Die Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500 sehe nicht vor, dass die Waren mit einer berührungsempfindlichen Oberfläche und weiteren Bedienteilen für die Menüführung ausgestattet seien.

Mit ihrer am 21.02.2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die streitgegenständlichen Bedienteile erfüllten alle Voraussetzungen nach der Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500. Deren Wortlaut sei allerdings nicht abschließend in dem Sinne zu verstehen, dass keine weiteren Eigenschaften oder an der Ware keine zusätzlichen Bedienteile vorhanden sein dürften. Dies ergebe sich für Warenzusammenstellungen aus der Allgemeinen Vorschrift 3 b), wonach Bestandteile bei einer Einreihung in eine Zollaussetzung außer Betracht gelassen würden. Weiter verweist sie auf die verbindlichen Zolltarifauskünfte DE ...7/...-1 und DE ...6/...-1. Die damit eingereihten Waren hätten ebenfalls über zusätzliche Bedienelemente verfügt, gleichwohl seien sie in Codenummern eingereiht worden, aus denen sich eine Zollaussetzung ergebe, obwohl deren Warenbeschreibungen die fraglichen Bedienteile nicht umfasst hätten. Bei den streitgegenständlichen Waren stünden die Bedienteile demzufolge einer Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 nicht entgegen. Anders als etwa bei den Codenummern 8529 9092 250 bzw. 8529 9092 440, bei denen durch das Wort "ausschließlich" klargestellt sei, welche Bestandteile vorhanden sein dürften oder nicht, sehe die Codenummer 8529 9092 500 keinen Ausschluss bestimmter Elemente bzw. keine abschließende Aufzählung vor.

Die Klägerin beantragt,die verbindlichen Zolltarifauskünfte Nrn. DE ...0/...-1 und DE ...1/...-1 vom ... 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.01.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, zwei verbindliche Zolltarifauskünfte zu erteilen, mit denen die Waren in die Codenummer 8529 9092 500 eingereiht werden.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Er führt aus, das Bedienteil bilde zusammen mit der im Zentralrechner des Kraftfahrzeugs integrierten Signalverarbeitungsbaugruppe einen modular aufgebauten Monitor. Zolltariflich handele es sich bei den fraglichen Bedienteilen um Teile von Monitoren, die nach den Regeln der Anm. 2 zu Abschnitt XVI eingereiht werden müssten. Übereinstimmend gingen die Beteiligten von einer Einreihung in die Unterposition 8529 9092 aus. Strittig sei lediglich, ob die Teilkomponenten in die Codenummer 8529 9092 500 eingereiht werden könnten. Bei Zollaussetzungen komme es auf den genauen Wortlaut der Warenbeschreibung an. Die Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500 sehe nicht vor, dass die Waren mit einer berührungsempfindlichen Oberfläche und weiteren Bedienteilen für die Menüführung ausgestattet seien. Daher scheide eine Einreihung in die von der Klägerin favorisierte Codenummer aus. Die Formulierung der Warenbeschreibung sei zwar nicht zwingend abschließend, dennoch handele es sich bei den im Wortlaut einer Zollaussetzung genannten Kriterien um ausschließliche Kriterien. Zu Unrecht verweise die Klägerin auf die - bereits ungültige - verbindliche Zolltarifauskunft DE ...7/...-1, da es sich bei der damit eingereihten Ware um eine zusammengesetzte Ware im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b) handele, bei der der Monitor als charakterbestimmender Bestandteil für die Einreihung maßgeblich sei. Daher sei eine Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 möglich. Die Anm. 2 b zu Abschnitt XVI habe gemäß der Allgemeinen Vorschrift 1 Vorrang vor der Allgemeinen Vorschrift 3 b). Auf die verbindliche Zolltarifauskunft DE ...6/...-1 könne die Klägerin nicht verweisen. Dort handele es sich um eine Warenzusammenstellung im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b), bei der das LCD-Modul den charakterbestimmenden Bestandteil darstelle, so dass eine Einreihung in die Codenummer 8529 9092 440 möglich sei. Im Gegensatz dazu müssten die streitigen Bedienteile in ihrer Gesamtheit als Teile eines Monitors betrachtet werden und könnten nicht als zusammengesetzte Waren oder Warenzusammenstellungen im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b) angesehen werden.

Im Erörterungstermin vom 23.10.2014 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet.

I.

Die verbindlichen Zolltarifauskünfte vom ... 2012 (Nrn. DE ...0/...-1 und DE ...1/...-1) sind in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.01.2014 rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die streitgegenständlichen Teilkomponenten für in Kraftfahrzeuge einzubauende LCD-Monitore sind in die Codenummer 8529 9092 500, für die eine Zollaussetzung besteht, einzureihen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.11.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auch im Falle der Einreihung unter eine autonome Zollaussetzung sind die objektiven Merkmale und Eigenschaften maßgeblich, allerdings kann hierfür auch eine Auslegung der Vorschrift unter Berücksichtigung der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Zollaussetzung erfolgen, jedoch erst dann, wenn die grammatikalische Untersuchung des Wortlauts einer Position nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt (vgl. insoweit EuGH, Urteil vom 31.03.1992, C-338/90 und vom 01.06.1995, C-467/93).

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Zollaussetzung ist die Verordnung (EG) Nr. 1255/96 des Rates vom 27.06.1996 in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 631/2011 des Rates vom 21.06.2011 und der Verordnung (EU) Nr. 552/2012 des Rates vom 21.06.2012 zur Aussetzung der Zollsätze des gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Waren und Erzeugnisse (VO Nr. 552/2012). Nach Anhang I zu Art. 1 Nr. 1 VO Nr. 552/2012 gilt eine Aussetzung der autonomen Zollsätze unter anderem für Waren der Codenummer 8529 9092 50. Die dort einzureihenden Waren sind bezeichnet mit:

Farb-LCD-Display-Panel für LCD-Monitore der Position 8528- mit einer Bildschirmdiagonalen von 14,48 cm oder mehr, jedoch nicht mehr als 31,24 cm- mit Hintergrundbeleuchtung, Microcontroller- mit CAN (Controller area network)-Controller mit LVDS (Low-voltage differential signaling)-Schnittstelle und CAN/Stromversorgungs-Stecker oder mit APIX (Automotive Pixel Link)-Controller mit APIX-Schnittstelle- in einem Einbaugehäuse mit oder ohne rückseitigem Kühlkörper- ohne Signalverarbeitungsbaugruppezur Verwendung bei der Herstellung von Fahrzeugen des Kapitels 87.

Übereinstimmend und zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die streitgegenständlichen Waren, die sich nicht einreihungserheblich unterscheiden, nach der Anm. 2. b) zu Abschnitt XVI in die Unterposition 8529 9092 einzureihen sind. In diese Unterposition gehören Teile, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Geräte der Positionen 8525 bis 8528 bestimmt, für Fernsehkameras der Unterpositionen 8525 8011 und 8025 8019 und Geräte der Positionen 8127 und 8528. Zwischen den Beteiligten allein im Streit ist die Frage, ob die Teilkomponenten für LCD-Monitore in die Codenummer 8529 9092 500 eingereiht werden können mit der Folge, dass die Zollaussetzung gemäß Art 20 Abs. 3 lit. f) Zollkodex zu gewähren ist. Für Waren der vom Beklagten für richtig gehaltenen Codenummer 8529 9092 990 gilt der Regelzollsatz. Zu dieser Streitfrage merkt der Senat im Einzelnen Folgendes an:

Die Auslegung der Codenummer 8529 9092 500 bestätigt vor dem Hintergrund des Wortlauts und der Systematik innerhalb der Unterposition 8529 9092 die Einreihungsauffassung der Klägerin.

Im vorliegenden Fall ist der Wortlaut der Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500 nicht eindeutig und daher auslegungsbedürftig. Der Senat ist sich bewusst, dass eine Zollaussetzung gewährende Vorschriften eng und entsprechend ihrem Wortlaut auszulegen sind, so dass sie nicht über diesen hinaus auf Erzeugnisse angewandt werden können, die in ihnen nicht genannt sind (EuGH, Urteil vom 12.12.1996, C-47/95 bis C-50/95, Rz. 20, C-60/95, C-81/95, C-92/95 und C-148/95). Auch sprechen die Begründungserwägungen zur VO Nr. 1255/96, wonach Anpassungen, insbesondere die Hinzufügung oder Streichung bestimmter Waren erforderlichenfalls durch eine Verordnung des Rates vorgenommen werden können (vgl. 4. Erwägungsgrund), für eine enge Auslegung in dem Sinne, dass jedenfalls Hinzufügungen von Waren nicht durch analoge Anwendung der Codenummer, sondern durch Rechtsänderungen erfolgen sollen. Im Streitfall geht es allerdings nicht um die Hinzufügung einer bestimmten Ware, vielmehr ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine bestimmte Ware unter die Warenbeschreibung der Codenummer passt oder nicht, wobei es entscheidend darauf ankommt, welcher Grad an Abgeschlossenheit der Warenbeschreibung beizumessen ist.

In der Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500 werden verschiedene Beschaffenheitsmerkmale aufgelistet, die ein dort einzureihendes Farb-LCD-Display für LCD-Monitore aufweisen muss bzw. welches Beschaffenheitsmerkmal ein solches Display nicht aufweisen darf (Signalverarbeitungsbaugruppe). Unstreitig verfügt die streitgegenständliche Ware nicht über eine Signalverarbeitungsbaugruppe und weist ansonsten alle aufgelisteten Beschaffenheitsmerkmale auf. Darüber hinaus ist sie jedoch mit einer Touchscreenfunktion und mehreren Bedientasten ausgestattet. Der Senat ist insbesondere mit Blick auf die anderen Codenummern innerhalb der Unterposition 8529 9092 der Auffassung, dass die Bestimmung nicht in der Weise abschließend ist, dass das Vorhandensein der Touchscreenfunktion und der Bedientasten einer Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 entgegensteht.

Dem Wortlaut der Warenbeschreibung fehlt ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass die Auflistung abschließend ist. Anders als dies etwa bei den Codenummern 8529 9092 250 und 8529 9092 440 durch die Formulierung "ausschließlich bestehend aus" der Fall ist, findet sich bei der Codenummer 8529 9092 500 kein entsprechender sprachlicher Hinweis auf die Abgeschlossenheit. Neben der Auflistung notwendiger Bestandteile nennt die Warenbeschreibung als nicht zulässiges Bestandteil lediglich die Signalverarbeitungsbaugruppe. Dies spricht dafür, dass von den bei Waren der Unterposition 8529 9092 typischerweise vorhandenen Ausstattungs- bzw. Beschaffenheitsmerkmalen lediglich Signalverarbeitungsbaugruppen ausdrücklich ausgeschlossen sind und nicht vorhanden sein dürfen. Dies rechtfertigt im Umkehrschluss die Annahme, dass eine Ware, die ansonsten dem Wortlaut der Codenummer 8529 9092 500 entspricht, außer einer Signalverarbeitungsbaugruppe grundsätzlich weitere Ausstattungs- und Beschaffenheitsmerkmale aufweisen darf, wobei allerdings im Einzelfall zu klären ist, inwieweit diese weiteren Merkmale eine Qualität haben, die zur Annahme einer anderen Ware führt und damit eine Einreihung in diese Codenummer ausschließt.

Die Touchscreenfunktion hält der Senat in diesem Sinne für unproblematisch. Anders als die Signalverarbeitungsbaugruppe ist eine Touchscreenfunktion nach dem Wortlaut der Warenbeschreibung nicht ausgeschlossen. Dafür, dass der Verordnungsgeber sie auch nicht ausschließen wollte, sprechen die Codenummern 8529 9092 250 und 8529 9092 440. Dort heißt es jeweils "nicht in Kombination mit einer Touch-Screen-Möglichkeit". Dies belegt, dass der Verordnungsgeber gesehen hat, dass Waren der Unterposition 8529 9092 mit einer Touch-Screen-Möglichkeit ausgestattet sein können. Dass er diese Touch-Screen-Möglichkeit bei einigen Codenummern ausdrücklich ausgeschlossen hat, lässt den Rückschluss zu, dass er sie bei anderen Codenummern gerade nicht ausschließen wollte.

Aber auch das Vorhandensein von Bedientasten hält der Senat in Bezug auf die Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 nicht für schädlich. Bedientasten werden zwar in den Warenbeschreibungen anderer Codenummern der Unterposition 8529 9092 nicht ausdrücklich erwähnt, ihr Vorhandensein ändert die Ware jedoch nicht in einer Weise, die der Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 entgegenstünde. Nach der Warenbeschreibung ausdrücklich zulässig ist ein Einbaugehäuse. Im vorliegenden Fall ist das Display von einem Einbaugehäuse umfasst, in welches auch die Bedientasten eingebaut sind. Insoweit handelt es sich um eine besondere Form des Einbaugehäuses. Dass das Display grundsätzlich auch Bedienfunktionen aufweisen darf, zeigt die nach Ansicht des Senates gänzlich unproblematische Möglichkeit der Bedienung über den Touchscreen.

Dass die Auflistung in der Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500 nicht abschließend ist, belegt auch die Beschreibung des der Zollaussetzung zu Grunde liegenden Referenzprodukts. Die Vertreter des Beklagten haben im Erörterungstermin vom 23.10.2014 den entsprechenden Antrag auf Zollaussetzung (Europäische Kommission, TAXUD/.../... vom ... 2010) zur Akte gereicht. Darin wird die Ware beschrieben. Das Produkt enthält unter anderem eine Fotozelle und eine Dekorblende. Weder die Fotozelle noch die Dekorblende finden sich indes in der Warenbeschreibung der Codenummer 8529 9092 500. Jedenfalls die Fotozelle dient der Steuerung der Anzeigeeinheit und belegt die Auffassung des Senats, dass das Vorhandensein eines Elements zur Steuerung einer Einreihung in die Codenummer 8529 9092 500 nicht entgegenstehen muss.

Die Auslegung nach Wortlaut und Systematik spricht somit dafür, die streitgegenständlichen Waren in die Codenummer 8529 9092 500 einzureihen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zweck der Zollaussetzung. Zweck der Zollaussetzung ist, wie sich aus den Erwägungsgründen zur VO Nr. 1255/96 ergibt, die Deckung des Bedarfs der verarbeitenden Industrie mit Waren, die in der Union gegenwärtig nicht oder nur in unzureichender Menge hergestellt werden. Dass der Bedarf an Teilkomponenten für LCD-Module nach wie vor nicht mit Waren mit Ursprung in der Union gedeckt werden kann, ist anzunehmen, weil die Zollaussetzung nach wie vor in Kraft ist. Dass es sich bei den streitgegenständlichen Teilkomponenten wegen der vorhandenen Touchscreenfunktion sowie den Bedientasten um andere Waren als solche der Codenummer 8529 9092 500 handelt, schließt der Senat - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - aus, so dass es für diese Waren keiner gesonderten Verordnung des Rates bedarf (vgl. Begründungserwägungen zur VO Nr. 1255/96).

Zu einer anderen Bewertung gelangt der Senat auch nicht vor dem Hintergrund der Antwort der Europäischen Kommission vom 17.12.2013 auf eine Anfrage des Bundesministeriums der Finanzen vom 08.11.2013. Beide Schreiben hat der Beklagte im Erörterungstermin vom 23.10.2014 überreicht. In der Anfrage des Bundesministeriums der Finanzen ging es speziell um die streitgegenständlichen Waren. Die Europäische Kommission hat zwar in der Weise Stellung genommen, dass es sich bei den Tatbestandsmerkmalen, die die Beschaffenheit der Waren bestimmen sollen, um ausschließliche Kriterien handelt, die grundsätzlich keine weiteren Zusätze zulassen, diese Stellungnahme bindet jedoch den Senat nicht, ist zudem nicht näher begründet und setzt sich insbesondere nicht mit den verschiedenen Auslegungsansätzen auseinander.

Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, inwieweit der Beklagte angesichts der verbindlichen Zolltarifauskünfte DE ...7/...-1 (die mittlerweile ungültig geworden ist) und DE ...6/...-1 verpflichtet ist, die streitgegenständlichen Waren antragsgemäß einzureihen, kommt es nach alledem nicht mehr an.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.